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Full text of "Versuch, die bestimmten und einfachen verhältnisse aufzufinden, nach welchen die bestandtheile der unorganischen natur mit einander verbunden sind"

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' 



VERSUCH, 



1 

die ! 



tiestinteB iH eUfaclmi YiirMltiilsiiii attiilliin, 



■ 



nach welchen 

1 



die Bestandtheile der unorganischen Natur 
mit einander verbunden sind, 



von 



JACOB BERZELIÜS, 

Prof. der Med. und Pharm, und Mitglied der königl. Akademie 

zu Stockholm. 

(1811—1812.) 



Herausgegeben 
von 

W. Ostwald. 



< ■»- 



LEIPZIG 

VERLAG VON WILHELM ENGELMANN 

1892. 



4 



Versuch, 

die bestimmten und einfachen Verhältnisse aufzufinden, 
nach welchen die Bestandtheile der unorganischen Natur 

mit einander verbunden sind, 



von 

Jacob Berzelius. 



Erste Hälfte. [Gilb, Ann. 37. 1811.) 

[249] Einer der berühmtesten Chemiker unseres Zeitalters, 
Berthollet, hat sich bemüht, bei seilten scharfsinnigen For- 
schungen über die Gesetze der chemischen Verwandtschaften dar- 
zuthun , dass [250] Körper sich nach unendlich vielen progres- 
siven Verhältnissen mit einander verbinden können. Ein anderer 
Meister in der chemischen Wissenschaft, Prows^, hat jedoch 
gegen ihn bewiesen , dass in der Natur keine solche unendliche 
Progressionen stattfinden, sondern dass alle zusammengesetzten, 
bestimmt charakterisirten Körper nur in einer einzigen, für immer 
unveränderlichen Proportion ihrer Grundstoffe existiren, und 
dass z. B., wenn ein Metalloxydul sich durch Vermehrung des 
einen seiner Bestandtheile, des Sauerstoffs, in ein Oxyd verwan- 
delt, dieses durch einen Sprung zu einer andern fest bestimmten 
Menge Sauerstoffs geschieht, so dass an gar keine fortlaufende 
Reihe von Verbindungen zwischen der ersten und der letzten 
dieser Mengen zu denken ist. Die Wahrheit von Prousf^ Be- 
merkung wird keinem erfahrenen Chemiker entgangen sein ; nur 
wusste man bisher nicht, ob diese Sprünge für alle Körper nach 
einem und demselben Gesetze, oder nach unbestimmten, jedem 
Körper ganz eigenen Verhältnissen geschehen. Die Versuche, 

1* 



4 Jacob Berzelius. 

welche ich hier mittheilen will , werden in der That auf einige 
allgemeine Gesetze für diese Verbindungen führen. 

Ich bin zu dieser Untersuchung dadurch veranlasst worden, 
dass ich den Sauerstoffgehalt des Ammoniaks durch Rechnung 
zu finden suchte, wobei ich die Entdeckung machte, dass in allen 
salzsauren Salzen diejenige Menge von Basis, durch welche 
einerlei Menge von Salzsäure gesättigt ist, [251] die nämliche 
Menge Sauerstoff enthält*). Dieses traf auch bei den schwefel- 
sauren Salzen ein, wenn ich die Rechnung nach Bucholz^Q 
Analyse des schwefelsauren Baryts führte. Beide Reihen stimm- 
ten aber nicht mit einander überein; auch ergab sich dieses Ver- 
halten nicht , wenn ich andere Bestimmungen als diese, und als ^ 
BuchoIz^B und Rose^^ Analyse des salzsauren Silbers, zu 
Grunde legte. Ich fand femer, dass in dem basischen salzsauren 
Blei und dem basischen salzsauren Kupfer die Säure durch 
4 mal so viel Basis, als in den neutralen Salzen gesättigt ist. 

Ich hoffte, den Grund eines so merkwürdigen Verhaltens 
durch genaue Untersuchung der Mischungen verschiedener hier- 
her gehörender Körper zu entdecken. Während dieser Arbeiten 
kam mir Nicholson'^ Journal, Nov. 1808, zur Hand, und darin 
IVollaston'^ Versuche mit sauren Salzen, welche durch die 
Hypothese DaltorC^ veranlasst worden waren, dass, wenn 
Körper sich in verschiedenen Verhältnissen mit 
einander verbinden lassen, diese Verhältnisse immer 
durch die einfache [252] Multiplication des Gewichts 
des einen Körpers durch 1, 2, 3, 4 u. s. f. entstehen. 
JVoilasian^s Veorsnche schienen diese Hypothese zu bestätigen. 
Diese Ansicht der Körperverbindungen würde über die Ver- 
waadtsehaftslebre ein solches Licht verbreiten, dass, wenn Dal^ 
t€fi% Hypethese rich% befinden wird, diese» als der gröeste 
Schritt anzusehen wäre, den die Chemie zu ihrer Vollkommen- 
heit, ah Wissenschaft;, noch je gethan hat. Wie Dalton seinen 
Satz weiter ausgeführt , und durch weiche Versuche er ihn be- 
gründet hat, ist mir völlig unbekannt ; ich kann daher auch nicht 
beurtheilen, ob meine Versuche diese Hypothese in ihrer ganzen 



*) Eigentlich gehört diese Entdeckung dem verdienten J, B, 
Richter^ der sie durch sinnreiche, aber freilich nicht ganz hinreichende 
Versuche im 6. Stücke, S.113 seiner AhhandL über die neuern Gegen- 
stände der Chemie, Breslau 1796. zu beweisen suchte. Seine Zahlen- 
bestimmungen sind zwar beinahe ohne Ausnahme falsch; da die 
Fehler aber von gemeinschaftlichen Quellen entspringen, so ist in sei- 
nen Berechnungen doch vielleicht mehr Wahrheit , als man gewöhn- 
lich glaubt. 



^ 



BestimiBte Verhältnisse. 5 

Ausdehnung bestätigen, oder ob sie sie mehr oder weniger mo* 
dificiren. 

Man wird ans dem Folgenden sehen, dass, wenn zwei Körper^ 
A. und B, sieh in verschiedenen Verhältnissen mit einander 
ver binden f dieses immer nach folgenden fest bestehenden Pro- 
portionen geschieht : 1 A mit 1 B (Zusammensetzung im Mini- 
mum); \A mit \^B (oder vielleicht richtiger 2^ mit 3JS); \A 
mit 1B\ \A mit 4 J?. Unter meinen Versuchen findet man aber 
kein einziges Beispiel von 1 A mit 3 B, 

Man wird ferner ersehen, dass, wenn zwei Körper^ A und B, 
beide zu zwei anderen , C und i>, Verwandtschaft haben , die 
Menge von (7, wodurch A gesättigt wird^ sich zu der Menge 
von J9, wodurch A gesättigt wird^ genau soj une die Mengen 
von C und von Z>, wodwrch B gesättigt [253] wird^ zu ein- 
ander verhalf en. Wenn z.B. 100 Th. Blei im Minimum 15,6 Th. 
Schwefel und 7,8 Th. Sauerstoff, — ferner 100 Th. Eisen, der 
Analyse zu Folge , die ich weiter unten angeben werde , im Mi- 
nimum 58,8 Th. Schwefel aufnehmen, so lässt sich die Mischung 
des Eisenoxyduls durch die einfache Proportion 15,6 : 7,8 = 
58,8 : 29,4 berechnen , und es müssen darin 100 Th. Eisen mit 
29,4 Th. Sauerstoff verbunden sein. Die Versuche, welche ich 
hier mittheilen werde, bekräftigen dieses. Es lassen sich auf 
diese Weise alle binären Zusammensetzungen berechnen. Der 
verdienstvolle Richter hat schon längst bewiesen , dass sich die 
Mischung der Salze durch eine ähnliche Rechnung müsse be- 
stimmen lassen. 

Dass das Resultat dieser Berechnungen, wenn die Data Ge- 
wissheit haben, weit mehr Zuverlässigkeit als die gewöhnlichen 
Analysen haben müssen , fällt in die Augen. Ich habe gesucht, 
zu diesem Zwecke den hier mitzutheilenden Analysen die äusserste 
Genauigkeit zu geben , und habe die wichtigsten mehrere Male 
angestellt, bevor ich auf sie zu bauen mich getraute. Sie sind 
gewiss nur um ein oder zwei Tausendtheile , und die übrigen 
nicht um ein halb Procent fehlerhaft;, aber dessen ungeachtet 
noch nicht genau genug, um durch die Berechnung mehr als 
Annäherungen zu geben. Vielleicht wird es uns nie gelingen, 
Zerlegungen mit solcher Genauigkeit anzustellen , dass das Re- 
sultat derselben in seinen letzten Decimalen dem [254] Verhält- 
nisse der Bestandtheile durchaus entspricht; dagegen wird es 
nicht unmöglich werden, wenn wir nur mehrere Analysen haben, 
die mit der höchsten Genauigkeit angestellt sind, sie durch 



6 Jacob Berzelius, 

BerechnnBg so zu berichtigen , dass alle Data der Berechnung 
einer Mischung das nämliche Resultat geben. 

Ich werde meine Versuche in der Ordnung mittheilen, in 
welcher sie den Gegenstand am besten aufklären, und werde 
mich des Theoretisirens gänzlich enthalten. Inwiefern die Ke- 
sultate der Versuche die Theorie bestätigen, wird jedem von 
selbst in die Augen fallen, und die Ideen, auf welche sie führen, 
werden gewiss, ohne mein Zuthun, bei jedem aufmerksamen 
Leser sich einfinden. 

L Blei und Sauerstoff. 

Das Blei hat, wie bekannt, drei Oxyde, um den Sauerstoff- 
gehalt derselben zu bestimmen, reducirte ich Blei aus krystalli- 
sirtem salpetersaurem Blei , wobei ich es frei von anklebendem 
Kupfer und Silber erhielt. 

A. Gelbes Bleioxyd. 

1) 10 Gramm Blei wurden in reiner Salpetersäure und zwar, 
um das Herumspritzen zu verhindern, in einem geneigten glä- 
sernen Kolben aufgelöst. Die Auflösung goss ich in einen ge- 
wogenen Platintiegel , dunstete sie behutsam ab und setzte sie 
der Glühhitze aus. Sie gab 10,77 g Bleioxyd. 

[255] 2) Der Versuch wurde mit der Abwechslung wiederholt, 
dass die Abdanstung und das Glühen in dem Kolben selbst ge- 
schah. Resultat 10,775 g Bleioxyd. 

3) Der Versuch wurde zum dritten Male, und zwar in einem 
langhalsigen gläsernen Kolben angestellt. Als sich das Salz zu 
zerlegen anfing , setzte sich augenblicklich an den Hals etwas 
Weniges eines mehligen Sublimats an , und die Dämpfe rochen 
nicht nach ganz reiner Salpetersäure. Nachdem der Kolben in 
seiner ganzen Länge geglüht hatte, betrug das Gewicht des oxy- 
dirten Bleis 10,78 g, folglich etwas mehr als in den vorigen 
Versuchen; zugleich hatte sich in diesem Versuche eine Er- 
scheinung gezeigt, die zu erkennen gab, dass ein geringer Theil 
des Bleioxyds durch die Dämpfe der vertriebenen Säure mit 
fortgerissen wird. 

4) 10 g Blei wurden in Salpetersäure aufgelöst, daraus mit 
kohlensaurem Ammoniak niedergeschlagen, und der Nieder- 
schlag auf ein gewogenes Filtrum gebracht und gut ausgelaugt. 
Er betrug 12,9025 g kohlensaures Blei. Es wurden davon 
12,77 g in einem gewogenen Platintiegel geglüht; der Rückstand 



Bestimmte Yerhältnisse. 7 

war 10,64 g gelbes Bleioxyd, was für die ganze Masse 10,75 g 
giebt. Oder 100 Th. Blei hatten 7^Th. Sauerstoff aufgenommen. 
leh schöpfte Verdacht , das kohlensaure Ammoniak möchte den 
völligen Bleigehalt nicht niedergeschlagen haben, daher ich 
[256] nun Schwefel -Wasserstoffgas durch die Flüssigkeit des 
Niederschlags und durch das Spülwasser streichen liess; sie 
trübten sich aber dadurch nicht im geringsten. 

5) Der Versuch wurde mit 8 g Blei erneuert, und gab 10,32 g 
kohlensaures Blei, und daraus 8,6 g gelbes Bleioxyd; es hatten 
also wiederum 100 Th. Blei 7^ Th. Sauerstoff aufgenommen. 

Bucholz erhielt aus 300 Gran Blei, die in Salpetersäure auf- 
gelöst und durch kohlensaures Alkali niedergeschlagen wurden, 
320 Gr. gelbes Bleioxyd, und am Filtrum waren 4|^ Gran kohlen- 
saures Blei zurückgeblieben. Dieses letztere nimmt Bucholz zu 
4 Gran gelbes Oxyd an ; welches aber ein Fehlgriff ist , denn 
sonst müsste kohlensaures Blei durch Glühen ungefähr \ seines 
Gewichts verlieren. 10 g reines und in starker Hitze getrock^ 
netes kohlensaures Blei gaben mir aber in drei verschiedenen 
Versuchen 8,35 g gelbes Bleioxyd, so dass das Blei in Bucholz^ ^ 
Versuche höchstens 7,9 Th. Sauerstoff kann aufgenommen 
haben. 

Aus diesen Versuchen glaube ich mit gutem Grunde folgern 
zu können, dass die , welche den Sauerstoffgehalt des Bleioxyds 
zu 7,75 bis 7,8 auf 100 Th. Blei angegeben haben, der Wahr- 
heit am nächsten kommen. Es ist also gelbes Bleioxyd zusam- 
mengesetzt ans ^) 

[257] inlOOTh. auf 100 Th. 

Blei 92,764 100,0 

Sauerstoff 7,236 7,8 

100,000 107,8 

B. Rothes Bleioxyd (Mennige). 

Die Mennige ^ wie sie im Handel vorkonmit, habe ich durch 
schwefelsaures Blei, basisches salzsaures Blei, Kupferoxyd und 
Kieselerde verunreinigt gefunden. Dieses macht die Analyse 
der Mennige weniger zuverlässig. Sie enthält ausserdem auch 
sehr viel gelbes Bleioxyd, wodurch sie eine lebhaftere Farbe an- 
nimmt, als diesem Oxydationsgrade eigentlich zukommt. 

Um das gelbe Oxyd wegzuschaffen , digerirte ich feingerie- 
bene Mennige mit schwachem destillirtem Essig, bei einer Tem- 
peratur von 20°, so lange der Essig sich mit derselben noch 



g Jaxiob Berzelius. 

sättigte. Dadurch wurde das gelbe Oxyd aufgelöst , ohne dass 
die schwache Säure auf das rothe Oxyd einwirkte, welches nur 
eine tiefere Röthe annahm. Nach geschehenem Waschen und 
Trocknen bei sehr starker Hitze wurden 10 g dieser Mennige in 
einem gewogenen Platintiegel geglüht; sie verloren 0,29 g an 
Gewicht. Das rückständige gelbe Oxyd wurde in Essig aufge- 
löst ; schwefelsaures Blei und Kieselerde, die unaufgelöst zurück- 
blieben, wogen geglüht 0,135 g. Der essigsauren Auflösung 
wurde salpetersaures Silber zugesetzt, und es schlugen sich 
0,01 g salzsaures Silber aus ihr nieder Dies giebt einen Gehalt 
[258] von 0,03 g basischem salzsauren Blei; zusammengerechnet 
also 0,165 g, die nicht rothes Bleioxyd waren. Es hatten also 
9,835 g Mennige 0,29 g Sauerstoff gegeben, und 9,545 g gelbes 
Oxyd, oder 8,855 g Blei enthalten. Diese letztern war^n in der 
Mennige mit 0,98 Sauerstoff vereinigt gewesen. Nun verhält 
sich 8,855 : 0,98 == 100 : 1L07; es nehmen also 100 Th. Blei, 
um Mennige zu werden, 11,07 Th. Sauerstoff in sich auf, und 
die Mennige besteht in 100 Th. aus 90 Th. Blei und 10 Th. 
Sauerstoff. 

C. Braunes Bleioxyd. 

Die mit Salpetersäure digerirte Mennige giebt, wie bekannt, 
ein braunes Bleioxyd. Indem die Salpetersäure das gelbe Oxyd 
auflöst, und einen Theil des rothen Oxyds zum gelben reducirt, 
lässt sie nebst dem braunen Oxyd eine verhältnissmässig um so 
grössere Menge fremder Stoffe, besonders schwefelsaures Blei 
und Kieselerde, unaufgelöst. 

Fünf Gramm braunes Bleioxyd, durch Auswaschen von allem 
anhängenden salpetersauren Blei befreit, und auf einer Sand- 
kapelle , die Zinn zum Schmelzen brachte , getrocknet , wurden 
in einem gewogenen Platintiegel geglüht, und verloren dadurch 
0,325 g Sauerstoff. Die rückständigen 4,675 g gelbes Oxyd, in 
Essig aufgelöst, hinterliessen schwefelsaures Blei und Kiesel- 
erde, die geglüht 0,13 g wogen. Die übrigen 4,545 g gelbes 
Oxyd enthalten 0,33 g Sauerstoff, oder, bis auf 0,005 g, das 
nämliche, was das [259] braune Oxyd durch Glühen verloren 
hatte. Es nehmen also 100 Th. Blei, um sich in braunes Oxyd 
zu verwandeln, doppelt so viel Sauerstoff auf, als sich im gelben 
Bleioxyde befindet, und das braune Bleioxyd besteht aus 



Bestimmte Verhältnisse. 9 

Blei 86,51 100,0 

Sauerstoff 13,49 15,6 

100,00 115,6 

Als Resultat scheint ans diesen Versuchen zu folgen, dass 
das Blei , in seinen drei verschiedenen Oxydationsgraden , den 
Sauerstoff in Mengen aufnimmt, die zu einander in dem Verhält- 
nisse von 1:1^:2 stehen. 



n. Blei und Schwefel. 

1) 10 g sehr reines Blei wurden in einer kleinen gläsernen 
Retorte mit 10 g reinem citrongelbem Schwefel zusammenge- 
schmolzen, welchen letzteren ich selbst sublimirt und vorher, 
um die Feuchtigkeit zu verjagen, in starker Hitze geschmolzen 
hatte. Die Oeffnung der Retorte war in eine Vorlage eingekittet, 
und aus dieser ging eine Ableitungsröhre zu einem kleinen Oas- 
apparate. Nach geendigtem Versuche fand sich keine merkliche 
Menge Oas entwickelt , mit Ausnahme von etwas schwefligsau- 
rem Oas, welches die Stelle des verzehrten Sauerstoffgases 
eingenommen hatte. Die Masse wurde so lange geglüht, bis 
die vom Schwefeldampf 2) herrührende gelbe Farbe in der Re- 
torte verschwunden war ; während [260] des Abkühlens drang 
Wasser statt der verdrängten Luft in die Vorlage. Ich schnitt 
die Retortenkugel ab, nahm das zusammengeschmolzene Schwe- 
felblei heraus, und fand, dass das Oewicht desselben 11,55 g 
betrug. 

2) Der Versuch wurde in einem ähnlichen Apparate , unter 
denselben Vorsichtsmaassregeln , wiederholt. Das gewonnene 
Schwefel blei wog 11,555 g. 

3) Noch einmal wiederholte ich diesen Versuch, mit dem 
Unterschiede, dass ich, bevor die Retortenkugel erwärmt wurde, 
ein wenig Schwefel in der Vorlage, welche stark erhitzt wurde, 
entzündete, um aus ihr den Sauerstoff der Luft zu entfernen. 
Die Retorte wurde darauf erhitzt, bis das Olas von der Schwere 
der Masse ausgedehnt zu werden anfing. Das Schwefelblei 
wog jetzt 11,56 g. Es nehmen also 100 Th. reines Blei 15,6 Th. 
Schwefel , oder genau doppelt so viel Schwefel auf, als Sauer- 
stoff. Ich habe keine Verbindung zwischen Schwefel und Blei 
auffinden können, welche des Schwefels mehr oder weniger 
enthalten hätte. Es bestehen also 100 Th. Schwefelblei 
stets aus 



10 Jacob Berzelius. 

Blei 86,51 100,0 

Schwefel 13,49 15,6 

100,00*) 115,6 

[261] III. Schwefel und Sauerstoff. 

Mehrere Chemiker sind bemüht gewesen, die Menge des 
Schwefels in der Schwefelsäure zu bestimmen, und unter ihnen 
zeichnen sich besonders Klaprothj Bticholz und Richter durch 
genaue Versuche aus, deren Kesultate so völlig mit einander 
übereinstimmen, dass ich die Zuverlässigkeit derselben nie würde 
in Zweifel gezogen haben , hätte ich mich nicht überzeugt ge- 
habt , dass die meisten Analysen für meinen Gegenstand keine 
hinlängliche Genauigkeit haben. Die Sache gewann, während 
ich mich mit ihr beschäftigte, ein noch grösseres Interesse 
durch die Vermuthung Davy'^, dass Schwefel und Phosphor 
eigene, bisher unbekannte, metallische Körper, mit geringen 
Mengen Wasserstoff und Sauerstoff verbunden , und dadurch in 
einen Zustand versetzt enthalten möchten, in welchem sie zu 
ihrem wahren Radikal wie die Harze zur Kohle sich zu ver- 
halten scheinen. Davy hat mit grossem Scharfsinne so viele 
Umstände zusammengestellt, welche diese^ Vermuthung unter- 
stützen, dass sie nicht ganz unwahrscheinlich erscheint. Die 
von mir angestellten Versuche entsprechen indessen der Ver- 
muthung Davy\ nicht. Denn nie habe ich beim Vereinigen 
von Metallen mit Schwefel, wenn ich mich eines von Schwe- 
felsäure ganz freien und vorher lange genug geschmolzenen 
Schwefels bediente, irgend eine Spur von Schwefel- Wasser- 
stoffgas oder von Wasserdünsten entdecken können. [262] 
Dagegen habe ich oft beobachtet , dass, wenn man gewaschene 
und stark getrocknete oder geschwind geschmolzene Schwefel- 
blumen nimmt , zwar keine Feuchtigkeit zu sehen war, während 
der Schwefel über dem Metalle geschmolzen stand ; als aber, im 
Augenblicke der Vereinigung , die Hitze an Intensität zunahm, 
wurde eine geringe Menge Schwefel- Wasserstoffgas entwickelt, 
und es legten sich Wasserdämpfe an das Glas, vor dem zugleich 
sublimirten Schwefel an. Der von Davy in dem Schwefel auf- 
gefundene Sauerstoff und der Wasserstoff rührten daher ent- 
weder von Feuchtigkeit her , oder sie treten mit den Metallen 



*) Wenzel (Lehre von der Verwandtschaft) fand es aus 86,8 Blei 
und 13,2 Schwefel zusammengesetzt. 



Bestimmte Verhältnisse. 1 1 

zugleich mit der Basis des Schwefels in Verbindung, welches 
indess die Analogie weit mehr gegen sich hat , als sie alle Um- 
stände, zusammen genommen, für sich haben, welche die Aehn- 
lichkeit des Schwefels und der Harze darzuthun scheinen. Wir 
werden sehen, dass jene Stoffe, falls sie wirklich im Schwefel 
zugegen sind , auch in die Mischung der Schwefelsäure mit ein- 
gehen müssten. Schwefel und Phosphor (ich vermuthe, auch 
Boracium, Fluorium und Kohle) geben mit den Metallen Ver- 
bindungen von einem ganz anderen Charakter, als die Ver- 
bindungen der Metalle unter einander. Sie lassen sich mit den 
Metallen nicht in allen Verhältnissen zusammenschmelzen, son- 
dern entweder nur nach einem einzigen Verhältnisse, oder nach 
wenigen mit bestimmten Sprüngen, zwischen denen keine Zwi- 
schenstufen stattfinden. 

[263] A. Schwefelsäure. 

Um bei dem Versuche alle Feuchtigkeit zu vermeiden, 
welche dem Schwefel mechanisch anhängen konnte, bediente 
ich mich des Schwefelbleies. 

1) 10 g fein gepulvertes Schwefelblei wurden in einem ge- 
wogenen gläsernen Kolben mit Königswasser so lange digerirt, 
als eine Oxydation zu bemerken war, und dann die Masse im 
Kolben eingetrocknet und geglüht. Sie wog nun 12.65 g. Nach 
völliger Abkühlung und Wägung wurde sie mit Wasser, dem ein 
wenig concentrirter Essig beigemischt war , übergössen und da- 
mit digerirt. Die Flüssigkeit nahm keinen süssen Geschmack 
ap, und enthielt kein Blei. Der Schwefel im Schwefelblei war 
also hinlänglich gewesen, um diejenige Menge von Schwefel- 
säure zu bilden, welche zum Neutralisiren des Bleioxyds nö- 
thig war. 

2) Der Versuch ward wiederholt; der geglühte Rückstand 
im Kolben wog 12,64 g. 

3) Der Versuch wurde noch einmal in einer gläsernen Be- 
törte mit Vorlage angestellt, und alle übergehende Säure zuletzt 
in die Retorte zurück gegossen und noch einmal über die Masse 
hinüberdestillirt. Was am Ende überging, wurde besonders auf- 
bewahrt und gab keine merklichen Spuren von Schwefelsäure ; 
folglich war das Bleioxyd hinreichend, alle Säure zu sättigen, 
die durch den Schwefel des Schwefelbleies gebildet wurde. 3) 

^264] Aus diesem Resultate folgere ich, dass, da das Schwe- 
felblei seine beiden Bestandtheile genau in demjenigen Ver- 
hältnisse enthält, welches zur Bildung des schwefelsauren Bleies 



J 



1 2 Jacob Berzelius. 

erforderlich ist, Bleioxyd, wodurch 100 Th. Schwefelsäure ge- 
sättigt werden , ebenfalls genau halb so viel Sauerstoff enthalten 
müsse, als Schwefel in der Schwefelsäure zugegen ist (S. 252). 
Wahrscheinlich findet auch bei der Verbindung des Schwefels 
mit andern brennbaien Körpern die nämliche Regel .statt; und 
daraus würde nothwendig folgen , dass diejenige Menge eines 
Oxyds, durch welche eine dem Gewichte nach bestimmte Menge 
Schwefelsäure gesättigt wird, genau halb so viel Sauerstoff ent- 
halten müsse, als in der Säure Schwefel vorhanden ist, — wenn 
anders meine Versuche mit Bleioxyd und geschwefeltem Blei 
nicht gar fehlerhaft sind. 

Die Menge des Schwefels in der Schwefelsäure ist aus diesen 
Versuchen leicht gefunden. Es hatten 10 g Schwefelblei, Ver- 
such l zu Folge, 2,65 g Sauerstoff in sich aufgenommen. Da- 
von kommen 0,67478 g auf die 8,651 g Blei; die übrigen 
1,9752 g waren also mit 1,349 g Schwefel vereinigt gewesen 
zu 3,324 g Schwefelsäure. Es bestehen also 100 Th. Schwefel- 
säure aus 40,58 Th. Schwefel und 59,42 Th. Sauerstoff. Macht 
man die Berechnung nach Versuch 2, so sind 100 Th. Schwefel 
40,7 Th. Schwefel H- 59,3 Sauerstoff. Es werden also 100 Th. 
[265] Schwefelsäure, nach Versuch 1 durch 280,5 Th., nach 
Versuch 2 durch 281 Th. Bleioxyd gesättigt. Schwerlich können 
wohl zwei Versuche einander näher kommen. 

Um bestimmen zu können, inwiefern diese Versuche Zu- 
trauen verdienen, musste die Mischung des schwefelsauren 
Bleies untersucht werden. 

a) Die bei dem ersten meiner Versuche mit gelbem Bleioxyd 
gewonnenen 10,77 g Bleioxyd wurden in dem nämlichen Tiegel 
in Salpetersäure aufgelöst , darauf mit Schwefelsäure vermischt, 
so lange irgend ein Niederschlag zu bemerken war, dann vor- 
sichtig bis zum Trocknen abgedampft, und geglüht. Sie gaben 
14,62 g schwefelsaures Blei; mit 100 Th. Schwefelsäure hatten 
sich also 280 Th. Bleioxyd vereinigt. 

b) Zehn Gramm Blei wurden in einem gewogenen gläsernen 
Kolben in Salpetersäure aufgelöst, mit Schwefelsäure vermischt, 
zum Trocknen abgedunstet, und im Kolben geglüht. Das schwe- 
felsaure Blei wog 14,635, und es hatten sich 100 Th. Schwefel- 
säure mit 280 Th. Bleioxyd verbunden. 

c) Zehn Gramm Bleioxyd wurden in einem gewogenen Platin- 
tiegel in Salpetersäure aufgelöst, Schwefelsäure hinzugesetzt, 
die Mischung dann zum Trocknen abgeraucht und geglüht. Ich 



Bestimmte Verhältüisse. 1 3 

erhielt 13,575 g schwefelsaures Blei, oder wiederum das näm- 
liche Verhältniss wie in den vorigen Versuchen. 

Es leidet keinen Zweifel, dass diese drei übereinstimmenden 
Yersnche die Zusammensetzung des schwefelsauren Bleies genau 
darstellen. Sie zeigen daher in den für die Analyse der Schwe- 
felsäure angestellten [266] Versuchen eine kleine Unrichtigkeit 
an. Sie hat ihren Grund darin, dass, während das Schwefelblei 
durch die hinzugegossenen Säuren zerlegt und der Schwefel 
frei wird, ein wenig Schwefel durch Verdunstung in den Däm- 
pfen mit fortgerissen wird, wodurch die Basis in dem gewon- 
nenen Salze ein zu grosses Verhältniss gewinnt , — indem die 
Salzsäure, welche sich mit dem üeberschusse verbindet, in weit 
geringerer Menge als die Schwefelsäure zurückbleibt , oder bei 
der Temperatur, in der diese Massen geglüht wurden, gänzlich 
verfliegt. Sei es indess gleich ziemlich ausgemacht, dass der 
Sehwefelgehalt in diesen Versuchen ein wenig zu gross ausge- 
fallen ist, und nicht zu mehr als 40,52 auf tOO Th. Schwefel- 
säure anzunehmen sei , so werde ich doch , um nicht zur Unzeit 
auf Voraussetzungen und ungewisse Gründe zu bauen, in dieser 
Abhandlung ihn fiberall nach dem 1. Versuche zu 40,58 anneh- 
men, da dieser Fehler im Ganzen von wenig Bedeutung ist. Es 
bestehen also 100 Th. Schwefelsäure ans 

Schwefel 40,58 100,000 

Sauerstoff 59,42 146,427 

100,00 246,427 4) 

Ehe ich weiter gehe , und das Verhältniss des Schwefels in 
der schwefligen Säure aufsuche , muss ich einiges über die zer- 
legenden Ver&uche meiner Vorgänger mit Schwefehüure und 
tiher die Ursachen sagen, welche eine Verschiedenheit derselben 
von den meinigen haben veranlassen können. 

[267] Bucholz und Klaproth haben ihre Bestimmungen auf 
die Menge schwefelsauren Baryts gegründet, welche sich mit 
euier bestimmten Menge Schwefel erzeugen lässt, und dabei die 
Menge des Sauerstoffs aus der Menge der Schwefelsäure, die sie 
im schwefelsauren Baryt fanden , gefolgert. Da sich dabei eine 
Verschiedenheit in den Resultaten ihrer Versuche mit dem Ba- 
rytsalze findet, entschloss ich mich, ihre Versuche in dieser 
Rücksicht zu wiederholen , und ich schmeichle mir dabei zu ge- 
nügenden Resultaten gelangt zu sein. 

Die Analyse des schwefelsauren Baryts beruht, wie man 
weise, auf der des kohlensauren Baryts. Klaproth und Rose 



14 Jacob Berzelius. 

fanden letzteren aus 22 Th. Kohlensäure und 78 Th. Baryt zu- 
sammengesetzt: Bucholz hingegen fand, bei mehreren Versu- 
chen, darin nie über 2 1 Proc. Kohlensäure. Die grösste Schwie- 
rigkeit hierbei ist , sich ganz reinen kohlensauren Baryt zu ver- 
schaffen , da er so oft durch Eisen , Alkali oder Schwefelsäure 
verunreinigt ist. Es ist mir nicht anders gelungen , ihn zu er- 
halten, als vermittelst reinen unkrystallisirten salpetersauren 
Baryts , der mit kohlensaurem Ammoniak gefällt wurde. Den 
Niederschlag laugte ich mit kochendem Wasser aus, bis das 
hindurchgehende Wasser mit Schwefelsäure nicht mehr auf 
Baryt reagirte; denn das kohlensaure Ammoniak schlägt 4en 
Barytgehalt nicht gänzlich nieder, auch wenn es in Ueberschuss 
hinzugesetzt wird. Der ausgelaugte Baryt wurde darauf in einem 
Platintiegel stark geglüht. 

[268] Es wurden nun 10g kohlensaurer Baryt in verdünnter 
Schwefelsäure in einem gewogenen Apparate aufgelöst, und das 
Gas durch eine mit salzsaurem Kalke angefüllte und genau ge- 
wogene Röhre geleitet. Die Auflösung wurde durch die Hitze 
einer kleinen Oellampe befördert , die Flüssigkeit war aber zur 
Auflösung des neugebildeten Salzes nicht hinreichend. Der Ap- 
parat hatte nach 1 2 Stunden , als kein Bläschen sich ferner er- 
hob, 2, 1 1 g an Gewicht verloren. Die Auflösung nebst dem Salze 
nahm ich aus dem Kolben und vermischte sie in einem gewoge- 
nen Platintiegel mit Schwefelsäure, wobei wiederum ein ge- 
ringes Aufbrausen entstand. Die Masse wurde dann bei gelinder 
Hitze bis zum Trocknen abgedunstet und geglüht. Sie gab 
11,866 g schwefelsauren Baryt. 

b) Fünf Gramm kohlensaurer Baryt, in demselben Apparate 
auf die nämliche Weise behandelt, verloren 1,08 g, und gaben 
5,92 g schwefelsauren Baryt. Dies giebt für 100 Th. kohlen- 
sauren Baryt 21,6 Th. Kohlensäure und 118,4 Th. schwefel- 
sauren Baryt. 

c) Zehn Gramm kohlensaurer Baryt wurden in demselben 
Apparate in verdünnter Salzsäure aufgelöst, und das Auflösen 
durch ein solches Erwärmen befördert , dass zwar der Kolben 
sich nicht mehr anfühlen Hess, die Flüssigkeit aber doch nicht 
zum Kochen kam. Es fanden sich 2,165 g Kohlensäure und 
11,82 g schwefelsaurer Baryt. 

d) Zehn Gramm kohlensaurer Baryt, in einer Presse ge-^ 
trocknet und dann geglüht , so dass er ganz harte Stücke aus- 
machte , die sich in der Säure langsamer auflösten, wurden auf 
gleiche Weise mit verdünnter Salzsäure in dem nämlichen 



Bestimmte Verhältnisse. 15 

Apparate behandelt. Sie verloren 2,165 g an Gewicht, und gaben 
11,86 g schwefelsauren Baryt. 

[269] e) Zehn Gramm kohlensaurer Baryt wurden in einem 
gewogenen gläsernen Kolben in Schwefelsäure, die mit ein wenig 
Salzsäure vermischt war, aufgelöst, dann im Kolben zum Trock- 
nen aufgelöst und darin gegltlht. Sie gaben 11,89 g schwefel- 
sauren Baryt. 

f j Zehn Gramm kohlensaurer Baryt wurden in einem gewo- 
genen gläsernen Kolben in Salzsäure aufgelöst, mit Schwefel- 
säure niedergeschlagen, zum Trocknen abgedunstet und im 
Kolben geglüht. Sie gaben 11,9 g schwefelsauren Baryt. Davon 
wurden 10 g herausgenommen, und in einem Platintiegel stark 
geglüht, ohne dass sie das Geringste an Gewicht einbüssten. — 
Es wird nicht überflüssig sein , anzuzeigen , dass die von mir 
gebrauchten Säuren gar keine feuerbeständigen Theile enthielten, 
sondern nach dem Verdunsten auf einem ührglase das Glas 
ganz rein Hessen. 

In diesen Versuchen hatten also 100 Th. kohlensaarer Baryt 
zum wenigsten 21,6 Procent Kohlensäure gegeben; Zehntausend- 
theile lassen sich in Versuchen dieser Art gar nicht angeben. 
Wir mögen wohl also , ohne sehr zu fehlen , annehmen können, 
der kohlensaure Baryt bestehe aus 

Kohlensäure 21,6 100 

Baryt 78,4 363 

100,0 463 

Da nun 100 Th. kohlensaurer Baryt, die nahe 78,4 Basis ent- 
halten, 118,6 bis 119 Th. schwefelsauren Baryt geben, so muss 
der schwefelsaure Baryt 33,96 bis 34,1 Th. Säure gegen 66,04 
bis 65,9 Th. Basis enthalten, und 100 Th. Schwefelsäure müssen 
sich durch 193,0 bis 194,5 Th. Baryt sättigen lassen. Da ein 
Fehler von 0,0005 bei der bisherigen nicht völligen Genauigkeit 
der Versuche [270] ziemlich unbedeutend ist, so habe ich in 
dieser Abhandlung die Zusammensetzung des schwefelsauren 
Baryts immer angenommen zu 

Schwefelsäure 34 100 

Baryt 66 194 

100 294 

Wollte man das Mittel aus den obigen 6 Versuchen, welches auf 
100 Th. kohlensauren Baryt 118,627 Th. schwefelsauren Ba- 
ryts giebt, als Richtschnur gelten lassen, so wäre die Mischung 



] 6 Jacob Berzelias. 

Schwefelsäure 33,9 100 

Baryt 66,1 195 



100,0 295 ö) 

Klaproth erhielt ans 100 Gran kohlensaurem Baryt 120 
Gran stark getrockneten Schwerspath, und Bucholz 119^ Gran, 
die durch Glühen auf 117 reducirt wurden. Daraus berechnete 
Klaproth die Zusammensetzung des Salzes zu 33 Th. Säure und 
67 Th. Basis, Bucholz aber zu 32.48 Säure und 67,52 Basis*). 

[271] Bucholz**) kochte 100 Gran Schwefel mit Königs- 
wasser, bis sich der Schwefel in Schwefelsäure verwandelt 
hatte, und erhielt mit dieser 724 Gran schwefelsauren Baryt, 
woraus nach seiner Bestimmung des Mischongsverhältnisses 
dieses Salzes ein Gehalt von 42,5 Th. Schwefel in 100 Th. 
Schwefelsäure folgt. Meiner Analyse zufolge enthalten diese 
724 Gran schwefelsaurer Baryt 246, 16 Gr. Schwefelsäure; giebt 
auf 100 Gran Schwefel 146,16 Gr. Sauerstoff, und es beständen 
daher 100 Th. Schwefelsäure aus 40,624 Th. Schwefel und 
59,376 Th. Sauerstoff. Bucholz^% Versuch kommt also bis auf 
0,00044 mit dem meinigen überein. D& Bucholz einen in stren- 
ger Hitze geraume Zeit hindurch geschmolzenen Schwefel ge- 
braucht hat , und der meinige in Verbindung mit einem Metalle 
geglüht worden war, so ergiebt sich hieraus zugleich, dass sich 



*) Beide ausgezeichnete Chemiker bedienten sich, um den 
schwefelsauren Baryt abzusondern, der Präeipitation und Filtrirung, 
welche letztere aber, selbst in den geschicktesten Händen, nicht ohne 
Verlust abläuft, nicht zu gedenken des Unbestimmten im Gewichte 
des Papiers vor und nach dem Auslaugen, und der verschiedenen 
Feuchtigkeit während der Wägung, da die Masse imFiltrum auf einer 
guten Wage nicht heiss gewogen werden kann , ohne ein bedeutend 
zu geringes Resultat zu geben. Bei allen hier anzuführenden Ana- 
lysen habe ich das Durchseihen so viel möglich vermieden , wo es 
aber nicht zu vermeiden war, habe ich mich eines Filtrums aus eng- 
lischem Copirpapiere (J, Watt and Comp, Patent Copying) bedient, 
welches ich zuvor gut ausgewaschen und bei so grosser Hitze ge- 
trocknet hatte, als es ohne Verbrennen ertragen mochte. Die grössten 
von mir gebrauchten Filtra haben keine 0,75 g gewogen, und ihr Ge- 
wicht nie mehr als höchstens 0,006 g verändert, und dies erst nach 
langem Verweilen auf der Waage. Die kleinem, welche 0,1 bis 0,25 g 
wogen, haben ihr Gewicht nie merklich verändert. Die auf dem Fil- 
trum zurückbleibende Masse habe ich abgehoben, jedoch ohne das 
am Papier Festsitzende, welches sehr wenig beträgt, wegzuschaben; 
habe sie dann gewogen und geglüht, und den durch das Glühen ent- 
standenen Verlust der ganzen Masse berechnet. 
*♦) Scherer"^ Journal B. 10. S. 385. 



Beatimmte Verhältnisse. 1 7 

der Schwefel durch Schmelzen von der anklebenden Feuchtig- 
keit ganz befreien lässt. 

[272] Was KlaproW^ Analyse betrifft, so ist sie nicht so 
genau wie die des Hrn. Bucholz. Er behandelte 200 Gran 
reinen Schwefel mit Salpetersäure; 48^ Gran blieben unzer- 
stört ; aus den übrigen 151^ Gran war Schwefelsäure entstanden, 
und diese bildete 1082 Gran schwefelsauren Baryt. Hier gaben 
also 100 Th. Schwefel bis auf 15 Th. schwefelsauren Baryt we- 
niger, als in Bucholz'^ Versuche; und dennoch wurde der 
Versuch nicht wiederholt. Durch die Verschiedenheit ihrer Be- 
stimmung der Mischungsverhältnisse des schwefelsauren Baryts 
trifft es sich , dass dennoch beide zu einem übereinstimmenden 
Hesultate in Hinsicht des Schwefelgehalts in der Schwefelsäure 
kommen. 

JRichter's*) Versuch ist auf einem andern Wege vorgenom- 
men. Es wurden 222 Gran trockne Schwefelblumen durch rau- 
chende Salpetersäure in Schwefelsäure verwandelt. Die saure 
Flüssigkeit wurde mit kohlensaurer Ealkerde gesättigt, dann 
ausgetrocknet, und die Salpetersäure nebst der kohlensauren 
Kalkerde durch Alkohol und ein wenig Salpetersäure hinweg- 
gelaugt. Der rückständige und geglühte Gyps wog 947 Gran. 
Finden sich nun in 100 Th. geglühten Gypses 58 Th. Schwefel- 
säure**), so müssen 947 Th. Gyps bA^ Th. [273] Säure ent- 
halten, und kommen also in Richter^^ Versuch auf 222 Gran 
Schwefel 327^ Gran Sauerstoff, oder auf 100 Th. Schwefel 
147^ Th. Sauerstoff, muss also die Schwefelsäure in 100 Th. 
40,44 Th. Schwefel enthalten, — welches wiederum mit meinen 
obigen Versuchen nahe übereinstimmt. Ist der Gehalt an Schwe- 



*) J. B. Richter'^ Neue Gegenstände etc., H. 5, S. 125. 
**) Bucholz erhielt, bei einer Analyse von 300 Gran Gyps, 63 Gran 
Krystallwasser, 99 Gr. Kalkerde und 402 Gr. geglühten schwefelsauren 
Baryt, aus welchem letztern sich ein Gehalt von 136,7 Gr. Schwefel- 
säure ergiebt. Summirt man die Bestandtheile , so erhält man 298t^^ 
Gran, und der Verlust ist nur \-^ Gran, indess er, nach Bucholz^ Mi- 
schungsverhältniss berechnet, ein wenig über 6 Gr. betragen mtisste. 
Da Bucholz diesen grössern Verlust in mehreren Versuchen ziemlich 
unverändert fand , schloss er daraus auf einen Wassergehalt, welcher 
durch kein Glühen aus dem Gypse zu verjagen sei. Die Bestandtheile 
des geglühten Gypses, nach dem angegebenen Verhältnisse berechnet, 
sind : 58 Th. Schwefelsäure und 42 Th. Kalkerde ; doch ist es wahr- 
scheinlich, dass in der von Bucholz angestellten Analyse auch ein 
Verlust an Kalkerde stattfand, durch welche die Säure ein zu grosses 
VerhältnisB gegen die Basis gewinnt. Klaproth fand im geglühten 
Gyps 57,63 Säure und 42,37 Basis. 

Ostwald's Klassiker. 35. 9 



18 Jacob Berzelius. 

felsänre im Gypse ein wenig zu gross angegeben, so kommt das 
Resultat aus dem Versuche Richter'^ dem meinigen noch näher. 

B. Schweflige Saure. 

Durch directe Versuche mit brennendem Schwefel die Mi- 
schung der schwefligen Säure zu bestimmen, ist mit unüber- 
windlichen Schwierigkeiten verknüpft. Ich wählte daher lieber 
den Weg, ein schwefligsaures Salz durch Salpetersäure in ein 
schwefelsaures zu verwandeln. 

[274] Neutraler salzsaurer Baryt wurde mit einer Auflösung 
von krystallisirtem schwefligsaurem Ammoniak vermischt, der 
Niederschlag auf ein Filtrum gebracht und mit kochendem Was- 
ser ausgewaschen, bis das Wasser nicht weiter auf Silbersolution 
reagirte, die Masse dann durch Pressen zwischen dickem Lösch- 
papier von Wasser befreit, eilends auf das Unterschälchen einer 
Theetasse ausgebreitet und in einem warmen Ofen getrocknet. 
Als ich einen geringen Theil von diesem Salze in Salzsäure auf- 
löste, trübte sich die Flüssigkeit nicht merklich; es war also 
beinahe gar kein schwefelsaurer Baryt darin enthalten. 

1) Drei Gramm von diesem schwefligsauren Baryt wurden 
in einem gewogenen gläsernen Kolben mit Salpetersäure über- 
gössen, so lange digerirt, als sich noch Salpetergas entwickelte, 
und dann bis zum Trocknen abgedunstet und im Kolben geglüht. 
Die Masse wog nur 3,17 g, sie zeigte nicht die geringste Spur 
von überschüssigem Baryt. Es enthalten aber 3,17 g schwefel- 
saurer Baryt nach obigem 0,66.3,17 = 2,0922g Baryt. 

2) Drei Gramm von dem nämlichen Salze wurden mit 30 g 
geglühtem gelbem Bleioxyd vermischt, und das Ganze in einer 
kleinen gläsernen, mit einem langen und gut zugepfropften Halse 
versehenen Retorte erhitzt. Der Retortenhals , in welchem sich 
das Krystallisationswasser des Salzes angesammelt hatte , wurde 
abgeschnitten und gewogen. Durch das Verdunsten des Wassers 
verlor [276] er 0,0425 g an Gewicht. Das Wasser war gänzlich 
ohne Geschmack. 

Der schwefligsaure Baryt bestand also aus 

Baryt 209,22 69,74 

Schwefliger Säure 86,53 28,84 

Wasser 4,25 1,42 

300,00 100,00 

3) Ich löste nochmals 3 g desselben Salzes in Salpetersäure 
auf und prüfte nach geendigtem Aufbrausen die filtrirte Auf- 



Bestimmte Verhältnisse. 1 9 

lösnng mit salpetersaurem Baryt auf Schwefelsäure ; es erfolgte 
keine Trübung ; eben so wenig als in einer andern Portion durch 
hinzugetröpfelte Schwefelsäure. Der Baryt ist also in dem 
schwefligsauren, wie in dem schwefelsauren Salze, genau mit 
einerlei Quantität Schwefel vereinigt, nämlich 100 Th. Baryt 
mit 20,9 Th. Schwefel ^j, und wir werden weiterhin sehen, dass, 
wenn eine Verbindung zwischen der Basis des Baryts und dem 
Schwefel wirklich existirt, das Verhältniss der Barytbasis und 
des Schwefels in ihr das nämliche sein muss, als in dem schwe- 
felsauren und in dem schwefligsanren Baryt, und auch, wie ich 
wenigstens vermuthe, in dem Schwefel- Baryt und in dem 
Schwefel -Wasserstoff-Baryt; wiewohl die Versuche, welche ich 
mit diesen angestellt habe, mir kein genügendes Resultat ge- 
geben haben. 

Wenn nun 3 g schwefligsaurer Baryt 0,8653 g schweflige 
Säure enthalten, und 3jl7 g schwefligsaurer Baryt, in welchen 
sie sich durch [276] Oxygenation verwandeln , einen Schwefel- 
gehalt von 0,4374 g voraussetzen, so muss das Fehlende, oder 
0,4279, Sauerstoff sein. Folglich nehmen 100 Th. Schwefel 
97,83 Th. Sauerstoff in sich auf, um zur schwefligen Säure zu 
werden, und die schweflige Säure besteht aus 

Schwefel 50,55 100,00 

Sauerstoff 49,45 97,83 

100,00 197,83*). 

Da 100 Th. Schwefel in der schwefligen Säure mit 97,83, 
und in der Schwefelsäure mit [277] 146,427 Th. Sauerstoff ver- 
bunden sind, letztere Zahl aber mit geringer Abweichung l^ mal 
so viel als die erstere beträgt (denn es ist 97,83-f-48,91 = 
146,74), so nimmt, wie man sieht, dieselbe Menge Schwefel in 
der Schwefelsäure gerade 1 1 mal so viel Sauerstoff als in der 
schwefligen Säure in sich auf. Vergleicht man hiermit das Ver- 
halten des Bleies, so lässt sich für künftige Forschungen die 



*) Legt man bei der Berechnung das Mischungsverhältniss 33,9 
Th. Schwefelsäure und 66,1 Th. Baryt des schwefelsauren Baryts zu 
Grunde, so kommen auf 3 g schwefligsauren Baryt 0,8621 g schweflige 
Säure und darin 0,4361 g Schwefel; folglich erhält man als Bestand- 
theil der schwefligen Säure : 

Schwefel 50,59 100,00 

Sauerstoff 49,41 97,69 

100,00 197,69 

2* 



20 Jacob Berzelins. 

Frage aufwerfen: ob vielleicht der Schwefel noch irgend eines 
geringern Oxydationsgrades [278] als in der schwefligen Säure, 
oder eines höhern als in der Schwefelsäure fähig ist? 

IV. Kupfer und Schwefel. 

1) Es wurden 10 g des unter dem Namen Kupferasche 
[Spritkoppar) bekannten Gaarkupfers*) mit 10g reinem Schwefel 
gut zusammengemengt , und in einer gläsernen , mit einer Vor- 
lage und einer Entbindungsröhre versehenen Retorte stark ge- 
glüht; das Kupfer nahm dadurch um 2,56 g an Gewicht zu. 

2) Bei Wiederholung dieses Versuchs betrug die Gewichts- 
zunahme 2,6 g. 

Ich habe noch mehrere Versuche angestellt, von denen einige 
noch eine grössere Gewichtszunahme gaben ; führe sie aber nicht 
an. Denn immer ist das Resultat in diesen Versuchen etwas zu 
gross und keineswegs übereinstimmend, welches wahrscheinlich 
auf einer Oxydirung beruhte , die der überflüssig hinzugesetzte 
öchwefel nicht zu reduciren vermochte. 

Folgender Versuch verdient indess, dass ich ihn nicht uner- 
wähnt lasse. Ich hatte dünn ausgewalztes Kupfer mit Schwefel 
in eine kleine Retorte [279] gethan , einige dieser Kupferbleche 
ragten \\ Zoll über den Schwefel hervor. Als beim Erwärmen 
das Kupfer sich mit dem Schwefel verband, erhitzte sich die 
Masse, kam aber nicht zum Glühen, weil der Schwefel in üeber- 
schuss zugesetzt war, und die hervorragenden Stücke der Bleche 
traten also nicht mit dem Schwefel in Verbindung. Als ich fort- 
fuhr Hitze zu geben, füllte sich die kleine Retorte ganz mit 
Schwefeldampf''), und ehe die Masse am Boden der Retorte 
glühte, entzündeten sich die Kupferbleche, und verbrannten mit 
dem hellsten Lichte, ganz wie bei einem Verbrennen in Sauerstoflf- 
gas. Das Kupfer condensirte also den gasförmigen Schwefel 
( unter Erscheinen von Feuer. Da das Kupfer den festen Schwefel 
ebenfalls nnter Erscheinen von Feuer bindet, war ich begierig zu 
wissen, ob diese Erscheinungen von einer dabei erfolgenden Con- 
densation herzuleiten wären. Ich wog daher das erhaltene Schwe- 
felkupfer in Wasser ab ; das eigenthümliche Gewicht desselben 
war 4,76; das des gewalzten Kupfers 8,723, und das des Schwe- 
fels 1,99. Nun hatten sehr nahe 4 Th. Kupfer 1 Th. Schwefel 



*) Ein äusserst fein zertheiltes metallisches Kupfermehl, welches 
man in unsern Kupferhütten beim Gaarmachen des Kupfers erhält. 



Bestimmte Verhältnisse. 21 

verschluckt; die mechanische Mischung von 4 Th. Schwefel und 
1 Th. Kupfer ist also dichter als die [280] zusammengeschmol- 
zene, und die specifischen Gewichte beider verhalten sich zu 
einander wie 1 : 0,9124. Das Schwefelkupfer war also expan- 
dirt^], und zwar beinahe um ebensoviel, als sich das gewalzte 
Kupfer durch Schmelzung würde ausgedehnt haben; eine 
Veränderung des Volumens konnte folglich nicht der Grund von 
dieser Erscheinung des Feuers sein. Woher rührten aber in die- 
sem Falle der Licht- und Wärmestoflf?*) 

Wenn Kupfer zu dem Schwefel und dem Sauerstoffe dasselbe 
Verhalten hat , als das Blei , so muss es ebenfalls im Minimum 
seiner Oxydation halb so viel Sauerstoff verschlucken , als es 
Schwefel in sich aufnimmt, also 12,8 bis 13 Proc. Sauerstoff, 
und muss schwefelsaures Kupferoxydul [281] aus 35,83 Säure 
nebst 64,17 Oxydul bestehen. Und wenn die Schwefelsäure in 
den Basen , durch welche sie gesättigt wird , immer halb so viel 
Sauerstoff, als sie selbst Schwefel enthält, voraussetzt, so muss 
schwefelsaures Kupferoxyd aus beinahe gleichen Theilen Säure 
und Basis zusammengesetzt sein. 



V. Kupfer und Sauerstoff. 

A. Kupferoxyd. 

1) Zehn Gramm eines zum dünnsten Blatte ausgewalzten 
Kupfers wurden unter der Muffel in einem Probirofen auf einer 
gewogenen Platinscheibe verbrannt. Das Metall verwandelte 
sich in schwarzes Oxyd. Die Masse hatte um 1,05 g an Gewicht 
zugenommen. 



*) Offenbar ist der Fall der nämliche , als der , wenn Kohle in 
Sauerstoffgas brennt : die Kohle dilatirt sich, und doch wird die Hitze 
sehr gross. Wenn eine Kohle zwischen den Spitzen zweier Metall- 
drähte, die mit den Endplatten einer grossen galvanischen Batterie 
verbunden sind , in Stickgas zum Glühen kommt , und der Zuschauer 
glaubt , sie brenne , so ist das nicht die nämliche Feuere rscheinung, 
und ihre Ursache kann von jener etwas verschieden sein. Der Schwefel 
ist gegen die Metalle, nächst dem Sauerstoffe, der am meisten negative 
von allen bekannten Körpern ; daher auch die Schwefelsäure, als eine 
Verbindung der beiden negativsten Körper, die stärkste , das heisst, 
die negativste Säure gegen alle salzbare Basen ist. Sollte nicht das 
Erscheinen des Feuers in einer elektrochemischen Entladung zu 
suchen sein ? Aus Davy'a vortrefflichen Untersuchungen liesse sich 
vieles zu Gunsten dieser Meinung anführen , die mir nicht unwahr- 
scheinlich ist, und mir scheint i>avy selbst daraufhindeuten zu wollen. 



22 Jacob Berzelius. 

2) Fünf Gramm Kupfer wurden in Salpetersäure in einem 
gewogenen gläsernen Kolben aufgelöst, zum Trocknen abgedun- 
stet und geglüht. Ich erhielt 6,12 g schwarzes oxydirtes Kupfer. 

3) Der Versuch wurde nochmals auf gleiche Weise ange- 
stellt, und gab 6,145 g Oxyd. 

4) Es wurden 1 g Kupfer in Salpetersäure aufgelöst und 
mit neutralem kohlensaurem Kali (das in einem Platingefässe 
aus gereinigtem Weinsteine zubereitet war] niedergeschlagen. 
Der ausgewaschene Niederschlag wog geglüht 12,33 g. Aus der 
mit dem Alkali vermischten Flüssigkeit wurde durch Schwefel- 
Wasserstoffgas noch mehr Kupfer ausgeschieden, welches, zum 
schwarzen [282] Oxyde verbrannt, 0,08 g wog: mit dem vorigen 
also 12,41 g. 

5) Zehn Gramm Kupfer wurden in Salpetersäure in einer 
gläsernen Retorte aufgelöst, die Säure behutsam bis zur Trocken- 
heit abdestillirt, und die Masse in der Retorte geglüht, welche 
dadurch 12,38 g an Gewicht gewonnen hatte. Die tibergegan- 
gene Säure wurde umdestillirt, und die am Ende übrig bleibende 
grüne Flüssigkeit erstlich mit Alkali, dann mit Schwefel- Wasser- 
stoffgas niedergeschlagen. Sie gab noch 0,07 g schwarzes Oxyd ; 
macht mit dem vorigen 12,45 g. 

Man sieht aus diesen Versuchen, wie schwer es ist, in ihnen 
ein ganz scharfes Resultat zu erhalten , indem das Kupfer beim 
Verbrennen zum Theil verfliegt, und beim Oxydiren durch Sal- 
petersäure von den Dämpfen der zerlegten Säure zum Theil mit 
hinweggerissen wird. Der 4. und 5. Versuch kommen, allem 
Anscheine nach, der Wahrheit am nächsten. Sie bedürfen aber 
einer Correction , die ich nicht mit der Gewissheit zu bestimmen 
vermag, welche für völlige Zuverlässigkeit der Versuche erfor- 
dert wird. Es enthält nämlich, wie bekannt, jedes Kupfer Kohle 
und ein wenig Schwefel. Nehmen wir an, dass diese ^ Procent 
vom Gewichte des Kupfers ausmachen, so ist die Menge des 
Sauerstoffs , welche die Versuche geben , um dieses Gewicht zu 
klein, und muss also auf 10 g Kupfer um 0,05 g vermehrt wer- 
den, weil sich die Masse des Kupfers beim Oxygeniren [283] 
um eben so viel vermindert. Da nun 100 Th. Kupfer, in Ver- 
such 5, 24,5 Th. an Gewicht zunehmen, so können wir mit ziem- 
licher Gewissheit bestimmen, dass 100 Th. reines Kupfer un- 
gefähr 25 Th. Sauerstoff in sich auftiehmen, und dass also das 
Kupferoxyd in runden Zahlen zusammengesetzt ist aus 



Bestimmte Verhältnisse. 23 

Kupfer 80 100 

Sauerstoff 20 25 

100 125 



B. Kupferoxydul. 

Es wurden 10 g Kupferoxyd mit 10 g Gaarkupfer [Sprit- 
koppar] gemengt, und in einer luftdicht verschlossenen Flasche 
mit 75 g concentrirter Salzsäure übergössen. Die Mischung blieb 
3 Tage hindurch auf einem warmen Ofen stehen, nur wurde sie 
dann und wann geschtlttelt. Das unaufgelöste Kupfer wurde auf 
ein gewogenes Filtrum gebracht, gut ausgewaschen, und dann, 
über das Filtrum ausgebreitet, auf einer Platte aus Gusseisen 
eilends getrocknet; es wog 1,97 g. Auf Kosten des im Oxyde 
befindlichen Sauerstoffs hatten sich also 8,03 g Kupfer aufge- 
löst. Nun aber waren auch im Oxyde 8 g Metall zugegen; es 
enthielt also das neu gebildete Oxydul, welches sich in der Säure 
aufgelöst hatte, die doppelte Menge Metall als das Oxyd^). 
Der Unterschied von 0,03 g bei diesem Versuche entstand wahr- 
scheinlich durch das Einwirken der concentrirten Säure auf das 
Kupfer , wodurch auch ein wenig Wasserstoffgas [284] erzeugt 
wurde , das sicfi bei Eröffnung des Gefässes mit Gewalt heraus 
begab. Es nehmen also 100 Th. Kupfer, um Oxydul zu werden, 
dem Versuche nach, 12,3 g, und der Berechnung nach, 12,5 g 
Sauerstoff auf, und das Kupferoxydul besteht aus 

Kupfer 88,89 100,0 

Sauerstoff 11,11 12,5*). 

Berechnen wir den Sauerstoffgehalt des Kupferoxyduls aus 
dem Mischungsverhältniss des Schwefelkupfers, nach derselben 
Regel, welche wir bei dem Blei aufgefunden haben (100 Th. Blei 
nehöien 15,6 Th. Schwefel und 7,8 Th. Sauerstoff; 100 Th. 
Kupfer aber nehmen 25,6 Th. Schwefel auf, und es verhält sich 
15,6 : 7,8 = 25,6 : 12,8), so finden wir eine Zahl (12,8), welche 
sich von dem Resultate der Versuche nur unbedeutend entfernt. 
Bei der Analyse des salzsauren Kupfers werden wir hierfür 
neue Bestätigungen erhalten. 



*) Chenevix, der den Sauerstoffgehalt dieses Oxyduls durch einen 
ganz ähnlichen Versuch bestimmt hat , fand ihn ein wenig grösser, 
nämlich 11,5 in 100 Th. Oxydul, oder 100 Th. Kupfer hatten nach ihm 
13 Th. Sauerstoff aufgenommen. 



24 Jacob Berzelias. 

Ehe ich aber in diesen Untersuchungen weiter gehe , muss 
ich einen andern Gegenstand verhandeln, nämlich das wahre 
Mischungsverhältniss des salzsauren Silbers, welches bei Ver- 
suchen mit Salzsäure zu kennen ganz unumgänglich nöthig ist. 

[286] VI. Analyse des salzsauren Silbers und des 

salzsauren Baryts. 

Rose , und später Bucholz^ haben diese Salze mit einer Ge- 
nauigkeit untersucht, dass man glauben sollte, dieser Gegen- 
stand sei jetzt ganz vollständig erörtert, und dieses um so mehr, 
da ihre Resultate sehr nahe mit einander übereinstimmen. Nichts- 
destoweniger sind ihre Angaben unrichtig. Der Fehler in den- 
selben hat seinen Grund in der fehlerhaften Analyse der Baryt- 
salze. Von allen, die sich mit diesem Gegenstande beschäftigt 
haben , ist Wenzel der Wahrheit am nächsten gekommen , und 
man muss gegen diesen verdienstvollen Chemiker so gerecht 
sein, zu erklären, dass seine Versuche mit einer Genauigkeit 
angestellt sind , die sich von seinem Zeitalter gar nicht erwarten 
Hess. Wenzel fand in 100 Th. salzsaurem Silber 75,33 Silber, 
6,4 Sauerstoff und 18,27 Salzsäure. Bucholz und jßo^e dagegen 
fanden darin 75 Th. Silber, 7,5 bis 7 Th. Sauerstoff, und 17,5 
bis 17,75 Salzsäure. • 

1) Ich löste 3 g reines Silber (das aus salzsaurem Silber re- 
ducirt, und, um es von Kohle zu befreien, in offenem Feuer ohne 
Bedeckung eine Zeit lang war geschmolzen erhalten worden) in 
einem kleinen gewogenen gläsernen Kolben , und zwar in Sal- 
petersäure, auf, setzte reine Salzsäure hinzu, und dunstete die 
Mischung bis zur Trockenheit ab , worauf sie von neuem mit 
Salzsäure übergössen, abgedunstet und dann [286] im Kolben 
geschmolzen wurde. Das geschmolzene farbenlose Hornsilber 
wog 3,98 g. Also hatten 100 Th. Silber 32,7 Th. Sauerstoff 
und Salzsäure aufgenommen, und 100 Th. salzsaures Silber ent- 
halten 75,358 Th. Silber. 

2) Aus 1 g auf gleiche Weise gereinigtem und behandeltem 
Silber erhielt ich 13,275 geschmolzenes salzsaures Silber. Also 
enthalten 100 Th. salzsaures Silber 75,3296 Th. Silber. 

3) Zehn Gramm kohlensaurer Baryt wurden in einem gewo- 
genen gläsernen Kolben in Salzsäure aufgelöst; die Auflösung 
wurde in einen gewogenen Platintiegel gegossen, behutsam zum 
Trocknen abgedunstet und geglüht. Ich erhielt 10,56 g salz- 
sauren Baryt. 



Bestimmte Verhältnisse. 25 

4) Dieser Versuch wurde so wiederholt, dass die Masse im 
Kolben blieb und darin eingetrocknet und geglüht wurde; sie 
gab wieder 10,56 g salzsauren Baryt. 

Da 100 Th. kohlensaurer Baryt 78,4 Th. Baryt enthalten, 
so müssen diese 10,56 g salzsaurer Baryt 2,72 g Salzsäure 
aufgenommen haben. Aber es ist 10,56 : 2,72 = 100 : 25,75. 
Wasserfreier salzsaurer Baryt ^^) besteht also aus 

Salzsäure 25,75 100 

Baryt 74,25 288,4 

100,00 388,4 

Könnte man für den kohlensauren Bai*yt ein bis in die Zehn- 
tausendtheile genaues Resultat erhalten, so würde auf diese 
Weise eine ganz zuverlässige [287] Analyse zu gewinnen sein. 
sein. Da das aber nicht möglich ist, so entsteht eine kleine Un- 
sicherheit in jeder Analyse salzsaurer Salze, doch kann der 
Fehler nicht viel über y^Vir hinausgehen. 

Bucholz erhielt aus 84 Gran geglühtem salzsauren Earyt 
94J^ Gran geglühten schwefelsauren Baryt; dieses giebt, wenn 
man nach seiner Analyse des schwefelsauren Baryts rechnet, die 
Menge der Salzsäure bis zu 1^ Procent zu gering; wenn man 
aber nach meiner Analyse jenes Salzes rechnet, so enthalten die 
94| Gran 62,37 Gran reinen Baryt. Nun aber sind 84 : 62,37 
= 100: 74,25; dieses giebt also in 100 Th. salzsaurem Baryt 
genau dieselbe Menge Baryt, welche ich darin gefunden habe. 
Dieses Resultat dient zu einer Bestätigung der Richtigkeit meiner 
Bestimmung, sowohl für dasMischungsverhältniss des salzsauren, 
als für das des schwefelsauren Baryts. 

5) Die in Versuch 4 gewonnenen 10,56 g salzsaurer Baryt 
wurden in Wasser aufgelöst und mit salpetersaurem Silber nie- 
dergeschlagen. Das gesctmolzene Hornsilber wog 14,55 g, 
genau übereinstimmend mit Bucholz'^ Versuch, und von dem 
Versuche Rose'^ nur wenig abweichend. Es enthalten also 
100 Th. salzsaures Silber 18,697 Salzsäure, oder bestehen, 
ohne sonderlichen Fehler der Angabe, aus 

Salzsäure 18,7 100 

Silberoxyd 81,3 434,8 

100,0 534,8 

[288] Das Silberoxyd wird also , nach diesem Versuche, be- 
stehen aus 



26 Jacob Berzelius. 

Silber 92,67 100,000 

Sauerstoff 7,33 7,925 



100,00 107,925 

VII. Schwefelsaures Kupfer» 

Fünf Gramm neutrales schwefelsaures Kupfer , das in einem 
Platintiegel bei der Hitze des schmelzenden Zinns zum Verwit- 
tern gebracht war, wurden in Wasser aufgelöst, und mit salz- 
saurem Baryt niedergeschlagen. Der Niederschlag, ausgewa- 
schen und geglüht, wog 7,22 g, welches einen Gehalt von 
2,455 g Schwefelsäure anzeigt. Werden diese von den 5 g ab- 
gezogen, so bleiben 2,545 g für das Kupferoxyd übrig. Schwe- 
felsaures Kupferoxyd besteht also aus 

Kupferoxyd 50,90 103,66 

Schwefelsäure 49,10 100,00 

100,00 203,66 

Wenn 100 Th. Schwefelsäure in der Basis, durch die sie 
gesättigt werden, 20,29 Th. Sauerstoff voraussetzen, so muss 
eben diese Menge in 103,^6 Th. Kupferoxyd enthalten sein. Es 
ist aber 125 : 25 = 103,66 : 20,73. Das Resultat der Berech- 
nung weicht also sehr wenig von dem der Analyse ab. Der Be- 
rechnung zufolge müssten 100 Th. Schwefelsäure durch 101,45 
Th. Kupferoxyd gesättigt werden ; eine Verschiedenheit, welche 
vielleicht von zurückgebliebenem Wasser in dem zerlegten Salze 
herrührt. Man sieht ferner, [289] dass in dem schwefelsauren 
Kupfer 100 Th. metallisches Kupfer mit 50 Th. Schwefel ver- 
bunden sind ; welches ganz unbedeutend weniger als das Dop- 
pelte von dem ist, was das Kupfer im Minimum seines Schwefel- 
gehalts aufnimmt. 

Das bekannte basische schwefelsaure Kupfer ^ glaubte ich, 
werde ebenfalls das Kupfer und den Schwefel in dem bei die- 
sem Versuche gefundenen Verhältnisse enthalten. Ich fällte, um 
dieses zu untersuchen, eine Auflösung des schwefelsauren Ku- 
pfers durch kaustisches Ammoniak so, dass sich nicht der ganze 
Kupfergehalt absonderte. Das basische Salz wurde auf ein Fil- 
trum gebracht , ausgewaschen , getrocknet und gelinde geglüht. 
In Salpetersäure aufgelöst und durch salpetersauren Baryt nie- 
dergeschlagen , zeigte es sich bestehend aus 20 Th. Schwefel- 
säure und 80 Th. Kupferoxyd. Die Säure sättigte also in dem 



Bestimmte Verhältnisse. 27 

basischen Salze beinahe 4 mal so viel Basis, als in dem neu- 
tralen Salze, und 100 Th. Kupfer nehmen in diesem Falle nur 
halb so viel Schwefel auf, als im Schwefelkupfer. Dieses 
führt auf die Vermuthung, dass Kupfer und Schwefel in dem 
schwefelsauren Kupferoxydul in dem gesuchten Verhältnisse 
vorhanden sein mögen. Dieses Salz ist mir aber, seiner Bereitung 
und seinen chemischen Kennzeichen nach, unbekannt; doch lässt 
sich die Mischung desselben auf zweierlei Weise berechnen, und 
beide Berechnungen geben beinahe das nämliche Resultat. 
Wenn hn Schwefelkupfer 100 Th. Kupfer [290] 25 Th. 
Schwefel aufnehmen, so müssen 125 Th. Schwefelkupfer 
173,86 Th. schwefelsaures Kupferoxydul geben, und 100 Th. 
Schwefelsäure durch 183 Th. Kupferoxydul sich sättigen lassen. 
Wir werden aus dem Folgenden finden, dass 100 Th. Salzsäure 
durch 278,4 Th. Kupferoxydul gesättigt werden. Nun aber 
muss die Menge des Baryts zu der Menge des Kupferoxyduls, 
welche 100 Th. Salzsäure sättigen, sich verhalten, wie die Menge 
Baryt zu der Menge Kupferoxydul, welche 100 Th. Schwefel- 
säure zu sättigen vermögen, 288,4 : 278,4 = 194 : 187; eine 
Berechnung, deren Resultat, 187, sich nur um 3f von der vori- 
gen entfernt. 

Vni. Salzsaures Kupfer. 

Ich habe weiter oben die Vermuthung geäussert , es erfor- 
dere jede Säure, so gut als die Schwefelsäure, um gesättigt zu 
werden, immer den nämlichen Sauerstoffgehalt in der Basis. Um 
dieses jetzt genauer zu prüfen, wählte ich die Salzsäure. 

a) Salzsaures Kupferoxydul. Eine Auflösung von salz- 
saurem Kupferoxydul in concentrirter Salzsäure wurde mit ge- 
kochtem Wasser niedergeschlagen, und der Niederschlag mit 
kochend heissem Wasser gut ausgewaschen , in einem Filtrum 
ausgepresst, auf einem erhitzten Ziegelsteine eilends getrocknet, 
und in eine kleine gläserne Retorte gebracht und in ihr in der 
Glühhitze geschmolzen. Von diesem geschmolzenen Salze wur- 
den [291] 6 g in reiner Salpetersäure aufgelöst und mit salpeter- 
saurem Silber niedergeschlagen. Der Niederschlag wog, nach- 
dem er geschmolzen worden, 7,12 g, welches einer Menge von 
1,321 g Salzsäure entspricht. Salzsaures Kupferoxydul besteht 
also aus 



28 Jacob Berzelius 

Salzsäure 26,42 100,0 

Kupferoxydul 73,58 278,4 

100,00 378,4 

und diejenige Menge Kupferoxydul, wodurch 100 Th. Salzsäure 
gesättigt werden, enthält 30,93 Th. Sauerstoff; denn es ist 
112,5: 12,5 = 278,4: 30,93. 

b) Salzsaures Kupferoxyd, Es wurden 4 g schwarzes 
Kupferoxyd in Salzsäure aufgelöst, und, um die überflüssige 
Säure zu entfernen, behutsam abgedunstet. Es bildete nun eine 
helle leberbraune Masse, die an der Luft ihr Krystallisations- 
wasser und zugleich ihre Farbe wieder bekam. Das Salz wurde 
in Wasser aufgelöst und mit salpetersaurem Silber niederge- 
schlagen. Das geschmolzene Homsilber wog 14,4 g, und diesen 
entsprechen 2,69 g Salzsäure. Salzsaures Kupferoxyd besteht 
also aus 

Salzsäure 40,21 100,0 

Kupferoxyd 59,79 148,7 

100,00 248,7 

Berechnet man diesen Versuch nach den Analysen des 
schwefelsauren Baryts , des schwefelsauren Kupferoxyds (wobei 
100 Th. Schwefelsäure [292] für die Sättigung von 101,8 Th. 
Kupferoxyd angenommen werden) und des salzsauren Baryts, 
so erhält man, da 194 : 101,8 = 288,4 : 151,3, durch die Be- 
rechnung 2,6 Th. Kupferoxyd mehr als der Versuch giebt. 

In diesem Versuche haben 100 Th. Salzsäure in der Basis, 
durch die sie gesättigt worden, 30 Th. Sauerstoff aufgenommen ; 
denn 125 : 25 = 148 J : 30, folglich 0,94 weniger als in dem 
vorigen Versuche (nach der Berechnung 30,2 oder 0,7 weniger) ; 
eine Verschiedenheit, welche bei der jetzigen Beschaffenheit der 
Analysen ohne Bedeutung ist. Ich betrachte daher diesen Ver- 
such als einen abermaligen Beweis, dass das Kupferoxyd die 
doppelte Menge Sauerstoff als das Oxydul enthalte. Dass übri- 
gens dasjenige Kupferoxydul, wodurch eine bestimmte Menge 
Salzsäure gesättigt wird, die nämliche Menge Sauerstoff ent- 
halten müsse , wie das Kupferoxyd , durch welches sie gesättigt 
wird, ist schon durch die Bereitungsart des Oxydulsalzes ausser 
allem Zweifel. 

c) Basisches salzsaures Kupferoxyd. Eine Auflösung des 
neutralen salzsauren Kupfers wurde mit kaustischem Kali nie- 
dergeschlagen , so , dass sich nicht der ganze Kupfergehalt ab- 



Bestimmte Verhältnisse. 29 

schied. Der schleimige grüne Niederschlag wurde auf dem Fil- 
trum mit kochend heissem Wasser ausgewaschen ; da aber das 
Wasser zu langsam hindurch ging , wurde er , nach einer Aus- 
laugung von zwei Tagen , getrocknet, gepulvert, und nun ferner 
mit Weingeist [293] ausgekocht. Das Salz wurde darauf stark 
getrocknet , während dessen es eine gelbbraune Farbe annahm. 
Ich Ijrachte davon 5 g in Salpetersäure, die Auflösung ging sehr 
langsam von statten. Als sie vollendet war , schlug ich sie mit 
salpetersaurem Silber nieder. Das geschmolzene Homsilber wog 
3,3 g, zeigte also einen Gehalt von 0,617 g Salzsäure. Die Flüs- 
sigkeit kochte ich mit Quecksilber, um das Silberoxyd abzuschei- 
den , dunstete sie dann in einem gewogenen Platintiegel ab und 
glühte sie; sie gab 3,680 g schwarzes Kupferoxyd. Das basische 
Salz besteht also aus 

Salzsäure 14,36 100 

Kupferoxyd 85,64 596 

100,00 696 

Es werden also 100 Th. Salzsäure in diesem Salze durch 4 mal 
so viel Basis, wie in dem neutralen, gesättigt; denn es ist 
148,7X4 = 594, 8, welches bis auf 1,2 Th. mit dem Kesultate 
des Versuchs übereinstimmt. 



IX. Salzsaures Blei. 

1) Es wurden 5 g gelbes Bleioxyd in einem gewogenen glä- 
sernen Kolben in Salzsäure aufgelöst , zum Trocknen abgedun- 
stet, und im Kolben geschmolzen. Sie gaben 6,187 g salzsaures 
Blei. 

2) Zehn Gramm gelbes Bleioxyd gaben bei einem ähnlichen 
Versuche 12,30 g geschmolzenes salzsaures Blei. Etwas we- 
niges Hornblei verflog während des Schmelzens mit einem deut- 
lichen Dampfe , [294] dessen Geruch nicht sauer, sondern dem- 
jenigen ähnlich war, der aus flüchtigen Metallsalzen entsteht. 
— Diesen beiden Versuchen zufolge besteht salzsaures Blei aus 
81 bis 80,82 Th. Bleioxyd und 19,0 bis 19,18 Th. Salzsäure. 

3) Fünf Gramm in Rothglühhitze geschmolzenes salzsaures 
Blei wurden in Wasser , das mit ein wenig Salpetersäure ange- 
schwängert worden war, aufgelöst und mit salpetersaurem Silber 
niedergeschlagen. Der geschmolzene Niederschlag wog 5,11g; 
und dies giebt 19,13 Th. Salzsäure auf 100 Th. des Bleisalzes. 



30 Jacob Berzelins. 

4) Der Versuch wurde erneuert und gab 5,09 geschmolzenes 
salzsaures Silber, woraus sich 19,04 Salzsäure ergeben. 

Nach diesen Versuchen besteht also das salzsaure Blei aus 

Salzsäure 19,18 100,0 

Bleioxyd 80,82 421,4 

100,00 521,4 

Berechnet man den Versuch nach den Analysen des schwe- 
felsauren Baryts , des Bleioxyduls und des salzsauren Baryts, so 
verhält sich 194 : 280 = 288,4 : 416,2. Diese Berechnung ent- 
fernt sich also um 5,2 vom Versuche, und wie oft ich auch diese 
Versuche erneuert habe , bin ich dem Fehler dennoch nicht auf 
die Spur gekommen. Nimmt man , einem der Versuche zufolge, 
den Baryt, wodurch 100 Th. Schwefelsäure gesättigt werden, 
zu 193 an, so erhält man doch nur 419 Th. Bleioxyd für 100 Th. 
Salzsäure. Dasjenige [295] Oxyd, welches 100 Th. Salzsäure 
sättigt, enthält, nach dem Resultate des Versuchs, 30,49, und 
nach der Rechnung 30,1 Th. Sauerstoff. Da 100 Th. Salzsäure 
bei dem Bleioxyde die nämliche Quantität Sauerstoff, wie bei den 
zwei Oxydationsgraden des Kupfers , aufnehmen , so wird hier- 
durch der in dem Vorigen von mir aufgestellte Satz noch ferner 
bestätigt. 

Ich muss aber bei dieser Gelegenheit eine Anomalie einge- 
stehen, die ich mir noch nicht zu erklären weiss, die aber irgend 
eine Unrichtigkeit in denjenigen meiner Versuche voraussetzt, 
auf die ich am meisten bauen zu können glaubte. Es werden 
100 Th. Salzsäure durch 434,8 Th. Silberoxyd gesättigt, und 
diese enthalten 31,9 Sauerstoff. Da nun die Analysen, sowohl 
des Bleioxyds und des salzsauren Bleies , wie auch besonders 
des Salzsäuren Silbers , so beschaffen zu sein scheinen, dass bei 
ihnen Genauigkeit möglich ist, und sie überdies durch control- 
lirende Proben bestätigt werden, so vermag ich nicht gut einzu- 
sehen , worin der Hauptfehler liegen möge. Hat das Silbersalz 
einen Wassergehalt? Ich habe das salzsaure Silber in der Glüh- 
hitze umgeschmolzen, ohne dass es etwas einbüsste. Ist der 
Sauerstoffgehalt des Bleies zu gering ? Ich weise auf die Ver- 
suche mit schwefelsaurem Blei hin , bei denen der Versuch 2 
gerade durch diese Frage veranlasst wurde , welchem zufolge 
100 Th. metallisches Blei mit Schwefelsäure genau so viel 
schwefelsaures [296] Blei geben, als 107,8 Th. Bleioxyd. Oder 
ist die Analyse des salzsauren Bleies unrichtig? Dem wider- 



Bestimmte Verhältnisse. 31 

spricht aber nicht nur das Eesultat der Berechnung , von wel- 
chem sie sich dann noch mehr entfernen müsste, sondern auch 
das Eesultat der Fällungen mit salpetersaurem Silber. — Der 
Unterschied von 1,41 Th. Sauerstoff zwischen dem Blei- und 
dem Silberoxyd ist zwar nicht sehr bedeutend; er muss aber 
doch irgend einen Grund haben i>). 



X. Eisen und Schwefel. 

4 

Protest hat schon längst gezeigt, dass sich mehrere Metalle 
mit dem Schwefel in zwei Verhältnissen verbinden lassen, im 
Maximum und im Minimum. Es schien mir interessant, zu unter- 
suchen, inwiefern brennbare Körper, bei ihren Verbindungen 
mit einander, denselben Gesetzen, wie bei ihrer Vereinigung mit 
dem Sauerstoffe , gehorchen. Hierbei fiel meine Wahl auf das 
Schwefeleisen , weil es durch Versuche , die mir schon bekannt 
waren, sich am leichtesten analysiren Hess. 

A. Schwefelsaures Eisen im Minimum. 

Ich vermengte 1 Th. reines, beinahe kohlenfreies Eisen, das 
zu der Dünne eines Blattes ausgewalzt war , mit 3 Th. reinem 
Schwefel, und erhitzte sie in einer kleinen gläsernen Retorte mit 
angekitteter Vorlage. Nachdem der Schwefel hinüberdestiUirt 
war, brachte ich die Masse zum Glühen, und als das Gas in der 
Retortenkugel die gelbe Farbe verloren hatte, Hess ich den Ap- 
parat [297] sich abkühlen. Die kalte Masse hatte die Form der 
Eisenblättchen behalten, und als sie berührt wurde, fielen gelbe, 
etwas glänzende , ziemlich dicke Lamellen von dem noch unan- 
gegriffenen Eisen ab. Diese Lamellen hatten Krystallbmch und 
Metallglanz. Während sie noch zusammen hingen, wurden sie 
durch den Magnet nicht angezogen, wohl aber nach geschehener 
Pulverung. 

Zwei Gramm dieser Lamellen , in grossen und ordentlichen 
Stücken, wurden mit Königswasser digerirt, bis nichts weiter 
unaufgelöst war, und die Auflösung mit salzsaurem Baryt nie- 
dergeschlagen. Der Niederschlag gab 5,38 g geglühten schwe- 
felsauren Baryt. 

Nach den oben von mir angeführten Versuchen enthalten 
100 Th. schwefelsaurer Baryt 34 Th. Schwefelsäure, und darin 
13,795 Th. Schwefel. Die hier erhaltenen 5,38 g geben also 



32 Jacob Berzelius. 

0,742 g Schwefel, oder 37,1 Procent vom Gewichte des Schwe- 
feleisens*). 

Die mit Baryt niedergeschlagene Flüssigkeit wurde durch 
Schwefelsäure vom Baryt befreit, und dann mit kaustischem 
Ammoniak versetzt. Das geglühte Eisenoxyd wog 1,82 g, wel- 
ches 1,26 g [298] Eisen giebt. Hier war also ein üeberschuss von 
0,002 g entstanden, der wohl auf Eechnung des etwas zu grossen 
Schwefelgehalts in der Schwefelsäure , so wie ich ihn annehme, 
zu setzen ist , doch auch in einer nicht ganz vollkommenen Ge- 
nauigkeit der gebrauchten Gewichte liegen kann. Berechnet man 
den Schwefelgehalt nach der Menge des Eisens, so haben 100 Th. 
Eisen 58,73 Th. Schwefel aufgenommen, und Schwefeleisen 
im Minimum besteht dann aus 

Schwefel 57 58,73 

Eisen 63 100,00 

100 158,73 

Berechnet man den Schwefelgehalt dagegen nach der Menge des 
Schwefels, so kommen 58,88 Th. Schwefel auf 100 Th. Eisen, 
und 100 Th. Schwefeleisen im Minimo bestehen aus 37,1 Th. 
Schwefel und 62,9 Th. Eisen. 

B. Schwefeleisen im Maximum. 

Um den Schwefelgehalt dieser Zusammensetzung zu bestim- 
men, pulverte ich wiederum einen Theil jener Lamellen sehr 
fein , vermengte das Pulver mit fein gestossenem Schwefel, und 
destillirte das Gemenge in einer kleinen gläsernen Retorte bei 
sehr gelinder Hitze, so lange noch etwas Schwefel überging. Die 
herausgenommene Masse hatte , wie vorher , die Gestalt eines 
Pulvers , und nur eine etwas hellere Farbe , und Hess sich vom 
Magnet zum Theil anziehen. Doch wollte sie sich in Salzsäure 
nicht auflösen. Zwei Gramm derselben [299] wurden in einem 
offenen Platintiegel gebrannt, und Hessen 1,4 g rothes, gar 
nicht magnetisches Eisenoxyd übrig, welches einem Quantum 
Eisen von 0,97 g entspricht. Die übrigen 1,03 g waren also 



*) Hatchett , der den natürlichen Magnetkies imtersuchte , fand 
36,9 [AnnaL B. 25 S. 58]. Allein seine Zerlegungsmethode und die 
seiner Berechnung der Resultate zum Grunde gelegten Data sind von 
der Beschaffenheit, dass ich die üebereinstimmung seiner Versuche 
mit den meinigen , sowohl bei dieser als bei der folgenden Analyse, 
als etwas ganz Zufälliges betrachten muss. 



Bestimmte Verhältnisse. 33 

Schwefel. — Folglieh hatten in diesem Versuche 100 Th. Eisen 
106,5 Th. Schwefel in sich aufgenommen. Da aber der entstan- 
dene Schwefelkies noch zum Theil magnetisch war, vermuthete 
ich, er habe einige Aehnlichkeit mit rothem Eisenoxyde, welches 
durch -«u heftiges Glühen in einem geringen Grade zum Oxydul 
reducirt worden, und aus diesem Grunde dem Magnet aufs neue 
gehorcht. 

Ich destillirte daher 20 g sehr reinen natürlichen Schwefel- 
kies in einer kleinen gläsernen Retorte mit einer Vorlage. 
Zuerst ging eine Spur von Feuchtigkeit über, die, nach geendigtem 
Versuche, in Gestalt eines ölähnlichen Tropfens in der Vorlage 
zu finden war , und welche ich für concentrirte Schwefelsäure 
hielt ; allein durch Verdünnung mit Wasser wurde die Flüssig- 
keit milchweiss und war nicht im geringsten sauer. Es war also 
weder Wasser noch Schwefelsäure. Ich habe ihr keine fernere 
Aufmerksamkeit widmen können; vielleicht war sie sogenannter 
Schwefel-Alkohol. Die in der Retorte befindliche Masse blieb 
eine gute Weile dem Rothglühen ausgesetzt ; sie hatte 4,4 g 
Schwefel verloren , welche sich in dem Retortenhalse und in der 
Vorlage angesammelt hatten. Von den übrigen 15,6g wurden 
5 g in Salpetersäure [300] aufgelöst, dann in einem gewogenen 
Platintiegel zur Trockenheit abgedunstet und geglüht, worauf 
4,3 g rothes Oxyd rückständig blieben, welches durchaus vom 
Magnet nicht angezogen wurde. In Salzsäure aufgelöst gab es 
0,02 Kieselerde. Diesen 4,3 grothen Oxyds entsprechen 13,416 
für die ganze Masse, und wenn man 0,0625 für die Kieselerde 
abzieht, so bleiben 13,35 übrig, welchen eine Menge von 9,258 g 
metallischem Eisen entspricht. Es bleiben dann 107 g für den 
Schwefel übrig. Also waren 100 Th. Eisen mit 115,5 Th. 
Schwefel verbunden, d. h. mit beinahe der doppelten Menge als 
in dem Schwefeleisen im Minimum. 

Ich wiederholte den Versuch noch einmal mit einigen aus- 
gewählten Stücken eines andern Schwefelkieses. Er wurde sehr 
fein gepulvert, in einem gewogenen Platinschälchen unter der 
Mufl'el eines Probirofens geröstet, und während dessen dann 
und wann mit einem, zugleich mit dem Schälchen gewogenen. 
Rührhaken aus Platin umgerührt. Es gaben mir 10 g Schwefel- 
kies 6,67 g rothes Oxyd, welches der Magnet nicht im gering- 
sten zog, und sich in Salzsäure, mit Hinterlassung von 0,07 g 
Kieselerde, auflöste. Die 6,6g rothes Oxyd zeigen 4,5775g 
reines Eisen an, welches, mit der Kieselerde zusammengerechnet 
und vom Gewichte des Kieses abgezogen, für den Schwefel 

Ostwald's Klassiker. 35. 3 



34 Jacob Berzelius. 

5,3525 g giebt. Also waren 100 Th. Eisen mit 1 1 7 Th. Schwefel 
verbunden [301] gewesen, und Schwefeleisen im Maximum be- 
steht aus 

Eisen 46,08 100 

Schwefel 53,92 117 

100,00 217 

Dass 100 Th. Eisen im Minimum des Schwefelgehalts 58f , 
im Maximum aber 117,2 Th. Schwefel (also 0,3 Th. weniger 
als das Doppelte) , diesen meinen Versuchen zufolge in sich auf- 
nehmen, deutet auf irgend eine kleine Unrichtigkeit in einem der 
beiden Versuche. Nimmt man an , die Kieselerde, welche ich in - 
dem Schwefelkiese gefunden habe, sei in ihm metallisch vor- 
handen (welches die richtige Voraussetzung sein möchte) , so 
enthielt er nur 0,04 Kieselbasis, und der Schwefelgehalt für 
100 Th. Eisen wird 1 17,5, also genau so, wie ihn die Rechnung 
giebt , wenn man den wenigen Schwefel vernachlässigt , womit 
die Kieselbasis verbunden sein könnte, sofern die beiden Körper 
mit einander irgend in Verwandtschaft stehen. 

Es lässt sich als ziemlich ausgemacht ansehen, dass zwischen 
Eisen und Schwefel keine anderen Verbindungen, als die beiden 
hier untersuchten , stattfinden. Doch aber kommt man bei der 
Bereitung des künstlichen Schwefelkieses nicht selten auf Pro- 
ducte, die eine andere Zusammensetzung haben. Dieses war 
z.B. der Fall bei meinen Versuchen zur Analyse des Schwefel- 
wasserstoffs*). [302] Das Schwefeleisen, dessen ich mich damals 
zu der Gasbereitung bediente, enthielt 36| Th. Schwefel auf 
100 Th. Eisen, üeberhaupt habe ich bei der Bereitung von 
Schwefeleisen im Maximum durch Glühen in geschlossenen 
Gefässen jedes Mal gefunden , dass, wenn die Masse nicht zum 
Schmelzen gebracht worden war, das Eisen immer eine grössere 
Menge Schwefel zurückhielt, als das Schwefeleisen im Mini- 
mum in sich aufnimmt. In zwei verschiedenen Versuchen fand 
ich diesen grösseren Schwefelgehalt einigermaassen unveränder- 
lich; in dem einen hatten 100 Th. Eisen 68,6, in dem andern 
68,2 Th. Schwefel zurückbehalten. Wenn man bei Bereitung 
von Schwefeleisen das Eisen im Ueberschusse zusetzt, wird 
während des Schmelzens ein Antheil metallisches Eisen in dem 
Schwefeleisen aufgelöst, und diese Auflösung kann ehen solche 



*) Afhandlingar y Fysik, Kernt och Mineralogie j 2. Haftet. Sid. 86. 
Stockholm 1807. 



Bestiminte Verhältnisse. 35 

unmerkliche Abstufungen haben, wie z. B. die Auflösung eines 
Salzes in Wasser. — Verhielte es sich nicht auf diese Weise, so 
wäre die ganze Lehre , für die so viele Versuche schon gespro- 
chen haben, ein blosser Gedanke, dem in der Wirklichkeit nichts 
entspräche. 

[303] Wir haben gesehen, dass sich Schwefelblei, und, aller 
Wahrscheinlichkeit nach, auch Schwefelkupfer, zu neutralen 
Salzen oxydiren lassen. Die Frage ist jetzt: Gilt das nämliche 
auch von dem Schwefeleisen? 



XI. Schwefelsaures Eisen. 

Krystallisirtes schwefelsaures Eisen, das durch Auflösung 
von Schwefeleisen in verdünnter Schwefelsäure erhalten wor- 
den war, wurde zu einem gröblichen Pulver gestossen, erst mit 
Wasser gewaschen , dann mit ein wenig Weingeist digerirt , um 
die freie Schwefelsäure ganz hinweg zu bringen, und darauf 
zwischen Löschpapier getrocknet. Nachdem ich das Verwitterte 
von demselben abgerieben und weggeblasen hatte, wurden 10 g 
dieses Salzes in einer gläsernen Retorte einer erhöhten Tempe- 
ratur ausgesetzt, die jedoch nicht bis zum Hothglühen stieg. Sie 
verloren 4,63 g Wasser. Ich ho£fte, wenn sich alles Wasser ent- 
fernen liesse , würde ich nachher aus der Analyse des trocknen 
Salzes den Sauerstoffgehalt desjenigen Oxyduls ausrechnen kön- 
nen, der mit der Schwefelsäure in Verbindung getreten war; als 
ich aber diesen Versuch mehrere Male mit verschiedenem Re- 
sultate erneuerte, fand ich, dass mit der letzten Portion Wasser 
zugleich ein Theil der Säure, zur schwefligen reducirt, entweicht. 

1) Es wurden 9 g krystallisirtes und gewaschenes Salz in 
Wasser aufgelöst, mit Salpetersäure [304] in grossem üeber- 
schusse versetzt, bis zur völligen Oxydation des Oxyduls damit 
gekocht, und die Flüssigkeit dann mit salzsaurem Baryt nieder- 
geschlagen. Der gewaschene und geglühte Niederschlag wog 
7,685 g, denen 2,613 Schwefelsäure, also 1,06 g Schwefel, ent- 
sprechen. Die Flüssigkeit wurde von dem Baryt durch Vermi- 
schung mit Schwefelsäure befreit, und dann mit kaustischem 
Ammoniak niedergeschlagen. Sie gab 2,59 g rothes Eisenoxyd, 
in denen 1,796 g Eisen enthalten sind. Folglich waren darin 
100 Th. Eisen mit 59 Th. Schwefel verbunden. 

2) Zehn Gramm schwefelsaures Eisen, auf eben die Weise 
behandelt, gaben 8,5 g geglühten schwefelsauren Baryt und 
2,87 g Eisenoxyd. Ersteren entsprechen 2,89 g Schwefelsäure 



'/ 



36 Jacob Berzelius. 



und 1,172g Schwefel; letzteren 1,99 g Eisen. Also hatten 
100 Th. Eisen 58,9 Th. Schwefel aufgenommen. 

3; Weil in diesen beiden Versuchen der schwefelsaure Baryt, 
alles Uebersebusses an Säure ungeachtet, einen Antheil Eisen- 
oxyd an sich gezogen hatte, der ihn nach dem Glühen ins Gelbe 
schielen machte, veränderte ich den Versuch, so dass zuerst der 
Eisengehalt, dann die Schwefelsäure ausgesondert wurden. Zehn 
Gramm schwefelsaures Eisen gaben mir auf diese Weise 2,935 g 
rothes Eisenoxyd und 8,7 g schwefelsauren Baryt. Erstere zei- 
gen einen Gehalt von 2,035 g Eisen, letztere von 2,958 g Schwe- 
felsäure, also von 1,997 g Schwefel j^SOö] an. Also kommen wie- 
derum auf 100 Th! Eisen 58,9 Th. Schwefel. 

Diese Versuche beweisen daher vollständig, dass das schwe- 
felsaure Eisenoxydul den Schwefel und das Eisen in demselben 
Verhältnisse zu einander, wie das Schwefel-Eisen im Minimum 
enthält. Der geringe Unterschied von 0,15 Schwefel zu viel 
rührt unstreitig von kleinen Fehlern des Versuchs oder der Data 
für die Berechnung her, dass wir z. B. etwas zu viel Schwefel 
in dem Barytsalze können angenommen haben. 

Thenard*) hat 6 verschiedene Eisensalze durch Schwefel- 
säure, und unter diesen ein überschüssig saures beschrieben, 
welches aus Eisenoxydul und Schwefelsäure im Ueberschusse 
besteht. Man erhält es, wenn concentrirte Schwefelsäure zu 
einer Auflösung von neutralem schwefelsaurem Eisenoxydul ge- 
setzt wird. Ob ich gleich mehrere Male gesehen habe, dass Säu- 
ren die Salze aus ihren Auflösungen niedergeschlagen haben, 
ohne dem Niederschlage einen üeberschuss an Säure zu ertheilen 
(die Salzsäure z. B. dem salzsauren Baryt und dem salzsauren 
Kupfer) , so beschloss ich doch, diese Angabe genauer zu prüfen. 
Das weisse feinkörnige Salz , welches ich auf diesem Wege er- 
hielt , wurde mit Wasser und Weingeist von der sauren Mutter- 
lauge befreit, dann getrocknet, in Wasser aufgelöst und zerlegt. 
Es gab genau dieselben Mengen der Bestandtheile, als das neu- 
trale [306] Salz, und als ich es in einer Betörte bis zurKrystal- 
lisation abdunstete, gab es auch Krystalle von der nämlichen 
Beschaffenheit. Das saure schwefelsaure Eisenoxydul Thenard^ 
ist also weiter nichts , als das neutrale Salz , durch die Säure 
niedergeschlagen, und farbenlos, weil es die Pulvergestalt hat. 
Hier war also keine Verbindung zu finden , welche dem Schwe- 
feleisen im Maximum entspräche. 



*) .Annales de Chimte, t. 56. p. 59 u. folg. 



Bestimmte Verhältnisse. 37 

Thenardj der das von mir untersuchte neutrale Salz für ein 
saures ansah (obgleich es dies in geringerem Grade, als das 
durch Säure niedergeschlagene, sei), führt ein neutrales ^ sma- 
ragdgrünes, schwefelsaures Eisen auf, welches man erhalten 
soll, wenn verdünnte Schwefelsäure mit überschüssiger Eisen- 
feile gekocht wird. Das schwefelsaure Salz, dessen ich mich zu 
den obigen Analysen bedient habe, war mit Eisenfeile so lange 
gekocht worden, als sie davon angegriffen wurden ; und doch war 
es keineswegs dieses smaragdgrüne Salz. 

Ich erwärmte nun eine Auflösung von neutralem schwefel- 
saurem Eisenoxydul mehrere Tage lang in einem offenen 6e- 
fässe , und so wie sie verdunstete , setzte ich allmählich Wasser 
hinzu. Während dessen schlug sich ein gelbes Pulver nieder. 
Das zuletzt übrig bleibende Salz schoss in schiefen Rhomben an, 
und hatte eine smaragdgrüne Farbe. Einen Theil dieses Sal- 
zes hob ich auf, das übrige kochte ich mit Salpetersäure , und 
setzte es am [307] Ende in einem Platintiegel einer dem Glühen 
sich nähernden Hitze fius. Die von Salpetersäure befreite Masse 
wurde in Wasser aufgelöst; sie liess dabei ein rothes Pulver 
fallen , welches ich nachher für basisches schwefelsaures Eisen- 
oxyd erkannte. Die Auflösung wurde zur Trockenheit abge- 
dunstet, und der Rückstand, um alles Wasser daraus zu vertrei- 
ben, in einem Platintiegel erhitzt. Er wog nun 5,7 g. In Wasser 
aufgelöst setzte er wiederum etwas basisches Salz ab (dessen 
Säure zugleich mit dem Krystallisationswasser vertrieben war), 
welches nach dem Glühen 0,24 g wog. Die Auflösung im Wasser 
wurde zuerst mit kaustischem Ammoniak , dann mit Barytsalz 
niedergeschlagen. Das geglühte rothe Eisenoxyd wog 2,16 g, 
denen 1,498 g reines Eisen entsprechen. Das geglühte Baryt- 
salz wog 9,7 g, und diesen entsprechen 3,3 g Schwefelsäure, 
welche 1,335 g Schwefel enthalten. Also waren in dem unter- 
suchten Salze 100 Th. Eisen mit 89 Th. Schwefel, folglich ge- 
rade mit 1^ mal so viel Schwefel (bis auf 0,5) vereinigt gewesen, 
als in dem Schwefeleisen im Minimum enthalten ist. Dieses 
giebt auf 100 Th. Schwefelsäure 65,46 Eisenoxyd, welche 
20,1 g Sauerstoff enthalten, also wiederum bis auf 0,19 die näm- 
liche Menge Sauerstoff, die, wie wir gefunden haben , in den 
Basen von 100 Th. Schwefelsäure vorausgesetzt werden. Neu- 
trales schwefelsaures Eisenoxyd besteht, diesen Analysen zu- 
folge, aus 



38 Jacob Berzelins. 

[308] Schwefelsäure 60,44 100 

Eisenoxyd 39,56 65,5 

100,00 165,5 

Das gelbe Pulver , welches sich während der Digestion in 
ofifenem Gefässe aus dem neutralen schwefelsauren Eisenoxydul 
absetzte, und das von Thenard ein neutrales schwefelsaures 
Eisenoxyd genannt wird, ist ein hasisches schwefelsauresEisen- 
oxyd. Ich nahm es auf ein Filtrum, wusch es sehr sorgfältig, 
und löste es, noch feucht, in reiner Salzsäure auf, welches ziem- 
lich leicht von statten ging, indess das getrocknete Salz sich 
erst durch langes Kochen auflösen lässt. Die Auflösung wurde 
mit kaustischem Ammoniak und darauf mit salzsaurem Baryt 
niedergeschlagen; ersteres gab 0,855 g geglühtes Eisenoxyd, 
letzterer 0,945 g geglühten schwefelsauren Baryt, welcher 
0,321g Schwefelsäure andeutet. Es waren hier also 100 Th. 
Schwefelsäure mit 266 Th. Eisenoxyd vereinigt gewesen, und 
das basische Salz besteht aus 

Schwefelsäure 27,33 100 

Eisenoxyd 72,67 266 



100,00 366 

Da 100 Th. Schwefelsäure 65,5 Th. Eisenoxyd neutrali- 
siren, in dem basischen Salze aber 266 Th., also 4 mal so viel 
Eisenoxyd aufnehmen, so finden wir hier dasselbe Gesetz wieder, 
wie bei den basischen Kupfersalzen. Dieses giebt auf 100 Th. 
Eisen 22 Th. Schwefel, welches zwar ^ von der Menge des 
Schwefels ist, die wir in dem neutralen [309] Eisenoxydsalze 
gefunden haben, aber doch in keinem einfachen Verhältnisse zu 
der Schwefelmenge steht , mit welcher sich Eisen , ohne Dazwi- 
schenkanft eines dritten Körpers, vereinigen lässt; ein Beweis, 
dass sich die Natur in vielfach zusammengesetzten Körpern, 
unter gewissen Bedingungen, von den Verhältnissen entfernt, 
welche sie für einfachere Zusammensetzungen beobachtet. Wir 
sehen hier endlich , dass , wenn gleich in dem neutralen Eisen- 
oxydulsalze dasVerhältniss der Bestandtheile durch den Schwefel 
und das Eisen bestimmt wird , es in den basischen Eisenoxyd- 
salzen durchaus nicht weiter von diesen, sondern von der Säure 
und der Basis abhängig ist ; beide verbinden sich in ihnen in 
dem Verhältnisse, dass die Säure in dem neutralen Salze ihre 
bestimmte Sauerstoffmenge, und in dem basischen Salze das 
Vierfache dieser Menge aufnimmt; Umstände, welche sämmtlich 



Bestimmte Verhältnisse. 39 

dann gegründet sind, dass das Eisenoxyd nicht das doppelte 
Quantum, sondern nur das l^fache des Sauerstoffs im Oxydul 
enthält. Hierdurch erzwingt die Verwandtschaft des Sauerstoffs 
zum Eisen des Oxyds ein ganz anderes Verhältniss für den 
Schwefel und das Eisen der Eisenoxydsalze , als worin sie sich 
ursprünglich zu vereinigen streben. In den Kupferoxydsalzen 
finden dagegen zwischen dem Schwefel und dem Kupfer einerlei 
Verhältnisse statt, weil das Oxyd die doppelte Menge Sauerstoff 
als das Oxydul enthält. Jene, so zu sagen, halben Sprünge, bei 
denen im Nachfolgenden [310] nur 1^ mal das Vorhergehende 
angetroffen wird , werden bei künftigen Analysen vielfacher Zu- 
sammensetzungen, soll anders die Analyse mathematisch richtig 
dargestellt werden, bei dem Chemiker eine höhere mathematische 
Geschicklichkeit und eine grössere Deutlichkeit der Begriffe er- 
fordern, als nöthig gewesen sein würde, wenn sich diese Sprünge 
entweder nur als Verdoppelungen, oder wenigstens als Multipla 
nach ganzen Zahlen gezeigt hätten. 

Ich habe vorhin erwähnt, dass sich aus der Auflösung des 
neutralen schwefelsauren Eisenoxyduls basisches schwefelsaures 
Eisenoxyd absetzt , und das Salz , welches dann aus der Lauge 
anschiesst, smaragdgrün ist und schiefe Rhomben bildet. Dieses 
Salz ist eine dreifache Verbindung aus neutralem schwefel- 
saurem Eisenoxyd und neutralem schwefelsaurem Eisenoxydul. 
Durch die gelbe Farbe des erstem wird die bläulichere des letz- 
tem in ein reineres Grün nuancirt. Ich habe Ursache, dieses 
Salz für dasjenige anzusehen, welches Thenard als ein völlig 
neutrales Oxydulsalz betrachtete. Wenn man die am meisten 
regelmässigen Krystalle desselben in Wasser auflöst , so erhält 
man eine nur wenig grünliche Auflösung, aus welcher ein ge- 
ringer Zusatz von Ammoniak basisches schwefelsaures Eisen- 
oxyd niederschlägt. Diese ist beim Niederfallen zuerst weiss 
oder grün, indem sich Oxyd und Oxydul gemeinschaftlich aus- 
sondern; nach einigen Minuten aber scheidet letzteres [311] das 
erstere ab , und das Präcipitat ist auch in verschlossenem Ge- 
fässe das gelbe basische Oxydsalz. An der Luft oxydirt sich 
die Auflösung des Eisenoxydulsalzes sehr geschwind, bis das 
dreifache Salz gebildet ist; wenn man es dann mehrere Tage 
lang wechselweise kochen und sich wieder abkühlen lässt , so 
erhält man ein rothes, syrupähnliches Salz, welches durch kau- 
stisches Ammoniak, das man in grosser Menge hinzusetzt, grün 
niedei'geschlagen wird. Dieses Salz ist Thenard^ saures Salz 
aus Schwefelsäure und schwarzem Eisenoxydul. Setzt man da- 



40 Jacob Berzelius. 

gegen nur wenig Ammoniak auf einmal , aber öfters , hinzu, so 
schlägt sich das Salz anfangs nur gelb zu Boden; und zuletzt 
stellt sich dann auch der grüne Niederschlag ein. Dieses nicht 
kry stall! sirbare Salz ist also wiederum eine dreifache Verbin- 
dung der beiden Eisensalze , und es ist zu vermuthen , dass ea 
das eine derselben in doppelter oder vierfacher Menge enthält, 
als dieses in dem smaragdgrünen Salze enthalten ist. Kocht man 
dieses Salz mit Salpetersäure , so geht es in ein Eisenoxydsalz 
über, welches nach Vertreibung der Salpetersäure eine Portion 
basisches Salz unaufgelöst zurücklässt. Die Auflösung des neu- 
tralen schwefelsauren Eisenoxyduls ist rothgelb, wird aber hell- 
gelb, wenn man sie mit Wasser verdünnt und mit Säure versetzt ; 
so wie alle gelben Eisensalze ihre Farbe durch überschüssige 
Säure grösstentheils einbüssen, — ohne [312] dass es mir da- 
rum einleuchtet, dass wirklich ein saures farbenloses schwefel- 
saures Eisenoxydsalz existire, wie Thenard behauptet*). 

Da ich bisher \Qm saures Salz aus Eisenoxydul und Schwe- 
felsäure habe entdecken können, so viel Wahrscheinlichkeit die 
Existenz eines solchen Salzes auch hat, so entspricht bis jetzt 
dem natürlichen Schwefelkiese kein uns bekanntes Salz aus 
Eisen und Schwefelsäure. Sollte vielleicht darin, dass es ein 
solches Salz gar nicht giebt, die Ursache liegen, warum sich 
jene Schwefelverbindung so unverändert erhält, ob sie gleich in 
unsern Bergen der Feuchtigkeit so sehr blosgestellt ist? Gerade 
so rührt die ünauflöslichkeit derselben in verdünnter Schwefel- 
säure und Salzsäure davon her, dass sich der Wasserstoff aus 
dem Wasser nicht mit dem Schwefel in mehr als einem Ver- 
hältnisse verbinden lässt ; der Schwefelkies enthält aber gerade 
die doppelte Menge Schwefel , wie wir fernerhin sehen werden. 

[313] Xn. Eisen und Sauerstoff. 

Die Untersuchung der Oxydationsgrade des Eisens ist in 
mehr als einer Hinsicht von grossem Interesse ; besonders hat 



*) Thenard nimmt unter den Chemikern unserer Zeit eine aus- 
gezeichnete Stelle ein, und seine Angaben können allerdings auf 
Autorität Anspruch machen. Um so schädlicher ist es für die Wis- 
senschaft, wenn gerade Männer dieser Art es unternehmen , auf eine 
einzige Erfahrung , die gewiss alle Chemiker gemacht , aber für be- 
stimmte Folgerungen unzureichend gefunden haben, ohne fernere 
Untersuchung eine systematische Abhandlung zu gründen, welche 
bei andern die genauere Untersuchung des Abgehandelten verhindert, 
indem man die Bichtigkeit der Angabe gar nicht in Zweifel zieht. 



Bestimmte Verhältnisse. 41 

die Bestimmung derselben auf die Analyse beinahe eines jeden 
Minerals Einfluss. Bucholz hat durch eine Reihe sehr interes- 
santer Versuche*) gezeigt, dass unsere Kenntniss derselben 
mangelhaft ist , und hat diesem Mangel abzuhelfen gesucht. Zu 
seinen Versuchen nahm er aber gewöhnliches Stangeneisen ; die- 
ses enthält einen bedeutenden Antheil Kohlenstoff, den er nicht 
in Rechnung gebracht hat, und dadurch sind seine Resultate 
fehlerhaft geworden. 

A. Eisenoxyd. 

1) Ich löste 4 g Klaviersaiten, Nr. 6, in Salzsäure bei ge- 
linder Hitze auf, und sammelte das Gas über Regenwasser. Es 
betrug , nebst der atmosphärischen Luft des Gefässes 66 ccm. 
Das Gas wurde in einem ausdrücklich dazu eingerichteten Ap- 
parate in Sauerstoffgas verbrannt, welches vorher mehrere Tage 
lang über Kalkwasser gestanden hatte , und daher von Kohlen- 
säure ganz frei war. Bei diesem Verbrennen des Wasserstoffgases 
bildete sich kohlensaures Gas, das, in Kalkwasser aufgefangen, 
einen Niederschlag kohlensaurer Kalkerde bildete , welcher auf 
ein gewogenes Filtrum gebracht, und in einer Hitze, die etwas 
über den [314] Siedepunkt hinausging, getrocknet, 0,165 g wog. 
Nun enthält, nach meiner Analyse, der kohlensaure Kalk in 
100 Th. 43,6 Th. Kohlensäure; die erhaltene Menge kohlen- 
saurer Kalk zeigt also 0,07195 g Kohlensäure an, worin der 
Kohlenstoffgehalt 0, 02g oder ^ Procent vom Gewichte des Eisens 
ausmacht. — Die Auflösung in der Salzsäure war grünlich und 
nicht völlig klar , setzte aber doch nach ein paar Stunden Ruhe 
keinen Bodensatz ab. Sie wurde mit Salpetersäure versetzt und 
gekocht, um das Eisenoxydul vollkommen zu oxydiren, und 
dann mit kaustischem Ammoniak niedergeschlagen. Der Nie- 
derschlag wog nach dem Waschen, Trocknen und Glühen 5,74 g. 
Es hatten also 4 g dieses Eisens 1,74 g an Gewicht gewonnen, 
oder 100 Th. Eisen hatten 43,5 Th. Sauerstoff aufgenommen. 
Dass zu dieser Vermehrung des Gewichts das Auflösungs- oder 
Fällungsmittel etwas beigetragen habe , war hier nicht zu be- 
fürchten , da beide flüchtig sind , und gesetzt , sie wären nicht 
vöUig ausgelaugt gewesen, auch einen Theil des Eisenoxyds 
hätten verflüchtigen müssen. Bucholz hat aus 100 Th. Eisen 
nur 142 Th. rothes Oxyd erhalten; es muss daher entweder ir- 



*) Journal der Chem. u. Phys. B. 3. H. 3. S. 700 f. 



42 Jacob Berzelius. 

gend ein Umstand bei seiner Ait, zu verfahren, einen Verlust 
verursacht oder sein Eisen bei weitem mehr Kohlenstoff als das 
meinige enthalten haben. 

Wird nun bei diesem Versuche der Kohlenstoffgehalt des 
Eisens abgezogen, so bleiben 3,98 g [315] reines Eisen. Diese 
haben uns 5,74 g rothes Eisenoxyd gegeben; und da 5,74 : 3,98 
== 100 : 69,34, so besteht hiernach das Eisenoxyd aus 

Eisen 69,34 100,00 

Sauerstoff 30,66 44,25 

100,00 144,25 

Bei diesem wichtigen Gegenstande waren Wiederholungen der 
Versuche nothwendig. Um sie mit einerlei Eisen anzustellen, 
liess ich einen grossen reingefeilten Nagel in mehrere Stücke 
zertheilen. 

2) Ein Stück dieses Nagels, welches 7,1 g wog, wurde in 
verdünnter Schwefelsäure aufgelöst, und gab 117 Cubikzoll Gas, 
welches, in Sauerstoffgas verbrannt, 0,285 g kohlensaure Kalk- 
erde lieferte, denen 0,0344 g Kohlenstoff entsprechen, welches 
nicht völlig ^ Procent des Eisens ist. In der Auflösung hatte 
sich ein schwarzes Pulver abgesetzt , welches nach der Trock- 
nung 0,006 g wog, und sich als Kieselerde zu erkennen gab, 
die durch ein wenig Kohle geschwärzt war. 

3) Von demselben Nagel wurden 5 g in reiner Salpeter- 
säure in einem gewogenen gläsernen Kolben aufgelöst, zur 
Trockenheit abgedunstet und im Kolben geglüht. Das gewon- 
nene Oxyd wog 8,0025 g. Also hatten 100 Th. des Eisens 
43,25 Th. Sauerstoff aufgenommen. 

4) Es wurden 3,5 g von dem Eisen des Nagels in Königs- 
wasser aufgelöst und mit kaustischem Ammoniak niederge- 
schlagen. Der geglühte Niederschlag [316] wog 5,03 g. Also 
hatten 100 Th. Eisen 43,75 Th. Sauerstoff aufgenommen. 

5) Ich löste 5,6 g eines dicken reinpolirten Eisendrahts in 
Salzsäure auf. Das aufgefangene Gas betrug 93 C.Z., und gab, 
nachdem es in Sauerstoffgas verbrannt worden war, mit Kalk- 
wasser 0,225 g kohlensaure Kalkerde, welchen ein Gehalt von 
0,0279 g oder \ Procent (genau 0,497 Procent) Kohlenstoff ent- 
sprechen. Die Auflösung gab nach dem Durchseihen 0,005 g 
hellgraue Kieselerde. Fünf Gramm des nämlichen Eisendrahts 
in einem gewogenen gläsernen Kolben in Salpetersäure aufge- 
löst, zum Trocknen abgedunstet und geglüht, lieferten 7,19 g 
rothes Eisenoxyd, oder 43.8 Sauerstoff auf 100 Th. Eisen. 



Bestimmte Verhältnisse. 43 

6) Drei Gramm desselben Eisendrahts wurden in Salpeter- 
säure aufgelöst und mit kaustischem Ammoniak niedergeschlagen. 
Der geglühte Niederschlag wog 4,305 g, enthielt also 43,5 Th. 
Sauerstoff auf 100 Th. Eisen. 

Das grösste von diesen Resultaten ist das unter 5) erhal- 
tene, welches 44,5 Th. Sauerstoff auf 100 Th. reines kohlen- 
stofffreies Eisen giebt. Alle übrigen variiren ganz unbedeutend 
über 44,25, so dass der ganze Unterschied sich von 44^ bis auf 
44-J^ erstreckt. Ich habe den Sauerstoffgehalt des Eisenoxyds in 
dieser Abhandlung überall zu 44|^ angenommen. 

[317] Ein bemerkenswerthes Resultat dieser Versuche ist, 
dass unser gewöhnliches, am meisten dehnbares Eisen immer 
noch Kohlenstoff enthält, welcher jedoch nicht mehr als ungefähr 
^ Procent beträgt. In schlecht bereitetem Stabeisen ist die Menge 
desselben gewiss viel grösser, und dadurch können Unarten in 
einem Eisen verursacht werden , in welchem man bei der Ana- 
lyse sonst keine fremden Bestandtheile hat entdecken können. 
Der Gehalt an Kieselerde, oder vielmehr an deren Basis im dehn- 
baren Eisen kann uns zugleich als ein Beweis dienen, dass, wenn 
ein Eisenerz Oxyde irgend eines andern Metalls enthält , dieses 
Metall, da alle weniger verbrennlich als die Kieselbasis sind, 
ebenfalls in das Roheisen mit eingehen muss, und bei der Berei- 
tung des Stangeneisens sich nicht völlig absondern lässt , son- 
dern immer in geringer Menge bei dem Eisen zurückbleibt. 
Auch mit dem Schwefel und dem Phosphor muss es die näm- 
liche Bewandtniss haben*]. 

B. Eisenoxydul. 

Man glaubt allgemein, das Eisen habe nur zwei Oxydations- 
grade , den des schwarzen und den des rothen Oxyds , und das 
schwarze (Aethiops, [318] Hammerschlag) sei dasjenige, in wel- 
ches das Eisen während seiner Auflösung in Säuren verwandelt 
wird. Verschiedene Umstände aber scheinen dem zu wider- 
sprechen. 

Man setze z. B. zu einer frisch bereiteten Auflösung von 
Eisen in Salzsäure oder Schwefelsäure kaustisches Ammoniak, 



*) Man sieht hieraus, wie nöthig es ist, bei Untersuchung der 
Unarten des Eisens die bei der Bereitung desselben gebrauchten 
Erze und Flüsse zur Hand zu haben , indem die so geringen Quanti- 
täten fremder Stoffe sich unmöglich entdecken lassen, wenn man 
durch nichts sie besonders zu suchen veranlasst wird. 



44 Jacob Berzelius. 

verhindere aber, dass sie mit der atmosphäriscben Luft in Be- 
rührung komme ; selbst ein bedeutender Ueberschuss an Ammo- 
niak wird in diesem Falle den gänzlichen Eisengehalt daraus 
nicht zu fällen vermögen ; der Niederschlag ist weiss , und die 
darüber stehende Flüssigkeit behält ihre vorige Farbe. Lässt 
man der Luft den Zutritt , so überzieht sich diese Flüssigkeit 
sogleich mit einem blauen Häutchen, das jeden Augenblick an 
Dicke zunimmt , erst grün und zuletzt gelb wird ; dieselbe Far- 
benveränderung findet auch bei dem schon niedergeschlagenen 
weissen Oxydul statt. — Die leichteste Art, wie diese Erschei- 
nungen sich erklären Hessen, würde sein, anzunehmen, das Eisen 
habe 3 Oxydationsgrade; das weisse Oxyd stehe auf der nie- 
drigsten Stufe der Oxydirung, es finde sich in diesen Auflö- 
sungen und es habe zum Theii gegen die Säure eine grössere 
Verwandtschaft als das Ammoniak; bei dem Zutritte der Luft 
aber oxydire es sich, gehe sogleich in ein schwarzes oder blaues 
Oxyd über und werde niedergeschlagen. Diese Erklärungsweise 
hat mir lange Zeit genügend geschienen. 

[3191 Lässt man eine gesättigte, frisch bereitete Auflösung 
von Eisen in Salzsäure in einem hohen cylindrischen Glase einige 
Zeit lang ruhig an der offenen Luft stehen, und bringt dann 
durch eine gläserne Röhre einige Tropfen kaustisches Ammo- 
niak in verschiedener Höhe des Glases hinein, so wird man den 
Niederschlag an der obersten Stelle grün , weiter unten blau, 
noch tiefer graublau, schmutzig weiss, zu unterst ganz weiss 
finden, je nachdem der Sauerstoff der Luft tiefer hat hinein- 
dringen können. — Digerirt man Eisenfeile mit einer Auflösung 
von Salmiak in einem beinahe angefüllten und zugepfropften 
Glase, so wird ein Theil des Eisens im Salmiak aufgelöst, die 
Flüssigkeit wird alkalisch , und lässt an der Luft blaues, grünes 
und gelbes Oxyd fallen. Mit Hammerschlag hingegen zeigt die 
Salmiaklösung durchaus keine Veränderung. 

Wahrscheinlich auf diese Gründe gestützt, erklärte Thenard 
den bei diesen Versuchen hervorgebrachten weissen Nieder- 
schlag für das niedrigste Oxydul des Eisens, und da er für jedes 
Oxyd Salze zu finden glaubte von mehrfachen Sättigungsgraden, 
so kam er zu der erstaunlichen Menge schwefelsaurer und blau- 
saurer Eisensalze, welche er an der oben angefahrten Stelle 
S. 305 beschrieben hat. 

Bucholz hat, durch eine Reihe mühsamer und scharfsinniger 
Versuche, den Sauerstoffgehalt des Eisenoxyduls zu 23 auf 100 
festgesetzt, oder 100 Th. Eisen sollen nach ihm 29,88 Th. 



Bestimmte Verhältnisse. 45 

Sauerstoff [320] aufiielimen. Berechnen wir den Sanerstoffgehalt 
im Eisenoxydal nach dem Schwefelgehalt des Schwefeleisens 
im Minimum, so müssen 100 Th. Eisen durch 29,4 bis 29,5 Th. 
Sauerstoff zum Oxydul werden. Wir haben ferner gesehen, dass 
im schwefelsauren Eisenoxydul 100 Th. Schwefelsäure mit so 
vielem Oxydul vereinigt sind, als woraus 99,22 Th. rothes Oxyd 
entstehen, in denen 68,78 Th. metallisches Eisen vorhanden 
sind. Nun aber setzen 100 Th. Schwefelsäure in der sie sät- 
tigenden Basis, 20,29 Th. Sauerstoff voraus; und es verhält 
sich 68,78 : 20,29 = 100 : 29,5. Dieses Resultat der Berech- 
nung stimmt mit Bucholz'^ Versuche sehr nahe überein. 

Ich setzte 10 g krystallisirtes schwefelsaures Eisenoxydul, 
um das Krystallisationswasser zu vertreiben, in einer Retorte 
einer Hitze aus, die nicht bis zum Glühen stieg; sie verloren 
dabei 4,63 g. Darauf wurden sie geglüht, bis die Schwefelsäure 
gänzlich vertrieben war, und nun hinterliessen sie 2,82 g rothes 
Oxyd. Diese waren also mit 2,842 g Schwefelsäure verbunden 
gewesen, und sie enthalten 1,95 g Eisen. Die Säure, das Eisen 
und das Wasser betragen zusammen 9,422 g. Die übrigen 0,578 
müssen dem Sauerstoffe im Eisenoxydul angehört haben ; es ist 
aber 195 : 57,8 = 100 : 29,6; oder 100 Th. Eisen waren mit 
29,6 Th. Sauerstoff vereinigt gewesen. 

[321] Wenn in dem trocknen schwefelsauren Eisenoxydul 
100 Th. Schwefelsäure mit 68,78 Th. metallischem Eisen und 
dem zur Oxydulirung derselben erforderlichen Sauerstoffe ver- 
bunden sind, so muss dieser Sauerstoff entweder 29,5 der vo- 
rigen Berechnung zufolge, oder 22,125 Th. (die Hälfte des im 
rothen Oxyde befindlichen) gegen 100 Th. Eisen betragen. Es 
ist nicht schwer , zu zeigen , dass die letztere Annahme auf Fol- 
gerungen führt, welchen die Versuche nicht entsprechen*), [322] 



*) Wenn man das schwefelsaure Eisenoxydu lin gehörig abge- 
messener Hitze brennt , so oxydirt sich das Oxydul zum Oxyde auf 
Kosten der Säure, ein Theil der Schwefelsäure wird zerstört, und ein 
anderer Theil derselben geht unzerstört über, oder bleibt bei dem 
Oxyde zurück , je nachdem bei der Operation die Hitze mit Behut- 
samkeit vermehrt und unterhalten wird. Je nachdem nun das letztere 
oder das erstere der beiden angenommenen Verhältnisse stattfindet, 
wird das Salz gegen 100 Th. Schwefelsäure 84 Th. oder 89,07 Th. 
Eisenoxydul enthalten, und um zu dem Oxyde zu werden, im ersten 
Falle noch 15,22 Th., im zweiten 10,15 Th. Sauerstoff aufnehmen 
müssen. Da hierbei die Schwefelsäure nur zur schwefligen Säure re- 
ducirt wird, so würden 15,22 Th. Sauerstoff voraussetzen , dass von 
der Säure -J, oder 76^ Th., hingegen lü,15 Th. nur, dass von der 



46 Jacob Berzelius. 

und dass das Eisenoxydul mehr Sauerstoff als nach dieser An- 
nahme, also nothwendig diejenige Menge enthalten muss, welche 
sich aus zwei verschiedenen Rechnungen als einstimmiges Re- 
sultat ergeben hat, nämlich 29,5. Das Eisenoxydul besteht folg- 
lich aus 

Eisen 77,22 100 

Sauerstoff 22,78 29,5 



100,00 129,5 

Wir treffen also beim Eisen ein gleiches Verhalten wie bei 



Schwefelsäure die Hälfte zerlegt würde ; und in diesem letztern Falle 
würde man aus dem durch das Glühen oxydirten Salze mehr als \ von 
der Schwefelsäure unzerstört wieder bekommen können. Um zu prü- 
fen , welche dieser beiden Folgerungen der Erfahrung gemäss sei, 
nahm ich eine Portion feinkörnig krystallisirtes, durch Auflösung 
von Eisenfeile frisch bereitetes, und von aller Mutterlauge durch 
Auswaschen wohl gereinigtes schwefelsaures Eisenoxydul, füllte da- 
mit eine kleine gläserne Retorte von IJ Zoll Höhe und \ Zoll Durch- 
messer an, und setzte sie in der Sandkapelle einer allmählich bis zum 
Glühen vermehrten Hitze aus. Das Krystallisationswasser wurde in 
eine vorgekittete Vorlage aufgefangen, und das Gas durch eine lange 
gläserne Röhre, die sich unter Wasser öffnete, abgeleitet. Nachdem 
die Masse ungefähr IJ Stunde schwach geglüht hatte, hörte die Ent- 
wickelung der schwefligen Säure beinahe gänzlich auf, und Tropfen 
von Schwefelsäure erschienen im Retortenhalse. Ich brach nun die 
Operation ab und Hess den Apparat erkalten. Der Rückstand in der 
Retorte wurde in Wasser aufgelöst, und gab eine gelbe etwas ins 
Rothe fallende Auflösung, welche kaustisches Ammoniak mit rother 
Farbe niederschlug, ohne Spur von Einmischung eines blauen oder 
grünen Oxyds. Derjenige Theil des geglühten Salzes, der sich im 
Wasser nicht auflösen wollte, wurde durch Kochen in reiner Salzsäure 
aufgelöst , und beide Auflösungen wurden mit kaustischem Ammo- 
niak niedergeschlagen. Das geglühte rothe Oxyd wog 2,4 g, und war 
nicht im geringsten magnetisch, selbst nicht, als es zum feinen Pulver 
gerieben war; ein Beweis, dass es kein Oxydul enthielt. Dieses Oxyd 
setzt in dem schwefelsauren Salze 2,415 g Schwefelsäure voraus. Die 
mit dem Ammoniak vermischten Auflösungen in Wasser und in Salz- 
säure wurden mit Salzsäure neutralisirt und mit Barytsalz nieder- 
geschlagen ; dadurch entstanden 2,92 g geglühter schwefelsaurer Ba- 
ryt , welcher 1 g Schwefelsäure enthält. Dieses ist etwas mehr als i# 
aber nicht ganz \ der Schwefelsäure, indem die überdestillirte, sowie 
die in Sauerstoffgas und schwefligsaures Gas zerlegte Säure in diese 
Berechnung nicht mit aufgenommen ist. Da nun, um das Eisenoxydul 
auf Kosten der dasselbe neutralisirenden Schwefelsäure in Oxyd zu 
verwandeln , nicht | der ganzen Menge der Schwefelsäure erfordert 
wird, so muss das Oxydul mehr Sauerstoff als 22,125 Th. gegen 
100 Th. Eisen enthalten, und das erste, nicht das zweite der oben an- 
genommenen Mischungsverhältnisse ist das wahre. 



Bestimmte Verhältnisse. 47 

dem Schwefel an ; anch hier ist in dem höchsten Oxydationsgrade 
nnr 1^ mal so viel Sauerstoff als in dem niedrigem anf eine 
gleiche Menge Eisen vorhanden, und aus den Versuchen wie aus 
der Berechnung ergiebt sich , dass das Eisen keinen noch nie- 
drigem Oxydationsgrad [323] hat , wenn nicht etwa ein solcher 
künftig in Verbindungen entdeckt werden wird, deren innere 
Natur sich jetzt nicht einmal errathen lässt, z. B. in dem Eisen, 
welches den färbenden Stoff des Blutes ausmacht, u. s. f. Dieser 
Umstand erklärt auch , warum unter den Eisenoxydsalzen sich 
keine Zusammensetzung finden lässt, die irgend einer der be- 
kannten Verbindungen des metallischen Eisens mit Schwefel 
entspricht. 

Worin liegt aber der Unterschied zwischen den weissen, den 
schwarzen , den dunkelblauen und den grünen Niederschlägen 
aus Eisenoxydulsalzen? Ich gestehe es, dass ich ihn nicht zu 
erklären weiss. Sind diese Niederschläge vielleicht basische 
Salze, der weisse aus Eisenoxydul allein, der dunkelblaue und 
der grüne dagegen dreifache, [324] dem neutralen dreifachen 
analog, aus Oxyd und Oxydul in verschiedenen Verhältnissen 
bestehend? Dieses ist mir jetzt am wahrscheinlichsten. 

Aus den Versuchen , welche ich hier umständlich dargelegt 
habe^ geht, wie man sieht, das im Anfange dieser Abhandlung 
von mir aufgestellte einfache Gesetz der chemischen Verwandt- 
schaft als Resultat auf eine ziemlich genügende Art hervor. Zu- 
gleich zeigen sie die Richtigkeit des aus diesem Gesetze fliessen- 
den Verhaltens , dass jede Säure in allen Basen , mit denen sie 
ein neutrales Salz bildet , einerlei Menge Sauerstoff voraussetzt, 
so dass die Menge der Basis, wodurch eine Säure neutralisirt 
wird , immer durch die Capacität ihres brennbaren Radikals für 
Sauerstoff bestimmt wird. Ich glaube daher jetzt befugt zu sein, 
diese Gesetze auf die Analyse der Alkalien anzuwenden. 



Xin. Nene Untersuchungen über das Schwefelblei, 
die Bleioxyde und die Schwefelsäure. 

Um ein völlig reines Blei zu erhalten, Hess ich salpetersaures 
Bleioxydal so oft auflösen und [325] krystallisiren, bis die nach 
dem letzten Anschiessen rückständige Mutterlauge, langsam ein- 



Y 



48 Jacob Berzelius. 

getrocknet; völlig weiss blieb, und mit kohlensaurem Ammoniak 
digerirt , beim Durchtreiben von Schwefel- Wasserstoffgas durch 
die Flüssigkeit, kein Kupfer zeigte. Sehr oft hielt dreimal um- 
krystallisirtes salpetersaures Bleioxydul noch eine unzweideu- 
tige Spur von Kupfer zurück. Das reine Bleisalz wurde, mit 
Kohlenstaub vermischt , in einem Hessischen Tiegel verbrannt, 
und das erhaltene Blei , um es ganz von anhängender Kohle zu 
befreien, in einem reinen Tiegel einige Zeit in glühendem Flusse 
gehalten. Das so gewonnene Blei gab nach Auflösung in Sal- 
petersäure kein Zeichen von Gegenwart irgend eines fremden 
Metalls. 

A. Schwefelblei. 

Es wurden 25 g von diesem zerkleinerten Blei in einem ge- 
wogenen gläsernen Kolben, dessen Oeffnung sehr eng war , mit 
10g Schwefel, den ich zuvor über einer Weingeistlampe \ Stunde 
lang im Flusse gehalten hatte , und noch flüssig in den Kolben 
eintrug, langsam bis zur anfangenden [326] Schmelzung des 
Glases erhitzt. Die Oeffnung des Kolbens wurde, nachdem keine 
Schwefeldämpfe mehr erschienen , mit einem Kohlenstöpsel ver- 
schlossen. Das erhaltene krystallinische , metallisch-glänzende 
Schwefelblei wog 28,855 g. Es hatten also in diesem Versuche 
100 Th. Blei nur 15,42 Th. Schwefel aufgenommen. Ich glaubte 
daher, es habe sich nicht alles Blei mit Schwefel verbunden, und 
nahm 10g davon , mischte sie sehr genau mit reinem wasser- 
freiem Schwefel , und erhitzte sie damit in einem kleineren ge- 
wogenen Kolben bis zum Weichwerden des Glases ; das Schwe- 
felblei nahm aber dadurch weder an Gewicht zu noch ab. 

2) Der nämliche Versuch wurde mit 15 g Blei wiederholt. 
Ich erhielt 17,3125 g Schwefelblei. Noch einmal wiederholt 
gab er 17,31 g Schwefelblei. 

Das Schwefelblei besteht also nach diesen völlig überein- 
stimmenden Versuchen aus 

Schwefel 13,36 15,42 100,0 

Blei 86,64 100,00 648,5 



100 115,42 748,5 

Dieser Uebereinstimmung ungeachtet, ist es doch wohl mög- 
lich, dass der Schwefelgehalt etwas zu klein ausgefallen ist, da in 
der strengen Hitze die Gefässe nicht vollkommen luftdicht ver- 
schlossen sein konnten. In meinen frühern Versuchen fand ich, 
dass 100 Th. Blei 15,55 bis 15,56 Th. Schwefel aufnahmen. 



Bestimmte Verhältnisse. 49 

[327] Das Schwefelblei war pulverig und schwärzlichgrau, 
ohne Metallglanz. Ich schrieb dieses anfangs Unreinlichkeiten 
in dem Blei zu , das ich damals brauchte , fand aber dann, dass 
dieses von einem Gehalte an Wasserstoff herrtthrte. Ich hatte 
10 g frisch bereitetes Schwefelblei mit 40 g geglühtem Zinn- 
oxyde gemischt, und erhitzte die Mischung in einer kleinen glä- 
sernen Retorte, wobei ich, nebst etwas schwefligsaurem Qas, 
einige Wassertröpfchen erhielt. Bei einer Wiederholung des 
Versuchs war der Erfolg derselbe. Da ich sowohl das Schwefel- 
blei als das Zinnoxyd den Augenblick zuvor ausgeglüht und sie 
noch heiss gemischt hatte, konnte dieses Wasser keinen andern 
Ursprung, als vom Wasserstoffe haben, der sich in dem Schwefel- 
blei befand. Glühte ich ein metallisch-glänzendes, in Weissglüh- 
hitze bereitetes Schwefelblei mit Zinnoxyd, so erhielt ich in 
der That nur eine äusserst geringe Spur von Wasser, das in dem 
Retortenhalse sich wie hingehaucht zeigte. 

Dieses führte mich zu folgenden Versuchen über den TVas- 
serstoffgehalt des Schwefels*). Es [328] wurden 5 g Schwefel, 
welcher zuvor, um ganz getrocknet zu werden, über einer Wein- 
geistlampe geschmolzen worden war, mit 50 g geglühtem Blei- 
oxydul gemischt und in einer kleinen gewogenen Glasretorte 
einer steigenden Erhitzung ausgesetzt. Die Retorte hatte eine 
kleine gewogene Vorlage , aus welcher das schwefligsanre Gas 
in eine mit salzsaurer Kalkerde gefüllte Glasröhre trat. Nach- 
dem die Retorte eine halbe Stunde geglüht hatte, nahm ich sie 
aus dem Feuer. Sie hatte 0,9 g an Gewicht verloren; die Vor- 
lage und die Röhre dagegen hatten 0,157 g an Gewicht zu- 
genommen. Das Wasser in der Vorlage war geschmacklos und 
von einem schwachen schwefligen Gerüche. Der Schwefel hatte 
also in diesem Versuche 3,15 Procent Wasser gegeben. Er 
konnte diese ganze Menge unmöglich als anklebende Feuchtig- 
keit enthalten, da er zuvor geschmolzen worden war ; sie mnsste 
also von dem im Schwefel befindlichen Wasserstoffe und vom 



*) Bei diesen Versuchen fand sich, dass die meisten pulver- 
förmigen Körper, welche ich durch Glühen von Feuchtigkeit befreit 
hatte , wenn ich sie wieder der offenen Luft aussetzte , und sie dann, 
ohne dass sich der Hygrometerstand oder die Temperatur verändert 
hatten , nach einigen Stunden in einer kleinen Glasretorte wiederum 
glühte, Wasser in dem Retortenhalse gaben, welches sich erst, nach- 
dem die Retorte sehr hoch über den Siedepunkt erhitzt war, entband. 
Es hat also in diesen Versuchen eine sehr grosse Schwierigkeit , die 
nur mechanisch anklebende Feuchtigkeit, wodurch das Resultat im- 
mer in etwas vergrössert wird, zu vermeiden. 

Ostwald's Klassiker. 35. 4 



50 Jacob Berzelins. 

Sauerstoflfe des Bleioxyduls gebildet worden sein. In der Retorte 
blieb eine Mischung von schwefelsaurem Bleioxydul und Schwe-> 
felblei zurück. Dem erhaltenen Wasser entspricht nicht völlig 
-^ Procnt Wasserstoff in dem Schwefel. Da diese Wasserstoff- 
menge in gar keinem Verhältnisse zu der [329] steht, welche, im 
Schwefelwasserstoffgas enthalten ist, so kann sie nur als eine 
zufällige , dem Schwefel durch die Bereitung anklebende Ver- 
unreinigung gelten , welche sich weder durch Schmelzen , noch 
durch Snblimiren wegschaffen lässt. Es scheint also nicht nöthig 
zu sein, den Schwefel, nach der sinnreichen Hypothese des Hrn. 
Davi/y als eine dreifache Zusammensetzung von Schwefel, Was- 
serstoff und Sauerstoff zu betrachten; denn sollte diese Idee wahr 
sein, so mtisste die im Schwefel befindliche Menge von Wasser- 
stoff durch eine Zahl ausgedrückt sein, die durch Division mit 2, 
4 oder höchstens 8 des Wasserstoffgehalts des Schwefelwasser- 
stoffs entstünde; welches aber nicht der Fall ist. 

B) Bleioxydul. 

Da das Mischungsverhältniss des Bleioxyduls bei den 
meisten meiner Berechnungen zur Grundlage gedient hat, so 
habe ich diesen Körper bei der Fortsetzung meiner Unter- 
suchungen möglichst genau kennen zu lernen gesucht ; doch bin 
ich auch nach den hier zu beschreibenden Wiederholungen meiner 
ersten Versuche noch nicht ganz damit im Reinen. 

Ich löste 25 g von dem nämlichen gereinigten Blei, daa 
mir zu den oben beschriebenen Versuchen gedient hat, in einem 
gewogenen gläsernen Kolben in reiner Salpetersäure auf, trock- 
nete die Auflösung im Kolben ein und glühte das [330] Salz 
vorsichtig, bis die Luft, welche ich durch ein langes Glasrohr 
aus dem glühenden Kolben mit dem Munde sog, keinen salpeter- 
sauren Dunst mehr zu erkennen gab. Der Kolben hatte nun 
26,925 g an Gewicht zugenommen. Dieser Versuch bestätigt 
also den ersten meiner vorigen Versuche über die Zusammen- 
setzung des Bleioxyduls (Seite 254, 1.), und zeigt, dass dieses 
Oxydul besteht aus 

Blei 92,85 100,0 1298,7 

Sauerstoff 7,15 7,"^ 100,0 

100,00 TÖ7,7~ 1398,7*). 



*) Durch Berechnung glaube ich zu finden, dass, wenn diese 
Zahlen den Sauerstoff vielleicht zu hoch angeben , er doch nicht ge- 



Bestimmte Verhältnisse. 51 

Es war also vielleicht ein Fehler, dass ich den Sauerstoff im 
Bleioxydnl der Hälfte des Schwefels, welche die nämliche Menge 
Blei sättigt, ganz genau gleich gesetzt habe. 

C) Schwefelsaures Bleioxydul. 

1) Ich löste 30 g reines Blei in Salpetersäure auf, ver- 
setzte die Auflösung in einem gewogenen Platintiegel mit Schwe- 
felsäure in Ueberschuss, trocknete sie behutsam und glühte sie. 
Das schwefelsaure Blei wog 43,9 g. Es wurden also, genau so 
wie in meinen früheren Versuchen, 100 Th. Schwefelsäure von 
278,77 Th. Bleioxyd gesättigt. 

[331] 2) 30 g reines Bleioxydul wurden in Salpetersäure auf- 
gelöst, mit Schwefelsäure überschüssig versetzt, in dem Platin-, 
tiegel eingetrocknet und geglüht. Das eingetrocknete Bleioxydul 
wog 40,77 g; also hatten sich 100 Th. Schwefelsäure mit 278,55 
Th. Bleioxydul vereinigt*) . 

3) Ich löste 15 g Bleioxydul in Salpetersäure auf, dunstete 
die Auflösung zur Trockniss ab , löste das Salz in Wasser auf 
und schlug das Bleioxydul durch zugesetztes schwefelsaures 
Ammoniak nieder. Aus der aufgehellten Flüssigkeit setzte sich 
durch Zusatz von etwas kaustischem Ammoniak noch etwa» 
schwefelsaures Blei ab. Der gesammelte Niederschlag wog ge- 
glüht 20,36 g. 

4) Es gaben 15 g des nämlichen Bleioxyduls im Platintiegel, 
mit Salpetersäure und Schwefelsäure behandelt, 20,365 g schwe- 
felsaures Blei. 

Nach diesen letztern Versuchen würden 100 Th. Schwefel- 
säure 279,59 Th. Bleioxydul sättigen. In meinen künftigen Be- 
rechnungen werde ich das schwefelsaure Bleioxydul zusammen- 
gesetzt annehmen aus 

Schwefelsäure 26,385 100 35,8 
Bleioxydul 73,615 279 100,0 

100,00 379 135,8 



ringer als 7,633 Th. gegen 100 Th. Blei sein kann. Es ist ein üebel, 
dass die Körper, welche sich am meisten zu Grunddata für die Be- 
rechnungen schicken, gerade die geringste Menge Sauerstoff in sich 
aufnehmen, wodurch bei ihnen ein nicht zu vermeidender Irrthum ver- 
hältnissmässig bedeutender werden muss. 

*) Wenn ich in diesen Versuchen die Schwefelsäure nicht in 
Ueberschuss zusetzte, wurde ein Theil derselben in der Hitze von der 
Salpetersäure verjagt, und ich erhielt eine Mischung von schwefel- 
saurem und von reinem Bleioxydul. 

4* 



52 Jacob Berzelins. 

[332] Man sieht ans diesem allen, wie schwer es ist. eine 
völlige Uebereinstimmnng der Resultate zerlegender Yersnche zu 
erhalten ; ein Gewiehtstheil, der auf einer stark belasteten Waage 
wenig oder nichts bedeutet, hat oft einen bedeutenden Einfluss 
auf das Resultat der Berechnungen, bei denen der Fehler nicht 
gelten multiplicirt wird. 

D) Schwefelsäure. 

Ich habe bei meinen frühem Versuchen (oben S. 264) ge- 
zeigt, dass das Schwefelblei den Schwefel und das Blei in dem 
nämlichen Verhältnisse, als im schwefelsauren Bleioxydul^ ent- 
hält. Wenn nun also , Versuch 1 . C) und meinen frühern Ver- 
suchen zu Folge, 100 Th. Blei 14,633 Th. schwefelsaures Blei- 
oxydul geben, in diesem Salze aber, nach B) , 0,77 Th. Sauerstoff 
dem Bleioxydul angehören müssen, so bleiben für die Schwefel- 
säure 3,863 Th. übrig, und in diesen müssen sich 1,542 Th. 
Schwefel befinden, das heisst, so viel, als sich nach A) mit 1 Th. 
Blei.verbinden. Wenn aber, diesem gemäss, 38,63 Th. Schwefel- 
säure 15,42 Th. Schwefel enthalten, so besteht die Schwefelsäure 
in 100 Th. aus 39,92 Th. Schwefel und 60,08 Th. Sauerstoff. 
Da nun in meinen Versuchen der Schwefelgehalt des Schwefel- 
bleies aller Wahrscheinlichkeit nach etwas zu gering ausgefallen 
ist, so enthält die Schwefelsäure vielleicht des Schwefels ein klein 
wenig mehr. 

Ich werde in der zweiten Hälfte der gegenwärtigen Abhand- 
lung (XXI.) darthun, dass für [333] den Schwefel (nach den Berech- 
nungen des oxygenirten Kohlenwasserstoffgas, des gasförmigen 
Kohlenstoffoxyds und des Schwefelwasserstoffs zu urtheilen) 
eine dem Kohlenstoffoxyde entsprechende Oxydationsstufe statt- 
finden muss, auf welcher der Schwefel zum Sauerstoffe sehr nahe 
in dem Verhältnisse von 2 : 1 steht, — und ich hoffe, daselbst 
wahrscheinlich zu machen, dass diese Oxydationsstufe des Schwe- 
fels in der schwefelhaltigen Salzsäure zu finden ist. In ihr würden 
also 15,42 Th. Schwefel mit 7,7 Th. Sauerstoff verbunden sein. 
Dieselbe Menge Schwefel mit 2 X 7,7, das ist, mit 15,4 Th. 
Sauerstoff vereinigt, wird folglich die schweflige Säure, und mit 
3 X 7,7, das ist, mit 23,1 Th. Sauerstoff verbunden, die Schwe- 
felsäure ausmachen. Dieser Ansicht zu Folge müsste die Schwe- 
felsäure in 100 Th. 40,03 Schwefel und 59,97 Th. Sauerstoff 
enthalten, diescÄt^^i^^AS'äz^re dagegen in 100 Th. aus49,968Th. 
Schwefel und 50.032 Th. Sauerstoff bestehen. Berechnet man 
nach diesen Verhältnissen das schwefelsaure Bleioxydul, so kom- 



Bestimmte Verhältnisse. 53 

men auf 10 Th. Blei 14,62 Th. schwefelsaures Bleioxydul, und 
dieses ist genau das Resultat des ersten meiner altern Versuche 
über diesen Körper. 

Aus dieser Ansicht fliesst noch eine andere Methode, die 
Zusammensetzung der Schwefelsäure zu berechnen. Wir sehen, 
dass das Bleioxydul, welches eine gegebene Menge von Schwefel- 
säure sättigt, genau \ so viel Sauerstoff als die Säure [334] ent- 
hält, und es muss genau halb so viel Sauerstoff als die schweflige 
Säure, wovon es gesättigt wird, in sich schliessen, weil die schwef- 
ligsauren Salze, wenn sie Sauerstoff aufnehmen und in Schwefel- 
säure übergehen, den Neutralitätszustand nicht verändern. Da 
nun aber 279Th. Bleioxydul lOOTh. Schwefelsäure sättigen, und 
diese 279 Th. Bleioxydul 19,95 Th. Sauerstoff in sich schliessen, 
so muss hiernach die Schwefelsäure in 100 Th. 59,85 Th. Sauer- 
stoff enthalten; welches nur um 0,001 des Gewichts der Säure 
von der vorigen Bestimmung abweicht. Ist die Analyse des 
schwefelsauren Bleioxyduls nicht völlig scharf, und sättigten so 
z. B. 100 Th. Schwefelsäure 279,66 Th. Bleioxydul, so würden 
die Versuche mit den Berechnungen völlig über einstimmen*) . 

Die völligste Genauigkeit in diesen Analysen wird sich viel- 
leicht nur dann erst erreichen lassen, wenn wir durch eine äusserst 
genaue Wägung des Sauerstoffgas und des schwefligsauren Gas 
die relative Menge der Bestandtheile des letzteren, so wie beim 
kohlensauren Gas, werden bestimmen können, i'^) 



*) Das Verhältniss des Schwefels zum Sauerstoffe in der Schwe- 
felsäure weicht nach diesen Versuchen von dem Verhältnisse 40 : 60 
um einen so äusserst geringen Bruch ab, dass wir dieses Verhältniss 
als das wahre annehmen können. Die Menge Schwefelsäure , welche 
eine gegebene Menge einer Basis sättigt, kann daher sehr nahe ge- 
funden werden, wenn der Sauerstoff der Basis mit 3 x |, das ist, mit 
5 multiplicirt wird. Multiplicirt man ihn mit 2x2, das ist, mit 4, so 
hat man die Menge der schwefligen Säure, welche die Basis sättigt. 



Zweite Hälfte. [Gilb. Ann. 37, 1811.) 

[415] Ich bestimme diesen Theil meiner Abhandlang der 
Analyse der Alkalien , indem ich diese Analyse auf die neuen 
Gesetze der Verwandtschaft gründe, welche ich im Anfange dieses 
Aufsatzes aufgestellt und in der ersten Hälfte desselben durch 
viele Reihen von Versuchen dargethan habe. Ehe ich jedoch zu 
dieser Zerlegung, als dem eigentlichen Gegenstande der Unter- 
suchung, komme, muss ich einiges über die Art sagen, wie ich 
die metallische Basis des Kali und des Katron dargestellt habe. 
Der Leser mag diese Abschweifungen für die Fortsetzung meiner 
elektrisch -chemischen Versuche über die Zerlegung der Erden 
und der Alkalien nehmen , welche ich in den Ekonomiska An- 
naler, Mai und Juni 1808*) bekannt gemacht und dort [416] 
fortzusetzen versprochen habe. Der Zeit nach waren meine zer- 
legenden Versuche mit den Alkalien die ersten in der Reihe der 
hier mitgetheilten Analysen, und sie sind es eigentlich, welche 
mir nach und nach Veranlassung geworden sind, die in der ersten 
Hälfte des gegenwärtigen Aufsatzes beschriebenen Untersu- 
chungen anzustellen. Ich wollte den Sauerste ffgehalt im Am- 
moniak nach jenen Gesetzen berechnen; in dieser Absicht unter- 
suchte ich die Oxydationsgrade des Bleies, des Kupfers und des 
Eisens, und dabei gerieth ich auf die Bemerkung der Verdoppe- 
lungen in den Verhältnissen des Sauerstoffs. Dieses führte mich 
auf die Analyse der Schwefelmetalle, der Schwefelsäure und 
des schwefelsauren Baiyts, womit dann die des salzsauren Sil- 
bers in Verbindung stand. Erst als die Untersuchung dieser 
letzten Salze beendigt war, sah ich eine genügende Bestätigung 
der Ideen, die ich eine Zeit lang bald zu verwerfen, bald durch 
andere Umstände wieder anzunehmen veranlasst worden war. 



*) Gilb. Ann. 6, 247. 1810. 



Bestimmte Yerhältnisse. 55 



XIV. Kali. 



A) Absonderung der Ealibasis [des Kaliums] mittelst der elek- 
trischen Säule. 

Ich habe mich bei diesen Versuchen derselben elektrischen 
Sänle, als bei meinen schon beschriebenen*) [417] bedient; sie 
besteht aus 26 Paaren zusammengelötheter Zink- und Kupfer- 
platten, jede von 10 Zoll Seite, also von 100 Quadr. Zoll Ober- 
fläche. Zwischen den Platten lagen Pappscheiben , die in eine 
gesättigte Auflösung von Kochsalz getaucht waren. 

Als Zerlegungsgefäss hat mir geraume Zeit eine Glasröhre 
gedient, die an dem einen Ende um einen Platindraht, der etwas 
hineinreichte, zugeschmolzen war. Ich goss in sie Quecksilber, 
so dass es über diesem Draht stand, und darüber eine gesättigte 
Lauge Von kaustischem Kali, in die noch einige Kalikrystalle 
gethan wurden, leitete dann den Platindraht vom -f-Pole der 
Säule in diese Kalilauge, und setzte den eingeschmelzten Platin- 
draht mit dem — Pole der Säule in Verbindung. Während die 
Säule kräftig wirkte (gewöhnlich die beiden ersten Tage über) , 
wurden Kali und Wasser zugleich zerlegt, als aber die Wirksam- 
keit abzunehmen anfing, nur das Kali allein. Da in diesem Ap- 
parate die Verwandtschaft der Kalibasis zum Sauerstoffe als 
die schwächere erschien, so liege es, glaubte ich, bloss an einer 
zu grossen Intensität der Entladung, dass überhaupt Wasser da- 
bei zerlegt [418] worden sei, und die Ursache dieser Intensität 
suchte ich in der zu kleinen Grösse der entladenden Oberflächen, 
im Verhältnisse mit der Oberfläche der Säulenpaare und mit der 
Menge der vertheilten Elektricität. Eine Ausdehnung der Ent- 
ladung über eine grössere Oberfläche werde daher, hoffte ich, 
die Intensität vermindern, dadurch der Zerlegung des Wassers 
und dem daraus entspringenden Verluste an Elektricität vor- 
bauen, und die Basis des Kali reichlicher geben, da dann die 
ganze Summe von Elektricität auf letzteres allein einwirken 
werde. Diesen Ideen entsprechend veränderte ich den Apparat, 
goss Quecksilber etwa 1 Linie hoch in ein gläsernes Schälchen, 
das einen ebenen Boden und zwei Zoll im Durchmesser hatte, 
und darüber die Kaliauflösung, und führte einen Eisendraht 
vom — Pole der Säule in das Quecksilber, und einen spiralförmig 
gewundenen Platindraht, der mit dem -f-Pole der Säule in Ver- 



*) Gilh. Ann,, N. F. B. 6. S. 250. 



56 Jacob Berzelius. 

bindnog wai% in die Kalilauge bis auf 1 Linie von der Qneck- 
silberfl&cbe. Die Windungen des Platindrahts befanden sich alle 
in einer Ebene nnd wurden mit der Oberfläche des Quecksilbers, 
so viel möglich, parallel gestellt. Eine Platinscheibe wäre min- 
der zweckmässig gewesen, denn ihre untere Fläche bedeckt sich 
immerfort mit Bläschen Sauerstoffgas, die nicht entweichen. — 
In diesem Apparate ging die Zerlegung des Kali sehr schnell von 
statten , und in 24 Stunden wurde das Quecksilber, dessen Ge- 
wicht bis an 80 g betrug, mit Kalibasis so geschwängert, [^^^j 
dass es nicht mehr flüssig war. Dass man durch eine grössere 
Anzahl Plattenpaare die Intensität der Ladung so erhöhen könnte, 
dass auch die grössere Oberfläche zu gering für die Zerlegung 
des blossen Kali würde, fällt in die Augen. 

Da beim Einwirken der Säule auf eine gesättigte Kalilauge, 
wenn Quecksilber den negativen Leiter bildet, die Verwandt- 
schaft der Kalibasis zu dem Sauerstoffe als die schwächere er- 
scheint, so muss das Kali allein zerlegt werden, auch wenn die 
Kraft der wirkenden Säule unendlich gering ist. Dieses lautet 
anfangs paradox ; kann indess das Kali das Wässer, vermöge 
seiner Verwandtschaft zu demselben , in der concentrirten Auf- 
lösung gegen die Einwirkung einer stärkern Säule verwahren, 
so muss das nämliche bei geringer Stärke der zerlegenden Kraft 
stattfinden. Ich errichtete, um dieses zu prüfen, eine Säule aus 
20 Paar Zink- und Kupferscheiben von 1^ Zoll Durchmesser, 
zwischen welche Tuchläppchen, mit Kochsalzauflösung be- 
feuchtet, gelegt wurden. Als ich der Einwirkung dieser Säule 
eine gesättigte Auflösung von ätzendem Kali in meinem zuerst 
beschriebenen Apparate aussetzte,* gab der -f-Draht Sauerstoff- 
gas, dessen Entwickelung nur schwach und langsam vor sich 
ging, indess an der Oberfläche des Quecksilbers gar keine Gas- 
bildung zu bemerken war. Schon nach Verlauf von 6 Stunden 
zeigte eine herausgenommene Quecksilberperle [420] deutliche 
Spuren von Kalibasis, und nach 24 Stunden fand ich das Queck- 
silber mit derselben stark geschwängert, so dass es in reinem 
Wasser eine mehrere Stunden lang fortdauernde Gasentwicke- 
lung hervorbrachte. 

Das bis hierher Erwähnte betrifft zwar mehr die physikalischen 
Eigenschaften der elektrischen Säule, als die Zerlegung der Al- 
kalien, verdiente aber doch angezeigt zu werden, um Natur- 
forschern, denen eine Säule aus grösseren Platten zu Gebote 
steht, als Warnung zu dienen, nicht wegen zu geringer Oberfläche 
der zerlegenden Leiter die grosse Wirkung nicht zu erlangen. 



Bestimmte Verhältnisse. 57 

welche in so gesättigten Auflösungen, wie die der kaustischen 
Alkalien, wirklich zu erreichen ist. Bei der Zerlegung der al- 
kalischen Erden findet, wie wir weiterhin sehen werden, ein ganz 
anderes Verhalten statt. — Je grösser die Oberflächen der Platten 
sind, eine desto grössere Ausdehnung muss die zerlegende Fläche 
erhalten. Zwar hat in ihr jeder Punkt eine geringere Intensität 
der elektro-chemischen Wirkung, als in einer kleineren Fläche, 
aber die Summe der Zerlegung, die in allen Punkten stattfindet, 
ist in ihr verhältnissmässig grösser. Für jede Grösse der Platten 
gibt es indess ein Maximum der Ausdehnung der Zerlegungs- 
fläche, tlber welches hinaus die Quantität der Zerlegung nicht 
vermehrt wird. Sind die beiden Flächen einander nicht parallel, 
so nimmt in den Punkten, die näher bei einander sind, die Inten- 
sität der Entladung zu, wobei [421] die Summe der Zerlegung 
sich vermindert. Wirkt die Batterie kräftig, so sprosst aus dem 
negativen Leiter, diesen Punkten gegenüber, ein Gezweige von 
Kalibasis hervor, welches mit dem positiven Leiter jedoch nicht 
eher in Berührung kommt, als die Batterie geschwächt und die 
Gasentwickelung am -f-Drahte, welche sie entfernt erhält, ge- 
ringer geworden ist. Berührt dann aber die Vegetation der Kali- 
basis den positiven Leiter, so entladet sich die Säule durch sie, 
ohne dass in der Lauge irgend eine Zerlegung stattfindet, bis sich 
die Kalibasis wieder zum Kali oxydirt hat. 

Das Quecksilber spielt bei allen diesen Versuchen eine höchst 
merkwürdige Rolle. Die Verwandtschaft desselben zu der Basis 
des Alkali hat an der Zerlegung so grossen Antheil, dass es mir 
mit der erwähnten Säule, bei aller Vorsicht, doch nie gelungen 
ist, ohne Mitwirkung von Quecksilber die Bestandtheile des Kali 
zu trennen. Mit Erstaunen erfuhr ich, dass in Davy^^ Batterie, 
die beinahe 30 Mal kräftiger als die meinige war, die alkalischen 
Erden ihre Basen dann erst deutlich fahren liesseu, als er Queck- 
silber mit in das Spiel brachte. Ich wurde zu dieser Art zu ver- 
fahren zuerst dadurch veranlasst, dass ich hofi'te, in dem Queck- 
silber die so äusserst kleinen Metalltheile anzusammeln, die am 
— Leiter entbunden und durch die Gasentwickelung umherge- 
worfen werden. Erst späterhin sah ich ein, dass das Quecksilber 
hierbei durch seine Verwandtschaft mitwirke , wie [422] das 
weiterhin durch einen directen Versuch erwiesen werden wird. 
Wenn man den — Draht^ausser Berührung mit dem Quecksilber 
bringt, so hört zugleich mit dem negativ- elektrischen Zustande 
desselben auch die Zerlegung des Kali auf, und der Draht ent- 
wickelt nun, so lange er in der Kalilauge bleibt, Wasserstofigas, 



58 Jacob Berzelius. 

ohne dass sich die geringste Spur einer Absetzung von Kalibasis 
zeigt. Dann also erscheint die Verwandtschaft des Wasserstoffs 
zum Sauerstoffe als die schwächere, da alsdann die zerlegende 
Einwirkung der Elektricitilt in die Flüssigkeit nicht mehr durch 
die Verwandtschaft des Quecksilbers zu der Basis des Kali ver- 
stärkt wird. 

So lange das Quecksilber nicht mehr als ^^ Ealibasis auf- 
genommen hat, bleibt es flüssig; was sich dann aber noch mit 
mehr verbindet, krystaUisirt und schwimmt auf dem übrigen. 
Ist die Wirkung der Säule kräftig, so entstehen Krystalle, die 
klein, unordentlich, zuweilen nadeiförmig sind, und gewöhnlich 
gegen den positiven Leiter vegetiren, wobei sich Wasserstoff zu 
entwickeln und die Zerlegung des Kali sich zu vermindern be- 
ginnt, wenn man die Vegetation in das übrige Quecksilber hinab- 
zudrücken versäumt. Nimmt die Kraft der Säule ab, so wird die 
Krystallisation regelmässiger, und es entstehen zuweilen sehr 
grosse hohle Würfel, aus grossen viereckigen Trichtern, ganz 
wie die Kochsalzkrystalle zusammengesetzt. Werden diese ge- 
sammelt, auf Löschpapier getrocknet, und in einem geschlossenen 
Gefässe einer Temperatur [423] von 50° Cels. ausgesetzt, so 
schmelzen sie und erstarren dann beim Abkühlen zu einer aus 
kleinen soliden Würfeln bestehenden Krystallkruste , ganz wie 
das bei einer eiligen Abdampfung einer geringen Portion Koch- 
salz geschieht. Mit Wasser behandelt, verliert diese Masse 0,0127 
ihres Gewichts, enthält also wenig mehr als 1^ Procent Kalibasis. 

Destillirt man ein Amalgam aus Kalibasis in einem kleinen, 
mit getrocknetem Wasserstoffgas angefüllten Apparate über der 
Flamme einer Weingeistlampe, so geht zuerst reines Quecksilber 
f|ber, nachher aber, wenn Quecksilber und Kalibasis dem Vo- 
lumen nach einander gleich zu werden anfangen, steigt auch Kali- 
basis mit über, und zuletzt, wenn bei dunkelm Rothglühen nichts 
mehr übergeht, findet sich in der Retorte als Rückstand ein ge- 
schmolzener metallischer Körper, der nach dem Erkalten so fest 
an dem Glase sitzt, dass man die Retorte zerschlagen mnss, um 
ihn zu bekommen. In der Wölbung der Retorte setzen sich immer 
einige erstarrte Tropfen an. die einem erstarrten Amalgam aus 
Blei oder Zinn vollkommen ähnlich sehen. Der Rückstand in 
der Retorte hat einen schwachen Metallglanz, ist von grauer, ein 
wenig ins Rothe spielender Farbe, die sich an der Luft in kurzer 
Zeit in Dunkelbraun oder Schwarz verwandelt, und ist keines- 
wegs reine Kalibasis (denn diese ist, nach Davxf^ Angabe, 
schon bei geringer Temperatur fliessend, wie Quecksilber) , [424] 



Bestimmte Verhältnisse. 59 

hat aber mit dem Oxydul der Kalibasis, welches Dävy durch 
Zusammenschmelzen des trockenen Kali mit Kalibasis erhielt, 
die grösste Aehnlichkeit. In Wasser geworfen sinkt dieser Körper 
sogleich zu Boden und entwickelt mit der grössten Heftigkeit 
Wasserstoffgas ; zuletzt bleibt nur eine Quecksilberperle übrig, 
die -^ vom Volumen desselben einnimmt. Wird dieser Rück- 
stand an der Flamme eines brennenden Lichts erhitzt^ so ver- 
wandelt er sich unter Anschwellen in eine Salzmasse, entzündet 
sich aber nicht. Ich habe mir über diesen Stoff drei Fragen vor- 
gelegt, von denen ich keine zu beantworten weiss: ist er eine 
Verbindung von Oxydul der Kalibasis mit Quecksilber, also 
eines Metalls mit einem oxydirten Stoffe? Oder vermag ein so 
geringer Quecksilbergehalt die Eigenschaften der Kalibasis in 
dem Grade unkenntlich zu machen? Oder sind vielleicht beide 
Stoffe oxydulirt? — Als ich einen Theil dieser Masse ungefähr 
einen Monat in einer kleinen zugepfropften Flasche aufbewahrt 
hatte, fand ich sie mit einer graubraunen zerrissenen Kruste um- 
geben, in deren Innerm sich ein Kern aus Kalibasis-Amalgam 
befand, welches so viel Quecksilber enthielt, dass es völlig flies- 
send war. Ich hob die graubraune Kruste ab und warf sie in 
Wasser, wo sie eine sehr lebhafte Gasent Wickelung verursachte. 
Mit einem Tropften Wasser benetzt entwickelte sie Wasserstoffgas 
mit äusserst er Heftigkeit, unter Erhitzung und Rauchen. Das 
Wasser [425] enthielt Kali, und hinterliess gelbes Quecksilber- 
oxyd. Diese graubraune Kruste enthielt also wiederum eine Ver- 
bindung der Kalibasis mit Quecksilber in einem Zustande, von 
dem ich mir keinen deutlichen Begriff zu machen vermag. Mitten 
unter der heftigsten Entwickelung von Wasserstoffgas zeigte sich 
das Quecksilber mit dem höchsten Grade seiner Oxydation. 
Lässt sich dies durch eine elektro-chemische Polarität innerhalb 
der Flüssigkeit erklären? Wohl kaum! denn die Wirkung ist 
ganz die nämliche auf Glas, wie auf Platin oder auf Holz. 

Da bei einer grössern Hitze, als die, in welcher ich das Amal- 
gam aus der Kalibasis destillirt habe, das Glas, Davy'% Angabe 
zu Folge, zerstört und durchbohrt wird, so gab ich die Hoffnung 
auf, mir vermittelst meiner elektrischen Batterie die Kalibasis 
rein zu verschaffen. 

Ein misslungener Versuch, die Ammoniumbasis aus einer 
kochend heissen Salmiakauflösung durch die leichtflüssige Mi- 
schung von Wismuth mit Zink und Zinn [Rose^^ oder d/Arcet'%] 
zu scheiden, gab mir Veranlassung, das Aufsammeln der Kali- 
basis in eben diese Mischung zu versuchen. Ich hatte gehofft. 



60 Jacob Berzelius. 

wenn sich Erstere in dieselbe aufnehmen liesse, werde sie nach 
der Abkühlung leichter von Wasser zu befreien und zu destil- 
liren sein, als ihr Amalgam mit Quecksilber; allein diese Hoff^ 
nung schlug fehl. Ich bediente mich bei diesem Versuche einer 
gläsernen Röhre, [426] in deren unteres zusammengeschmolzenes 
Ende ein Platindraht eingelöthet war. Auf diesen legte ich die 
Metallmischung, goss die concentrirte Kalilauge darauf, und 
schmelzte erstere vermittelst einer Lampe, und erhielt sie während 
des Versuchs fliessend. Die Batterie wirkte kräftig, und sowohl 
aus der Metallmasse als aus dem +Drahte erfolgte eine lebhafte 
Gasentbindung. Die Lauge gelangte allmählich zu einer immer 
grossem Sättigung, und nach ein Paar Stunden begann sie ein- 
zutrocknen. Ich goss nun eilig das fliessende Metall auf ein 
trockenes und kaltes Theeschälchen ; es erstarrte sogleich. Ich 
wusch dann von der Oberfläche desselben das anhängende Kali, 
und schabte einige reine Metallspäne ab. Auf ein feuchtes, durch 
Essigdampf geröthetes Lackmuspapier gelegt, stellten sie die 
Farbe desselben nicht wieder her; in kochendes Wasser geworfen 
schmolzen sie, ohne dass sich ein Luftbläschen entwickelte, und 
das Wasser wurde nicht im geringsten alkalisch. Lag es an der 
Temperatur oder an der mangelnden Verwandtschaft der Metall- 
mischung zur Kalibasis, dass das Kali, diesen Versuchen zu 
Folge, nicht zerlegt worden war"? Ich vermuthete anfangs das 
erstere, und setzte daher, in eben demselben Apparate, eine 
Kalilauge mit Quecksilber dem Feuer der nämlichen Lampe aus. 
Das Quecksilber gab anfangs sehr viel Gas ; dieses nahm immer 
mehr ab, so wie die Lauge durch die Hitze zur grössern Concen- 
tration kam ; nach dem Ausgiessen [427] fand sich das Queck- 
silber mit Kalibasis stark geschwängert. Die erhöhte Tempe- 
ratur hatte also in diesem Versuche die Zerlegung des Kali nicht 
verhindert, vielmehr anfangs die Kalilauge in den Zustand ver- 
setzt, in welchem sie sich bei der gewöhnlichen Temperatur der 
Luft befindet, wenn sie nicht so concentrirt ist ; und folglieh giebt 
dieser Versuch einen positiven Beweis ab, dass das Quecksilber 
bei dem Zerlegen des Kali nicht bloss durch Ansammeln der 
Basis, sondern auch durch eine Verwandtschaft wirkt, welche der 
leicht fliessenden Metallmischung [Bose^o] durchaus mangelt. 



B) Versuch, die Mischung des Kali zu bestimmen. 

Es würde vergebliche Mühe sein, der trefflichen Abhandlung 
des Hrn. Davy über die Eigenschaften der Basen des Kali und 



Bestimmte Verhältnisse. 61 

des Natron noch etwas hinzufügen zu wollen , selbst wenn man 
es in seiner Gewalt hätte, diese Basen ohne Mitwirkung des 
Quecksilbers so gut wie er darzustellen. Dagegen möchten seine 
Versuche, das Mischungsverhältniss des Kali und des Natron zu 
erforschen, wohl einiger Prüfung bedürfen. Sie sind mit zu ge- 
ringen Mengen angestellt, und das Gewicht der verbrannten Basen 
ist indirect bestimmt; daher kleine Fehler einen bedeutenden 
Irrthum veranlassen konnten. 

Ich habe die Analyse der Alkalien so vorzunehmen gesucht, 
dass ich ein noch zuverlässigeres [428] Resultat erhielte, so vielen 
Schwierigkeiten auch das Verfahren untei*worfen ist, dessen ich 
mich bedient habe. Ich Hess nämlich abgewogene Mengen des 
Amalgams der Kalibasis in Wasser sich oxydiren, sättigte das 
erhaltene Kali mit Salzsäure, und schmolz das Salz. Aus dem, 
was hierbei das Quecksilber an Gewicht verlor, fand ich das Ge- 
wicht der Basis, und aus der Analyse des entstandenen salzsauren 
Kali die Menge des erhaltenen Kali. Anfangs wollten die Ver- 
suche in ihren Resultaten nie übereinstimmen, und um hinter die 
Ursachen dieser Verschiedenheit zu kommen, musste ich einen 
und denselben Versuch wohl 20 bis 30 Mal wiederholen. Daran 
war erstens die so geringe Menge Kalibasis schuld, welche 
das Amalgam enthielt; denn ich habe nicht selten 60 g und mehr 
nehmen müssen, um mit ^g Kalibasis arbeiten zu können. Sind 
nun die gi'össern Gewichte auch nur um 0,0001 unzuverlässig, 
so gelangt man leicht, wenn man sie nach herausgezogener Kali- 
basis wechselt, zu einem Resultate von einem Milligramm zu viel 
oder zu wenig, welches schon von Bedeutung ist. Ich nahm da- 
her beim Wägen des Amalgams immer kleine Gewichte, die nur 
wenig mehr als die zu erwartende Kalibasis betrugen, um nicht 
nöthig zu haben, sie zu wechseln. Die verschiedene Trockenheit 
des Amalgams, wenn es vor und nach dem Versuche gewogen 
wird, kann eine zweite Ursache von Irrthum sein. Ich liess da- 
her das gewonnene Amalgam [429] in einem kleinen gut ver- 
schlossenen Gefässe, welches davon auf ^ angefüllt wurde, auf 
einer sehr heissen Sandkapelle eine Weile stehen, wobei alles 
anhängende Wasser durch die Kalibasis zerlegt wurde; dann 
goss ich die spiegelklare Masse in ein Gläschen, welches sich bis 
oben am Halse damit anfüllte, und wog sie. Als die Kalibasis 
ausgezogen war, trocknete ich wieder das Quecksilber bei star- 
ker Hitze, so dass es durchaus von Wasser befreit wurde. Das 
Amalgam muss in einem getrockneten Gefässe gewogen werden, 
es nimmt sonst unter dem Wägen an Gewicht zu, und dieses 



62 Jacob Berzelins. 

zwar durch Tröpfchen von Kalilauge, die sich an der Oberfläche 
desselben bilden. Drittens kann die verschiedene Einwirkung 
des Auflösungsmittels einen Fehler veranlassen. Wurde das 
Amalgam in reinem Wasser oxydirt, so entwich das Wasserstoff- 
gas durchaus ohne Geruch, selbst wenn die Oxydation ziemlich 
lebhaft vor sich ging ; goss ich aber Salzsäure hinzu, so nahm 
das Wasserstoffgas einen starken Geruch an, demjenigen ähnlich, 
der bei der Auflösung des Zinks in dieser Säure entsteht. Es 
musste also das Gas jetzt irgend etwas aufgelöst enthalten, und 
dies konnte hier nichts anders als Kalibasis sein. Auch gaben 
die Versuche, bei denen die Kalibasis in vei;dünnter Salzsäure 
aufgelöst wurde, immer ein geringeres Resultat. Der Erfolg ist 
derselbe, wenn man ein Amalgam aus der Basis einer der Erden 
in verdünnter Salzsäure auflöst; selbst wenn man, [430] statt 
der Säure, nur Salmiak hinzusetzt, — welcher Zusatz ohnehin 
nöthig ist, um die Erde aufgelöst zu erhalten. 

Die vielen Versuche, welche ich tlber das Mischungsverhält- 
niss des Kali angestellt habe, gaben mir anfangs den Sauerstoff- 
gehalt abweichend, von 16 bis 20 Procent. Ich erlaube mir nur 
diejenigen hier anzuführen, bei denen ich die grösste Sorgfalt 
beobachtet habe, und deren Resultate ziemlich übereinstimmen. 
Sie geben einen grössern Gehalt an Sauerstoff, als Davy ihn 
fand, und doch mussten die meisten Umstände, die Irrthum ver- 
anlassten, dahin wirken, dass ich den Sauerstoffgehalt zu gering 
hätte finden müssen. 

1) Ich sammelte mehrere Portionen Amalgam, und wog sie 
einzeln vor und nach der Ausziehung der Kalibasis. Das ge- 
wonnene Kali wurde vermengt, mit Salzsäure gesättigt, die über- 
schüssige Säure in einem kleinen gläsernen Gefässe abgedunstet, 
und dann sammt dem Spülwasser des Gefässes in einem kleinen 
gewogenen goldenen Tiegel (ungefähr 3 g schwer) eingetrocknet 
und das entstandene Salz gescbmolzen und nach dem Abkühlen 
im Tiegel gewogen. Die gesammte Kalibasis hatte 0,4575 g, 
und das geschmolzene salzsaure Kali 0,8675 g gewogen. Nun 
enthält salzsaures Kali 64,19 Procent Kali; diesen 0,8675 g ge- 
schmolzenes salzsaures Kali entsprechen also 0,5568 g reines 
Kali. Das Kali besteht [431] also, diesem Versuche zu Folge, 
aus 82,166 Th. Basis und 17,834 Th. Sauerstoff*). 



*) Es haben mir einige Chemiker gegen diese Methode den Ein- 
wurfgemacht, das geschmolzene Salz möchte wohl Wasser enthalten. 
Allein nicht zu gedenken, dass die Berechnung für dieses Salz fast 



Bestimmte Verhältnisse. 63 

2) Die verschiedenen Wägungen konnten Unrichtigkeiten 
veranlasst haben, die einzeln unbedeutend; in der Summe aber 
von merklichem Einflüsse waren. Ich wiederholte daher den 
nämlichen Versuch mit einer einzigen Portion Amalgam, die 
30,0775 g wog. Sie gab durch Behandlung mit Wasser 0,1275 g 
Kalibasis , und diese , mit Salzsäure gesättigt, eingekocht und 
geschmolzen, 0,25 g salzsaures Kali, worin 0,160 g reines Kali 
enthalten sind. Es bestand also das Kali aus 80 Th. Basis und 
20 Th. Sauerstoff. 

3) Da die Verschiedenheit in den Resultaten dieser beiden 
Versuche zu gross war, wiederholte ich den Versuch noch ein 
Mal mit einer noch grössern Menge eines erstarrten Amalgams, 
welche 67,003 g wog. Sie setzte an das Wasser 0,32 Kalibasis 
ab und gab 0,608 geschmolzenes salzsaures Kali, welches an 
reinem Kali 0,39027 beträgt. Nach diesem Versuche bestehen 
also 100 Th. Kali aus 82 Th. Basis und 18 Th. Sauerstoff. 

[432] Diesen Versuchen zu Folge scheinen 100 Th. Kali un- 
gefähr 18 Th. Sauerstoff und 82 Th. Basis zu enthalten. Und 
prüfen wir dieses Resultat nach den von mir aufgefundenen und 
in der ersten Hälffce dieser Abhandlung entwickelten Regeln, so 
finden wir es sehr nahe bestätigt. Es besteht nämlich schwefel- 
saures Kali, nach Bucholz^s Präcipitationsversuche*), aus 45,34 
Th. Säure und 53 , 66 Th. Kali, nebst l ,0 Th. Wasser, oder 1 00 Th. 
Schwefelsäure werden durch 118,35 Th. Kali gesättigt. Setzen nun 
100 Th. Schwefelsäure in diesen 118,35 Th. Kali, nach den 
obigen Analysen, 20,29Th. Sauerstoff voraus, so müssen lOOTh. 
Kali aus 17,152 Th. Sauerstoff und 82,848 Th. Basis bestehen. 

Aus 5 g geschmolzenem salzsaurem Kali, die in Wasser auf- 
gelöst und mit salpetersaurem Silber niedergeschlagen wurden, 
erhielt ich 9,575 g geschmolzenes Homsilber. Rose erhielt aus 
100 Oran salzsaurem Kali 1 9 1^ g Hornsilber, welches mit meinem 
Versuche genau übereinstimmt. Salzsaures Kali besteht also aus 

Salzsäure 35,81 100 

Kali 64,19 179 

100,00 279 



die nämliche Menge Kali giebt (s. mein Lehrbuch der Chemie : Läro- 
hok % Kemien, 1. Th. S. 399), so wird in der Schmelzhitze bekanntlich 
weder salzsaures Kali, noch salzsaures Natron durch Kohle, Phosphor 
oder Eisen verändert; was doch geschehen müsste, wenn sie Wasser 
enthielten, auf dessen Kosten sich diese verbrennlichen Kdrper oxy- 
geniren würden. 

*) Scherer' B Journal der Chemie, B. 10. S. 396. 



64 Jacob Berzelius. 

Setzen nnn aber 100 Th. Salzsäure in diesen 179 Th. Kali 
30,49 Th. Sauerstoff voraus, so bestehen 100 Th. Kali aus 17,03 
Sauerstoff und 82,97 Basis. i3) 

[433] Der Unterschied zwischen den berechneten und den 
durch den Versuch gefundenen Resultaten beträgt nicht völlig ein 
Procent, und ich habe guten Grund, das Resultat der Berechnung 
für das richtigste anzusehen. Dem zu Folge besteht das Kali aus 

Kalibasis 82,97 100,000 

Sauerstoff 17,03 20,525 

100,00 120,525 



XV. Natron. 

Die Basen des Kali und des Natron sind, nach Davy'^ treff- 
licher Untersuchung, nur wenig verschieden: ihr Verhalten, wenn 
sie durch die elektrische Säule in Quecksilber aufgenommen wer- 
den, muss also im Ganzen sehr übereinstimmend sein. Die be- 
deutendsten Verschiedenheiten, welche ich beobachtet habe, sind 
folgende : a) Das kaustische Natron lässt sich weniger geschwind 
als das Kali zerlegen, weil die Lauge des minder auf löslichen Natron 
sich nicht so gut concentriren lässt und früher wieder anschiesst. 
b) Das Amalgam der Natronbasis schiesst nicht in Kry stallen an, 
und das Aussehen des Quecksilbers wird wenig verändert, bevor 
es stark angeschwängert ist ; alsdann aber treibt die Natronbasis 
spitze, silbernglänzende Vegetationen aus, welche bei zunehmen- 
dem Verhältnisse der Basis gegen das Quecksilber eine bleigraue 
Farbe und die Gestalt von Blumenkohl annehmen, ganz so wie 
Ammoniumbasis, die sich an einem an der Spitze amalgamirten 
Eisendrahte [434] bildet. In der Luft wird die Oberfläche des- 
selben weit geschwinder^ als die des Kalium- Amalgams, feucht; 
und kaum hat man die entstandene Natronlauge weggebracht, so 
erscheint schon eine neue in zunehmender Menge. Dieses macht 
die Analyse des Natron noch schwieriger, da man das Amalgam 
in das Gefäss, worin es gewogen werden soll, kaum hineinzu- 
legen vermag, ohne dass die hinzukommende Feuchtigkeit das 
Gewicht desselben erhöht. Die Resultate meiner Versuche mit 
Natron stimmen daher noch weniger, als die vorhergehenden, 
untereinander überein, obgleich sie mit eben der Sorgfalt ange- 
stellt und auf die nämlichen Annahmen gestützt sind. 

1) Aus 28 g Amalgam erhielt ich, durch Digestion mit Wasser 
und ein wenig Salzsäure, (welche hier nicht, wie aus dem Kali, 



Bestimmte Verhältnisse. 65 

ein riechendes Wasserstoffgas entwickelte,) an Natronbasis 
0,1386 g. Das Natton gab 0,365 g geschmolzenes Kochsalz, 
welches 0,198 g wasserfreies Natron anzeigt. Giebt für lOOTh. 
Natron ganz genau 70 Th. Basis und 30 Th. Sauerstoff. 

2) Es lieferten 37 g Amalgam 0,175 g Basis, woraus 0,46 g 
geschmolzenes Kochsalz entstanden, in denen 0,2496 g reines 
Natron enthalten sind. Diesem Versuche zu Folge enthält das 
Natron 70,11 Th. Basis und 29,89 Th. Sauerstoff. 

3) Es gaben 76g Amalgam 0,439 g Basis, woraus ich 1,118 g 
geschmolzenes Kochsalz [435] erhielt. Darin sind 0,6066 g reines 
Natron enthalten. Giebt auf 100 Th. Natron 72,37 Th. Basis 
und 27,63 Th. Sauerstoff. 

Da der letzte Versuch mit der giössten Menge und zugleich 
mit aller Genauigkeit angestellt ist, deren Analysen dieser Art 
fähig sind, so vermuthe ich, dass das Resultat desselben der 
Wahrheit am nächsten ist. Verschiedene andere Versuche, die 
mit kleineren Mengen angestellt wurden, gaben mir den Sauer- 
stoffgehalt abweichend von 27 bis 36 Procent. Sie anzuführen 
scheint überflüssig, da sie durchaus unzuverlässiger sind. Immer 
fand ich im Resultate den Sauerstoffgehalt um so grösser, je ge- 
ringer die Menge der Basis war, mit welcher ich arbeitete. 

Berechnen wir die Mischung des Natrons auf die nämliche 
Weise, wie beim Kali, so erhalten wir auch eine ähnliche Ueber- 
einstünmung. 

Herr Bucholz hat aus 1000 Gran krystallisirten schwefel- 
sauren Natron 698 Gran schwefelsauren Baryt erhalten, und er 
berechnet in dem Salze 568 g Krystallisationswasser. Es müssten 
also 100 Th. wasserfreie Schwefelsäure sich durch 82,09 Th. 
wasserfreies Natron sättigen lassen. Verschiedene Berechnungen 
für Salze , bei denen ich mich dieser Angabe bediente , über- 
zeugten mich jedoch, dass hierbei irgend ein Fehler stattfindet, 
der wahrscheinlich in der Ungewissheit wegen der Trockenheit 
des Glaubersalzes und des Gehalts desselben an Krystallisations- 
wasser zu suchen ist, indem [436] letzterer in einem auswitternden 
Salze sich nie so genau bestimmen lässt, als bei diesen Ver- 
suchen erforderlich wäre. 

Ich löste daher 5 g geglühtes schwefelsaures Natron in 
Wasser auf, und fällte die Auflösung durch salpetersauren Baryt; 
der Niederschlag wog geglüht 8,2 g, und dem entsprechen 
2,789 g Schwefelsäure. Bei einem zweiten Versuche erhielt ich 
aus der nämlichen Menge 8,16g geglühten schwefelsauren Baryt. 
Bucholz' % Versuch zu Folge hätte ich nur 8J25 g erhalten 

Ostwald^s Klassiker. 35. 5 



66 Jacob Berzelias. 

mflssen. Der Unterschied ist zwar nicht gross, doch hinlänglich, 
um bedeutende Abweichungen im Resultate der Berechnung zu 
verursachen. Schwefelsaures Natron besteht, nach diesem 
Versuche, aus 

Schwefelsäure 55,76 100,00 
Natron 44,24 79,34 

100,00 179,34 

Fünf Gramm geglühtes salzsaures Natron, in Wasser auf- 
gelöst und durch salpetersaures Silber niedergeschlagen, gaben 
12,23 g geschmolzenes Hornsilber. Rose erhielt aus der näm- 
lichen Menge 12,175 g. Jenen 12,23 g Hornsilber entsprechen 
2,287 g Salzsäure; salzsaures Natron besteht also aus 

Salzsäure 45,74 100,000 

Natron 54,26 118,627 

100,00 218,627 

üeber diese Analysen der beiden Salze lässt sich folgender- 
maassen eine prüfende Berechnung anstellen. Es werden nach 
diesen Versuchen 100 Th. Salzsäure durch 179 Th. Kali und 
ebenso durch 118,627 Th. Natron gesättigt; dagegen erfordern 
100 Th. Schwefelsäure 1 18,35 Th. Kali, sowie 79,34 Th. Natron 
zur Sättigung; es verhält sich aber 1 79 : 1 18,63 = 1 18,35 : 78,43. 
[437] Das Resultat der Berechnung stimmt also mit dem des Ver- 
suchs ziemlich überein ; zeigt jedoch, dass auch in diesen vier 
Versuchen etwas Fehlerhaftes sei, welches einen Unterschied 
veranlasst. 

Es setzen 100 Th. Schwefelsäure in 79,34 Th. Natron 20,29 
Th. Sauerstoff voraus ; also bestehen 100 Th. Natron aus 25,56 
Th. Sauerstoff, nebst 74,44 Th. Basis. In 118,627 Th. Natron 
setzen 100 Th. Salzsäure 30,49 Th. Sauerstoff voraus, und hier- 
nach würden 100 Th. Natron aus 25,71 Th. Sauerstoff und 
74,29 Th. Basis bestehen. 

Diese Versuche stimmen zwar nicht so gut überein, wie die 
mit dem Kali, jedoch hinreichend, um uns zu berechtigen, aus 
ihnen zu schliessen, dass wir uns der Wahrheit einigermaassen 
genähert haben. Da ich keinen Grund absehe, dem einen der 
angeführten Resultate vor dem andern den Vorzug zu geben, so 
werde ich in runden Ziffern die Bestandtheile im Natron an- 
nehmen zu 



Bestimmte Verhältnisse. 67 

Natronbasis 74,29 100,00 

Satfferstoff 25,71 34,61 



100,00 134,61 



[438] XVI. Ammoniak. 

Es wäre zwecklos , hier alle vergeblichen Versuche zu er- 
zählen, die ich ziemlich auf dieselbe Weise, yneDavy, angestellt 
habe, um die Basis des Ammoniaks ftlr sich darzustellen. Ein 
Amalgam aus Ammoniakbasis, das in einer Flüssigkeit entsteht, 
zu trocknen, ist durchaus unmöglich. Ich suchte daher das 
Amalgam durch Einwirkung trockener Körper zu bilden. Zu 
dem Ende vermischte ich trockenes Kalium- Amalgam mit trocke- 
nem fein gepulverten Salmiak in einer tubulirten, mit einer Vor- 
lage versehenen Retorte. Beide waren zuvor mit Wasserstoffgas 
angefallt worden, welches ich durch eine lange, mit geschmol- 
zenem salzsaurem Kalke gefüllte Röhre hatte streichen lassen. 
Der Salmiak fing an, nach einiger Zeit zerlegt zu werden, und 
die Retorte wurde nach Verlauf von 1 ^ Stunde voll eines Amal- 
gams von butterartiger Consistenz. Als ich die Masse destilliren 
wollte, sank das Amalgam bis zum anfänglichen Umfange des 
Quecksilbers zusammen , und als der Apparat geöffnet wurde, 
drangen Ammoniakgas und Wasserstoffgas mit einer geringen 
Explosion heraus. Der Retortenhals war voller Wassertropfen. 
[439] Dieser Erfolg erklärt sich leicht, wenn man weiss, dass 
der Salmiak Erystallisationswasser, und zwar, nach der weiter- 
hin folgenden Analyse, nahe an 19 Procent enthält. Die Kali- 
basis oxydirt sich auf Kosten sowohl des Wassers als des Am- 
moniaks im Salmiak, wobei letzteres reducirt wird ; es verwandelt 
sich aber wiederum, auf Kosten des Wassers der nächsten Sal- 
miakportion, in Ammoniak; so dass nach vollendeter Einwir- 
kung dieser Stoffe nur der Sauerstoff des Wassers verschwunden 
ist, welcher zur Bildung desjenigen Kali gedient hat, durch das 
der Salmiak als Salz zerlegt worden ist. 

Um das neugebildete Amalgam von dem anhängenden Sal- 
miakpulver, durch das es zersetzt wurde, zu befreien, machte ich 
mir einen kleinen Apparat aus einer gläsernen Röhre, an deren 
Enden ich zwei Kugeln blies, von denen die eine in eine offene 
lange und dflnne Spitze auslief. Dieser Apparat wurde bei einer 
Temperatur von 0°, unter gekochtem Quecksilber, mit getrock- 
netem Wasserstoffgas durch die Spitze gefallt, diese darauf zu- 

5* 



68 Jacob Berzelius. 

geblasen und durch einen dichten Korkstöpsel gesteckt. Diesen 
hatte ich vorher einer Flasche angepasst, in welcher sich eine 
grosse Menge Ammonium- Amalgam befand, das ich aus Salmiak 
und Kalium-Amalgam bereitet hatte. Die Flasche wurde ge- 
öffnet, die Spitze dann geschwind abgebrochen und der Kork 
luftdicht in den Hals der Flasche so befestigt, dass die Oeffnung 
[440] des Röhrchens in das Amalgam hineintrat. Darauf wurde 
die ein« Kugel erwärmt, und dadurch das Wasserstoffgas in die 
Flasche gedrängt. Nach dem Erkalten der Kugel fing das Amal- 
gam an, in die Röhre zu dringen, doch war es von einer solchen 
Consistenz, da&s es auf halbem Wege in der Röhre stecken blieb. 
Durch Erwärmung gewann es zwar eine grössere Flüssigkeit, 
wurde aber auch wieder zurüdkgetrieben. Nach wiederholten 
Versuchen gelang es mir endlich, einen Theil der breiartigen 
Masse in die Kugel hineinzubringen; sie überzog sich dort aber 
bald mit einem dünnen Salzstaube, so dass ich mit der geringern 
Menge Amalgam, die ich elnigermaassen rein hatte sammeln können, 
zufrieden sein müsste. Nachdem ich das Röhrchen oberhalb der 
Flasche zugeblasen hatte, versuchte ich, das hineingebrachte 
Amalgam aus der einen Kugel in die andere zu destiUiren. Der 
mit hineingekommene Salzstaub lag auf der metallischen Ober- 
fläche als ein grauer mehliger Ueberzug. Die Masse wurde zu- 
erst über der Flamin^ einer einfachen Oellampe erhitzt, wobei 
sich das Salzpulver noch weiter zersetzte, und das Amalgam bis 
zum doppelten Umfange anschwoll. Das Salzpulver gerieth dabei 
in Bewegung , und verwandelte sich in ein feines schneeweisses 
Mehl aus salzsaurem Kali. Das Amalgam war jetzt beinahe 
gänzlich erstarrt, und während einer ganzen Stunde, als das 
Lampenfeuer ununterbrochen auf dasselbe wirkte und "die Tem- 
peratur- [441] weit über 100° C. hinausbrachte, erlitt es durch- 
aus weiter keine Veränderung. Ich stellte darauf eine Weingeist- 
lampe unter die Kugel ; nun schwärzte sich die Masse und über- 
zog sich mit einer dunkeln Kruste, während das Quecksilber 
wieder zu seinem ersten Volumen zurückkam. Bei fortgesetzter 
Destillation verschwand die dunkle Kruste, und das Quecksilber 
wurde auf f seines Volumens überdestillirt. Das Uebergegangene 
war nicht völlig so dünnflüssig wie reines Quecksilber, doch war 
der Unterschied nur gering. Als ich den Apparat nach dem 
Erkalten unter Wasser eröffnete , floss das Quecksilber heraus, 
das Wasser drang geschwind hinein, und nahm etwas mehr als 
I der Recipientenkugel ein ; ein Beweis , dass sich im Apparate 
auch Ammoniakgas befand, welches in dieser Gasform durch das 



Bestimmte Verhältnisse. Ö9 

in der Retorte rückständige Amalgam nicht verändert worden 
war. Das herausgelassene Quecksilber gab undeutliche Zeichen 
einer Gasentwickelung, die ich doch keineswegs hinübergetrie- 
bener Ammoniakbasis zuschreiben möchte, indem diese Basis, 
als das Amalgam zusammensank, sich zuverlässig auf Kosten des 
Wassers in dem Salmiakpulver oxydirt hatte. Das in der Re- 
tortenkugel befindliche Amalgam war krystallisirt. Einem mit 
Salzsäure befeuchteten Glasstöpsel genähert, gab es keine weissen 
Dämpfe ; die Ammoniakbasis war also in diesem Versuche gänz- 
lich zerstört worden. 

[442] Durch diesen Erfolg belehrt, dass sich durch Versuche 
mit dem Ammonium- Amalgam nicht dahin gelangen lasse, die 
Basis des Ammoniaks rein dargestellt zu erhalten, stellte ich 
mehrere abgeänderte Versuche an , um die interessante Frage 
beantwortet zu sehen, ob diese Basis ftlr sich existiren könne, 
und in welcher Form, oder nicht? Bisher haben indess noch 
keine genügenden Resultate aus ihnen hervorgehen wollen. 

Ich habe in der Beschreibung meiner mit dem Dr. Pontin 
gemeinschaftlich angestellten elektrisch- chemischen Versuche an- 
geführt, dass die Basis des Ammoniaks, mit einer geringen Menge 
Quecksilber verbunden, ein bleigraues flockiges Amalgam giebt, 
welches auf Wasser schwimmt*;. Dieses Amalgam lässt sich 
ohne unmittelbare Einwirkung der Elektricität hervorbringen, 
wenn man den Rückstand, der nach der Destillation des Kalium- 
Amalgams bleibt, mit einer concentrirten Auflösung von Salmiak 
in einem starken und gut verschlossenen Gefässe vermischt. Die 
Zersetzung beginnt sogleich, und das neugebildete Amalgam 
schwillt bisweilen zu dem 1 50 bis 200 fachen Volumen desjenigen 
Quecksilbers an, welches nach völliger Oxydirung der beiden 
Basen übrig bleibt. Es entwickelt anfangs ein wenig Gas; diese 
Gasentbindung nimmt jedoch bald an Menge ab, und wird end- 
lich, bei vermehrtem Drucke der Luft im Gefässe, ganz unmerk- 
lich. Das Amalgam [443] schwimmt alsdann an der Oberfläche 
der Flüssigkeit in Gestalt einer löcherigen, runden und nach 
allen Seiten vegetirenden Masse. Oeffnet man das Gefäss, so 
wird Wasserstoflgas mit einer Explosion herausgestossen , und 
das neugebildete Amalgam fängt an, sich unter heftigem Zischen 
zu zerlegen. Geschieht der Versuch in einem offenen Gefässe, 
so oxydirt sich die Ammoniakbasis beinahe in dem Augenblicke, 
in welchem sie erzeugt wird. 



*) Gilh, Ann., iV. F. B. 6. S. 262. 



70 Jacob Berzelius. 

Einige Versnche, das Amalgam der Ammoniakbasis mit 
Schwefel oder mit Phosphor zu verbinden, gaben mir keine ent- 
scheidenden Besultate. Wenn ich z. B. Kalinm-Amalgam mit 
Schwefel- Wasserstoff- Ammoniak schüttelte, erhielt ich nichts als 
Schwefel- Wasserstoffkali und das gewöhnliche butterige Amal- 
gam. Schwefel-Kali hatte keine merkliche Einwirkung auf das 
Ammonium-Amalgam, obschon das Quecksilber allein sich würde 
geschwärzt haben; als jedoch das mit Schwefelkali geschüttelte 
Amalgam, nach Auswaschen mit reinem Wasser, in eine Blei- 
auflösung gebracht wurde, gab es deutliche Spuren eines ge- 
ringen Schwefelgehalts, durch welchen dennoch die äussern 
Merkmale desselben nicht im mindesten verändert schienen. 

Durch unmittelbare Versuche mit dem Amalgame der Basis 
des Ammoniaks , den Gehalt dieses Alkali an Sauerstoff zu er- 
forschen, ist durchaus unmöglich ; ich werde in der Folge noch 
auf einige [444] Versuche kommen, ihn zu bestimmen. Das 
Ganze unserer Kenntniss der Basis des Ammoniaks, dieses pro- 
blematischen und doch in jeder Rücksicht höchst interessanten 
Körpers besteht also beinahe nur darin, dass wir, unter gewissen 
Umständen, seines Daseins gewiss sind. 

XVII. Analyse des salzsauren Ammoniaks. 

1) Es wurden 10 g Salmiak auf einer sehr heissen Sandka- 
pelle getrocknet, dann in Wasser aufgelöst, mit salpetersaurem 
Silber ein Niederschlag in der Auflösung hervorgebracht, und 
dieser auf einem gewogenen Filtrum in einer Temperatur 
getrocknet, welche die des kochenden Wassers weit überstieg. Er 
wog 26,5 g, enthielt also an Salzsäure 4,955 g. Diesem Versuche 
zu Folge enthalten 100 Th. trockener Salmiak 49,55 Th. Salz- 
säure, welches mit Mosers Angabe, dass 100 Gran Salmiak 
266,87 Gran Hornsilber geben, nahe übereinstimmt. 

2) Ich vermischte 10g reinen ätzenden Kalk und 4 g äusserst 
fein gepulverten und dann auf einer sehr heissen Sandkapelle 
getrockneten Salmiak in einer gewogenen gläsernen Retorte, und 
kittete vor die Retorte eine mit geschmolzenem salzsaurem Kalke 
angefüllte Vorlage, und in deren Tubulirung eine lange, mit dem 
nämlichen Salze gefüllte gläserne Röhre. Vorlage und Röhre 
waren gewogen. Die Retorte wurde im Sandbade allmählich bis 
zum Rothglühen erhitzt. [445] Dabei erwärmte sich sowohl die 
Vorlage, als die Ableitungsröhre, doch entwich aus der Röhre 
gar kein Ammoniakgas. Nach geendigtem Versuche hatte das 



Bestimmte Verhältnisse. 71 

Ganze an Gewicht nur ein paar Centigramm verloren ; die Re- 
torte aber wog 1,485 g weniger, oder 37,125 Procent vom Ge- 
wichte des Salmiaks. Statt 46| Procent Sänre, die bei dem 
Kalke hätte zurückbleiben sollen, hatte dieser also nahe an 
63 Procent Säure zurückgehalten; und als die Retorte aufs neue 
bis zur anfangenden Schmelzung der Masse erhitzt wurde, ver- 
lor sie nicht mehr als ein paar Centigramm. Bei diesem Ver- 
suche zeigten sich, wie man sieht, mehrere unerwartete Um- 
stände. Dass das Ammoniakgas von dem wasserfreien Kalksalze 
gänzlich eingesogen wurde, ist besonders merkwürdig. Als dieses 
Salz nachher dem Einwirken der Luft ausgesetzt wurde ,- ver- 
dunstete das Ammoniak, jedoch so langsam, dass das Salz in 
der Vorlage noch nach mehreren Wochen sehr stark darnach roch. 

3) Der Versuch wurde mit den nämlichen Mengen in einem 
ähnlichen Apparate wiederholt, die Vorlage aber und die Röhren 
mit gröblich zerstossenem geschmolzenen kaustischen Kali an- 
gefüllt. Die Retorte wurde im Sandbade erhitzt, bis die Salz- 
masse gänzlich geschmolzen war ; nach dem Erkalten wog sie 
1,5675 g weniger. Das Kali in der Vorlage hatte 0,2825 g und 
die Röhre nicht völlig 0,01 g, beide also zusammen 0,2925 g an 
Gewicht zugenommen, welches, von [446] dem Totalverluste 
abgerechnet, 1,275 g übrig lässt für das aus den 4 g Salmiak 
entwichene Ammoniakgas. Dieses giebt den Gehalt des Salmiaks 
an reinem Ammoniak zu 31,75 Procent. Aber auch in diesem 
Versuche hatte das Kalksalz bis auf 6 1 Procent vom Gewichte 
des Salmiaks zurückgehalten. War dieses vielleicht Wasser, wel- 
ches in dem verschlossenen Apparate bei derjenigen Temperatur, 
die auf die Masse gewirkt hatte, nicht verdunsten konnte? Ich 
schnitt die Retortenkugel ab , wog sie sammt der in ihr befind- 
lichen Salzmasse in einem Platintiegel, und schmolz sie in diesem 
Tiegel ein. Es fand sich ein Gewichtsverlust von 0,466 g oder 
die Kalkerde hatte 1,966 g Salzsäure an sich gehalten, wel- 
ches 49,15 Procent vom Gewichte des Salmiaks ist, und mit dem 
mittelst Niederschlagung durch Silbersalz gefundenen Resultate 
in Vers. 1 nahe übereinstimmt. 

Diesem Versuche zu Folge müssten 49,55 Th. Salzsäure zur 
Sättigung 31,75 Th. Ammoniak erfordern, welches für den Sal- 
miak einen Wassergehalt von 18,70 Procent giebt. Also würden 
100 Th. Salzsäure sich mit 64,2 Th. Ammoniak sättigen lassen; 
und in diesen 64,1 Theilen müssten, nach Analogie der andern 
Basen, 30,59 Th. Sauerstoff [447] enthalten sein, folglich lOOTh. 
kaustisches Ammoniak aus 47,57 Th. Sauerstoff und 52,43 Th. 



72 Jacob Berzelius. 

Basis zusammengesetzt sein. Dieses stimmt mit der Analyse des 
Ammoniakgas so wenig überein , dass ich dem Versuche nicht 
traute, und ihn nochmals wiederholte. 

4) Es wurden 5 g Salmiak und 15 g Kalkerde in einem Ap- 
parate, der dem vorigen glich, bei einer Hitze, die bis zum völ- 
ligen Rothglühen stieg, und bei der die Masse am Boden mit dem 
Olase zusammenschmolz, zersetzt. Schon geraume Zeit vor Be- 
endigung der Operation hörte die Entwickelung des Ammoniak- 
gas gänzlich auf. Die Retorte hatte an Gewicht 1,6525 g ver- 
loren, dagegen das Kali in der Vorlage 0,0525 und das in der 
Röhre 0,0025 g gewonnen; welches für das entwichene trockene 
Ammoniakgas 1 ,5975 g, und folglich für den Salmiak 3 1 ,95 Pro- 
cent reines Ammoniak giebt. Da in diesem Versuche die Masse 
nur am Boden geschmolzen war, so hatte sie 66 Procent Wasser 
an sich gehalten; allein das entwichene Ammoniakgas war in 
beiden Versuchen bis auf 0,002 vom Gewichte des Sahes da» 
nämliche: diese Versuche bestätigen daher einander vollkommen^ 
um so mehr, da die in Vers. 3 übergegangene grössere Menge 
Wasser wahrscheinlich im Kali etwas weniges Ammoniakgas zu- 
rückgehalten hat. 

5) Die hohe Temperatur, welche zum Uebertreiben des letzten 
Antheils Wasser gebraucht [448] worden war, könnte vielleicht 
das Ammoniak zersetzt und ans dem Sauerstoffe desselben und 
einem Theile des Wasserstoffs Wasser gebildet haben, und dieses 
im Kalksalze geblieben und dadurch der Verlust vermindert 
worden sein. Um diesen Gedanken zu prüfen, wiederholte ich 
den Versuch nochmals mit Salmiak , den ich mit 3 Mal so viel 
fein gestossenem kaustischen Kali vermischt hatte, in einem ähn- 
lichen Apparate. Die Retorte wurde über der Flamme einer 
Weingeistlampe erhitzt, und jetzt erfolgte die Zerlegung bei der 
ersten Einwirkung der Hitze auf einmal, so dass das Ammoniak- 
gas mit Heftigkeit herausströmte. Bei fortgesetzter Feuerung 
ging kein Ammoniakgas mehr über, wohl aber Krystallisations- 
wasser des Kali und des salzsauren Kali. Während der Ver- 
treibung der Wasserdünste aus dem Retortenhalse bekam dieser 
eine Ritze, durch welche ein wenig Wasser sichtbar verdampfte. 
Allein dieses Umstandes ungeachtet, und obgleich das Ammoniak- 
gas so geschwind durch das Kali hindurch stieg, dass es nicht 
völlig ausgetrocknet werden konnte, betrug der Gewichtsverlust 
doch nicht mehr als 33, 5 Procent, also nur 1 1 Procent mehr, als 
im vorigen Versuche ; ein Beweis, dass meine Vermuthung, das 



Bestimmte Verhältnisse. 73 

Ammoniak sei in den vorigen Versuchen zersetzt worden, unge- 
gründet war. 

Es bestätigte sich also durch alle diese Versuche, dass das 
salzsaure Ammoniak besteht aus ^^) 

[449] Salzsäure 49,55 100,00 

Aetzendem Ammoniak 31,95 64,48 

Wasser 18,5 

100,00 

Und gründet man hierauf die Berechnung des Sauerstoffgehalts 
des Ammoniaks, so findet sich, dass das Ammoniak muss zu- 
sammengesetzt sein aus 

Basis 52,714 100,000 

Sauerstoff 47,286 89,623 

100,000 189,623 

Wegen dieses Resultats blieb mir indess noch folgender 
Zweifel. Salmiak, auf feuchtes Lackmuspapier gestreut, röthet 
dieses Papier, wie ich mehrmals fand, nach einigen Augenblicken 
eben so stark, als es eine Säure thun würde; es sei daher viel- 
leicht, dachte ich, der Salmiak ein Salz mit Ueberschuss an Säure, 
wenn gleich sein Geschmack nicht sauer ist. Ich löste, um dieses 
zu prüfen, eine gewogene Menge Salmiak in Wasser auf, und 
wollte ihn mit sehr verdünntem kaustischen Ammoniak, von mir 
bekanntem eigenthümlichen Gewichte , sättigen. Als ich indess 
zu der Salmiakauflösung ein wenig Lackmustinetur zusetzte, 
wurde diese nur sehr schwach geröthet, und ein einziger Tropfen 
schwaches Ammoniak war mehr als hinreichend, die blaue Farbe 
wieder herzustellen. Der Salmiak ist und bleibt also ein neu- 
trales Salz. Das Höthen des Lackmuspapiers rührt wahrschein- 
lich von einer Zersetzung her, bei der das Ammoniak verdunstet, 
und der das Lackmus färbende Stoff seine ursprüngliche Röthe 
wieder [450] bekommt, die durch Zusatz von Kalk oder Asche 
bei der Lackmusbereitung ins Blaue übergegangen war. — Jeder 
Versuch, ein salzsaures Ammoniaksalz mit Ueberschuss an Basis 
hervorzubringen, misslang mir ebenfalls gänzlich, so dass das 
Ammoniak mit den andern Alkalien auch in der Rücksicht über- 
einstimmt, dass es sich mit der Salzsäure nur in einem einzigen 
Verhältnisse verbinden lässt. 

Nachdem ich die Reihe meiner Versuche mit dem Ammoniak 
schon geschlossen hatte, erhielt ich (im Mai 1809] von Hrn. 



74 Jacob Berzelius. 

Prof. H. Davy seine Abhandlung zugeschickt, in welcher er von 
der Zerlegung der Ammoniakbasis durch Kalibasis handelt. Er 
hatte 350 Th. Kalium durch 205 Th. trocknes Ammoniakgas 
verbrannt. Diese 350 Th. nehmen 73 Th. Sauerstoff auf, zu 
Folge meiner oben angeführten Analyse. Das Ammoniak hatte 
also 38 1 Procent Sauerstoff enthalten; eine Zahl, welche jedoch 
nichts weniger als zuverlässig ist. Denn Davy nahm bei diesen 
Versuchen eine Entwickelung von Wasserstoflfgas wahr, die der- 
jenigen sehr nahe kam, welche durch Oxydirung des Kalium in 
reinem Wasser bewirkt wurde ; und das Product der Verbren- 
nung des Kalium in Ammoniakgas war, ausser Wasserstoflfgas 
und Kali, auch eine Verbindung der Basen des Ammoniaks und 
des Kali in fester Gestalt. Wie ist aber diese Entwickelung von 
Wasserstoffgas zu erklären? War sie eine Wirkung der Zer- 
legung des Ammoniaks, so dass sich Stickstoflf mit einer geringern 
Menge [451] Wasserstoff in der Kalibasis condensirte? Allein 
Davy erhielt aus der erhitzten Masse die beiden Stoflfe in dem 
nämlichen Verhältnisse, welches sie im Ammoniak haben. Davy 
zog aus seinen Versuchen die Folgerung, der Stickstoflf sei in 
Wasserst oflf und Sauerstoflf zerlegt worden, und ich vermag nicht 
einzusehen, wie die sonst ziemlich genauen Analysen des Am- 
moniakgas mit diesem Sauerstoflfgehalte auf andere Weise be- 
stehen können. ^^) 

XVIII. Kalkerde. 

Ich habe bei der Beschreibung meiner frühern zerlegenden 
Versuche mit den Alkalien [Abmalen ^ 1810. St. 11) gezeigt, 
dass bei diesen Zerlegungen die Quantität der Wirkung durchaus 
auf der Quantität der entladenen Elektricität beruht, und die 
zweckmässigste Anordnung der Geräthschaften angegeben. Bei 
der Zersetzung der alkalischen Erden findet ein ganz anderes 
Verhalten statt. Die Auflösungen in Wasser können nie so con- 
centrirt sein, als die der Alkalien; die Menge der Erden, welche 
jeden Augenblick innerhalb des Wirkungskreises der Batterie 
gelangt, ist daher gegen die Menge des Wassers nur sehr gering, 
und der grösste Theil der Kraft der Batterie ist daher auf letz- 
teres gerichtet. Statt dass man also bei der Analyse des Kali 
oder des Natron genöthigt ist, um die Intensität der Entladung 
zu vermindern, die Oberfläche des Quecksilbers zu vergrössern, 
muss man bei den Erden sie im Gegentheile [452] einschränken, 
um die Intensität der Wirkung zu vermehren, da nur so viel von 



Bestimmte Verhältnisse. 75 

derselben, als bei der Zerlegung des Wassers übrig bleibt, auf die 
Mischung der Erden einzuwirken vermag. Aus diesem Grunde 
vermehrt ein sehr geringer Zusatz von Salzsäure die Zerlegung 
derselben, indess bei reichlicherem Hinzumischen von Säure die 
Batterie ihre Kraft unnützer Weise auf das Zerlegen des Salzes 
in Erde und Säure verzehren und die Mischung der Erde unver- 
ändert lassen würde. Man übersieht hieraus auch, warum die 
eigentlichen Erden sich durch die elektrische Säule durchaus 
nicht wollen zerlegen lassen. Sobald sich das erste kräftige Ein- 
wirken der Batterie vermindert, wirkt sie nur sehr wenig auf die 
Erden und zersetzt nur das Wasser. 

Die Zerlegung der Kalkerde bewirkte ich in einem kleinen 
gläsernen Schälchen, in das ich Quecksilber und darüber einen 
dünnen Brei aus frisch gelöschtem Kalk goss. Ein Eisendraht 
verband das Quecksilber mit dem — Pole der Säule, und von 
dem -f-Pole derselben wurde ein Platindraht in die Kalkmasse 
hinein geleitet. War die Masse zu dick, so hob das sich bildende 
Gas sie in die Höhe, und sie hörte auf, den Leiter zu berühren. 

Das Amalgam der Kalkbasis ist, seinem äussern Ansehen 
nach, von dem reinen Quecksilber nicht verschieden; allein es 
fliesst nur mit Mühe, und ist zähe wie ein Platin- Amalgam. An 
der [453] Luft schwärzt es sich augenblicklich und wird mit 
einer dicken Kruste überzogen. Ist es gesättigt, so erstarrt das 
Ganze nach einiger Zeit zu einer schwarzen und lockern Masse, 
aus welcher sich einige Quecksilberperlen herausdrücken lassen ; 
was übrig bleibt, ist eine Verbindung von Quecksilberoxydul mit 
Kalkerde, hat Aehnlichkeit mit der braunen Kruste, die sich auf 
dem, was nach der Destillation des Kalium- Amalgams rück- 
ständig bleibt, bildet, und die Kalkerde löst sich daraus in 
Wasser, ohne irgend eine Spur von fernerer Oxydirung, auf, 
wobei das Oxydul übrig bleibt. Dass sich in diesen Versuchen 
das Quecksilber zugleich mit der Kalk- und der Kalibasis oxy- 
dirt, ist unerwartet, und wird offenbar dadurch veranlasst, dass 
die neugebildete oxydirte Basis eines Körpers bedarf, mit dem 
sie sich verbinden kann , und dieser ist , da es hier an Wasser 
fehlt, das Quecksilberoxydul, welches sich dagegen nicht bildet, 
wenn die Basis in Wasser oxydirt wird. 

Destillirt man das Kalkbasis- Amalgam in einem kleinen, mit 
Wasserstoffgas angefüllten Apparate, so bleibt nach dunklem 
Glühen ein silberglänzendes Metall zurück, welches nach dem 
Erkalten sehr spröde ist, und viel Quecksilber enthält. Dieses 
Metall schwärzt sich nicht an der Luft, sondern überzieht sich 



76 Jacob Berzelius. 

mit einer weissen Kruste von ätzendem Kalk, die zuletzt in ihrem 
Mittelpunkte eine Quecksilberperle übrig behält. Wirft man da» 
Amalgam in Wasser, so entsteht Kalkerde, [454] unter Ent- 
wickelung eines geruchlosen Wasserstoffgas. Tröpfelt man Salz- 
säure oder Salmiak in das Wasser, so vermehrt sich die Gasent- 
wickelung und das Wasserstoffgas nimmt einen starken unange- 
nehmen Geruch an, wie wenn Eisen oder Zink in Salzsäure auf- 
gelöst werden. Ich habe beim Wasserstoffgas keinen Geruch 
bemerkt, auch wenn es sich mit grösster Heftigkeit aus dem 
destillirten Kalkbasis-Amalgam entwickelte ; die Säure muss also 
bei der Entstehung des Geruchs mitwirken; wie aber? Anzu- 
nehmen, dass die Kalkbasis sich im Wasserstoffgas auflöse, 
scheint zur Erklärung nicht hinlänglich, denn es müsste der 
Geruch dann, ohne Zuthun der Säure, merklicher sein. — Hat 
sich das Wasser mit der Kalkerde gesättigt, so wird die Gas- 
entwickelung beinahe ganz unterbrochen, bis anderes Wasser 
hinzukommt. 

Die Versuche zur Bestimmung des Sauerstoffgehalts des Kalks 
sind noch unzuverlässiger, als die, welche ich bei den feuerbe- 
ständigen Alkalien angeführt habe, und zwar aus demselben 
Grunde, weil ich immer nur von der Basis sehr geringe Mengen 
zu behandeln hatte. 

1) Ein Amalgam von Kalkbasis, welches 58,2 g wog, verlor 
im Wasser 0,06 g an Gewicht. Die Auflösung wurde durch 
kohlensaures Ammoniak niedergeschlagen ; der Niederschlag be- 
stand aus 0.145 g kohlensaurer Kalkerde. Also sind in 100 Th. 
kohlensaurem Kalke 56,4 Th. Kalkerde enthalten; jenen 0,145g 
entsprechen daher 0,0818 Th. reiner Kalk, und dieser [4ö5] be- 
steht, diesem Versuche zu Folge, aus 73-^ Proc. Basis und 
2ö|^ Proc. Sauerstoff. 

2) Ein Amalgam von 53,535 g trat dem Wasser 0,037 g 
Basis ab, und aus diesem Wasser erhielt ich mit kohlensaurem 
Ammoniak 0,09 kohlensaure Kalkerde. Dieses giebt für die 
Kalkerde 73 Th. Basis und 27 Th. Sauerstoff. 

3) Ein Amalgam von 56,65 g (zur Vertreibung aller mög- 
lichen Feuchtigkeit war es in einem luftdichten Gefösse erhitzt 
und dann eilig durch einen Haarröhrentrichter durchgeseiht 
worden) überliess an das Wasser 0,0435 Kalkbasis. Das Kalk- 
wasser wurde durch Schwefelsäure gesättigt, und in einem ge- 
wogenen goldenen Tiegel zum Trockenen abgedunstet und ge- 
glüht. Es gab 0,148 g Gyps, worin 0,0622 g Kieselerde ent- 



Bestimmte Verhältnisse. 77 

halten sind. Nach diesem Versuche besteht die Kalkerde auä 
70 Th. Basis und 30 Th. Sauerstoff. 

Berechnungen, nach dem nämlichen Princip wie für die Zu- 
sammeii^etzung der Alkalien geführt, geben für die Mischung der 
Kalkerde ein Resultat, das sich von dem Resultate dieser Ver- 
suche ebenfalls nur unbedeutend entfernt. Wir haben gesehen*), 
dass wasserfreier Gyps zusammengesetzt ist aus ungefähr 5S Th. 
Schwefelsäure und 42 Th. Kalkerde, oder dass lOü Th. Schwe- 
felsäure 72,41 Th. Kalkerde sättigen. Enthalten diese nun an 
Sauerstoff 20,29 Th., so geben sie für 100 Th. Kalkerde 28 Th. 
Sauerstoff. 

[456] Um für die Kalkerde die Berechnung auch nach dem 
salzsauren Salze zu führen, analysirte ich den salzsauren Kalk, 

a) 10 g kohlensaurer Kalk wurden in einem gewogenen 
gläsernen Kolben in Salzsäure aufgelöst, abgedunstet und auch 
im Kolben geglüht bis zum Schmelzen. Das geschmolzene Salz 
wog 10,96 g. In 1 g kohlensaurem Kalke sind 5,64 g Kalk 
enthalten; also müssen 100 Th. geschmolzener salzsaurer Kalk 
aus 48,54 Th. Säure und 51,46 Th. Kalkerde zusammenge- 
setzt sein. 

b) 3,01 g in einem Platintiegel geschmolzener salzsaurer 
Kalk wurden in Wasser aufgelöst. Die Auflösung war nicht 
völlig klar, wurde es aber durch einen einzigen kleinen Tropfen 
sehr schwacher Salpetersäure. Der Niederschlag durch salpeter- 
saures Silber bestand aus 7,75 g geschmolzenem Hornsilber. 
Diesen entsprechen 1,448 g Salzsäure; und demnach besteht der 
salzsaure Kalk aus 48,1 Th. Salzsäure und 51,9 Th. Kalkerde. 

Dieses stimmt mit dem Vorigen ziemlich überein ; denn aus 
den bei der Analyse des Salmiaks angeführten Versuchen weiss 
man, mit welcher Kraft der salzsaure Kalk das Wasser an sich 
hält, und darin möchte die Ursache des im vorigen Versuche ge- 
fundenen grösseren Gehalts an Salzsäure liegen. Ich sehe also 
den Präcipitationsversuch für den zuverlässigsten an, und diesem 
nach besteht der salzsaure Kalk aus 

Salzsäure 48,1 100,0 

Kalkerde 51,9 107,9 

100,0 207,9 

Prüft man dies Resultat durch die Berechnung, nach der 



'*) Annal. im vor. Stücke, III. A) Schwefelsäure. [S. 11 dieser 
Ausgabe.] 



7S Jacob BeTzelios. 

Menge Baryt nnd Ealkerde, wodurch tOO Th. Schwefelsäure, 
und der Menge Baryt, wodurch 100 Th. Salzsäure gesättigt 
werden, so verhält sich [457] 194 :72,41 =2S8,6 : 107,72. Hier 
ist also die Berechnung mit der Analyse in ziemlich genauer 
Uebereinstimmung. 

Wenn nun in diesen 107,9 Th. Kalkerde 30,49 Th. Sauer- 
stoff enthalten sind, so enthält die Ealkerde 28,267 Procent 
Sauerstoff. Dieses alles richtig angenommen^ giebt also für die 
Kdlkerde 

Basis 71,733 100,00 

Sauerstoff 28,267 39,40 

100,000 139,40 



XIX. Baryt. Salzsäure. 

Da die vorstehenden Versuche mit den Resultaten der Be- 
rechnung ziemlich gut übereinstimmen, so glaube ich annehmen 
zu dürfen, dass hinfort blosse Berechnungen hinreichend sind, 
wenn sie sich nur auf das Resultat richtiger Versuche stützen. 
So z. B. bei dem Baryt, dessen Mischung sich ziemlich leicht 
berechnen lässt. Denn wenn 100 Th. Schwefelsäure in 194 Th. 
Baryt 20,29 Th. Sauerstoff voraussetzen, so besteht der Baryt 
aus 10,46 Th. Sauerstoff und 89,54 Th. Basis; oder wenn 100 
Th. Salzsäure in 288,4 Th. Baryt 30,49 Th. Sauerstoff voraus- 
setzen, so muss der Baryt aus 10,575 Th. Sauerstoff und 89,435 
Th. Basis bestehen. Die Verschiedenheit dieser beiden Resultate 
zeigt, dass die Analysen noch nicht zu der gehörigen Vollkom- 
menheit gelaugt sind; doch lässt es sich hoffen, dass künftig auch 
diese leichter zu erreichen sein wird. Bei der Menge analytischer 
Versuche, deren ich mich, um einige zusammenhängende [458] 
Resultate zu gewinnen , habe bedienen müssen, wird sich nie- 
mand wundern, wenn es mir nicht gelungen sein sollte, die rechte 
Ziffer überall gleich genau anzugeben. 

Sollten nicht die gegebenen Verhältnisse, die wir im Vorher- 
gehenden ganze Reihen von Zusammensetzungen haben bestim- 
men sehen, zwischen den nämlichen Körpern immer anzutreffen 
sein, auch in vielfach zusammengesetzten Mischungen und in 
Materien von verschiedener Natur? Ich vermuthe, diese Frage 
werde nach mehrmals wiederholten Versuchen bejaht werden, 
obschon partielle Ausnahmen stattfinden, wie wir bei der Analyse 
sowohl des basischen als des neutralen schwefelsauren Eisen- 



Bestimmte Verhältnisse. 79 

oxyds schon gesehen haben, wo die ursprünglichen Verbindungs- 
verhältnisse des Schwefels nnd des Eisens durch die des Sauer- 
stoffs und des Eisens eine Veränderung erlitten, deren Ursache 
ich daselbst anzugeben bemüht gewesen bin. Es ist überdies 
mehr als wahrscheinlich, dass, wenn z. B. 100 Th. Salzsäure in 
den durch sie gebildeten Salzen stets eine Menge von Sauerstoff 
von 30,75 Th. bestimmen, sie dieses auch in allen andern Ver- 
bindungen thun, in welchen die Salzsäure in bestimmter Menge 
eingeht; so dass 100 Th. Salzsäure einerlei Mengen Sauerstoff 
aufnehmen im oxygenirt-salzsauren Gas, in dem mit getrock- 
netem salzsauren Gas chemisch verbundenen Wasser, in dem 
Alkohol, mit welchem sie Aether bildet, in allen animalischen 
Stoffen, [459] mit denen sie eigenthümliche bestimmte Mischun- 
gen darstellen kann , u. s. f. Was das oxygenirt-salzsaure Gas 
betrifft, so weiss man schon lange, dass es mit Metallen bei einer 
niedrigen Temperatur völlig zu einem Salze condensirt wird, in 
welchem das Metall im Minimum oxydirt ist ; so wie es auch nun 
aus Davy^& trefflichen Versuchen bekannt ist, dass das am besten 
getrocknete salzsaure Gas eine bestimmte Menge Wasser enthält, 
welches, wenn das salzsaure Gas mit Ealibasis ^^] behandelt wird, 
so viel Kali erzeugt, dass dadurch die Salzsäure gesättigt wird. 
Wir nehmen also mit gutem Grunde an, dass in der oxygenirten 
Salzsäure, gerade wie in den Salzen, neben 100 Th. Salzsäure 
30,75 Th. Sauerstoff zugegen sind, und demnach besteht das 
oxygenirtsalzsaure Gas aus ^^) 

Salzsäure 76,63 100,00 

Sauerstoff 23,37 30,49 

100,00 130,49 

Und wenn Wasser nach der Mittelzahl 12 Procent Wasser- 
stoff enthält, so nehmen 100 Th. trockene Salzsäure 34,54 Th. 
Wasser auf, oder 100 Th. salzsaures Gas enthalten Wasser zu 
etwas mehr als \, 



XX. Verbindungen des Wasserstoffs mit Sauerstoff 

und Schwefel. 

Da Biot und Arago durch Wägung des Sauerstoffgas und des 
Wasserstoffgas die Mischung [460] des Wassers zu 11,7 Wasser- 
stoff und 83,3 Sauerstoff festgesetzt haben, schien es mir nöthig, 
diese von den bisher angenommenen Zahlen abweichende An- 



so Jacob Berzelius. 

gäbe durch Versuche 2u prüfen. Reichen gleich die Versuche, 
}liß }()h bisher habe anstellen können, nicht so ganz hierzu aus, 
wie ich anfangs hoffte, so werde ich sie doch anführen, da das 
Jle^ültat derselben sich in der Hauptsache doch iiur wenig von 
dem wahren Verhältnisse entfernen kann. 

Ich bediente mich zu denselben destillirten Zinks, den ich in 
Schwefelsäure oder in Salzsäure auflöste, wobei ich das Wasser- 
stoffgas durch eine mit salzsaurer Kalkerde angefüllte Röhre 
leitete, und den Gewichtsverlust des Apparates bemerkte. Es 
ist mir indess nicht gelungen, den destillirten Zink von Schwefel 
und von Blei völlig befreit zu erhalten; und auch der Gewichts- 
verlust war in mehreren Versuchen nicht ganz tibereinstimmend. 

a) 10 g destillirter Zink wurden in Salpetersäure aufgelöst, 
und in einem gewogienen Platintiegel abgedampft und geglüht; 
der Rückstand bestand aus 12,44 g gtaulichem Zinkoxyd. 

b) 1 g desselben Zinks, in einem gewogenen gläsernen Kol- 
ben in Salpetersäure aufgelöst, zum Trockenen abgedunstet und 
geglüht, gaben 12,44 g Zinkoxyd. Das Zinkoxyd also, wenn 
man auf die geringe Unreinigkeit des hier gebrauchten Zinks 
keine Rücksicht nimmt, besteht aus 

[4Ö1] Zink 80,39 100 

Sauerstoff 19,61 24,4 

100,00 124,4 

c) 20 g vom nämlichen Zinke wurden in Schwefelsäure auf- 
gelöst; der Apparat verlor 0,65 an Gewicht. 

d) Beim Wiederholen dieses Versuchs verlor der Apparat 
0,62 g. 

e) Und als ich ihn mit verdünnter Salzsäure wiederholte, 
0,68 g. 

Dem Versuche c) zu Folge entsprechen einander 48,8 Th. 
Sauerstoff und 6,5 Th. Wasserstoff, und das Wasser besteht aus 
11,754 Th. Wasserstoff, nebst 88,246 Th. Sauerstoff. Beim 
Versuche e) hingegen, nach welchem 48,8 Sauerstoff mit 6,8 
Wasserstoff verbunden waren, erhalten wir die Mischung des- 
selben aus 12,23 Th. Wasserstoff und 88,77 Th. Sauerstoff be- 
stehend. Da der erstere dieser Versuche mit Biof^ und Arago^% 
Wägungsversuch am besten tibereinstimmt, so werde ich den- 
selben hier für den zuverlässigsten ausehen. Das Wasser ist 
also nicht, wie man allgemein angenommen hatte, aus 15 Th. 
Wasserstoff und 85 Th. Sauerstoff zusammengesetzt, sondern 
besteht aus^^) 



Bestimmte Verhältnisse. 8 1 

Wasserstoff 1,754 100,00 13,32 

Sauerstoff 88,246 750,77 100,00 

100,000 850,77 113,32 

Ich hatte in dem Schwefelwasserstoffgas den Schwefel- 
gehalt hei Gelegenheit einer Analyse [462] dieses Gas, durch 
Berechnung nach weniger sichern Datis, zu 94,2 gegen 5,8 Th. 
Wasserstoff gefunden; nach den in dieser Abhandlung aufge- 
stellten Verhältnissen berichtigt, gab die Berechnung 93,06 Tb. 
Schwefel gegen 6,94 Th. Wasserstoff. Um dieses Resultat zu 
prüfen , löste ich 5 g Schwefeleisen im Minimum (welches ich 
durch Glühen künstlichen Schwefeleisens im Maximum in einer 
gläsernen Retorte erhalten hatte) in Salzsäure auf, und leitete 
das entweichende Gas durch kaustisches Kali. Das Gas wurde 
völlig eingesogen, ohne die kleinste Menge Wasserstoffgas übrig 
zu lassen. Als die Auflösung filtrirt war, fand ich 0,28 g Schwe- 
fel rückständig. 

Fünf andere Gramm des nämlichen Schwefeleisens wur- 
den in rothes Eisenoxyd verwandelt und gaben davon 4,3 g, 
welchen 2,98 g Eisen entsprechen. Dieses Schwefeleisen ent- 
hielt also 2,02 g Schwefel, von denen 1,74 g zur Bildung des 
Schwefelwasserstoffgas verwendet worden waren. Also ent- 
sprechen 100 Theilen des aufgelösten Eisens (wenn anders der 
überschüssige unaufgelöste Schwefel als rein und von Wasserstoff 
und Wasser frei, nach einer Trocknung , bei welcher man jede 
Verflüchtigung desselben vermieden hatte, anzusehen wäre) 
58,4 Th. Schwefel, d. h., mit Ausnahme eines geringen Bruchs, 
die nämliche Menge, welche 100 Th. Eisen im Minimum voraus- 
setzen. Dieser Versuch beweist also, [463] dass die Mengen 
Schwefel und Sauerstoff, welche jede 100 Th. Eisen sättigen, 
sich zu einander ebenso verhalten, wie die Mengen Schwefel und 
Sauerstoff, welche jede 100 Th. Wasserstoff sättigen. Nehmen 
nun aber 100 Th. Eisen 29,5 Th. Sauerstoff auf, und bestätigt 
es sich, dass im Wasser 11,754 Th. Wasserstoff und 88,246 Th. 
Sauerstoff enthalten sind, so setzen jene 29,5 Th. Sauerstoff 
voraus, dass durch 100 Th. Eisen 3,929 Th. Wasserstoff ent- 
bunden werden, die das mit dem Eisen im Minimum verbundene 
Quantum Schwefel aufnehmen, welches nach den zuvor ange- 
führten Versuchen 58,75 bis 59 Th. auf 100 Th. ausmacht. 
Nun aber sind 3,929: 59 = 100: 1501,54. Also müssen lOOTh. 
Wasserstoff 1 501,54 Th. Schwefel aufnehmen, welches das Dop- 
pelte der Menge des Sauerstoffs ist, die wir für 100 Th. Wasser- 

Ostwald's Klassiker. 35. 6 



82 Jacob Berzelius. 

Stoff voraussetzen. Hiernach bestände das Schwefelwasser- 
stoff gas aus 6,244 Th. Wasserstoff und 93,756 Th. Schwefel. 

Diese durch Rechnung bestimmbaren Verhältnisse müssen 
sich auf jede Weise umkehren lassen, wenn sie von irgend einem 
Werthe sein sollen. Die Menge der Analysen ist noch zu gering, 
und sie müssen nach mehreren Seiten gerichtet werden, um hin- 
längliche Gelegenheit für genauere Prüfung darzubieten. Doch 
will ich aus den in dieser Abhandlung aufgestellten Analysen 
ein Beispiel anführen. 

[464] Eisen und Wasserstoff, wenn jedes derselben 100 
Schwefel sättigen, müssen sich zu einander verhalten wie Eisen 
und Wasserstoff, wenn sie jedes 100 Th. Sauerstoff sättigen. — 
Nach den Bestimmungen, die ich weiter oben gegeben habe, 
werden 100 Th. Schwefel durch 170,2 Th. Eisen gesättigt, und 
durch 6,66 Th. Wasserstoff; und 100 Th. Sauerstoff, die mit 
Eisen \m Maximum gesättigt sind (Eisenoxydul), nehmen 339 Th. 
Eisen auf. Nun sind 170,2 : 6,66 = 339 : 13,265. Hiernach 
würden also 100 Th. Sauerstoff 13,265 Th. Wasserstoff auf- 
nehmen. Nach dem Resultate des oben erzählten Versuchs 
(11,754 Wasserstoff gegen 88,246 Sauerstoff) werden 100 Th. 
Sauerstoff durch 13,32 Th. Wasserstoff gesättigt. 

Diese Rechnungen können indess auch dann übereinstimmen, 
wenn das Zahlverhältniss der Zusammensetzungen nicht richtig 
angegeben wäre; wenn nämlich die Fehler einen für mehrere 
Analysen gemeinsamen Ursprung hätten. Ich will daher diese 
Berechnung der Mischungen des Wassers und des Wasserstoffgas 
zwar als Beweis für die Wahrheit der von mir aufgestellten Na- 
turgesetze anführen, doch ohne deswegen die Unfehlbarkeit 
dieser Angaben (selbst bis auf ein ganzes Procent oder vielleicht 
mehr) zu behaupten. 

Es wird künftig interessant sein , zu bemerken , in wiefern 
die Ideen des verdienstvollen Davy über die Zusammensetzung 
des Stickstoffs, und [46ö] die vielen Oxydationsgrade der reinen 
Basis desselben, mit diesen Naturgesetzen übereinstimmen 
werden. 

XXI. Spätere Zugabe, die organischen Körper be- 
treffend. 

Aus der Handschrift des Verfassers. 

Ich habe in dieser Abhandlung die Vermuthung geäussert, 
gewisse Körper möchten wohl niedrigerer Oxydationsgrade fähig 



Bestimmte Verhältnisse. 83 

sein, als die, welche wir bisher für Verbindungen mit Sauerstoff im 
Minimum angesehen haben, z.B. Schwefel und Eisen. Was beson- 
ders letztere betrifft, habe ich oben S. 323*) die Vermuthung ge- 
äussert, das Eisen möge sich wohl in den organisirten Körpern in 
einem solchen geringern Oxydationsgrade finden. Die Producte 
der organischen Natur wollen sich, dem ersten Anschein nach, 
nicht in die Gesetze fügen , auf die ich in der Zusammensetzung 
der unorganisirten Körper geführt worden bin : es war daher meine 
Absicht, in einer folgenden Abhandlung die Revision der organi- 
schen Stoffe vorzunehmen, und dabei mit den einfachsten, d. h. 
mit Oelen und vegetabilischen Säuren, den Anfang zu machen. Je 
mehr ich mich aber mit diesen Versuchen beschäftigt habe, desto 
mehr bin ich [466] überzeugt worden, dass die Data aus der 
Chemie für unorganische Körper noch nicht zahlreich und, mit 
sehr wenigen Ausnahmen, noch nicht genau genug sind. Ich 
werde daher in dem Folgenden nur zeigen, wie man durch Unter- 
suchungen der unorganischen Natur allmählich zu den Resultaten 
gelangen kann, die bei der organisirten zu erwarten sind. 

Wir wollen von dem, weiter oben vermutheten, geringeren 
Oxydationsgrade des Schwefels ausgehen, und ihn durch Be- 
rechnung, vermöge der Analyse des Schwefelwasserstoffs, nach 
Analogie der Verbindungen des Kohlenstoffs mit Sauerstoff und 
mit Wasserstoff zu bestimmen suchen, wobei wir also zuerst 
diese näher betrachten müssen. 

l) Kohlenstoff und Sauerstoff. Es wiegen 100 Cub. Zoll 
kohlensaures Gas, nach^Z/ew's und Pa^y«^ Angabe, 47,26 Gran, 
und 100 Cub. Z. Sauerstoffgas wiegen 33,82 Gran, und nehmen 
genau denselben Kaum ein, wie 47,26 Gran kohlensaures Gas. 
Diese sind also aus 33,82 Th. Sauerstoff und 13,44 Th. Kohlen- 
stoff zusammengesetzt. — 100 Th. Kohlensäure bestehen, nach 
Allen' ^ und Pepys* directen Versuchen, aus 28,48 Th. Kohlen- 
stoff (Graphit) und, zu Folge der Wägung, aus 

Kohlenstoff 28,437 100,000 

Sauerstoff 71,563 251,636 

100,000 351,636 

100 Cub. Z. gasförmiges Kohlenstoffoxyd condensiren, nach 
Gay^Lussac-^ Versuchen, 50 Cub. Z. Sauerstoffgas, und geben 
100 Cub. Z. kohlensaures Gas. Verwandelt man dieses in Ge- 
wicht, so hat man in [467] dem gasförmigen Kohlenstoffoxyde 



*) (S. 47 dieser Ausgabe). 

6* 



84 Jacob Berzelius. 

eine Verbindung aus Kohle mit halb so viel Sauerstoff, wie im 
kohlensauren Gas, und es besteht aus 

Kohlenstoff 44,283 100.010 

Sauerstoff 55,717 125,818 

100,000 225,818 

2) Kohlenstoff und Wasserstoff. Thomson giebt in seiner 
Analyse des verbrennlichen Gas, welches sich während der De- 
stillation von Torf bildet*), an, dass 100 Cub. Z. Kohlenwas- 
serstoffgas mit 200 Cub. Z. Sauerstoffgas völlig detoniren und 
100 Cub. Z. Kohlensäure geben. Sie enthalten also 13,44 g 
Kohlenstoff und so viel Wasserstoff, als wodurch 33,82 g (= 100 
Cub. Z.) Sauerstoff gesättigt werden, welches, zu Folge der Ver- 
suche nach XIX., 4,505 g Wasserstoff ist. Hieraus erhält man 
für 100 Th. Kohlenwasserstoff 

Kohlenstoff 74,896 298,335 

Wasserstoff 25,104 100,000 

roo7ol)Ö~ 398,335 

An der nämlichen Stelle sagt Thomson^ dass 100 Cub. Z. 
Ölbildendes Gas zu ihrer Verbrennung 300 Cub. Z. Sauerstoffgas 
erfordern und 200 Cub. Z. kohlensaures Gas geben. 100 Th. 
Wasserstoff sind also hier mit der doppelten Menge Kohlenstoff 
verbunden, und dieses Gas ist zusammengesetzt aus 

Kohlenstoff 100,0000 596,67 

Wasserstoff 16,7597 100,00 



696,67 



Es nehmen also 100 Th. Kohlenstoff im Minimum 16,76 Th. 
Wasserstoff und 125,818 Th. Sauerstoff auf. Nun aber lehrt die 
Analyse des Schwefelwasserstoffs, dass 100 Th. Schwefel sich 
mit 6,66 Th. Wasserstoff verbinden, und es [4681 verhält sich 
16,7597 : 125,818 = 6,66 : 49,997. Diesem zu Folge müsste 
also der Schwefel in seinem niedrigsten Oxydationsgrade gerade 
50 Th. Sauerstoff gegen 100 Th. Schwefel enthalten. Und dieses 
ist genau die Hälfte von der Menge Sauerstoff, welche, meinen 
neuesten Untersuchungen zu Folge, mit 100 Th. Schwefel die 
schweflige Säure bildet**). Ein solches Schwefeloxyd kennen 

*j Gilberts Annalen, N, F.B.4. S. 407. 
**) Um sogenannte Normalanalysen zur Grundlage für die Be- 



Bestimmte Verhältnisse. 85 

wir nicht, es sei denn in der von Thomson entdeckten schwefel- 
haltigen Salzsäure vorhanden^^). Ich habe die Versuche sorgfältig 
erwogen, welche Thomson, Berthollet und Bucholz mit diesem 
Körper angestellt haben, und sie scheinen mir übereinstimmend 
weder oxygenirte Salzsäure, noch schweflige Säure in ihm zu 
erkennen zu geben. Es lässt sich also nur annehmen, aller 
Schwefel sei mit dem Sauerstoffe vereinigt, dieser neue Körper 
sei also nichts anders als eine Verbindung der Salzsäure mit 
Schwefeloxyd. Vermengt man ihn mit Wasser, so folgt die Salz- 
säure einer nähern Verwandtschaft, und das abgesonderte 
Schwefeloxyd [469] erleidet eine Zerlegung in Schwefel und 
schweflige Säure, der Zerlegung des Kupferoxyduls ähnlich, 
wenn man es mit verschiedenen Säuren behandelt. 

Berthollet der jüngere verband mit 30 g Schwefel so viel 
oxygenirt-salzsaures Gas, als sie zu condensiren vermochten, und 
erhielt 91,15 g dieser Verbindung. Es hatten also 100 Th. 
Schwefel 204 Th. oxygenirte Salzsäure aufgenommen, in denen, 
den Berechnungen unter XIX. zu Folge, 47,67 Th. Sauerstoff 
zugegen waren; und dieses ist beinahe die Hälfte des in der 
schwefligen Säure befindlichen Sauerstoffs. 

Bucholz und Gehlen bemühten sich, die schwefelhaltige 
Säure mit Schwefel zu sättigen, und brauchten auf 100 Th. 
Schwefel 111 Th. oxygenirte Salzsäure. Dies ist beinahe halb 
so viel dieser Säure, als Berthollet mit dem Schwefel verbunden 
hatte, und man sieht also hier eine Verbindung des Schwefels 
mit nur der Hälfte des Sauerstoffs, den der Schwefel in dem 
Berthollef Bchen Versuche aufnahm. Nehmen wir nun an, bei 
diesen Versuchen, bei deren ersten man die grösste mögliche 
Menge Sauerstoff, bei deren zweiten man die grösste Portion 
Schwefel in die Verbindung zu bringen gesucht hatte, sei in 
beiden irgend eine kleine Unrichtigkeit bei der Sättigung oder 
der Wägung vorgefallen, und es hätten so z. B. im Berthollet^- 
sehen Versuche 100 Th. Schwefel in der That 214 Th. oxyge- 
nirte Salzsäure [470] (statt 204 Th.), in dem ÄwcÄofe'schen 
Versuche dagegen 100 Th. Schwefel 107 Th. dieser Säure (statt 



rechnuDgen zu erhalten, habe ich die in gegenwärtiger Abhandlung 
angeführten Versuche verschiedentlich wiederholt, und dabei die 
Schwefelsäure aus beinahe genau 40 Th. Schwefel und 60 Th. Sauer- 
stoff, so wie schweflige Säure aus gleichen Theilen Sauerstoff und 
Schwefel zusammengesetzt gefunden. Ich werde diese Versuche ehe- 
stens, ihrem ganzen Verlaufe nach, bekannt machen. 



86 Jacob Berzelius. 

111 Th.) aufgenommen, so würden wir hier zwei Verbindungen 
haben, von denen die letztere ein salzsaures Schwefeloxydul, 
die erstere ein salzsaures Schwefeloxyd wäre, worin der Schwefel 
mit der doppelten Menge Sauerstoff und Säure als in jenem ver- 
einigt wäre, dem ähnlich, was wir bei den Metallsalzen schon 
gesehen haben. Diese Art von Verbindung gleicht in diesem 
Falle einer völlig gesättigten Vereinigung der arsenigten Säure 
oder des Chromoxyds mit Salzsäure ; sie ist keineswegs neutral, 
wie ein Salz, sie hat aber damit analoge Zusammensetzung. Ist 
diese Ansicht richtig , so ist der niedrigste Oxydationsgrad des 
Schwefels, wie man ihn in Bucholz'% Versuch findet, 100 Th. 
Schwefel gegen 25 Th. Sauerstoff, und die folgenden Oxyda- 
tionsgrade sind Multipla durch 2, 4, 6, mit Uebergehung der 
ungeraden Zahlen 3 und 5. Ich erinnere hierbei ausdrücklich, 
dass ich die Resultate dieses Raisonnements durchaus nur als 
Veranlassung zu weitern Forschungen will angesehen haben, 
und für diese werden solche Mischungsverhältnisse, die niemals 
selbständig und ohne Hinzukunft eines andern Körpers exi- 
stiren, gewiss nicht die am wenigsten wichtigen sein. 

Vielleicht werden nur durch Verbindungen dieser Art 
Multipla nach 1^ veranlasst, so dass diese immer einen niedrigeren 
Oxydationsgrad voraussetzen, [471] von welchem sie Multipla 
nach 6 oder 12 sind. Und dann Hesse sich vielleicht künftig 
beweisen, dass diese Gradationen immer Steigerungen mit gera- 
den Zahlen, mit 2, 4, 6, 8 und vielleicht darüber sind. Nehmen 
wir einen vegetabilischen Körper zum Beispiel, so finden wir in 
demselben Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauerstoff, den letztern 
aber in so geringem Verhältnisse, dass es selten dem niedrigsten 
bekannten Oxydationsgrade eines der beiden andern entspricht ; 
sie müssen also noch geringerer Oxydationsgrade fähig sein. 
Dieses giebt uns z. B. Veranlassung, zu untersuchen, ob etwa 
gasförmiges Kohlenstoffoxyd und Kohlensäure nicht, was den 
Sauerstoff betrifft, nur Multipla des niedrigsten Oxydationsgrades 
nach 2 und 4 sind, so dass, bei diesem untersten Grade, 100 Th. 
Kohlenstoff mit 62,9 Th. Sauerstoff verbunden wären. Eben so 
lässt sich aus den gefundenen Verhältnissen zwischen Kohlen- 
stoff und Wasserstoff erwarten, dass sich 100 Th. Wasserstoff 
im Minimum durch 74,584 Th. Kohlenstoff werden sättigen 
lassen, und die beobachteten Verhältnisse Multipla nach 4 und 8 
sind. Wir vermissen also bei diesen Zusammensetzungen, ausser 
dem niedrigsten Verbindungsgrade , noch die Multipla durch 2 
und 6, die wir in der Mischung organisirter Körper zu suchen 



Bestimmte Verhältnisse. 87 

veranlasst sind. Ich habe mit der elektrischen Säule verschie- 
dentlich versucht, das brennbare Radikal der Gewächssäuren 
von dem Sauerstoffe zu scheiden, es hat aber nie gelingen wollen. 
472] Ich wurde auf diese Versuche gebracht durch die Reduc- 
;ion des Ammoniaks, von dessen Basis ich damals glaubte, sie 
sei aus Wasserstoff und Stickstoff zusammengesetzt, und verhalte 
sich so zu den Metallen, wie sich das zusammengesetzte brenn- 
bare Radikal der Gewächssäuren zu dem Schwefel oder dem 
Phosphor verhalten werde. Vielleicht sind sie alle Verbindungen, 
die für sich nicht existiren können. Vermuthlich ist auch der 
Wasserstoff niedrigerer Oxydationsgrade, als im Wasser, fähig, 
die dann Divisionen mit 8, 6, 4 oder 2 entsprechen müssen. 
Tritt bei der Zerlegung solcher Körper der Fall ein, dass z. B. 
Kohlenstoff und Wasserstoff mit dem Sauerstoffe nach Verhält- 
nissen zusammen sind, welche mit den eigentlich zu erwartenden 
Zahlen nicht übereinstimmen, so versuche man, den Sauerstoff 
unter beide zu vertheilen; und gelangt man auf diese Art zu 
den vermutheten Verhältnissen , so ist es erlaubt, den Körper 
als aus zwei Oxyden zusammengesetzt zu betrachten. Ich erinnere 
hier nur an das Beispiel des basischen schwefelsauren Eisen- 
oxyds, welches bei der regelmässigsten Zusammensetzung auf 
100 Th. Eisen 22 Th. Schwefel hat; eine Zahl, von der die 
Menge Schwefel, welche das Eisen ursprünglich aufnimmt, kein 
Multiplum nach ganzen Zahlen ist. Wir werden aus diesen und 
andern Umständen immer mehr einsehen lernen, wie die Natur, 
bei so grosser Einfachheit, dennoch so erstaunlich mannigfaltig 
sein kann. 



[161] Seitdem wir die Möglichkeit eintreten sehen, die chemi- 
schen Zusammensetzungen der Körper zu berechnen, wird es 
höchst nöthig, dass wir suchen müssen, die Analysen so zu ver- 
vollkommnen, dass sie uns sichere Data für diese Berechnungen 
geben. Hätten wir fürs erste auch nur zwei oder drei solche 
vollkommen richtige Analysen, so würden sie schon ein grosser 
Gewinn für die Wissenschaft sein, da sie uns als Prüfungsmittel 
für ferner anzustellende Versuche dienen könnten. 

Ich habe in meiner Abhandlung über diesen Gegenstand eine 
grosse Menge Analysen beschrieben, deren Genauigkeit vielleicht 
grösser ist, als [162] die der Versuche meiner Vorgänger, aber 



S8 Jacob BerzeliuB. 

doch noch immer nicht die Vollkommenheit erreichte , dass sie 
stets Resultate gäben, welche mit der Rechnung übereinstimmen. 
Um ein weiteres Feld durcheilen zu können, hatte ich mich be- 
gnügt , die Versuche so weit zu führen , dass die Naturgesetze, 
die ich aufzuspüren suchte, daraus auf eine deutliche Art her- 
vorgingen. In der Anwendung dieser Gesetze auf neue Gdgen- 
stände fand ich indess immer mehr, wie nöthig es war, sich 
absolut richtigen Analysen zu nähern, um auf sie die Berechnung 
gründen zu können. Ich entschloss mich daher, einige meiner 
vorigen Analysen auf eine solche Art zu wiederholen, dass ich 
die Resultate davon Normal -Analysen nennen könnte. Die 
mannigfaltigen Umstände aber, welche sich der völligen Genau- 
igkeit einer Analyse widersetzen, sind selten ganz öbersteiglich ; 
ich wage daher noch keinen einzigen dieser meiner neuen sorg- 
fältigen Versuche als eine Normal- Analyse zu betrachten. 

Die Bemerkung , auf welche mich meine Analysen geführt 
hatten, dass in den schwefelsauren und schwefligsauren Salzen 
die Säure stets 2 oder 3 [163] mal so viel Sauerstoff als die Basis 
des Salzes enthält , veranlasste mich, zu untersuchen , ob etwas 
Aehnliches nicht auch bei den übrigen Salzen stattfinde. Die 
Resultate meiner Untersuchung bestätigten dieses , und so hat 
sich mir ein Gesetz ergeben, welches ich, wie die Versuche es 
mit sich bringeu, in dem, was hier folgt, theils durch die Ver- 
suche beweisen, theils als feststehend auf sie anwenden werde. 
Dieses Gesetz ist folgendes : 

In den neutralen Salzen ist die Menge des Sauerstoffs, 
welchen die Säure enthält^ ein Vielfaches der Menge des 
Sauerstoffs in der Basis nach einer ganzen Zahl. Diese Regel 
lässt sich ein wenig allgemeiner und, wie ich glaube, nicht 
minder richtig folgen dermaassen ausdrücken: Wenn zwei 
oxydirte Körper einander sättigen , so enthalten sie stets den 
Sauerstoff nach solchem Verhältnisse , dass die Menge des- 
selben in dem Körper^ welcher in der Kette der electrischen 
Säule zum positiven Pole hingeht^ ein Vielfaches nach einer 
ganzen Zahl von der Sauerstoffmenge in dem andern Körper 
ist, der zum negativen Pole hinstrebt ^^j . 

I. Berichtigung der Analyse des salzsauren Silbers, 
und einiger andern davon abhängenden Analysen. 

Dass meine Bestimmung der Bestandtheile des salzsauren 
Silbers richtiger als die meiner Vorgänger ist, hoffe ich durch 



Bestimmte Verhältnisse. 89 

das bessere Zusammenstimmen [164] aller meiner altern Versuche 
bewiesen zu haben. Da ' sie sich aber auf mehrere Analysen 
gründen , deren völlige Eichtigkeit nicht zu erreichen war, so 
hegte ich noch immer Zweifel. Unter mehreren vergeblichen 
Versuchen, die ich gemacht habe, die Zusammensetzung des 
salzsauren Silberoxyduls noch mit grösserer Genauigkeit zu be- 
stimmen, finde ich nur einen dem Zwecke einigermaassen ent- 
sprechend. Ich bereitete nämlich reines Schwefel -Silber und 
berechnete darnach die Zusammensetzung des Silberoxyduls. 
War diese bekannt, so folgte daraus der Gehalt an Salzsäure 
im salzsauren Silberoxydul, und diese Bestimmung führte dann 
zu einer Menge von Berichtigungen , die ich hier angeben will : 

Silber. 

Schwefel-Silber, a. Es gaben mir 2,605 g geblättertes sehr 
reines Silber, die mit gleichen Theilen reinem Schwefel in einem 
kleinen gewogenen gläsernen Kolben bis zum völligen Durch- 
glühen erhitzt wurden, 2,993 g Schwefel-Silber. Also hatten 
100 Th. Silber 14,894 Th. Schwefel in sich aufgenommen. 

b . 10g sehr reines gefeiltes Silber, auf die nämliche Weise 
behandelt, gaben 11,49 g Schwefel -Silber. Da diese beiden 
Versuche einander so nahe kamen, war eine öftere Wiederholung 
derselben überflüssig. Das Schwefel-Silber besteht also aus 

[165] Schwefel 12,968 14,9 100,00 

Silber 87,032 100,0 671,14 



100,000 114,9 771,14 

Silberoxydul. Aus diesem Mischungsverhältniss des 
Schwefel-Silbers lässt sich die Zusammensetzung des Silberoxy- 
duls nach der des Schwefel-Bleis und des Bleioxyduls berechnen. 
Ersteres enthält auf 100 Th. Blei 15,42 Th. Schwefel (vorig. 
Band S. 326) und letzteres 7,7 Th. Sauerstoff (das. S. 330)*) ; und 
es ist 15,42:7,7 = 14,9:744. Das Silberoxydul besteht 
also aus 

Silber 93,075 100,00 1343,86 

Sauerstoff 6,925 7,44 100,00 



100,000 107,44 1443,86**) 



*) (S. 48 und 50 dieser Ausgabe). 

**) Da dieses auf dem Verhältnisse zwischen dem Schwefelgehalt 
und dem Sauerstoffgehalt des Bleies beruht, so kann es nicht voll- 



90 Jacob Berzelius. 

Salzsaures Silberoxydul, Ich habe in meinen früheren Ver- 
suchen gezeigt (vergl. vorig. Band S. 287) *), dass lOOTh. reines 
Silber 132,7 bis 132,75 Th. salzsaures Silberoxydul geben. 
Nach dem ersten dieser Versuche, auf den ich die folgenden 
Berechnungen gründen werde, nehmen also 107,44 Th. Silber- 
oxydul 25,26 Th. Salzsäure auf. Nach [166] dem letzteren aber 
25,31. Das salzsaure Silheroxydul ist also folgendermaassen 
zusammengesetzt : 

Versuch 1. Versuch 2. 



Salzsäure 19,035 100,00 19,066 100,00 

Silberoxydul 80,965 425,35 80,934 424,49 

100,000 525,35 100,000 524,49 

Nach dem ersten Versuch sättigen 100 Th. Salzsäure eine Menge 
Silberoxydul, welche 29,454 Th. Sauerstoff enthält. Nach dem 
zweiten enthält dieses Silheroxydul aber nur 29,395 Th. Sauer- 
stoff. 

Salzsaures Bleioxydul. 

Salzsaures Bleioxydul, welches mehrmals aufgelöst und kry- 
stallisirt war, wurde scharf getrocknet, und 40 g davon wurden 
in einer kleinen gläsernen Schale glühend geschmolzen. Es 
dampfte ein wenig von dem Salze weg, aber das Ganze hatte 
doch nur 0,05 am Gewicht verloren. Dieses Salz scheint also 
kein chemisch gebundenes Wasser zu enthalten, und die Ursache, 
warum es bei der ersten Einwirkung der Hitze knistert, kann 
nur Feuchtigkeit sein, die mechanisch in den grössern Krystallen 
eingeschlossen ist**). 



kommen sicher sein, weil ich mich auf dieses Verhältniss nicht ganz 
verlassen darf. Aller Wahrscheinlichkeit nach ist der Sauerstoff- 
gehalt hier ein wenig zu gross ausgefallen. Durch andere Berech- 
nungen habe ich zu finden gesucht, wie hoch der geringste Sauerstoff- 
gehalt des Silberoxyduls sein kann, und er fiel alsdann zu 7,3576 gegen 
100 Th. Silber aus. Dieses kann zwar die Bestimmungen der salz- 
sauren Salze , aber nicht die darnach gemachten Bestimmungen der 
Alkalien und Erden etwas ändern. 
*) (S. 24 dieser Ausgabe). 

**) Alles Wasser, welches durch Knistern von den Salzen weggeht, 
kann in ihnen nur mechanisch eingeschlossen sein. Denn erstem be- 
halten diese Salze , wenn man kleinere Krystalle nimmt , z. B. vom 
schwefelsauren Kali, oder vom Kochsalz, ganz ihre Form, ihren Glanz 
und ihre Durchsichtigkeit; und wenn es zweitens Krystallwasser wäre, 
was entweicht, so müsste es in der Oberfläche wegzugehen anfangen, 
da denn das vom Innern Herausgehende hinlänglichen Ausgang durch 



Bestimmte Verhältnisse. 91 

[167] a. Es wurden 10 g sehr fein gepulvertes, geschmolzenes 
salzsaures Bleioxydul in Salpetersäure aufgelöst und mit salpeter- 
saurem Silberoxydul niedergeschlagen. Die aufgehellte Fltlssig- 
keit wurde in einer Glasschale bei gelinder Hitze zur Trockniss 
abgedampft und die trockene Masse in Wasser wiederum auf- 
gelöst. Dadurch erhielt ich noch eine kleine Menge salzsaures 
Silberoxydul, das von der freien Säure zurtlckgehalten war. 
Das gewaschene und geschmolzene salzsaure Silber wog 10,32 g, 
welchen 19,644 Th. Salzsäure entsprechen. 

b. Andere 10 g von dem nämlichen salzsauren Bleioxydul 
wurden in Salpetersäure aufgelöst, und es wurde Schwefelsäure 
in grösserer Menge, als zum Niederschlagen des Bleigehalts 
nöthig war, zugesetzt, und die Auflösung vorsichtig abgedampft. 
. So oft sie erkaltete, schoss, des Ueberschusses an Schwefelsäure 
ungeachtet, salzsaures Bleioxydul daraus an. Die völlig einge- 
trocknete und bis zur Verjagung eines Theils der überschüssigen 
Schwefelsäure erhitzte Salzmasse wurde mit Wasser übergössen, 
und das schwefelsaure Bleioxydul auf ein Filtrum genommen 
und gewaschen. Aus der Flüssigkeit schied kaustisches Ammo- 
niak noch ein wenig schwefelsaures Bleioxydul ab. Das ge- 
sammelte [168] schwefelsaure Bleioxydul, wohl ausgeglüht, wog 
10,92 g. Diese enthalten, der obigen Bestimmung gemäss, 80,387 g 
Bleioxydul*). 

Das salzsaure Bleioxydul besteht nach diesen beiden Ver- 
suchen aus 





Versuch 1. 


Versuch 2. 


Salzsäure 
Bleioxydul 


19,644 100,00 
80,356 409,06 

100,000 509,06 


19,6124 100,00 
80,3876 409,88 

100,0000 509,88 



Diese Resultate zeigen , dass die beiden bei der Berechnung 
zu Grunde gelegten Analysen dem wahren Verhältnisse nahe 
kommen, doch sie noch nicht ganz erreichen. Nach ihnen haben 



die Löcher, nach dem vorher ausgedrängten Wasser, fände. Ich 
könnte noch mehrere Beweise für diese Meinung anführen, glaube 
aber, dass das Gesagte zureichend ist. 

*) Mehrere Versuche, die Salzsäure aus dem salzsauren Blei- 
oxydul, in einem gewogenen Platintiegel, durch concentrirte oder 
verdünnte Schwefelsäure, in der Hitze, zu verjagen, gaben alle, ohne 
Ausnahme, nur eine partielle Zerlegung. 



92 ^ Jacob Berzelius. 

100 Th. Salzsäure soviel Bleioxydul aufgenommen, als 29,3062 
Th. Sauerstoff enthalten; also wiederum eine kleine Abweichung 
von dem Sauerstoffgehalt des Silberoxyds, welche aber im Ver- 
gleich mit den gewöhnlichen analytischen Bestimmungen wenig 
bedeutet. 

Baryt. 

Sahsaurer Baryt. In meinen vorigen Untersuchungen hatte 
ich gefunden [Ann. vorig. Band S. 286)*), dass 10 g kohlensaurer 
Baryt 10,56 g salzsauren Baryt geben, und dass diese mit sal- 
petersaurem Silber 14,55 Th. salzsaures Silberoxydul bilden. 
Der salzsaure Baryt besteht also diesem gemäss aus 

[169] Salzsäure 26,2272 100,000 

Baryterde 73,7728 281,284 

100,0000 381,284 

Kohlensaurer Baryt. Da 10 g kohlensaurer Baryt so viel 
Baryt als 10,56 g salzsaurer enthalten, so hat er folgende Zu- 
sammensetzung : 

Kohlensäure 22,096 100,00 

Baryt 77,904 352,57 

100,000 452,57 

Schwefelsaurer Baryt, Nach den Versuchen von Bucholz 
geben 84 Th. geglühter salzsaurer Baryt 94,5 Th. schwefel- 
sauren Baryt; dieser müsste also aus 34,424 Th. Säure und 
65,576 Th. Baryt bestehen. Dagegen gaben nach meinen Ver- 
suchen 100 Th. kohlensaurer Baryt 118,6 bis 118,9 Th. schwe- 
felsauren Baryt; folglich besteht der schwefelsaure Baryt aus 

Versuch 1. Versuch 2. 



Schwefelsäure 34,314 100,000 34,48 100 
Baryt 65,686 191,427 65,52 190 



100,000 291,427 100,00 290**) 



*) (S. 24 dieser Ausgabe). 

**) Wenn in diesen Bestimmungen ein wesentlicher Fehler sein 
sollte, so ist er zum wenigsten proportional. Denn berechnen wir 
z. B. die Zusammensetzung des salzsauren Bleies nach dem schwefel- 
sauren Baryt, dem schwefelsauren Bleioxydul und dem salzsauren 
Baryt, so geht folgende Analogie hervor : 1 91,427 : 279 = 281,284 : 409,96. 
Der Versuch gab aber 409,88. 



Bestimmte Verhältnisse. 93 

Baryt. Da 281,284 Th. Baryt und 425,35 Th. Silberoxyd, 
beide 100 Th. Salzsäure sättigen, so müssen sie gleich viel 
Sauerstoff enthalten; dieses giebt für den Baryt folgende Zu- 
sammensetzung : 

[170] Baryum 89,529 100,000 

Sauerstoff 10,471 11,696 

100,000 111,696 

Nach dem schwefelsauren Baryt berechnet enthält der Baryt 
10,422 bis 10,5 Sauerstoff. 

Kali. 

Salzsaures Kali, 10 g reines salzsaures Kali in Wasser 
aufgelöst und mit Silber- Salpeter niedergeschlagen, gaben 
19,21 g geschmolzenes salzsaures Silberoxydul, worin 3,65662 g 
Salzsäure sich befinden. Das salzsaure Kali besteht also aus 

Salzsäure 36,566* 100,0000 

Kali 63,434 173,47 66 

100,000 273,4766 

Schwefelsaures Kali. Btichoh fand, dass 300 g schwefel- 
saures Kali 3 Oran Wasser enthielten und mit Barytsalze 400 g 
schwefelsauren Baryt gaben*). Das schwefelsaure Kali besteht 
also aus 

Schwefelsäure 46,214 100,000 

Kali 53,786 116,385 

100,000 216,385 

Kali. Durch directe Versuche über die Zusammensetzung 
des Kali (Ann, vorig. Band, S. 427)**) habe ich gefunden, dass 
0,32 g Kalium 0,608 g salzsaures Kali geben. Diese enthalten 
nun aber, nach der verbesserten Analyse des salzsauren Silbers, 
0,38568 g reines Kali; also hatten 32 Th. Kalium 6,568 Th. 
Sauerstoff aufgenommen. Das [171] Kali besteht daher aus 
82,97 Th. Kalium und 17,03 Th. Sauerstoff. Wenn aber 
173,4766 Th. Kali 29,454 Th. Sauerstoff, nach dem oben An- 
geführten, enthalten, so ist dieses Alkali folgendermaassen zu- 
sammengesetzt : 



*) Scherer's Journal der Chemie, Bd. 10, S. 396 f. 
**) (S. 60 dieser Ausgabe). 



94 Jacob Berzelius. 

Kalium 83,022 100,000 

Sauerstoff 16,978 20,450 

100,000 120,450 

Nach dem schwefelsauren Kali berechnet, besteht das Kali aus 
82,865 Th. Basis und 17,135 Th. Sauerstoff. Diese Versuche 
stimmen also mit einander ziemlich gut überein. 

Natron. 

Salzsaures Natron, 5 g geglühtes salzsaures Natron gaben 
(das. S. 436)*) 12,23 g geschmolzenes salzsaures Silberoxydul, 
welche 2,32798 g Salzsäure enthalten. Das salzsaure Natron 
besteht also aus 

Salzsäure 46,5596 100,000 

Natron 53,4404 114,778 

100,0000 214,778 

Schwefelsaures Natron. 5 g geglühtes schwefelsaures Natron 
gaben 8,2 g schwefelsauren Baryt [das. S. 436)**), welchen 
2,813748 g Schwefelsäure entsprechen. Das schwefelsaure 
Natron besteht also aus 

Schwefelsäure 56,275 100,000 

Natron 43,725 77,699 

100,000 177,699 

[172]iVa^ro;^. Ich habe gefunden (rfaÄ.S.437)***),dass0,439g 
Natronium 1,118 g salzsaures Natron geben. Diese enthalten 
aber 0,59746 reines Natron. 100 Th. Natron bestehen also aus 
73,5 Th. Natronium und 26,5 Th. Sauerstoff. Wenn aber 
114,778 Th. Natron 29,454 Th. Sauerstoff enthalten, so ist das 
Natron folgendermaassen zusammengesetzt : 

Natronium 74,3383 100,00 

Sauerstoff 25,6617 34,52 

100,0000 134,52 

Da, nach dem schwefelsauren Natron gerechnet, 77,699 Th. 
Natron 19,95 Th. Sauerstoff enthalten, $o besteht das Natron 
aus 74,35 Th. Basis und 25,676 Th. Sauerstoff. Diese beiden 
Berechnungen stimmen also überein und zeigen, dass in dem 
directen Versuche vielleicht ein Fehler begangen ist. 



*) (S. 66 dieser Ausgabe). 

**) (S. 65 dieser Ausgabe). 

***) (S. 65 dieser Ausgabe) . 



Bestimmte Verhältnisse. 95 

Kalk. 
Salzsaurer Kalk, 3,01 g geglühter aalzsaurer Kalk gaben 
mir 7,73 g geschmolzenes salzsaures Silberoxydul (das, 8. 456)*). 
Die salzsaure Kalkerde besteht also aus 

Salzsäure 48,883 100,0 

Kalkerde 51,117 104,6 

100,000 204,6 

Kalk muss also folgendermaassen zusammengesetzt sein aus 
Calcium 71,84 100,0 

Sauerstoff 28,16 39,2 

100,00 139,2' 

[173] Ammoniak. 

Salzsaures Ammoniak, Ich glaube meine ältere Analyse 
[das. 8. 444)**) noch einmal wiederholen zu müssen. 10 g stark 
getrocknetes salzsaures Ammoniak gaben mir jetzt 26,72 g ge- 
schmolzenes salzsaures Silberoxydul, welchen 50,86 Th. Salz- 
säure auf 100 Th. Salmiak entsprechen. Wenn diese mit 31,95 g 
kaustischem Ammoniak vereinigt gewesen sind, so besteht das 
salzsaure Ammoniak aus 

Salzsäure 61,0554 100,0000 

Ammoniak 38,9446 62,8195 

100,0000 162,8195 

Ammoniak, Wenn nun aber 62,8 195 Th. Ammoniak 29,454 
Th. Sauerstoff enthalten, so muss das Ammoniak folgender- 
maassen zusammengesetzt sein: 

Ammonium 53,1133 100,0000 

Sauerstoff 46,8867 88,2768 

100,0000 188,2768 

Die Erscheinungen bei dem Zerlegen des Ammoniakgas durch 
Kalium scheinen zu beweisen , dass das Ammoniak keine zu- 
sammengesetzte Basis enthält. In diesem Falle müssen der 
Wasserstoff und der Stickstoff Oxyde des nämlichen Kadikais 
sein; eine Meinung, welche der verdienstvolle Davy zuerst 
geäussert, die man aber zu widerlegen gesucht hat, und gegen 
welche verdiente Chemiker viele indirecte Versuche angeführt 
haben. Ich will mich bei diesem für die Chemie so äusserst 
wichtigen [174] Gegenstande ein wenig verweilen ; zuvor jedoch 
noch eine verwandte Materie berühren. 



*) {S. 77 dieser Ausgabe). 
**) (S. 70 dieser Ausgabe). 



96 Jacob Berzelius. 

II. Schwefel-Wasserstoffjals eine Säure (Hydro- 

thyonsäure). 

Der Schwefel -Wasserstoff ist eine dem Schwefel- Blei und 
dem Schwefel -Eisen im Minimum proportionale Verbindung 
des Wasserstoffs mit Schwefel. Er hat die meisten Charaktere 
einer Säure, und geht mit einigen Basen salzartige Verbindungen 
ein. Es entsteht daher die Frage : Enthält die Hydrothyonsäure 
Sauerstoff? Ich werde weiterhin den wahrscheinlichen Sauer- 
stoffgehalt des Wasserstoffs berühren; dieser beträgt nur 0,005 
vom ganzen Gewichte des Schwefel- Wasserstoffs. Der Schwefel 
müsste also auch ein oxydirter Körper sein ; denn ein Körper, 
der durch den Sauerstoff Eigenschaften einer Säure besitzt, 
müsste wohl mehr als ^ Procent davon enthalten. 

Ich habe vor einigen Jahren den Schwefel- Wasserstoff ana- 
lysirt*), und mich dabei unter andern des hydrothyonsauren 
Zinkoxyduls bedient, welches ich zusammengesetzt fand aus 
72 Th. Zinkoxydul, 25 Th. Schwefel -Wasserstoff und 3 Tb. 
Wasser. Obgleich ich damals nicht mit der nämlichen strengen 
Genauigkeit als jetzt verfuhr, so bin ich doch überzeugt, dass 
diese Analyse höchstens auf 1 Procent unrichtig sein kann, [175] 
und dieses hat hier nichts zu bedeuten. Nun enthalten 72 Th. 
Zinkoxydul, meiner Analyse des Zinkoxyduls zufolge, 14,12 Th. 
Sauerstoff. Wenn daher der Schwefel -Wasserstoff, wie jede 
andere Säure, 2, 3, 4 oder mehrere Mal so viel Sauerstoff, als 
die ihn sättigende Base enthalten soll, so ist der geringste Sauer- 
stoffgehalt 14,12X2 = 28,24, oder mehr als die ganze Menge 
der Hydrothyonsäure beträgt. Und wenn wir im Schwefel- 
Wasserstoff auch eben so viel Sauerstoff als in der Base an- 
nehmen wollten, so würde die Hydrothyonsäure doch etwas 
mehr als die Hälfte ihres Gewichts an Sauerstoff enthalten. Wie 
sich dieses mit unsern jetzigen Ansichten reimt, werde ich weiter 
unten anzeigen. 

Dass diese sogenannte Säure Sauerstoff enthalte , ist nicht 
nothwendig, denn ihre Verbindungen mit Basen beruhen haupt- 
sächlich auf der Verwandtschaft des Schwefels, da in hydro- 
thyonsauren Salzen der Schwefel und der metallische Köi-per in 
dem nämlichen Verhältnisse als im Schwefel-Metalle enthalten 
sind. Auf der Seite des Metalls kommt dazu noch der Sauer- 



*) Afhandlingar i Fysik, Kernt och Mmeralogi , af W. Hüinger 
och J. Berzelius, 2. H. S. 78. JJ. 



Bestimmte Verhältnisse. 97 

Stoff, und auf der Seite des Schwefels so viel Wasserstoff, als 
erforderlich wäre, mit dem Sauerstoffe Wasser zu bilden. Wenn 
die metallische Basis den Sauerstoff stärker als der Wasserstoff 
anzieht, so kann diese vierfache Verbindung von Schwefel, 
Metall, Sauerstoff und Wasserstoff entstehen, und es befinden sich 
darin die Bestandtheile in einem solchen Verhältnisse, [176] dass 
sie, zwei und zwei genommen, auf der nämlichen proportionellen 
Verbindungsstufe stehen, wie man die Verbindung auch ent- 
zweien wilL Wenn dagegen der metallische Körper eine gerin- 
gere Verwandtschaft zum Sauerstoffe hat als der Wasserstoff, so 
ist keine hydrothyonsaure Verbindung möglich; der Wasserstoff 
tritt mit dem Sauerstoffe zu Wasser , und das Metall mit dem 
Schwefel zum Schwefel-Metalle zusammen. Alkalien, alkalische 
Erden, Zinkoxydul und Manganoxydul können mit dem Schwefel- 
Wasserstoff salzartige Verbindungen geben; die meisten von 
den altern Metalloxyden aber, z. B. die Oxyde des Bleies, des 
Zinns u. m. werden davon nur zum Schwefel-Metalle reducirt. 

UI. Enthält das Ammoniak Sauerstoff oder nicht? 

Giebt man das Erste zu, so haben wir die Zusammensetzung 
des Ammoniaks im Vorstehenden so genau gefanden, als es bei 
unsern analytischen Methoden geschehen kann. Da aber viele 
und so ausgezeichnete Chemiker den Sauerstoffgehalt des Ammo- 
niaks leugnen, so wollen wir die Wahrscheinlichkeit der beiden 
Meinungen prüfen, — denn mit blossen Wahrscheinlichkeiten 
müssen wir uns in dieser Frage noch immer begnügen. 

Enthielte das Ammoniak keinen Sauerstoff, so müssten wir es 
für eine ähnliche Salz-Basis nehmen als den Schwefel-Wasserstoff, 
fttr eine Säure, ohne dass es doch ein oxydirter Körper wäre. 
Woher [177] kommen aber in diesem Falle seine Eigenschaften 
als Basis (Basicitätj, da der Wasserstoff keine solche besitzt, und 
da der andere Bestandtheil des Ammoniaks, der Stickstoff, ein 
Körper von ganz entgegengesetzter Natur ist?*) Weder der 



*) Der Stickstoff steht nämlich mit dem Schwefel, dem Phosphor 
und dem Arsenik in einer Reihe , welches alles Körper von positiv- 
electrlscher Natur sind , die , vereint mit dem Sauerstoffe, die stär- 
keren Säuren darstellen. Ob das Wort positiv das richtigere ist, will 
ich hier nicht untersuchen. Ich verstehe damit die Eigenschaften der 
Körper, sich im Kreise der electrischen Säule am positiven Pole anzu- 
sammeln^^). Chemiker, mit welchen ich über diesen Gegenstand ge- 
sprochen habe, wendeten mir dagegen ein, dass der Schwefel, der 
Phosphor , der Kohlenstoff und der Arsenik sich wohl zuweilen am 

Ostwald^s Klassiker. 35. 7 



98 Jacob Berzelius. 

Wasserstoff noch der Stickstoff sind in so hohem Grade [178] ne- 
gativ electrische Körper als das Ammoniak selbst; es ist daher nn- 
begreiflich, woher diese Eigenschaft dem Ammoniak kommt, wenn 
es nicht, wie die fixen Alkalien, ein oxydirter metallischer [179] 
Körper ist. Der Schwefel- Wasserstoff hat seine Eigenschaften als 
Säure von der positiv-electrischen Natur des Schwefels, dessen 
Verwandtschaft zu den meisten Basen er überwiegt, weil der [180] 
in der Basis befindliche noch in einem gewissen Grade positive 
Sauerstoff mit dem Wasserstoffe des Schwefel- Wasserstoffs in eine 



— Pole absetzen, aber wohl nicht an den +Pol gehen können. Diese 
Einwendung ist insofern gegründet, als wir die electro-chemischen 
Zerlegungen nur in der Gegenwart von Wasser, von dessen Sauerstoff 
diese Körper oxydirt werden, kennen. Wenn sie als negativ am 
— Pole erscheinen, so werden sie nur gegen den Sauerstoff, gegen 
welchen sich alle Körper ohne Ausnahme an diesem Pole absetzen, 
negativ. Positive Körper nenne ich daher alle die, welche entweder 
für sich, oder mit Sauerstoff vereinigt, an den +Pol gehen können j 
und negative die, welche ,mit Sauerstoff vereinigt, sich nicht am posi- 
tiven Pole ansammeln können, und sich von demselben entfernen, wenn 
sie da entstehen (wie z. B. die Metalloxyde, welche sich zuweilen am 
positiven Leiter bilden), und in kurzer Zeit an dem negativen Pole 
redueirt oder bloss angesammelt erscheinen. Die positiven Körper sind 
gewöhnlich so positiv, dass sie niemals Salz-Basen darstellen ; z. B. 
der Schwefel, der Phosphor, der Kohlenstoff, der Arsenik; oder wenn 
sie in einigen Fällen Basen abgeben sollten, wie z. B. in der schwefel- 
oder phosphorhaltigen Salzsäure, so sind sie doch unendlich weniger 
basisch als das Wasser. Die am bestimmtesten negativen Körper 
sind es in einem solchen Grade, dass, wenn sie des Sauerstoffs auch 
so viel aufnehmen, dass sie Salz-Basen zu sein aufhören (wie dieje- 
nigen Metalloxyde, welche ich Peroxyde nenne) , sie doch nicht positiv 
werden, d. i. keine Eigenschaften einer Säure erhalten. Dieses ist 
mit dem Blei, dem Mangan, dem Cerium, und mit noch mehreren 
Körpern der Fall. Ihre Peroxyde enthalten den Sauerstoff in einem 
so wenig gesättigten Zustande, dass er sich gegen beinahe jeden 
brennbaren Körper positivirt, obgleich das ganze Peroxyd niemals 
gegen einen andern oxydirten Körper positiv werden kann. Ich glaube, 
dass diese Erklärung meiner Ideen zureichend ist, um in dem Folgen- 
den nicht missverstanden zu werden. Berzelius, 

Es stehe hier aus einem später erhaltenem Schreiben des Hrn. 
Prof Berzelius noch folgende Erklärung. Sie bezieht sich auf den 
Ausdruck seines Gesetzes, wie er im vorigen Bande dieser Annalen, 

S. 217 steht, wo es heisst: so enthält derjenige der beiden Körper , 

welcher sich in der galvanischen Kette nach dem p ositiv en Pole be- 
giebt (d. i. der negative Körper, z. B. die Säure), entweder 2, oder 3. 
4, 5, 6 . . Mal so viel Sauerstoff, als der andere Körper, welcher nach 
dem negativen Pole hinstrebt (d. i. der positive Körper, das Alkali, 
die Basis). So glaubte ich, müsse es, den Ansichten gemäss, heissen, 
welche Davy in seinen vortrefflichen chemisch -electrischen Unter- 



Bestimmte Verhältnisse. 99 

Art von Neutralisation geräth, die wir uns der gleich denken 
können, welche zwischen den beiden freien Electricitäten des 
Harzknchens und der Trommel im Electrophor stattfindet. Wir 
dehen also in den Bestandtlieilen des Schwefelwasserstoffs eine 
Ursache, warum er die Charaktere einer Säure, d. i. eines posi- 
tiven Körpers besitzt. 

Wenn das Ammoniak der Analyse des Hen-n Gay-Lussac 
zu Folge*) 18,475 Th. Wasserstoff enthält, so wäre zu präsumiren, 
dass in den Ammoniak -Salzen das Ammoniak so viel Säure 



suchungen andeutet, und das schien mir auch der Sinn des Hrn. Prof. 
Berzeliu8 zu sein. »Sie haben«, schreibt er mir, »in meinem Briefe, 
der in dem Februarhefte derAnnalen eingerückt ist, das — E und 
das +E umgekehrt. Ich bin damit nicht unzufrieden, obgleich es 
mir noch zweideutig scheint, welche Benennung die richtigere ist« 
(die, positiveTy oder die negativer Körper für den Sauerstoff u. s. f. und 
umg^ehrt). >Es scheint, als wären die überflüssig gegenwärtigen, 
nach Ausladung strebenden Electricitäten Ursache der Bildung oder 
der Absetzung von Körpern an den entgegengesetzten Polen der 
electrischen Säule. Dass aber ein negativ-elec tri scher Körper an dem 
4-Pole, gerade da, wo die angehäufte +E ihm die — E zu rauben 
strebt, entstehen sollte , scheint mir nicht recht wahrscheinlich. Die 
Säule könnte aber zwei ungleiche Entladungsweisen haben, die eine 
ihr mit der Electrisirmaschine gemeine durch Vertheilungszonen, und 
die andere durch Bildung von Körpern entgegengesetzter electro- 
chemischer Natur , zu deren Bildung eine bestimmte Menge von EE 
angewendet wird, — in der Electrisirmaschine nur da statt findende, 
wo der Entlader im Vergleiche mit den angehäuften Electricitäten 
so unendlich klein ist, dass alle EE nicht durch die Yertheilung in 
diesem Entlader ins Gleichgewicht gesetzt werden können. (Sie er- 
innern sich Wollaaton's Versuch mit Drahtspitzen, die er in Glasröhren 
eingeschmolzen hatte.) Wenn diese Körper, z. B. Sauerstoff und 
Wasserstoff, oder Säure und Alkali, ausser der Säule wiederum ver- 
einigtwerden, so geschieht dieses unter den nämlichen Erscheinungen, 
welche die electrische Entladung für sich zeigt, d. i. unter Wärme- 
Entbindung oder Feuer-Erscheinung. — Sie sehen also, dass, wenn 
ich in meiner Abhandlung über die Zusammensetzung des Ammoniaks 
die gewöhnliche Bedeutung von positiv und negativ in chemischer 
Hinsicht umgeändert habe, es nicht ohne alle Ursache gewesen ist. 
Da ich aber in dieser Materie noch zu keinen genügenden Resultaten 
gekommen bin, glaubte ich die Aufmerksamkeit der Leser nicht durch 

eine Abschweifung von der Hauptsache zerstreuen zu dürfen. « 

Ich aber habe geglaubt, hier auf den entgegengesetzten Sinn, worin 
die Herren Davt/ und Berzelius die Benennungen positive und negative 
Körperm electrisch-chemischer Beziehung nehmen, aufmerksam machen 
zu müssen, um dahin mitzuwirken, dass beim Entstehen der neuen 
Wissenschaft, wo möglich, kein störender Zwiespalt in der Kunst- 
sprache das Studium und die Fortschritte derselben erschwere. 

Gilbert. 
*) Gilberts Annalen der Physik, 1810. St. 10. S. 36. B. 



100 Jacob Berzelius. 

sättige, als entweder genau die Menge Sauerstoff (oder ein Viel- 
faches desselben nach einer ganzen Zahl) enthielte, die nöthig 
ist, um mit diesem Wasserstoffe Wasser zu bilden. Dieses ist 
aber nicht der Fall; denn wir werden sehen, dass das Ammoniak 
in dem erstgenannten Verhältnisse nur an die Säuren gebunden 
ist, welche drei Mal so viel Sauerstoff als die sie sättigende Base 
enthalten. In den Säuren, welche entweder 2 oder 4 Mal so [181] 
viel Sauerstoff enthalten, als die Basis, von der sie gesättigt werden, 
enthält die neutralisirte Säure entweder f oder 1-J- so viel Sauer- 
stoff, als erforderlich wäre, um mit dem Wasserstoffe des Am- 
moniaks Wasser zu bilden. Dieses sind aber ungewöhnliche 
Vielfache, von denen wir nirgendwo anders Beispiele haben. 
In dem überoxygenirten salzsauren Ammoniak , das ich im Fol- 
genden erwähnen werde , befindet sich das Ammoniak in einem 
solchen Verhältnisse , dass die Säure 2| Mal so viel Sauerstoff, 
als zur Wasserbildung mit dem Wasserstoffe des Alkalis nöthig 
wäre, enthält. Dagegen werden wir sehen, dass das Ammoniak, 
wenn es für ein Metalloxyd von der oben gefundenen Mischung 
genommen wird, genau den nämlichen Gesetzen, wie die übrigen 
Alkalien, Erden und Metalloxyde, gehorcht. 

In der electrischen Säule verhalten sich das Ammoniak und 
der Schwefel-Wasserstoff sehr ungleich. Obgleich beide durch 
die Dazwischenkunft von dem zugleich zerlegten Wasser zersetzt 
werden, so kann sich doch das Ammoniak als negativer unzer- 
legter Körper am — Pole ansammeln, indess der Schwefel- 
Wasserstoff nie als positiver Körper sich am -f-Pole anlegt. 
Dazu kommt noch, dass das Ammoniak unter gewissen Beding- 
ungen » wie die übrigen Alkalien» einen metallischen Körper an 
dem — Pole hervorbringt, und also ein Reductions-Phänomen 
anzuzeigen scheint, welches bei dem Schwefel- Wasserstoff nicht 
stattfindet [182j Die Amalgamation des Ammoniaks beweist die 
Absetzung eines negativen Körpers, gegen welchen eine ent- 
sprechende Menge eines positiven am 4- Pole sich ansammeln 
muss. Die französischen Chemiker erklären dieses dadurch, dass 
das ganze unzerlegte Alkali mit dem Wasserstoffe des zerlegten 
Antheils sich verbinden soll, wodurch der metallähnliche Körper 
hervorgebracht werde. Es ist also, in dieser Erklärung, nur der 
WÄ;$$er$toff> welcher sieh gegen den am -f-Pole abgesetzten 
•Stickstoff des Ammoniaks negativirt, und, indem er einen Theil 
Ammoniak bindet, ein neues metallähnliches Product hervor- 
bringt. Dieses wäre in der Wahrheit ein viel bedeutender Wink 
über die innere ^atur der Metalle. Lässt es sich aber wohl 



Bestimmte Verhältnisse. 101 

mnthmaassen, dass das nnzer legte Ammoniak, welchem in diesem 
Falle am + Pole kein sich positivirender Körper entspricht, und 
das also nur eine chemische Verwandtschaft gegen den Wasser- 
stoff (die wir ohnehin niemals irgendwo anders gesehen haben) 
ausübt, eine von der Electricität nur mittelbar abhängende 
chemische Rolle bei der Amalgamation spielen sollte? Diese 
Ansicht scheint mir nicht richtig zu sein. — Welche Erklärung 
man aber auch von dieser sonderbaren Erscheinung geben mag, 
so ist es ganz klar und unwiderleglich, dass die nämliche Er- 
klärung für alle Amalgamations-Erscheinungen in der electri- 
sclien Säule unter den nämlichen Umständen gelten muss. lieber 
Versuche, die mit dem Ammonium oder [183] mit dessen Amalgam 
angestellt sind, zu streiten, lohnt nicht der Mühe ; denn schwer- 
lich lässt sich ein so entscheidender Versuch ausdenken, dass 
er nicht nach der einen und nach der andern Hypothese zugleich 
erklärt werden könnte. Was sich aber von den fixen Alkalien 
und ihrem mit dem Ammoniak gemeinschaftlichen Verhalten be- 
weisen lässt, kann auch als vom Ammoniak bewiesen angesehen 
werden. Durch die von so vielen Seiten bestätigten Versuche 
über den Sauerstoffgehalt der fixen Alkalien, deren Kesultate 
man wohl nicht mehr bezweifeln kann, geht also hervor, dass 
in der Meinung y das Ammoniak sei ein oxydirter Körper ^ viel- 
leicht mehr als blosse Wahrscheinlichkeit liegt, ^2) 

Wenn das Ammoniakgas durch electrische Schläge zersetzt 
wird , so erhält man , nach den Versuchen der Herren Henry 
und Berthollet des Jüngern, Stickgas und Wasserstoffgas, ohne 
eine Spur von Sauerstoff; daraus folgt, dass der Sauerstoff des 
Ammoniaks in diesen beiden Gasarten enthalten sein muss. Der 
eine dieser beiden Körper muss also eine höhere, der andere 
eine niedrigere Oxydationsstufe sein ; und es leidet wohl keinen 
Zweifel, dass der Stickstoff die höhere ist. Es muss sich also 
der Sauerstoff in dem Stickstoffe in einem solchen Verhältnisse 
befinden, dass er ein Vielfaches nach 1^, 2, 3 u. s. f. von dem 
Sauerstoffe des Ammoniaks ausmacht. Wir werden sehen, dass 1-^- 
derMultiplicatorist. Betrachtungen [184] über die verschiedenen 
Oxydationsstufen des Schwefels führten mich, wie ich in der 
Zugabe zu meiner Abhandlung angezeigt habe*) zu der Ver- 
muthung, dass ein jedes scheinbares Vielfaches nach 1^ ein 
wahres Vielfaches mit 6 oder 1 2 von einer vielleicht unbekannten 
niedrigeren Stufe ist, die, wenn sie für sich nicht existiren kann, 



') S. 82 dieser Ausgabe. 



102 Jacob Berzelius. 

wenigstens in Verbindung mit andern Körpern zu vermutben ist 
{das, S. 8 6). Beben wir nun den Wasserstoff als eine solche niedrigere 
Stufe an, so muss er entweder 6 oder 12 mal weniger Sauerstoff als 
der Stickstoff enthalten. Da wir nun das Verhältniss der beiden 
Bestandtbeile im Ammoniak kennen, so ist es leicht zu berechnen, 
dass der Wasserstoff nur ^^ so viel Sauerstoff gegen 100 Th. Am- 
monium als der Stickstoff enthält. Wenn nun aber in dem Ammo- 
niak 100 Th. Ammonium mit 88,2768 Th. Sauerstoff vereinigt 
sind, so sind sie im Stickstoffe mit 88,2768X li=132,4152Th. 

Sauerstoff, und im Wasserstoffe mit ^^^^ = 1 1 ,034600 Sauer- 
stoff verbunden. Der JVasserstoff bestände diesem nach aus 

Ammonium 90,062 100,0000 

Sauerstoff 9,938 11,0346 

und der Stickstoff 2M^ 

Ammonium 43,027 100,0000 

Sauerstoff 56,973 132,4152 

Herr Gay-Lussac giebt dem Ammoniak 18,475 Th. Wasserstoff 
und 81,525 Th. Stickstoff; nach dem eben Gefundenen würden 
81,525Th. Stickstoff [185] 4 6, 4 3 Th. Sauerstoff, und 18,475 Th. 
Wasserstoff 1,8 Th. Sauerstoff enthalten, welches zusammen- 
genommen 48,23 Th. Sauerstoff in 100 Th. Ammoniak gäbe, 
also nur 1,34 Procent mehr, als wir oben (S. 173)*) im Ammoniak 
gefunden haben. Der Sauerstoffgehalt aller dieser Körper ist 
hiemach entweder etwas zu gross angenommen, oder, was ich 
aus andern Berechnungen Ursache zu glauben habe, der Wasser- 
stoffgehalt des Ammoniaks ist in dieser Bestimmung etwas zu 
gering genommen ; oder vielleicht sind beide fehlerhaft. 

Wenn der Stickstoff ein Oxyd ist, das noch höherer Oxyda- 
tion sstufen fähig ist, so muss der Sauer stoffgehalt in jeder dieser 
Stufen ein Vielfaches nach einer ganzen Zahl von dem in dem 
Stickstoffe enthaltenen sein. Nun hat Herr Gay-Lussac in 
seiner trefflichen Abhandlung : Ueher die Verbindungen gas- 
förmiger Körper *^)^ bewiesen, dass das oxydirte Stickgas aus 
63,72 Th. Stickstoff und 36,28 Th. Sauerstoff besteht. In diesen 
63,72 Th. Stickstoff befinden sich, der obigen Angabe gemäss, 
36,2898 Th. Sauerstoff; daraus ergiebt sich also, dass das oxy- 
dirte Stickgas doppelt so viel Sauerstoff gegen das Ammonium, 
als das Stickgas selbst enthält. Da nun in den übrigen Oxyda- 



*) S. 95 dieser Ausgabe. 
**) Gilbert'^ Annalen, 1810. St. 10. S. 15. 



Bestimmte Verhältnisse. 103 

tionsstufen des Stickstoffs diese Sauerstoflfmengen , nach den 
erwähnten Untersuchungen des Herrn Gay-Lussac, Multipla 
nach 2, 3 und 4 von der SauerstoflFmenge sind, welche 100 Th. 
[186] Stickstoff in oxydirtes Stickgas verwandelt, so ist es klar, 
dass, wenn der Stickstoff ein Vielfaches nach 12 von der nied- 
rigsten Oxydationsstufe des Ammoniums ausmacht, diese Körper 
wahre Vielfache nach 24, 36, 48 und 60 von der niedrigsten 
Oxydationsstufe sein müssen. Das Wasser, welches (im Fall 
dieses alles richtig ist) eine noch höhere Oxydationsstufe des 
Ammoniums ausmacht, muss in der nämlichen Keihe stehen, und 
ebenfalls ein 12faches sein, und als das höchste ein 72faches. 
Die Oxydationsstufen des Ammoniums wären also folgende Viel- 
fache von 11,0346, welches die niedrigste Stufe ist. 

Theilen Sauerstoff 
X 1 = 1 1 ,0346 den Wasserstoff, 
X 4= 44,1384 das Ammoniumoxydul*) . 
X 8= 88,2768 das Ammoniak, 
X 12 = 132,4152 den Stickstoff, 
X24 = 264,8304das Stickstoffoxydul 
X36 = 397,2456das Stickstoffoxyd. 
X 48 = 529,6608 die salpetrige Säure. 
X 60 = 662,0760 die Salpetersäure, 
1X72 = 794,4912 das Wasser. 

Es ist bemerkenswerth, dass die Sprünge vom Stickstoffe 
bis zum Wasser immer ein Zwölffaches ausmachen. Das Wasser 
besteht, dieser Berechnung zufolge, aus 12,413 Th. Wasserstoff 
und 87,587 Th. Sauerstoff, womit einer meiner Versuche **], der 
12,23 Th. Wasserstoff und 87,77 Th. Sauerstoff für die [187] 
Zusammensetzung des Wassers gab, nahe übereinstimmt. 

Die obigen Bestimmungen können nicht völlig richtig sein, 
denn sie beruhen auf Versuchen, die nicht absolut richtig sind. 
Dass der Irrthum aber nicht sonderlich gross ist, erhellt aus der 
Uebereinstimmung zwischen der berechneten Zusammensetzung 
des Stickstoffs , und dem , was sie nach der Analyse des oxy- 
dirtön Stickgas sein sollte. Dürften wir annehmen, dass die 
Gewichte der Gasarten in den Versuchen der trefflichen fran- 
zösischen Chemiker vollkommen richtig wären, was aber noch 
nicht der Fall ist, so Hesse sich die Zusammensetzung des 



lOOTheile 

Ammonium 

gebön mit 



o 

CO 
05 



*) Angenommen in Davy'^ schmelzbarer olivenfarbiger Substanz 
(olive coloured matter).^} 

**) S. 80 dieser Ausgabe. 



104 Jacob Berzeliuß. 

Ammoniaks sehr leicht darnach berichtigen. Die von Herrn 
Gay-Lussac aufgefundene Methode, die Gasarten zu wiegen, 
und die Zusammensetzungen nach dem Volumen zu bestimmen, 
ist wahrscheinlich die sicherste ; haben wir erst einige voll- 
kommen richtige Analysen auf diese Weise erhalten, so lassen 
sich die übrigen durch Berechnung vervollkommnen. Es ist 
daher zu hoffen, dass die berühmten Chemiker, welche diese 
Versuche angefangen haben, sie in Kurzem wiederholen und sie 
auf die höchste Stufe der Vollkommenheit zu bringen suchen 
werden. 

Es bleibt uns indess noch eine viel in sich fassende Frage 
zu beantworten : Warum giebt beim Verbinden mit Sauerstoff 
der Wasserstoff immer Wasser und der Stickstoff immer 
Salpetersäure oder Stickstoffoxyde? Oder umgekehrt; Warum 
[188] erhält man durch Entziehen von Sauerstoff aus dem 
Wasser nur Wasserstoff und aus der Salpetersäure oder 
dem Salpeter immer nur Stickstoffe wenn beide Stoffe wirklich 
Oxyde des nämlichen JRadicals sind? 

In dieser Frage liegt dem Anscheine nach ein wichtiger 
Einwurf gegen den Sauerstoffgehalt des Wasserstoffs. Sollte 
mich indess auch die Analogie in den Grundzügen meiner Rai- 
sonnements irre führen, und ich etwas zu erklären suchen, was 
in der Natur nicht ist, so kann es in diesem Falle wenigstens 
verzeihlich sein, geirrt zu haben. Ich wage daher, den Leser 
von diesem Gegenstande zu unterhalten. 

Ich habe geäussert, es sei nicht wahrscheinlich, dass das 
Ammoniak, als ein oxydirter Körper betrachtet, eine zusammen- 
gesetzte Basis habe» die in diesem Falle aus Wasserstoff und 
dem Radical des Stickstoffs bestehen müsste. Denn wenn das 
Ammoniak durch Kalium zersetzt wird, so condensirt es mit 
dem Stickstoffe einen Theil des Wasserstoffs. Wäre die Basis 
des Ammoniaks zusammengesetzt, so müsste es allen Wasserstoff 
entbinden, oder allen Wasserstoff mit dem Radical des Stick- 
stoffs verdichten. Es lässt sich also nicht glauben, dass das 
Ammoniak ein Oxyd sei , ohne dass der Wasserstoff auch jeine 
niedrigere Oxydationsstufe des nämlichen Radicals sei. Der 
Wasserstoff aber, den wir den obigen Ansichten gemäss für 
einen oxydirten Körper nehmen, verhält [189] sich ganz wie 
ein einfacher, hat die nämlichen proportionalen Sättigungs- 
Capacitäten gegen den Sauerstoff und den Schwefel, als die 
Metalle, und in allen dreifachen Verbindungen von Kohlenstoff, 
Sauerstoff und Wasserstoff haben wir bis jetzt Ursache, ihn als 



Bestimmte Verhältnisse. 1 05 

einfach zn betrachten*). Doch dessen ungeachtet lässt sich die 
Sache ziemlich leicht erklären. 

Ich habe bei der Beschreibung der Verbrennung des Kupfers 
in gasförmigem Schwefel**) die Meinung geäussert, dass die Er- 
scheinung des Feuers bei der Verbrennung und die Wärme-Ent- 
Wickelung bei den chemischen Verbindungen überhaupt, ganz 
den nämlichen innern Ursprung, als die Erscheinung des Feuers 
und die Wärme-Entbindungen zwischen den Ausladern einer 
mächtigen electrischen Säule haben müssen. Die Kenntnisse, 
welche wir bereits von der Electricität als chemischem Agens 
besitzen, lassen uns nicht mehr an einen chemischen Process den- 
ken, der nicht auch zugleich electrisch sei, und Dat>y'% vor- 
trefflichen Untersuchungen verdanken wir die Entdeckung, dass 
zwei Körper, welche Verwandtschaft gegen einander äussern, 
immer wenn sie in Berührung kommen, das ist, immer wenn sie 
in Begriff sind, sich zu vereinigen, [190] entgegengesetzte Electri- 
citäten, um so deutlicher, je grösser ihre gegenseitige Verwandt- 
schaft ist, äussern. Halten wir dieses mit der Erfahrung electro- 
chemischer Zerlegungen in der Säule zusammen, so haben wir 
die bündigsten Beweise, dass jedes Verbindungs- oder Trennungs- 
Phänomen electro-chemisch sein muss. Was die Electricität aber 
ist, wie sie den Körpern beiwohnt und ihr chemisches Verhalten 
bestimmt, darüber wissen wir nichts, und werden vielleicht durch 
Speculationen von Männern , die , ohne hinlängliche Erfahrung 
zu besitzen , mit vielem Zutrauen darüber urtheilen, mehr irre- 
geführt als aufgeklärt werden. 

Die Erfahrung hat uns gelehrt, dass mehrere Körper in der 
electrischen Säule sich um den nämlichen Pol als der Sauerstoff, 
und dass andere sich um den nämlichen Pol als der Wasserstoff 
ansammeln. Die letztern nennen wir negativ-electrische und die 
erstem positiv-electrische Körper. Wir haben gesehen, dass 
die meisten Metalle der ersten, dagegen der Schwefel, der 
Phosphor u. m. der zweiten Klasse angehören***) . Wenden wir 
nun diese Bemerkung auf das Ammoniak an, so finden wir, dass 
es bei der electrischen Entladung Stickstoff an der positiven 
Seite und Wasserstoff an der negativen Seite giebt. Der Stick- 



*) Ich werde bei dem Uebergange von der unorganischen zu der 
organischen Natur durch die vegetabilischen Säuren weitläufiger 
über diese Ansichten zu sprechen Gelegenheit haben. 

♦♦) S. 20 dieser Ausgabe. 

***) Vergl. oben S. 98 Anmerkung. 



106 Jacob Berzelius. 

Stoff ist also ein positiv -electrischer Körper, da der Wasser- 
stoff ein negativ -electrischer ist. Diese beiden Körper [191] 
zeichnen sich vor allen andern dadurch ans, dass sie ihre Elec- 
tricitäten so fest halten, dass sie durch kein Mittel mehr entladen 
werden, dass also die beiden einmal entstandenen Gasarten nicht 
mehr zu Ammoniak zusammentreten können. Der fertig ge- 
bildete Stickstoff behält immer die nämliche Abneigung gegen 
alle andere Vereinigungen mit negativen Körpern, und kann 
nur mit dem Sauerstoffe sich verbinden. 

Da die nämliche electrische Entladung das Ammoniak in 
Stickstoff und Wasserstoff, und das Wasser in Sauerstoff und 
Wasserstoff trennt, so muss der nämlichen Menge Wasserstoff 
in beiden Fällen die nämliche Menge — E, folglich auch die 
nämliche Menge +E am entgegengesetzten Pole entsprechen. 
Die Menge von +E, welche sich mit 81,525 Th. des Stickgas 
verbindet , oder zu deren Bildung verwendet wird , muss also 
der gleich sein, welche bei der Wasserbildung in dem Sauerstoffe 
mit 18,475 Th. Wasserstoff gesättigt wird, oder (was das näm- 
liche ist) welche zur Bildung von so viel Sauerstoff aus dem 
Wasser nöthig ist, als 18,475 Th. Wasserstoff entspricht. Wir 
sehen dadurch, wie die Möglichkeit einmal entstehen kann, das 
electro - chemische Verhalten der Körper in Zahlwerth auszu- 
drücken. Die Menge von + E , welche im Stickstoffe die ur- 
sprünglich negative Electricität der Basis sättigt, und dazu noch 
den Stickstoff positiv macht, verhält sich also zu der, welche im 
Sauerstoffe bei der Wasserbildung [192] gesättigt wird, umge- 
kehrt wie die Mengen von Stickstoff und Sauerstoff, welche die' 
nämliche Menge von Wasserstoff sättigen , d. i. wie 3 : 2 oder 
wie 14^ : 1. Das Quantum von Electricität scheint also den näm- 
lichen Gesetzen, wie die Quantitäten der ponderablen Materien 
bei den chemischen Verbindungen unterworfen zu sein ; wie sich 
dieses auch schon a priori schliessen lässt. Diese grosse Menge 
von -H E im Stickstoffe wird durch die — E der Basis im Zu- 
stande von Sättigung erhalten, und der Stickstoff kann daher 
nur durch einen in weit höherm Grade negativen Körper als das 
Ammonium zerlegt werden*). 



*) Ich muss hier die Bemerkung hinzufügen, dass eine sehr grosse 
Verschiedenheit stattfindet zwischen der Sättigungs-Capacität eines 
Körpers und zwischen dem Vermögen desselben^ den electrischen Zustand 
eines andern Körpers, mit dem er sich verbindet, mehr oder weniger zu 
neutralisiren. Dieses Vermögen fällt mit der Stärke der Verwandt- 
schaft zusammen , deren Grade vielleicht durch dasselbe bestimmt 



Bestimmte Verhältnisse. 107 

Wenn das Ammoniak durch electrische Schläge in Wasser- 
stoflfgas und Stickgas zerlegt wird, so trennen sich die Körper, 
welche nach den obigen Ansichten die wahren Bestandtheile 
desselben sind, nach einem solchen Verhältnisse, dass genau 
2 Th. Ammonium mit ^ oder 0,96 von dem ganzen Sauerstoff- 
gehalte den Stickstoff bilden, und 1 Th. [193] Ammonium mit 
^ oder 0,04 Sauerstoff den Wasserstoff darstellen. Den 0,96 
Th. Sauerstoff muss eine entsprechende Menge — E folgen, 
welche sie im Ammoniak sättigen , daher für den im Wasser- 
stoffe befindlichen Dritttheil Ammonium nur -^ — E zurück 
bleibt. Das Ammonium in dem Wasserstoffe behält also nur 
■^ = ^ so viel — E, als ihm ursprünglich angehört. Entsteht 
Ammonium, so erhält es einen neuen Zuwachs an — E, der 
aber nicht hinreichend ist, demselben deutliche und ausgezeich- 
nete basische Eigenschaften zu geben. Es scheint also, dass 
der Wasserstoff und der Stickstoff in diesem Versuche nicht 
entstehen können, ohne ihnen entsprechende Mengen von Elec- 
tricität, dieser von -|-E, jener von — E, zu bilden. Und da 
die Mitwirkung der Electricität bei jeder chemischen Erschei- 
nung in unsern Theorien nicht mehr übersehen werden darf, 
so ist es klar, dass das Nämliche, was in der Säule chemische 
Trennungen oder Zusammensetzungen verursacht, bei den [194] 
nämlichen Erscheinungen ausser der Säule auch mitwirken muss, 
und dass also Stickstoff und Wasserstoff niemals entstehen 
können, ohne dass jeder die ihm zugehörige Electricität bindet. 
Wenn nun das Wasser von brennbaren Körpern zerlegt wird, 
so treten diese Körper ihre — E eines Theils dem neugebildeten 
Wasserstoffe ab , und andern Theils sättigen sie damit stärker 
die -|- E Eigenschaften des vorher im Wasser gebunden Sauer- 



werden ; jene Capacität aber scheint, nach den Ansichten und Ver- 
suchen der vortrefflichen Physiker DöZ^o« und Gay-LussaCy mecha- 
nische, von dem Volumen abhängende Ursachen zu haben. Das 
Kalium z. B. sättigt sehr wenig Sauerstoff, im Vergleiche mit dem 
Wasserstoff und dem Stickstoff, es überwindet aber die positive Natur 
des Sauerstoffs so sehr, dass das neugebildete Kali ein negativ-elec- 
trischer Körper ist. Im Wasser scheint weder die eine, noch die an- 
dere electrische Eigenschaft vorzuwalten, da es zwischen den Säuren 
und den Alkalien in der Mitte steht. In der Salpetersäure dagegen 
hat der Sauerstoff, wenigstens ein grosser Theil desselben, seine 
ganze Positivität, und verbrennt daher die brennbaren Körper mit 
den nämlichen Erscheinungen, als das Sauerstoffgas. Der Stickstoff 
hat daher auch zu dieser Portion des Sauerstoffs eine so geringe 
Verwandtschaft, dass alle anderen brennbaren Körper ihm sie ent- 
ziehen. 



lOS Jacob Berzelius. 

Stoffs. Da hier nur — E in Wirksamkeit gesetzt wird, kann nur 
Wasserstoff entstehen*) . 

Was ich im Vorhergehenden angeführt habe , zeigt hinrei- 
chend ^ dass kein Körper aus dem Wasser Stickstoff entbinden 
kann. Die Salpetersäure und die Oxyde des Stickstoffs, welche 
den Sauerstoff so wenig gesättigt halten , können nicht in ge- 
wöhnlichen Fällen zu Wasserstoff reducirt werden , weil sie so 
viel Sauerstoff abgeben, zu dessen grösserer Sättigung die — E 
der brennbaren Körper grösstentheils verwendet werden muss. 
Die Salpetersäure kann also nur zu Stickstoff wieder hergestellt 
werden ; diesen aber werden wir mit der Zeit vielleicht durch 
stärker negativ-electrische Körper, als das Ammonium, sowohl 
zu Wasserstoff [195] als zu Ammonium reduciren können. Dieses 
scheint in Davy^% spätem Versuchen die electrische Entladung 
durch Beihilfe des Quecksilbers geleistet zu haben, und jenes 
die Einwirkung von Kalium auf Ammoniakgas. 

Da der Wasserstoff, um aus den Bestandtheilen des Ammo- 
niaks gebildet zu werden , er erscheine entweder als Wasser- 
stoffgas, oder bilde mit Sauerstoff Wasser, immer einerlei Menge 
— E erfordert, und da diese nicht entstehen kann, ohne dass 
eine entsprechende Menge 4-E zugleich entbunden wird, so 
muss das Ammoniak immer den Wasserstoff und den Stickstoff 
im nämlichen Verhältnisse hergeben, es mag durch gewöhnliche 
Electricität oder durch Oxydirung zersetzt werden. In den 
Zersetzungen dagegen durch Kalium oder in der electrischen 
Säule, wenn das Ammoniak in Berührung mit Quecksilber redu- 
cirt wird, sind die Zerlegungs-Erscheinungen von ganz anderer 
Natur, und die dadurch entstehenden Producte sind, verglichen 
mit der Menge des angewandten Ammoniakgas, ungleich in 
Menge und Beschaffenheit. Da nun der Wasserstoff und der 
Stickstoff zu ihrer Existenz eine andere electrische Modification, 
als die ihrem Radical ursprünglich zugehörige, bedürfen, so 
müssen sie in unsern Analysen und Versuchen immer als einfache 
Körper gelten, bis wir auch die Electricitäten werden in Zahlen- 
verhältnissen mit Sicherheit auszudrücken gelernt haben. 

196] Wäre es aber nach diesen Ansichten nicht wahr- 



*) Die Electricitäten, welche den nämlichen Gesetzen als die pon- 
derablen Materien, in Hinsicht der Proportionen, nach welchen sie 
sich mit den Körpern vereinigen, gehorchen müssen 24), kommen bei 
diesen Zerlegungen niemals in Freiheit, wodurch sich ihr chemischer 
Einfluss der Aufmerksamkeit der Naturforscher bis zu unsern Tagen 
entzogen hatte. 



Bestimmte Verhältnisse. 109 

scheinlich, dass der Schwefel ein positiv- electrisches Oxyd einer 
unbekannten metallischen Basis sei, ganz wie der Stickstoff ein 
Oxyd vom Ammonium ist? Ich kann dieses nicht besti*eiten. 
Wir haben gesehen, dass der Schwefel, nach dem Schwefel- 
Wasserstoff zu urtheilen, ungefähr die Hälfte seines Gewichts 
Sauerstoff enthalten kann, und diese Sauerstoffmenge stimmt mit 
den übrigen Oxydations-Graden des Schwefels, welche alle Viel- 
fache davon sein können, überein. Dieses muss also auch von 
dem Kohlenstoffe, dem Phosphor und dem Arsenik möglich sein. 
Dass aber die reine Kohle, z. B. im Graphit, und der metallische 
Arsenik, welche alle Charaktere der einfachen (oder für einfach 
gehaltenen) Metalle besitzen, auch Oxyde sein sollten, lässt sich 
nicht mit eben der Wahrscheinlichkeit vermuthen, und ist unsem 
jetzigen Ansichten zuwider. 

Ich bin in ein sehr hypothetisches Feld gerathen, wo es die 
Wahrheit zu finden schwer hält, und bitte den Leser um scho- 
nende Prüfung. Ich glaubte dieses thun zu müssen, weil es mir 
leid gethan hat, zu sehen, dass der verdiente Davy, der die 
grössten und wichtigsten Entdeckungen , durch welche unsere 
Wissenschaft je bereichert worden ist, mit musterhafter Be- 
scheidenheit der gelehrten Welt mitgetheilt hat, dessen unge- 
achtet Gegner gefunden hat, denen es manchmal mehr [197] 
darum zu thun scheint , zu beweisen, dass er Unrecht habe, als 
die Wahrheit aufzuspüren. 



IV. Die Kohlensäure. 

In den kohlensauren Salzen befindet sich die Kohlensäure mit der 
Basis in einetn solchen Verhältnisse vereinigt, dass die Säure entweder 
2 oder 4 mal so viel Sauerstoff als die Basis enthält. 

Bei meinen ersten Untersuchungen über die kohlensauren 
Salze war mir die Bestimmung des Herrn Gay-Lussac von den 
Bestandtheilen der Kohlensäure noch unbekannt. Ich hatte 
diese nach den Versuchen der Herren Allen und Pepys ange- 
nommen zu 71,56 Th. Sauerstoff und 28,43 Th. Kohlenstoff. 
Meine Analysen wollten damit nicht recht übereinstimmen, wo- 
von ich die Ursache mehr in meinen Versuchen als in denen 
der beiden englischen Naturforscher suchte. Seitdem mir aber 
die Analyse des Herrn Gay-Lussac bekannt geworden ist, glaube 
ich in ihr eine Bestätigung meiner Versuche zu finden, obgleich 
auch hier die Uebereinstimmung nicht vollkommen ist. 



110 Jacob Berzelius. 

a) Kohlensaures Bleioxyduh Es wurden 10 g stark ge- 
trocknetes und noch warm gewogenes kohlensaures Bleioxydul 
in einem kleinen gewogenen Platintiegel geglüht ; sie hinterliessen 
8^35 g Bleioxydul, und hatten also 1,65 g Kohlensäure herge- 
geben. Wenn aber diese Säure nach der Bestimmung des Herrn 
Gai/-ZwÄÄac*)inlOOTheilen [198] 72,624 Th. Sauerstoff ent- 
hält, so kommen auf 165 Th. Kohlensäure 1 19,83 Th. Sauerstoff. 
Es enthalten aber 835 Th. Bleioxydul 59,7 Th. Sauerstoff, und 
es ist 59,7 X2 = 119,4. 

h) Kohlensaurer Baryt besteht aus 22,1 Th. Kohlensäure 
und 77,9 Th. Baryt (S. 169) ; jene enthält 16,05 Th. Sauerstoff, 
diese 8,14 Th. Sauerstoff. Nun ist aber 8,14 X 2 = 16,28. 

c) Kohlensaurer Kalk besteht aus 43,6 Th. Kohlensäure 
und 56,4 Th. Kalk**). Diese enthalten 31,66 Th. Sauerstoff 
und jene 15,88 Th., welche verdoppelt 31,76 Th. geben. 

d) Kohlensaures Natron, 10 g reines und bei der Hitze 
des schmelzenden Zinns getrocknetes kohlensaures Natron, in 
Salzsäure aufgelöst und in einem gewogenen Platintiegel abge- 
raucht und geglüht, haben mir 10,995 g salzsaures Natron ge- 
geben. Da diese 58,757 g Natron enthalten, so folgt daraus ein 
Kohlensäure-Gehalt von 41,243 Th. in 100 Th. kohlensaurem 
Natron. In der Kohlensäure befinden sich aber 29,95 Th. und 
in dem Natron 15,077 Th. Sauerstoff, welche verdoppelt 30,15 
geben. 

e) Säuerliches kohlensaures Natron, Es wurden 5 g mit 
Kohlensäure völlig gesättigtes kohlensaures Natron in einem 
gewogenen Kolben in Salzsäure aufgelöst, wobei 2,60 g Kohlen- 
säure entwichen. Die rückständige Auflösung eingetrocknet 

199] und geglüht, gab 3,46 g salzsaures Natron, welche 1,85 g 
Natron enthalten. Das säuerliche kohlensaure Natron ist also 
aus 52 Th. Kohlensäure, 37 Th. Natron und 11 Th. Wasser 
zusammengesetzt. Nun enthalten 52 Th. Kohlensäure 37,74 Th. 
und 37 Th. Natron 9,49 Th. Sauerstoff. Es ist aber 9,49 X 4 
= 37,96. Daraus folgt also, dass das Natron in diesem Salze 
mit doppelt so viel Kohlensäure als im vorhergehenden ver- 
einigt ist. 

f) Auch das Kali und das Ammoniak geben zwei Salze, in 
denen die Kohlensäure nach den nämlichen Verhältnissen mit 



*) Gilbert Ann, der Phys, 1810. St. 10. S. 36. 
**) Siehe meine Afhandlingar i Fysik, Kernt och Mineralogi, 3. H. 
S. 177. 



Bestimmte Verhältnisse. 1 1 1 

der Basis verbunden ist. Ich will das kohlensaure Ammoniak 
als Beispiel anführen. Herr Gay-Lussac fand (Annal. a. a. 0.), 
dass 100 Th. Ammoniak 127,37 Th. Kohlensäure im gewöhn^ 
liehen kohlensauren Ammoniak und 254,74 Th. im säuerlichen 
aufnahmen. 100 Th. Ammoniak enthalten aber 46,88 Th. Sauer- 
stoff, welche verdoppelt 93,77, und mit 4 multiplicirt 187,54 
geben. Die Kohlensäure , welche im ersten Salze enthalten ist, 
schliesst 92,5 und die im letzten Salze enthaltene 185 Th. Sauer- 
stoff in sich. 

Alle diese Versuche, der erste ausgenommen, stimmen also 
darin überein, dass sie ein wenig mehr Sauerstoff in der Kohlen- 
säure anzeigen, als die Bestimmung des Herrn Gay-Lussac zu- 
giebt ; die Abweichung ist aber wenig bedeutend. Fernere Ver- 
suche werden uns vielleicht belehren, worin [200] sie gegründet 
ist. — In dem Versuche mit dem kohlensauren Bleioxydul ist 
aller Wahrscheinlichkeit nach der Kohlensäuregehalt durch ein 
wenig Feuchtigkeit vergrössert worden ; denn wenn dieser Ver- 
such in einer kleinen gläsernen Retorte gemacht wird, zeigt sich 
jedesmal im Halse der Retorte ein kleiner Anflug von Wasser- 
dunst, der aber sogleich mit dem kohlensauren Gas verschwindet. 

Wir sehen den kohlensauren Kalk, den kohlensauren Baryt, 
das kohlensaure Bleioxydul u. m. , wie ich glaube , mit Recht 
als neutrale Verbindungen an. In diesem Falle müssen wir aber, 
um nicht inconsequent zu handeln, alle die kohlensauren Salze, 
wo die Kohlensäure nur doppelt so viel Sauerstoff, als die damit 
vereinigte Basis , enthält, also die gewöhnlichen kohlensauren 
Alkalien, als neutrale^ und die mit Kohlensäure völlig gesättigten 
als saure Salze ansehen. Denn versuchen wir z. B. die Be- 
standtheile des neutralen kohlensauren Natrons nach dem 
schwefelsauren Baryt, dem schwefelsaurem Natron und dem 
kohlensauren Baryt zu berechnen, so giebt das Resultat das ge- 
wöhnliche kohlensaure Natron. 



V. Die Phosphor-Säuren. 

Die Phosphorsäure sättigt so viel Basis, dass in den phosphor- 
sauren Salzen die Fhosphorsäure (wie die Kohlensäure) genau zweimal 
so viel Sauerstoff als die Basis enthält. 25) 

ö) 4 g phosphorsaurer Baryt wurden in Salpetersäure auf- 
gelöst und mit schwefelsaurem [201] Kali niedergeschlagen. 
Der geglühte Niederschlag betrug 4,397 g. Diese enthalten 



112 Jacob BerzeliuB. 

2,888 g Baryt und zeigen 1,112 g Phosphorsäure in 4 g phos- 
phorsaurem Baryt an. Der phosphorsaure Baryt he&teht also aus 

Phosphorsäure 27,8 100,0 

Baryt 72,2 259,7 

100,0 359,7 

b) Ich löste 5 g reines Blei in Salpetersäure auf, und trock- 
nete die Auflösung ein. Das neutrale salpetersaure Bleioxydul 
wurde in Wasser aufgelöst und mit neutralem phosphorsauren 
Ammoniak niedergeschlagen; das gut ausgewaschene und ge- 
glühte phosphorsaure Bleioxydul wog 6,8 g; in der Flüssigkeit 
liess sich mit Schwefel -Wasserstoff keine Spur von Bleioxydul 
entdecken. Nun nehmen 5 g Blei 0,985 g Sauerstoff auf, um 
damit Oxydul zu bilden; es hatten sich also mit 5,385 g Blei- 
oxydul 1,415 g Phosphorsäure verbunden, und äa^s phosphor- 
saure Bleioxydul besteht aus 

Phosphorsäure 20,809 100,00 

Bleioxydul 79,191 380,56 

100,000 480,56 

Wenn wir diese Resultate durch Berechnung prüfen, so fin- 
den sie sich bestätigt. Es sättigen 100 Th. Schwefelsäure 
191,427 Th. Baryt und 279 Th. Bleioxydul; 100 Th. Phosphor- 
säure sättigen 259,7 Th. Baryt. Nun aber ist 191,427 : 279 
= 259,7: 378,51. Die kleine Verschiedenheit in dem gefun- 
denen [202] Resultat von dem berechneten beträgt nur yöW ^^^ 
dem Gewicht des Bleisalzes. 

Nun enthalten 380,56 Th. Bleioxydul 27,21 Th. Sauerstoff, 
welche mit 2 multiplicirt 54,42 geben. Nach dieser Berechnung 
würden also 100 Theile Phosphorsäure bestehen aus 45,58 Th. 
Phosphor und 54,42 Th. Sauerstoff. Der sei. Böse hat gefun- 
den, dass 5 g Phosphor 5,5555 g Sauerstoff verschlucken, oder 
dass 100 Theile Phosphorsäure aus 47,62 Theilen Phosphor 
und 52,838 Theilen Sauerstoff bestehen. Wenn man sich an 
die, dem Phosphor beim Wiegen unvermeidlich anhängende 
Feuchtigkeit erinnert , so stimmt die Analyse des Herrn Böse 
mit der Berechnung sehr gut tiberein*). 



*) Journal der Chemie und Physik 2. Bd. S. 318. Itose versuchte 
eine bestimmte Menge Phosphor in phosphorsaures Bleioxydul zu ver- 
wandeln, und erhielt von 50 Gran Phosphor 481 g phosphorsaures Blei- 
oxydul. Nach diesem Versuch , wenn er völlig richtig wäre , sollte 
der Phosphor weniger als gleiche Theile Sauerstoff aufnehmen, oder 



Bestimmte Verhältnisse. 113 

Wenn nun aber die Phosphorsäure nur 2 mal so viel Sauer- 
stoff enthält , als die Basis , von der sie gesättigt wird , wie viel 
Sauerstoff hat man in [203] der phosphorigen Säure zu ver- 
muthen? Ich kenne diese Säure aus eigener Erfahrung nicht, 
kann also davon nichts Bestimmtes sagen. Es wäre aber möglich, 
dass auch sie zwei mal so viel Sauerstoff als die Basis, von der 
sie gesättigt wird, enthielte. In diesem Fall mtissten phospho- 
ngsaure Salze, wenn man sie in verschlossenen Gefässen erhitzt, 
Phosphor hergeben, und ein neutrales phosphorsaures Salz zu- 
rücklassen. Dieses ist auch nach der Angabe der Herren Four- 
croy und Vauquelin der Fall, und es lässt sich wohl nicht 
vermuthen, dass der geschickte Vauquelin die überschüssige 
Basis übersehen haben werde, falls die phosphorigsauren Salze 
eine ähnliche Zerlegung in der Hitze als die schwefeligsauren 
Salze erlitten hätten. Die phosphorigsauren Salze müssen sich 
also zu dem Phosphor, wie die überoxygenirt- salzsauren Salze 
zu dem Sauerstoff verhalten. 



VI. Die Arsenik-Säuren. 

Wir haben von der Arseniksäure und der arsenigen Säure 
mehrere sehr gute Analysen, nach welchen jene 50 bis 56 und 
diese 33,33 Th. Sauerstoff gegen 100 Th. Metall enthalten, oder 
die Arseniksäure aus ^ Metall und ^ Sauerstoff und die arsenige 
Säure aus \ Metall und \ Sauerstoff bestehen soll. Wenn aber 
die Zusammensetzung der letzteren richtig bestimmt ist, so muss 
nach den Gesetzen , welche ich aufgefunden habe , die erstere 
entweder 50 oder 66 Th. Sauerstoff, d. i. l^ oder zweimal so 
viel Sauerstoff als die letztere enthalten. 

[204] Um dieses näher zu untersuchen, löste ich 10 g 
Arsenikmetall in Salpeter-Salzsäure auf, dünstete die Auflösung 
ab, löste die Säure in sehr wenigem Wasser auf, und vermischte 
sie in einem gewogenen Platintiegel mit einer Auflösung von 
30 g Bleioxyd in Salpetersäure. Diese Mischung rauchte ich 
bis zur Trockniss ab, und glühte sie. Der geglühte Rückstand 



nach der Analyse des phosphorsauren Bleioxyduls, welche Herr Mose 
angeführt hat, berechnet, wäre die Phosphorsäure aus gleichen Thei- 
len Sauerstoff und Phosphor zusammengesetzt. Es ist also zwischen 
den beiden Versuchen des Herrn Roscy nach welchen 100 Th. phos- 
phorsaures Bleioxydul 22,3 Th. Säure enthalten, und 50 Th. Phosphor 
481 Th. Bleioxydul geben, ein Widerspruch, der die Richtigkeit 
dieser beiden Versuche verdächtig macht. 

Ostwald's Klassiker. 35. S 



114 Jacob Berzelius. 

wog 44,95 g. Also hatten 100 Th. Metall 49,5 Th. Sauerstoff 
aufgenommen. Der nämliche Versuch, mit 3 g Arsenik wieder- 
holt, gab 4,5 g Arseniksäure ; 100 Th. Metall hatten also 48,3 g 
Sauerstoff aufgenommen. Noch einmal mit 1 g Metall wiederholt 
gab der Versuch 1,53 g Arseniksäure. Die Versuche, welche 
ich auf diese Art angestellt hatte, um alles Wasser entfernt zu 
erhalten, gaben mir also sehr ungleiche Resultate. Theils behält 
in ihnen die Arseniksäure ein wenig Salzsäure zurück, welche 
mit dem Bleioxydul verfliegt, theils fangen die beiden freien 
Säuren in einer höheren Temperatur an , um das Bleioxydul zu 
kämpfen , wobei ein wenig von der nicht verbundenen Arsenik- 
säure sich zersetzt und verfliegt. *) Obgleich alle diese Versuche 
keine bestimmten Resultate über den Sauerstoffgehalt der Arsenik- 
säure geben, zeigen sie doch [205] hinlänglich, dass 100 Th. 
Metall mit 66 Th. Sauerstoff darin nicht verbunden sein können, 
und dass also die Arseniksäure nur 1^ mal so viel Sauerstoff 
als die arsenige Säure enthalten muss. 

Um zur wahren Kenntniss dieser beiden Säuren zu ge- 
langen, untersuchte ich ihre Verbindungen mit dem Bleioxydul. 

Arsenigsaures BleioxyduL Ich löste 20 g Bleioxydul in 
Salpetersäure auf, und trocknete die Auflösung ein, um die 
überschüssige Säure zu entfernen. Das in Wasser aufgelöste 
salpetersaure Bleioxydul wurde mit arsenigsaurem Kali**) so 
lange versetzt, als noch ein Niederschlag erschien. Der anfangs 
schleimige Bodensatz wurde in der Wärme pulverig und setzte 
sich vollkommen ab. Auf ein Filtrum genommen, ausgewaschen 
und streng getrocknet, wog er 39,126 g. In einer kleinen Glas- 
retorte in völliger Glühhitze geschmolzen, gab er 0,665 g 
Wasser und 1,651 g arsenige Säure. Es hatten also 20 g Blei- 
oxydul 36,81 g neutrales arsenigsaures Bleioxydul gegeben. — 
Der nämliche Versuch wurde auf eine veränderte Weise wieder- 
holt. Ich vermischte 5 g Bleioxydul mit 6 g arseniger Säure 
genau und erhitzte beide in einem gewogenen bedeckten Platin- 



*) Um mich zu überzeugen, dass Arsenik keinen Wasserstoff 
enthält , der das Resultat vielleicht hätte können unrichtig machen, 
erhitzte ich Arsenikmetall mit Zinnoxyd in einer kleinen gläsernen 
Retorte; es zeigten sich dabei Spuren von Feuchtigkeit, die aber zu 
gering waren, um gewogen zu werden. Im Halse der Retorte hatte 
sich arsenige Säure sublimirt. 

**) Durch Auflösung von weissem Arsenik in kohlensaurem Kali, 
bis dass die abgekühlte Auflösung arsenige Säure in Krystallen ab- 
setzte, bereitet. 



Bestimmte Verhältnisse. 115 

tiegel, langsam [206] bis zum völligen Rothglühen. Das erhal- 
tene arsenigsaure Blei wog 9,22 g. 

Wenn nun 36,81 Th. arsenigsaures Bleioxydul 20 Th. 
Bleioxydul enthalten, so ist dieses Salz folgendermaassen zusam- 
men gesetzt: 

Arsenige Säure 45,667 100,000 

Bleioxydul 54,333 118,977 

100,000 218,977 

Wenn wir aber nach dem letztern Versuch rechnen, so werden 
100 Th. Säure von 118,476 Th. Bleioxydul gesättigt. Diese 
beiden Versuche weichen also von einander sehr wenig ab. 

Da das arsenigsaure Bleioxydul ein sehr wenig bekannter 
Körper ist , glaube ich einige Bemerkungen über die äusseren 
Charaktere desselben beifügen zu müssen. Wenn man es 
durch Niederschlagen bereitet hat, so ist das weisse pulverige 
Salz vielleicht der am stärksten elektrische Körper, den wir 
kennen. Wenn ich etwas davon in einem Mörser rieb, so spritzte 
es rings herum, und wenn ich es ausschütten wollte, so blieb es 
im Mörser hängen. Machte ich es los , so breitete es sich im 
Fallen über eine mehrere Zoll im Durchmesser haltende Fläche 
aus. Der Schwefel zeigt die nämlichen Erscheinungen, aber 
in viel geringerem Grade. Das geschmolzene Bleisalz fliesst 
nicht sonderlich leicht, ist durchscheinend, und behält diese 
Eigenschaft nach dem Erstarren. Die Farbe desselben zieht 
sich sehr schwach ins Gelbliche. Enthält das Bleioxydul eine 
Spur von Kupfer, so [207] ist das geschmolzene Salz bouteillon- 
grün, und von gewöhnlicher Bleiglätte wird es ganz schwarz. 
Wird es unter Zutritt der Luft geglüht, so entbindet sich arse- 
nigte Säure, und es bildet sich arseniksaures Bleioxydul, welches 
in dem geschmolzenen Salze zu Boden sinkt. 

Die arsenige Säure lässt sich nach dem arsenigsauren 
Bleioxydul leicht berechnen. Meine erste Vermuthung, dass sie 
wie die schweflige Säure zweimal so viel Sauerstoff als die sie 
sättigende Basis enthalten dürfte, bestätigte sich aber nicht. 
Denn da 118,977 Th. Bleioxydul 8,5068 Th. Sauerstoff ent- 
halten, so würde in diesem Falle die arsenige Säure auf 100 Th. 
nur 17,0136 Th. Sauerstoff gegen 83,9864 Th. Metall halten; 
und damit ist keine der Analysen von Buchholz ^ Rose, The- 
nard und Proust zu vereinigen. Wenn aber die arsenige 

8* 



116 Jacob Berzelius. 

Bäuro dreimal so viel Sauerstoff in sich enthält als das von ihr 
gesättigte Bleioxydul, so ist ihre Zusammensetzung die folgende: 

Arsenik 74,48 100,000 

Sauerstoff 25,52 34,263 



— B 



100,00 134,263 

Und diese Bestimmung trifft sehr nahe mit denen der ange- 
führten Chemiker überein. 

Arseniksaures Bleioxydul. Ich löste 10g sehr reines ge- 
glühtes arseniksaures Bleioxydul in verdünnter Salpetersäure 
auf, und schlug die Auflösung mit schwefelsaurem Ammoniak 
nieder. Die [208] aufgehellte Flüssigkeit wurde bis zum Trock- 
nen abgeraucht , und die trockene noch saure Masse in Wasser 
aufgelöst. Sie hinterliess eine nicht unbedeutende Menge 
schwefelsaures Bleioxydul, und noch mehr wurde durch Sättigung 
mit kaustischem Ammoniak niedergeschlagen. Der gesammelte, 
gut ausgewaschene und geglühte Niederschlag wog 9,559 g. 
Da dieses nicht mit den von Klaproth und Rose angegebenen 
Resultaten übereinstimmte, wiederholte ich den Versuch noch 
mit 6 g arseniksaurem Bleioxydul. Das erhaltene geglühte 
schwefelsaure Bleioxydul wog 5,731 g, stimmte also sehr nahe 
mit dem Resultate des vorigen Versuchs überein. Da Klaproth 
und Rose die Auf löslichkeit des schwefelsauren Bleioxyduls in 
der Mischung dieser beiden Säuren nicht bemerkt haben, so 
war wohl dieses die Ursache , warum sie einen geringeren Blei- 
gehalt, als ich, fanden. Denn als ich 10 g arseniksaures Blei- 
oxydul, ohne die überschüssige Säure zu sättigen, mit schwefel- 
saurem Natron zerlegte, erhielt ich nur 0,042 g geglühtes 
schwefelsaures Bleioxydul, welches mit der Angabe der ge- 
nannten Chemiker genau übereinstimmt. — Das arse?iiksaure 
Bleioxydul besteht also dem Angeführten zufolge aus 

Arseniksäure 29,6317 100,0 

Bleioxydul 70,3683 237,5 

. lÖb^OOÖÖ ^33 7^'*] 



*) Es schien mir wahrscheinlich, dass es auch ein saures arsenik- 
saures Blei gebe, worin 100 Th. Säure nur mit der Hälfte so viel 
Basis als im neutralen vereinigt seien , das Blei also doppelt so viel 
Arsenik als im neutralen in sich aufqehme ; und in einem solchen 
sauren Salze würde das nämliche Verhältniss zwischen Säure und 
Basis, als im neutralen arsenigsauren Bleioxydule stattfinden. Ich 
löste daher arseniksaures Bleioxydul in Salpetersäure auf, dunstete 



Bestimmte Verhältnisse. 117 

[209] Die Arseniksäure, Als ich die Zusammensetzung 
der Arseniksäure nach diesen Datis berechnen wollte , glaubte 
ich anfangs die Arseniksäure werde nicht weniger als dreimal 
so viel Sauerstoff als das damit neutralisirte Bleioxydul ent- 
halten ; dann hätte sie aber mehr als zur Hälfte aus Sauerstoff 
bestehen müssen. Sie konnte also nur zweimal den Sauerstoff 
der Basis enthalten; denn 237,52 Th. Bleioxydul schliessen 
16,981 Th. Sauerstoff in sich und es ist 16,981X2 = 33,962. 
Die Arseniksäure ist nach dieser Berechnung zusammenge- 
setzt aus 

Arsenik 66,038 100,000 

Sauerstoff 33,962 51,428 

100,000 151,428 

Nun aber nehmen 100 Th. metallischer Arsenik 34,263 Th. 
Sauerstoff in sich auf, um zur arsenigen Säure zu werden, und 
es ist 34,263 X H = 51,3945, [210] eine Zahl, welche nur 
um 0,0335 von der für den Sauerstoffgehalt der Arseniksäure 
gefundenen abweicht. Die Arseniksäure folgt also der nämlichen 
Vermehrungsstufe wie die Schwefelsäure, die oxygenirte Salz- 
säure, das Eisenoxyd und das Bleioxyd (die Mennige), (^^j 

Aber welche Verschiedenheiten selbst mitten unter diesen 
Analogien ? Die schwefligsauren Salze nehmen Sauerstoff auf, 
ohne die innere Zusammensetzung zu verändern , und werden 
dadurch schwefelsaure Salze. Die phosphorigsauren Salze geben 
einen Theil von ihrem Phosphor her, damit er Phosphorsäure 
werde, und die überoxygenirt - salzsauren Salze einen Theil 
von ihrem Sauerstoff, um in salzsaure Salze überzugehen. Die 
arseniksauren Salze werden dagegen im Feuer nur durch Zu- 
tritt von Sauerstoff verändert, weil sie mehr Arsenik und mehr 
Sauerstoff als die arseniksauren Salze enthalten. Kann aber ein 
Theil von der darin befindlichen arsenigen Säure sich höher 
oxydiren, so drängt sie einen andern Theil, der mit der ver- 
brannten ein gleiches Gewicht hat, aus der Mischung aus. Dieses 



die Auflösung langsam bis zum Krystallisiren ab, und sammelte das 
Salz. Dieses Salz war aber nicht das, welches ich vermuthet hatte, 
sondern eine doppelte Vereinigung von arseniksaurem und salpeter- 
saurem Bleioxydul. Es wurde vom Wasser zersetzt; das salpetersaure 
Bleioxydul löste sich auf, die Krystalle verloren ihre Durchsichtig- 
keit, und das arseniksaure Bleioxydul fiel als ein weisses Pulver zu 
Boden. Ein saures arseniksaures Bleisalz scheint also nicht existiren 
zu können. 



118 Jacob Berzelius. 

sind Erscheinungen , welche wir, ohne dass wir nöthig gehabt 
hätten, sie zu sehen, aus den im Vorhergehenden angeführten 
Ansichten im Voraus hätten berechnen können. — Es ist be- 
merkenswerth , dass keine von diesen doppelten Säuren des 
nämlichen Radikals demselben Gesetze in Ansehung der Sätti- 
gungs-Capacität der Basen unterworfen ist. Die Schwefelsäure 
enthält [211] im Verhältniss gegen die von ihr gesättigte Basis 
die Hälfte Sauerstoff mehr, als die schweflige Säure. Die Menge 
von phosphoriger und von Phosphorsäure, welche einerlei 
Basis sättigen, enthalten dagegen gleiche Theile Sauerstoff; die 
arsenige Säure enthält in Beziehung auf die sie sättigende 
Basis die Hälfte Sauerstoff mehr als die Arseniksäure , indess 
die tiberoxygenirte Salzsäure , wie wir sehen werden , dreimal 
mehr Sauerstoff gegen die von ihr gesättigte Basis als die Salz- 
säure enthält. 

Die Arsenik' Metalle, Sowohl in den schwefligsauren 
als in den schwefelsauren Salzen ist das Metall im Minimum 
mit Schwefel verbunden ; die sauren schwefelsauren Salze ent- 
halten dagegen die Schwefelverbindung im Maximum, Die 
phosphorigsauren Salze entsprechen solchen Verbindungen, wo 
der Phosphor entweder l^mal oder zweimal so viel beträgt, als 
in den Phosphor -Verbindungen im Minimum, je nachdem die 
Menge der Phosphorsäure , welche eine Basis sättigt, 1|^ oder 
zweimal so viel Sauerstoff als die die Basis sättigende Menge 
von phosphoriger Säure enthält. Die phosphorsauren Salze 
werden aller Wahrscheinlichkeit nach von dem Phosphor-Metall 
im Minimum gebildet. Man sollte glauben, das Nämliche fände 
auch mit den zwei Arten arseniksaurer Salze statt. Wenn man 
aber nach den beiden Bleisalzen die Menge von Arsenik be- 
rechnet, welche mit 100 Th. Blei in dem einen und dem andern 
Fall vereinigt ist, so findet man, dass [212] 100 Th. Blei im 
arsenigsauren Blei 67,578 und im arseniksauren Blei 29,943 Th. 
Arsenik aufnehmen. Dieses ist weniger als die Hälfte von jenem, 
und zwar fehlt, da 29,943 X 2 = 59,886 ist, genau so viel, 
als das Blei an Sauerstoff aufnimmt, nämlich 7,7 Th. auf 100 Th. 
Blei. Wenn die angeführte Beobachtung richtig ist , dass die 
arsenige Säure |- soviel Sauerstoff als die Arseniksäure enthält, 
und dass sie eine Menge von Basis sättigt, welche \ so viel Sauer- 
stoff als sie selbst enthält, so kann in der That in den arsenig- 
sauren Salzen niemals doppelt so viel Arsenik gegen das Blei, 
wie in den arseniksauren Salzen gefunden werden. Dieses er- 
regte bei mir gegen die Richtigkeit der Versuche Misstrauen ; 



Bestimmte Verhältnisse. 119 

sie haben mir aber bei Wiederholung derselben das nämliche 
Resultat gegeben. Da überdies ein anderes Gesetz für die 
Sättigungs-Capacität der Säuren eine sehr grosse Verschieden- 
heit in den Resultaten voraussetzt, so scheint es mir ausgemacht 
zu sein, dass ein kleiner Fehler in den Versuchen keinen 
wesentlichen Einfluss auf die hier gezogenen Schlussfolgen 
haben kann. 

Es ist indess wohl nicht zu bezweifeln, dass der Arsenik 
sich mit den Metallen , ganz wie der Schwefel , in bestimmten 
Verhältnissen verbindet; denn in den natürlichen Arsenik- 
Metallen, z. B. im Arsenik -Kobalt oder im Arsenik -Eisen sind 
Arsenik und Kobalt , sowie Arsenik und Eisen , offenbar immer 
in demselben Verhältniss mit einander vereinigt. Wenn aber 
der Arsenik nicht [213] die nämlichen Vermehrungsstufen mit 
den Metallen , wie mit dem Sauerstoff befolgt , so müssen Ab- 
weichungen dieser Art eintreten , ganz so, wie ich das bei dem 
Schwefel und Eisen im basischen schwefelsauren Eisenoxyd ge- 
zeigt habe (S. 38 dieser Ausgabe). Diese Abweichungen aber 
werden vielleicht eines Tages Abweichungen zu sein aufhören, 
wenn wir die niedrigsten Verbindungsstufen werden kennen 
gelernt haben. 

Es lässt sich nicht bezweifeln, dass auch die übrigen Metalle 
mit einander in bestimmten Verhältnissen sich vereinigen , ob- 
gleich die Möglichkeit, die meisten in allen Verhältnissen zu- 
sammenzuschmelzen , uns bis jetzt die bestimmten chemischen 
Verbindungen verborgen haben. Das Kalium z. B. krystallisirt 
mit dem Quecksilber in zwei bestimmten Verhältnissen, von 
denen das eine doppelt so viel Kalium gegen das Quecksilber, 
als das andere enthält. Der Dianenbaum ist die nämliche Zu- 
sammensetzung von Quecksilber und Silber. Wird eine Mischung 
von Zink und Kupfer in Destillirgefassen einer höheren Tempe- 
ratur ausgesetzt, so lässt sie einen Theil Zink fahren, der übrige 
Zink aber kann, so lange die Luft keinen Zutritt hat, nicht vom 
Kupfer sich abscheiden. Wenn man Zink destillirt , um es zu 
reinigen, bleiben Zinklegirungen zurück , von welchen das Zink 
nicht verflüchtigt werden kann. Alles dieses deutet auf bestimmte 
Verbindungs -Verhältnisse auch zwischen den Metallen , welche 
sich nach allen [214] Verhältnissen mischen lassen. Diese Ver- 
bindungs-Verhältnisse werden wir in Zukunft nach den Oxydulen 
berechnen können; denn die Metalle müssen sich entweder in 
solchen Verhältnissen mit einander verbinden , dass sie gleiche 
Theile Sauerstoff aufzunehmen vermögen , oder dass das am 






120 Jacob Berzelius. 

mindesten negative von beiden zwei-, drei-, viermal so viel 
Sauerstoff als das am meisten negative aufnehmen kann*). Ich 
hatte mir vorgesetzt, eine Reihe von Versuchen über diesen 
Gegenstand vorzunehmen , da aber hinlängliche Genauigkeit in 
diesem Fall weit schwieriger zu erreichen ist, die Versuche 
selbst kostspielig und zeitraubend sind , und die Richtigkeit der 
Sache ohnehin sehr leicht einzusehen ist, bin ich von diesem 
Vorhaben abgestanden. 

Das ArsenikoxyduL Es war mir wahrscheinlich , dass der 
Arsenik, welcher in seinen Oxydationsstufen dem Schwefel 
ähnlich ist, auch ein Oxydul habe, dessen Sauerstoffgehalt der 
sechste Theil von dem der Arseniksäure sei , das ist , worin 
100 Th. Metall mit 8,57 Th. Sauerstoff vereinigt waren. Ich 
mischte daher 10 g geschmolzenes [215] salzsaures Bleioxydul 
mit 6 g metallischen Arsenik, und glühete die Mischung in 
einer kleinen Glasretorte. Der Arsenik sublimirte sich metal- 
lisch, und das salzsaure Bleioxydul blieb unzerlegt zurück. Es 
scheint also, dass der Arsenik kein mit der Salzsäure verbin- 
dungsfähiges Oxyd geben kann. 

Jeder Chemiker weiss aber, dass der Arsenik in der Luft zu 
einem schwarzen Pulver zerfällt , das nicht mehr metallisch ist, 
und also ein Arsenikoxyd darstellen muss. Ich setzte daher zwei 
Gramm sehr fein gepulverten Arsenik in einer kleinen mit 
Papier bedeckten Glasschale zwei Monate lang auf dem Stuben- 
• ofen einer Temperatur zwischen 30° und 40° aus, wog sie von 
Zeit zu Zeit, und rührte das Pulver jedes Mal um. Nach Verlauf 
\ von zwei Monaten war die Masse in ein schwärzlich braunes 

'^ Pulver verwandelt und hatte 0,162 g an Gewicht zugenommen. 

Während des letzten Monats nahm sie nur 0,0075 g zu, wobei 
sie stehen blieb. 1 00 Th. Arsenik hatten sich also mit 8,475 Th. 
Sauerstoff verbunden. Dieses ist aber so nahe ^ von dem Sauer- 
stoffgehalt der Arseniksäure , dass der Unterschied nicht mehr 
als ein halbes Tausendtheil von dem Gewicht des Arsenik- 



*) Es ist leicht einzusehen, dass, da die Erdarten als Metalloxyde 
betrachtet werden müssen, dieses nach der oben angeführten Regel 
auch von den Verbindungen der Erdarten und der Metalloxyde in den 
krystallisirten , d. i. in allen durch chemische Verwandtschaft ge- 
bildeten Mineralien gelten muss ; so dass der Sauerstoff auch in ihnen 
die Proportion in der Verbindung bestimmt. Alle Analysen der Mine- 
ralien müssen also nach dieser Ansicht wiederholt imd geprüft werden. 



fe ■-. 



Bestimmte Verhältnisse . 121 

oxydnls beträgt, und giebt also einen neuen Beweis ab, dass die 
Multipla nach 1^ nur scheinbar sind, und wirkliche Multipla 
mit 6,12 u. f. darstellen. Das Arsenikoxydul reducirt sich in 
der Hitze, und giebt metallischen Arsenik und arsenige Säure. . 

[216] VII. Die Scheliumsäure H und die 

Molybdänsäure. 

Da ich mit diesen Säuren eigene Versuche anzustellen 
keine Gelegenheit gehabt habe, werde ich sie nur nach den 
Analysen der Herren Bucholz und Klaproth berechnen. 
Klaproth (Beiträge 3. B. S. 47) fand, dass 100 Th. schelium' 
saurer Kalk 32 Th. kohlensauren Kalk und 77,75 Th. Schelium- 
säare gaben. Diese 32 Th. kohlensaurer Kalk enthalten 1 8,05 Th. 
Kalk, worin sich 4,0719 Th. Sauerstoff befinden. Werden diese 
mit 4 multiplicirt , so geben sie 16,2876; und wenn so viel 
Sauerstoff in 77,75 Th. Scheliumsäure enthalten ist, so besteht 
diese Säure aus 79,1 Th. Metall und 20,9 Th. Sauerstoff. Buch" 
holz fand diese Säure aus 80 Th. Metall und 20 Th. Sauerstoff 
zusammengesetzt. 

100 Gran molybdänsaures Bleioxydul gaben in KlaprotN% 
Analyse (Beiträge 2. Th. S. 274) 74^ Gran salzsaures Blei- 
oxydul. Dieses enthält 59,9 g Bleioxydul, mit 4,282 g Sauer- 
stoff, welche mit 3 multiplicirt 12,846 geben. Das Molybdänsalz 
lieferte 34,25 Th. Säure, und enthielt diese 12,846 Th. Sauer- 
stoff, so muss die Molybdänsäure aus 65,5 Th. Metall und 
34,5 Th. Sauerstoff bestehn. Bucholz fand diese Säure zu- 
sammengesetzt aus 66,37 Th. Metall und 33,33 Th. Sauerstoff. 

Die diesen beiden Berechnungen zum Grunde liegenden 
Analysen sind nicht völlig genau; der kleinen Abweichung unge- 
achtet dienen daher [217] diese Resultate als vollwichtige neue 
Beweise für das Naturgesetz, welches ich hier zu enthüllen be- 
müht gewesen bin. 

Da alle Säuren, deren Zusammensetzung wir einigermaassen 
kennen, der angeführten Regel gehorchen, so können wir, glaube 
ich, mit Sicherheit die nämliche Berechnung anwenden, um die 
Zusammensetzung auch von den Säuren aufzufinden, welche 
wir durch directe Versuche nicht analysiren können. Es wird 
mir daher erlaubt sein, dieses Gesetz auf die Salzsäure und auf 
die Säuren mit zusammengesetztem Radikal auszudehnen. In 
den letzten werden wir den Uebergang von der unorganischen 
zu der organischen Natur sehen, mit Modificationen der nämlichen 
Gesetze, welche die Natur in beiden befolgt. 



122 Jacob BerzeliuB. 

VIIL Die Salzsäure und die überoxygenirte 

Salzsäure. 

Die Salzsäure enthält Sauerstoffe und zwar so viel, dass in den 
salzsauren Salzen sich in ihr zweimal so viel Sauerstoff, als in der Basis 
heßndet. In den üheroxygenirt salzsauren Salzen enthält die Säure acht- 
mal so viel Sauerstoff als die JBasiSy und lässt im Feuer sechsmal so viel 
Sauerstoff, als die £asis enthält, entweichen, (28) 

Ich setzte 4 g tiberoxygenirt- salzsaures Kali, das ich auf 
einer heissen Sandkapelle sehr schnell getrocknet hatte, in einer 
kleinen gewogenen Retorte einer höheren Temperatur aus, leitete 
das entweichende Sauerstoffgas durch eine mit salzsaurem Kalke 
gefüllte Glasröhre, deren [218] Gewicht genau bestimmt war, 
und endigte den Versuch erst, als kein Sauerstoffgas mehr ent- 
wich, und die Retorte glühte. Die kleine Retorte hatte 1,5525 g 
an Gewicht verloren. Während der ganzen Operation war keine 
Spur von Feuchtigkeit in dem Halse zu entdecken ; in dem Ge- 
wölbe hatte sich aber ein vielleicht mechanisch mit aufwärts 
geführtes Sublimat angelegt, welches genau 0,01 g wog, und 
noch unzerlegtes tiberoxygenirt - salzsaures Kali war. Die mit 
salzsaurem Kalke gefüllte Glasröhre hatte, nachdem das Sauer- 
stoffgas mit einem recht trockenen Beutel von Kautschuk 
herausgeblasen war, 0,005 g am Gewichte zugenommen. Der 
Verlust an Sauerstoffgas betrug also 1,5475 g. Die in der Re- 
torte gebliebene Salzmasse wog 2,4375 g und musste, der Ana- 
lyse des salzsauren Kali (S. 170) zu Folge, aus 0,8913 g Salz- 
säure und 1,5642 g Kali bestehen. Es waren also 0,8913 g 
Salzsäure mit 1,5475 g Sauerstoff in Verbindung gewesen, 
welches auf 100 Th. Salzsäure 173,62 Th. Sauerstoff giebt. 
Da nun die oxygenirte Salzsäure (nach Davy und Gay-Lussac) 
so vielen Sauerstoff enthält , als die gewöhnliche Salzsäure in 
den Basen, welche sie sättigt, erheischt, und also 100 Th. Salz- 
säure 29,454 Th. Sauerstoff aufnehmen, um die oxygenirte 
Salzsäure zu bilden, — somüsste die Zahl 173,62 ein Vielfaches 
von 29,454 nach einer ganzen Zahl sein. Wirklich ist 29,454 
X 6 = 176,724, welches nur um 3,1 von dem [219] Versuche 
abweicht. Wir können also diesen Versuch als einen Beweis 
ansehen, dass das überoxygenirt-salzsaure Kali sechsmal so viel 
Sauerstoff im Feuer hergiebt , als der Sauerstoffgehalt des darin 
befindlichen Kali beträgt*), welches also auch mit allen andern 



*) Wenn man weiss, wie schwer es hält, das überoxygenirt- 
salzsaure Kali ganz von gemeinem salzsaurem Kali zu befreien , und 



Bestimmte Verhältnisse. 1 23 

neutralen Salzen der tiberoxygenirten Salzsäure eintreffen 
muss. 

In welchem Verhältnisse steht nun aber der in der rückstän- 
digen Salzsäure befindliche Sauerstoff zu dem des Kali und zu 
dem als Gas entwichenen Sauerstoff? Er muss , nach der Ana- 
logie mit den übrigen Säuren zu urtheilen , ein Multiplum nach 
2 oder 3 u. s. f. von dem Sauerstoffe des Kali ausmachen. 
Dass hier 3 der höchste Multiplicator ist , geht daraus hervor, 
dass alle andern eine grössere Summe geben , als das Gewicht 
der Säure beträgt. Dass aber auch 3 nicht der richtige Multi- 
plicator sein kann, zeigt sich leicht daraus, dass in diesem Falle 
die Säure aus 11,64 Th. Basis und 88,36 Th. Sauerstoff zu- 
sammengesetzt und die bekannten Oxydationsgrade davon 
Multipla nach \\ und 3 sein müssten^ welches ganz gegen das 
bis jetzt gefundene Progressions-Verhältniss ist. Die Salzsäure 
kann also nur zweimal so viel Sauerstoff als die Basis, von der 
sie gesättigt [220] wird, enthalten, und sie muss also aus 41,092 
Th. Basis und 58,908 Th. Sauerstoff zusammengesetzt sein*). 

Wie man sieht, lassen sich diese Stufen folgendermaassen 
ausdrücken: 1, 1^, 4; dabei vermissen wir aber das dritte Glied, 
oder das Multiplum nach 2. Dürften wir nach Analogie mit 
dem Schwefel schliessen, dass das Multiplum nach 1^, auch hier 
ein wahres Multiplum nach 6 von einer niedrigem Oxydations- 
stufe sei , so müssen in jenem fehlenden hypothetischen Oxydul 
des Salzsäure-Radikals 100 Th. Radikal mit 35,843 Th. Sauer- 
stoff vereinigt sein. Vielleicht werden wir eine Verbindung dieser 
Art mit der Zeit in dem Salzäther entdecken. Denn es ist wahr- 
scheinlicher, dass ein Oxyd in denselben eingeht, ganz wie das 
Stickstoffoxyd in den Salpeteräther, als dass die Säure von den 
Bestandtheilen des Aethers mit grösserer Kraft gehalten sein 
sollte, als von den stärksten Basen. Nach dem Gesagten ist die 
Zusammensetzung der Salzsäuren, wie folgt: 



wie wenig vom letztern erfordert wird , um das Resultat ungenau zu 
machen , so sieht man leicht ein , dass UnvoUkommenheit der Ver- 
suche und nicht Unrichtigkeit der Regeln hier an den Abweichungen 
Schuld haben. 

*) Da die Zusammensetzung des salzsauren Silbers nur bis auf 
ein Tausendtheil genau ist, so könnte dadurch diese Bestimmung um 
1 Procent verändert werden , und der Sauerstoffgehalt so viel 
grösser und der Gebalt an Basis so viel kleiner sein ; *eine mögliche 
Unrichtigkeit , von der ich hier ganz absehe , indem ich die Oxyda- 
tionsgrade des Salzsäure-Radikals aufsuche. 



1 24 Jacob Berzelius. , 

a) Die gemeine Salzsäuret 

Radikal 41,098 100,0000 

Sauerstoff 58,902 143,3633 

100,000 243,3633 

[221] b) Die oxygenirte Salzsäure : 

Radikal 31,742 100,00 Salzsäure 77,232 100,000 
Sauerstoff 68,258 215,06 Sauersto ff 22,768 29,454 

100,000 315,06 100,000 129,454 

cj Die überoxygenirte Salzsäure : 

Radikal 14,85 100,000 Salzsäure 36,14 100,000 

Sauerstoff_85,15 573,429 Sauerstoff 63,86 176,224 

TÖO,00 673,429 100,00 276,224 

Um den vermissten Oxydationsgrad zwischen der oxygenirten 
und der überoxygenirten Salzsäure aufzufinden , beschloss ich, 
die Zerlegung des überoxygenirt-salzsauren Ammoniaks näher 
zu untersuchen. Ich hatte vor einigen Jahren , als ich noch mit 
Methoden , das Ammoniak durch chemische Mittel zu zerlegen, 
beschäftigt war, das salzsaure Ammoniak durch eine Auflösung 
von überoxygenirt-salzsaurem Kalke in einem gewogenen Appa- 
rate zu zerlegen, und durch den Gewichtsverlust die Menge von 
entwichenem Stickgas zu bestimmen versucht , ich fand aber, 
dass zur Zerlegung des Salzes ein Ueberschuss an Säure erfordert 
wurde, und der Apparat verlor dabei sehr ungleiche Mengen 
eines Gas, welches den Geruch von oxygenirter Salzsäure in 
hohem Grade besass. Da ich für meinen damaligen Gegenstand 
kein anwendbares Resultat aus diesen Versuchen erhalten konnte, 
gab ich sie auf. Als ich aber anfing, über die Zusammensetzung 
des Ammoniaks und der Salzsäure Berechnungen anzustellen, 
fand ich, dass das überoxygenirt-salzsaure Ammoniak [222] so 
zusammengesetzt sein muss , dass die überschüssige Menge des 
Sauerstoffs der Säure doppelt so viel als zur Wasserbildung mit 
dem Ammoniak nöthig wäre, beträgt. Und da dieses Salz, wie 
Herr Chenevix angiebt, sich schon wenige Augenblicke nach 
dem Entstehen zu zerlegen beginnt , so musste es nebst Wasser 
und Stickgas eine neue Oxydationsstufe der Salzsäure hervor- 
bringen, worin 100 Th. Radikal mit 358,366 Th. Sauerstoff 
verbunden sind (d. i. ein Multiplum nach 2|), was mir aber 
sehr unwahrscheinlich schien. 



Bestimmte Verhältnisse. 1 25 

Aber es konnte wohl auch Wasser, Stickstoff, Stickstoff- 
oxydul und die fehlende Oxydationsstufe des Salzsäure-Radikals 
hei-vorbringen. Ich vermischte daher eine Auflösung von über- 
oxygenirt- salzsaurem Kali mit einer Auflösung von schwefel- 
saurem Ammoniak, welche beide völlig neutral waren, und 
kochte sie in einer Retorte mit vorgelegtem Gasapparate einige 
Zeit lang ; es entband sich aber kein Gas , und das noch rück- 
ständige Gas war nicht verändert. Wenn ich ein wenig Salz- 
säure zusetzte, entstand ein Aufbrausen und die Mischung wurde 
gelb, wobei sich Stickgas und oxygenirte Salzsäure entbanden. 
Wurde die neutrale Mischung gelinde abgedampft, so schoss 
daraus überoxygenirt-salzsaures Kali an, und das schwefelsaure 
Ammoniak efflorescirte , nach Gewohnheit, auf das Gefass rings 
herum. Es scheint also, dass diese beiden Salze einander nicht 
zerlegen. Da ich das überoxygenirt-salzsaure Ammoniak [223] 
nach der Methode des Herrn Chenevix zu bereiten versuchte, 
fand ich, dass zwischen neutralen Salzen keine Zerlegung statt 
findet, und dass nur, wenn die Säure oder das Alkali vorwalten, 
eine Zerlegung entstehen kann. Ein Ueberschuss von Ammo- 
niak entbindet Stickgas und das Oxymuriat wird in gewöhn- 
liches Muriat verwandelt. Ueberschuss an Säure entbindet 
oxygenirte Salzsäure und Stickgas. Dieses scheint also zu be- 
weisen, dass weder das überoxygenirte salzsaure Ammoniak, 
noch die gesuchte Oxydationsstufe der Salzsäure (zum wenigsten 
im isolirten Zustande) existiren kann. 



Resultat. 

Vergleicht man das , . was ich in dieser Abhandlung aus- 
einandergesetzt habe, mit unserer gewöhnlichen Erfahrung, so 
scheint mir dadurch für die unorganische Natur folgendes Gesetz 
der Bildung begründet zu werden : 

» In einer chemischen Verbindung von zwei oder mehreren 
oxydirtenKörpern (mag sie aus Säuren mit Säuren, oder aus Säuren 
mit Basen, oder aus Basen mit Basen bestehen) ist der Sauerstoff 
der in grösserer Menge gegetiwärtigen Körper ein Multiplum 
nach einer ganzen Zahl (d. i. na^h l, 2, 3, 4 u. s. f.) von dem 
Sauerstoffe des in geringerer Menge gegenwärtigen Körpers ; 
und in jeder chemischen Verbindung zioischen zwei [224] 
brennbaren Körpern sind diese in solchem Verhältnisse vor- 
handen^ dasSy wenn die Verbindung oxygenirt toird, eine neue 



1 



1 26 Jacob Berzelius. 

Zusammensetzung entsteht, welche nach dem eben angeführ- 
ten Gesetze gebildet ist.^*) 

Um nicht unrichtig verstanden zu werden, stehe hier vor- 
läufig aus den die organische Natur betreffenden Fortsetzungen 
meiner Versuche das Principfür die Bildung der organischen 
Products. Es lautet: 

yiln den organischen Producten sind zweiy drei oder meh- 
rere brennbare Körper gemeinschaftlich vereinigt um eine 
Portion Sauerstoff, welche nur zur Oxygenation eines ein- 
zigen von ihnen hinreicht, und diese Zusammensetzung kann 
nicht in nähere Bestandtheile getrennt oder daraus zusammen- 
gesetzt werden,^ 

Diese Verbindungsart gehört der organischen Natur so aus- 
schliessend, dass wenn dergleichen [225] Verbindungen in der 
unorganischen Natur vorkommen , wir ihnen immer einen orga- 
nischen Ursprung zuschreiben , und so viel ich weiss , kennen 
wir nur zwei Beispiele, wo wir aus ganz unorganischen Körpern 
Producte , die nach diesem Principe gebildet sind , hervorzu- 
bringen vermögen**). Da die unorganische Natur eines Theils 
aus brennbaren Körpern ohne Sauerstoff, und andern Theils aus 
oxygenirten Körpern besteht, so hat in den letzteren ein jeder 
brennbarer Körper seine Portion Sauerstoff, die ihm aus- 
schliessend gehört , und die ihm folgt , wenn er von den andern 
abgesondert wird. Die organischen Producte sind aber, obgleich 
sie niemals ohne Sauerstoff existiren, doch alle verbrennlich, 
weil der Sauerstoff, wenn er gleich dem einen nicht mehr als 
dem andern angehört, doch nur hinreicht, einen einzigen von 



*) Ich habe im Vorhergehenden geäussert, dass die krystallisirten 
Fossilien nach diesem Gesetze gebildet sein müssen. Dieses muss 
also auch für das Krystallw asser der Salze gelten. So habe ich gefun- 
den, dass der Sauerstoff des Krystallwassers entweder ein MuUiplum 
oder (wiewohl selten) ein SubmuUiplum nach ganzen Zahlen (1, 2, 3, 
4 u. s. f.) von dem der Salz-Basis ist. Im säuerlichen kohlens. Natron 
und im salzsauren Ammoniak enthalten das Wasser und die Basis 
gleiche Sauerstoffmengen. Im schwefelsauren Kalke , im salzsauren 
Baryte und im schwefelsauren Ammoniak ist die im Krystallwasser 
enthaltene Sauerstoffmenge die 2fache von der in der Basis. Im 
schwefelsauren Eisenoxydul enthält das Krystallwasser 7 mal , und 
im phosphorsauren, schwefelsauren und kohlensauren Natron enthält 
es 10 mal so viel Sauerstoff als die Basis. 

**) Hatchet'B artificieller Gerbestoff, und der artificielle Extractiv- 
stoff. Siehe meine Analyse des Roheisens, in Äfhandlingar i Ft/sik, 
Kemi och Miner alogi, 3. H. S. 132. 



Bestimmte Verhältnisse. 127 

den brennbaren Körpern , aus denen sie zusammengesetzt sind, 
auf eine bestimmte Oxydationsstufe , die dazu noch sehr selten 
die höchste ist, zu versetzen. (29) 

Hiermit ist denn auch (im Vorbeigehen zu bemerken) die 
lieber Schrift dieses Aufsatzes gerechtfertigt: Versuch, die be- 
stiminten und einfachen Verhältnisse aufzußnden, nach wel- 
chen die [226] Bestandtheile der unorganischen Natur mit 
einander verbunden sind. Mancher Leser wird sich überzeugt 
glauben, dass die nämlichen Gesetze für beiden Arten von Natur- 
körpern gelten müssen. Aus dem Angeführten sieht man aber, 
dass es eine bestimmte Modification in den Principien für beide 
giebt. Ich werde mich bemühen, in den Fortsetzungen dieser 
Versuche das letztgenannte Princip für die Bildung organischer 
Producte näher auseinanderzusetzen und zu bewähren. 



[162] Die Salpetersäure und die salpetersauren 
Salze, als Beweis, dass der Stickstoff nicht che- 
misch einfach ist. 

In meiner Abhandlung und in der ersten Fortsetzung der- 
selben glaube ich die Lehre völlig bewiesen zu haben, dass alle 
Salze nach einem solchen [163] Verhältnisse aus Säure und 
Basis zusammengesetzt sind , dass der in der Säure enthaltene 
Sauerstoff ein Vielfaches nach einer ganzen Zahl von dem in der 
Basis enthaltenen Sauerstoff ist. Bei diesen Erörterungen ist 
indess von der Salpetersäure noch nicht die Rede gewesen. Ich 
wollte die Analyse der salpetersauren Salze nicht eher als bei 
meinen Untersuchungen der thierischen Substanzen bekannt 
machen ; sie reihen sich indess besser hier an , da sie theils den 
erwähnten Satz bestätigen , theils als ein Nachtrag zu meinen 
Beweisen dienen können, dass der Stickstoff ein zusammen- 
gesetzter Körper ist ; ein Beweis , welchen ich in der ersten 
Fortsetzung meiner Abhandlung geführt habe. 

I. Die Salpetersäure. 

Versuch, ihre Zusammensetzung durch die Sättigungs- 

Capacität zu bestimmen. 

Eine grosse Schwierigkeit bei dieser Untersuchung liegt darin, 
dass die salpetersauren Salze ihres Krystallwassers nicht beraubt 



r 



1 28 Jacob Berzelius. 

werden können , ohne dass ein grösserer oder kleinerer Theil 
von der Säure sich zersetzt , daher man von der rückständigen 
Menge der Basis nicht mit Sicherheit auf [164] die der Säure 
schliessen kann ; ein Umstand , der mich sehr lange von dieser 
Untersuchung abhielt. Da es aber für die Beurtheilung meiner 
Analysen der thierischen Körper nothwendig wurde, auszu- 
mitteln , in wiefern der Stickstoff, durch seine modificirten elek- 
trischen Eigenschaften , als ein einfacher Körper angesehen 
werden könne, entschloss ich mich zu versuchen, diese Schwie- 
rigkeiten zu übersteigen , und das ist mir weit über meine Hoff- 
nung gelungen. Die salpetersauren Salze, welche ich zu dieser 
Untersuchung wählte , waren salpetersaurer Baryt , salpeter- 
saures Bleioxydul und salpetersaures Ammoniak, 

Salpetersaurer Baryt. 

Um dieses Salz völlig rein zu erhalten , erhitzte ich es in 
einem silbernen Tiegel bis zum Glühen, löste es dann in Wasser 
auf, filtrirte die Auflösung, sättigte sie mit reiner Salpetersäure, 
und dampfte sie bis zur Krystallisation ab. Um ferner das 
Krystallwasser zu bestimmen , welches ich in dem Salze ver- 
muthete, brachte ich 10 g in eine kleine gewogene Retorte, wel- 
cher eine mit salzsaurem Kalk gefüllte und ebenfalls gewogene 
gläserne Röhre, statt Vorlage, angepasst war. Der salpetersaure 
Baryt knisterte in der Hitze und zersprang zu einem feinen 
Pulver. Ich erhitzte ihn, bis das geschmolzene Salz Sauerstoff- 
gas zu entbinden anfing. Die Retorte hatte nun 0,052 g an 
Gewicht verloren, und die Röhre 0,046 g an Gewicht [165] zu- 
genommen. Ich habe gezeigt, dass das Wasser, welches ein 
Salz durch Knistern verliert, kein Krystallwasser sein kann, 
sondern in den Krystallen nur mechanisch eingeschlossen ist; 
es kann daher durch das Pulvern und Trocknen an einem warmen 
Orte sehr leicht entfernt werden. Es ist auch aus den dort an- 
geführten Ursachen zu vermuthen, dass die Krystalle, welche 
in der Hitze verknistern, kein chemisch gebundenes Wasser 
enthalten. Ich sehe dieses Verhalten des salpetersauren Baryts 
also als einen Beweis an, dass er kein Krystallwasser enthält. 

Es wurden 10g feingepulverter und sehr stark getrockneter 
salpetersaurer Baryt in einem gewogenen Platintiegel in Wasser 
aufgelöst, und mit Schwefelsäure niedergeschlagen; die Mischung 
wurde darauf eingetrocknet und geglüht. Der geglühte schwefel- 
saure Baryt wog 8,867 g, und nach der Ann. B. 8. S. 169 



Bestimmte Verhältnisse. 1 29 

mitgetheilten Analyse*) enthielt er 5,825 Th. Baryt. Folglich 
hatten 100 Th. Salpetersäure 140 Th. Baryt, worin sich 14,64 Th. 
Sauerstoff befinden, gesättigt. 

Zehn andre Gramm salpetersaurer Baryt wurden in Wasser 
aufgelöst und mit schwefelsaurem Ammoniak niedergeschlagen. 
Der schwefelsaure Baryt wog nach völligem Ausglühen 8,907 g. 
Diese enthalten 5,846 Th. Baryt, und 100 Th. Salpetersäure 
[166] sättigen hiernach 140,73 Th. Baryt^ worin sich 14,73 Th. 
Sauerstoff befinden. 

Salpetersaures Bleioxydul. 

Ganz ähnliche Erscheinungen, wie bei dem vorhergehenden 
Salze , in Ansehung des Wassergehalts , berechtigen auch bei 
diesem Salze zu dem Schlüsse, dass es kein Erystallwasser 
enthält. 

Zwanzig Gramm feingepulvertes und sehr stark getrocknetes 
salpetersaures Bleioxydul in einem gewogenen Platintiegel ge- 
glüht, gaben 13,445 g Bleioxydul. Es enthalten also 100 Th. 
von diesem Salze 67,2225 Th. Bleioxydul und 32,7775 Th. 
Salpetersäure; oder 100 Th. Salpetersäure sättigen 205,1 Th. 
Bleioxydul, welche 14,66 Th. Sauerstoff QVLi^2HQn, 

Diese beiden Versuche scheinen zu beweisen, dass 100 Th. 
Salpetersäure so viel Basis sättigen, als 14f Th. Sauerstoff ent- 
hält. Ist aber diese Säure zusammengesetzt aus 30,5 Th, Stick- 
stoff und 69,5 Th. Sauerstoff, wie Herr Gay-Lussac in seiner 
Abhandlung über die Verbindungen der gasförmigen Körper 
eines mit dem andern {Gilb, Annal. d. Phys. 1810. St. 9. S. 6 f.) 
darthut, so ist ihre Sauerstoffmenge (69,5) kein Multiplum nach 
einer ganzen Zahl von 14,66, sondern fällt zwischen dem 4fachen 
und dem 5fachen dieser letzteren Zahl. Betrachtet man dagegen 
die Salpetersäure als aus [167] 100 Th. Ammoniak und 62 Th. 
Sauerstoff zusammengesetzt, wie ich [Ann, B. 8. S. 186) gethan 
habe, oder in 100 Th. aus 13,12 Th. Ammonium und 86,88 Th. 
Sauerstoff, so hat man allerdings 14,66 x 6 = 87,9, und dann 
enthält also die Salpetersäure 6 Mal so viel Sauerstoff, als die 
Basis, wovon sie gesättigt wird. Der kleine Unterschied von 
1 Procent zwischen der nach der Zusammensetzung der Basis 
und der nach der Wiegung der Gasarten gemachten Bestimmung 
findet, wie wir gesehen haben , auch bei der Kohlensäure statt, 
und beruht also nicht auf Irrthum im Princip, sondern auf 



*) S. 92 dieser Ausgabe. 

Ostwald's Klassiker. 35. 



1 30 Jacob Berzeliu». 

einem kleinen Fehler in den Zahlen , auf welchen die Berech- 
nung gegründet ist. 

Vielleicht macht man mir den Vorwurf, dass, wenngleich die 
hier analysirten Salze kein Krystallwasser durch das Verknistern 
hergegeben haben , sie doch das Krystallwasser so fest können 
gehalten haben , dass es nicht eher als mit der Säure sich ab- 
schied ; und gesetzt, sie enthielten gerade so viel Krystallwasser, 
dass der Sauerstoff desselben dem der Basis gleich wäre , so 
würde die rückständige Salpetersäure , als aus Stickstoff und 
Sauerstoff zusammengesetzt betrachtet , nicht ganz 4 Mal so viel 
Sauerstoff, und als aus Ammonium und Sauerstoff [168] zusammen- 
gesetzt angesehen, genau 5 Mal so viel Sauerstoff als die Basis 
enthalten. Ich will diesen Einwurf an dem folgenden Salze 
prüfen. 

Salpetersaures Ammoniak. 

Dieses Salz müsste nach der letztgenannten Ansicht so zu- 
sammengesetzt sein, dass 100 Th. Ammoniak 267 Th. Salpeter- 
säure sättigen. Nach dem Volumen der gasförmigen Bestand- 
theile gerechnet, wie sie Herr Gay-Lussac angiebt, sind aber 
enthalten : 

in der Salpetersäure auf 100 Cubik-ZoU Stickgas 
200 Cubik-ZoU Sauerstoffgas ; 

in dem Ammoniak auf 100 Cubik-ZoU Stickgas 
300 Cubik-ZoU Wasserstoffgas. 

Man sieht leicht ein, dass die Säure in diesem Fall nur ein Viel- 
faches nach einer ganzen Zahl von dem Sauerstoff des Stick- 
stoffs, nicht aber von der ganzen Sauerstoffmenge des Ammoniaks 
enthalten kann. Wäre also dieses die wahre Zusammensetzung, 
so könnte das nichts für oder gegen die Zusammensetzung des 
Stickstoffs beweisen ; es wäre aber allerdings als ein Beweis 
anzusehen, dass der Wasserstoff keinen Sauerstoff enthält. 

Im Fall dieses die wahre Zusammensetzung wäre, so würde 
das salpetersaure Ammoniak, wenn es in der Hitze langsam zer- 
setzt wird , gleiche Theile oxydirtes und reines Stickgas geben; 
denn 300 C.-Z. [169] Wasserstoffgas nehmen 150 C.-Z. Sauer- 
stoffgas auf, und die rückständigen 50 C.-Z. Sauerstoffgas 
bilden mit 100 C.-Z. Stickgas 100 C.-Z. oxydirtes Stickgas, und 
es müssten folglich 100 Th. Stickgas entbunden werden. Nun 
wissen wir aber, dass der Stickstoffgehalt des aus salpetersaurem 
Ammoniak erhaltenen oxydirten Stickgases nicht beträchtUch 
ist, obgleich er niemals ganz fehlt. Diese Ansieht der Zusammen- 



Bestimmte Verhältnisse. 131 

Setzung des salpetersauren Ammoniaks kann also unmöglich 
richtig sein. 

Da salpetersaurer Baryt, der mit schwefelsaurem Ammoniak 
gemischt sich zersetzt , die Neutralität nicht verändert, so ist es 
klar, dass das Ammoniak das nämliche Sättigungs-Gesetz gegen 
die Salpetersäure in Hinsicht der feuerfesteren Salz -Basen als 
gegen die übrigen Säuren beobachtet. Und daraus erhellt, dass, 
da 100 Th. Salpetersäure sich mit einer Menge Baryt oder 
Bleioxydul, welche 14,66 Th. Sauerstoff enthält , neutralisiren, 
sie auch von Ammoniak so viel, als die nämliche Sauerstoffmenge 
enthält, sättigen müssen. Das salpetersaure Ammoniak muss 
daher folgendermaassen zusammengesetzt sein : 

Salpetersäure 76,18 100,000 320 

Ammoniak 23,82 31,266 100 

100,000 131,266 420 

Da aber das salpetersaure Ammoniak nicht ohne Krystall- 
wassor dargestellt werden kann, so lässt sich diese Bestimmung 
auch nicht direct prüfen. Es ist aber zu vermuthen , dass es, 
wie das [170] salzsaure Ammoniak, eine Menge Wasser enthält, 
deren Sauerstoff an Menge dem der Basis gleich ist, dass folg- 
lich in dem salpetersauren Ammoniak den dritten Theil so viel 
Ery stall Wasser enthalten ist, als das Alkali, wenn man es durch 
Oxydirung zersetzt, hervorbringen kann. Diesem zu Folge 
müssen 100 Th. Salpetersäure mit 31,266 Th. Ammoniak und 
mit 16,61 Th. Wasser das krystallisirte Salz darstellen, und es 
bestünde also krystallisirtes salpetersaures Ammoniak in 
100 Th. aus 

Salpetersäure 67,625 

Ammoniak • 21,143 

Wasser • 11,232 

100,000 

Um dieses näher zu prüfen, mischte ich in einer kleinen 
gewogenen gläsernen Retorte 5 g krystallisirtes und trocknes 
salpetersaures Ammoniak mit 10 g feingepulverten, reinen, neu- 
gebrannten Kalk. An die Retorte passte ich eine kleine tubulirte 
und gewogene Vorlage, worin sich ein wenig ungelöschter Kalk 
befand, und aus deren Tubulus eine mit salzsaurem Kalk gefüllte 
Glasröhre dem Ammoniakgas Ausgang verschaffte. Die Retorte 
wurde 1 2 Stunden lang auf einer Sandkapelle, bei einer Tem- 
peratur, die zur Zersetzung des neugebildeten salpetersauren 
Kalks nicht hinreichend war , erhitzt ; und nun hatte die kleine 

9* 



132 Jacob BerzeliuB. 

Retorte 1,1 g verloren, die Vorlage aber und das Alkali 
0,059 g an Gewicht zugenommen. Beide rochen noch etwas 
nach Ammoniak, ein Zeichen, [171]dass sie mit dem Wasser noch 
eine kleine Menge Ammoniak zurückhielten. Es hatten also in 
diesem Versuch 100 Th. salpetersaures Ammoniak 20,82 Th. 
Ammoniak hergegeben, welches nur um j7)Vö(f ^^^ ^®™ *^" 
weicht, was es nach der Berechnung geben sollte, eine Abwei- 
chung, die theils von den nicht zu überwindenden Un Vollkommen- 
heiten der Versuche , theils vielleicht auch von kleinen Fehlem 
in den Zahlen , auf welche die Berechnung gegründet ist, her- 
rührt. Als ich aus dem salpetersauren Kalk das Wasser heraus- 
treiben wollte, wobei ich an die Retorte eine mit salzsaurem 
Kalk gefüllte gläserne Röhre angepasst hatte, zersetzte sich zu- 
gleich die Säure, und der Versuch gab kein anwendbares Resultat. 

Wenn, wie diese Versuche einstimmig zu beweisen scheinen, 
die hier bestimmte Zusammensetzung des salpetersauren Ammo- 
niaks die wahre ist , so lässt es sich nicht ganz in Wasser und 
oxydirtes Stickgas verwandeln, sondern es muss dabei immer 
eine Portion Stickgas entbunden werden, welche -J von dem der 
Säure oder \ von dem des Alkali beträgt. Gewöhnlich entsteht 
aber mehr Stickgas , weil die Temperatur zu sehr erhöht wird, 
und es bildet sich freie Säure, welche theils mit dem Wasser 
überdestillirt , theils sich in der Retorte bei dem Salze anhäuft. 
Je höher die Temperatur gesteigert worden , desto mehr Säure 
wird frei, und desto mehr Stickgas wird entbunden, so dass bei 
völliger Detonation gar kein oxydirtes Stickgas gebildet wird. 

[172] In einem Versuch, bei welchem ich 5 g salpetersaures 
Ammoniak in eine kleine Retorte über einer Spirituslampe lang- 
sam zerlegte , das Wasser in einer gewogenen Vorlage auffing 
und das Gas durch eine mit salzsaurem Kalk angefüllte gläserne 
Röhre herausleitete , war das erhaltene Wasser schwach sauer 
und salzig. Es wog mit dem, welches der salzsaure Kalk auf- 
genommen hatte, 2,3 g ; nach der Abdampfung Hess es 0,295 g 
salpetersaures Ammoniak zurück. Das Wasser betrug also nur 
2,005 g. In der Retorte blieben 0,345 g noch unzerlegtes und 
hervorstechend saures Salz zurück. Wenn wir von der im Wasser 
und in dem Salze enthaltenen freien Säure absehen, waren nur 
4,365 g Salz zerlegt worden, welche 2,005 g Wasser hervorge- 
bracht und einen Verlust von 2,36 g an entwichenem Gas ge- 
litten hatten. Von diesem Wasser musste , dem obigen Princip 
gemäss, ^ oder 0,50 g Krystallwasser sein. Berechnen wir nun, 
wie viel Krystallwasser die 4,365 g salpetersaures Ammoniak, 



j>^ 



Bestimmte Verhältnisse. 133 

nach der obigen Bestimmung von 11,232 auf 100, enthalten, so 
finden wir 0,4905 g. Nach der nämlichen Bestimmung musste 
das aus 4,365 g Salz entweichende Gas 2,4 g betragen. Wenn 
wir uns nun erinnern, dass sowohl das unzerlegte Salz als das 
erhaltene Wasser freie Säure enthielten, so sieht man sehr leicht 
ein, dass diese kleine Abweichung von ^J^ von dem Gewichte 
des Salzes in dem gefundenen von dem berechneten Resultate, 
von diesem Säure-Üeberschuss herzuleiten ist; denn [173] indem 
dieser üeberschuss das Gewicht des unzerlegten Salzes vermehrt, 
muss er zugleich das Gewicht der Producte der Zerlegung ver- 
mindern. Ich sehe also diesen Versuch als einen neuen Beweis 
für die Richtigkeit der hier bestimmten Zusammensetzung der 
salpetersauren Salze an. 

Resultate. 

Als allgemeines Resultat geht aus diesen Versuchen folgen- 
des hervor (^^) : 

1 . In den Salpetersäuren Salzen enthält die Säure sechsmal 
so viel Sauerstoffe als die Basis, und da dieses, wenn man die 
Säure als aus Stickstoff und Sauerstoff zusammengesetzt betrach- 
tet, nicht eintrifft, so müssen wir die Salpetersäure als aus 
Ammonium und Sauerstoff zusammengesetzt ansehen. Kann 
aber der Stickstoff in den salpetersauren Verbindungen, wo das 
Ammonium sich in der positiv-elektrischen Modification befindet, 
7iicht als Elementar- Bestandtheil betrachtet werden^ so dürfte 
dieses wohl nirgends in der organischen Natur der Fall sein. 

2. Das salpetersaure Ammoniak ist so zusammengesetzt, 
dass die Salpetersäure doppelt so viel Sauerstoff enthält, als er- 
forderlich ist , Um den aus dem Ammoniak hervorzubringenden 
Wasserstoff zu sättigen. Das krystallisirte Salz enthält eine 
Menge Kry stall wasser, dessen Sauerstoff dem des Alkali gleich 
ist. Der Stickstoff der Säure steht zu dem des Alkali in dem Ver- 
hältnisse von 5:4. Das Ammonium [174] in dem Alkali verhält 
sich aber zu dem in der Säure wie 6:5. Bei der Zersetzung die- 
ses Salzes in der Hitze wird J der ganzen Stickstoffmenge als 
Stickgas entbunden. — Dieses ist die allgemeine Regel der Zu- 
sammensetzung des salpetersauren Ammoniaks. Diese Zahl-Be- 
stimmungen können jedoch nur dann erst als völlig richtig ange- 
sehen werden, wenn die Zusammensetzung derjenigen Körper, 
aus denen dieses Salz besteht, oder die aus demselben gebildet 
werden können , mit ihnen , diesen Regeln gemäss , bis in den 
letzten Ziffern völlig übereinstimmen; bis dahin dürfen sie nur 



134 Jacob Berzelius. 

für Näherungen gelten, die jedoch in so fern von grossem Werthe 
sind, als sie uns mit einiger Sicherheit auf die Spuren der Ge- 
setze der Natur führen. 

Dass das Ammonium des Alkali hier nicht ein Multiplum 
nach einer ganzen Zahl von dem der Säure ist , beruht auf der 
nämlichen Ursache, als die scheinbar anomalischen Vermeh- 
rungsstufen mehrerer brennbaren Körper , von denen ich theils 
schon gesprochen habe , theils bei den vegetabilischen Säuren 
umständlicher zu sprechen Gelegenheit haben werde. 

Die Analyse des salpetersauren Ammoniaks lässt sich als ein 
förmlicher Beweis für den Sauerstoff- Gehalt des Wasserstoffs 
ansehen; denn nur dieser kann Ursache sein, dass der Sauerstoff 
der Säure, wenn man sie als aus Stickstoff zusammengesetzt be- 
trachtet, kein Multiplum nach einer ganzen Zahl von dem der Basis 
ist. Diese Analyse scheint aber [175] auch zugleich zu beweisen, 
dass ich in der ersten Fortsetzung meiner Abhandlung (^/^;^.B. 8. 
S. 184 u. 186) (S. 102 u. ff.) den Sauerstoff- Gehalt des Wasser- 
stoffs sehr viel und vielleicht wenigstens viermal zu hoch ange- 
nommen habe.*) 



*) Seitdem ich durch meine Untersuchungen über die Zusammen- 
setzung des Ammoniaks [Ann. Bd. 8. S. 176 f. ; S. 97 dieser Ausgabe) 
und der salpetersauren Neutralsalze hinlängliche Gründe zu haben 
glaube, den Stickstoff als eine höhere Oxydations-Stufe des nämlichen 
Radicals als das Ammoniak anzusehen, scheint es mir allerdings (ob- 
schon nicht mit derselben Evidenz), dass der Wasserstoff eine nied- 
rigere Oxydations-Stufe des nämlichen Radicals sein muss. Dafür 
sprechen mehrere Umstände; doch fehlt es auch nicht an solchen, die 
dagegen sind, und noch ist die Richtigkeit dieser Ansicht nicht völlig 
bewiesen, sosehr ich mich auch bemüht habe, alles, was siebestätigen 
konnte, hervorzuziehen. Es scheint nämlich, als müsste in diesem Fall 
der im Wasserstoff befindliche Sauerstoff ein Multiplum nach einer 
ganzen Zahl sein, das zwischen dem Sauerstoffgehalt des Wassers und 
dem der verschiedenen Körper, mit welchen das Wasser in Verbindung 
treten kann, liegt, gerade so wie wir das von dem Sauerstoff des Stick- 
stoffs in den salpetersauren Neutral-Salzen sehen werden. Dieses ist 
aber nicht der Fall, wenn das Wasser wirklich nur llf Proc. Wasser- 
stoff enthält. Sollte dagegen das Wasser wirklich mehr als ll| Proc. 
Wasserstoff enthalten (der auf mir unbekannten Gründen beruhen- 
den Bestimmung des Herrn Gaij-Lussac gemäss) , so gehört die letzt- 
genannte Zahl, mit welcher die meisten Analysen wasserhaltiger Kör- 
per am besten übereinstimmen, dem metallischen Ammonium zu, und 
der Unterschied zwischen dem Wasserstoffgehalt und der Menge von 
Ammonium im Wasser rührt von dem Sauerstoff des Wasserstoffs 
her. Wenn aber , wie es wahrscheinlich ist , künftige Analysen des 
Wassers, die mit einer dem jetzigen Zustande der Untersuchungen 
angemessenen Genauigkeit angestellt werden, den Wasserstoffgehalt 



Bestimmte Verhältnisse. 135 

[176] Noch muss ich bemerken, dass es noch nicht möglich 
ist, mit Gewissheit zu bestimmen , welche Reihe von Mischungs- 
Verhältnissen die richtigere ist, ob die nach der Wiegung der 
Gasarten bestimmte , oder die , welche aus den von mir ange- 
stellten Analysen verschiedener Salzbasen hergeleitet ist. Doch 
gestehe ich aufrichtig , dass ich glaube , in den Salzbasen den 
Sauerstoffgehalt zu hoch angenommen zu haben. Denn wenn 
man ihn vermindert, werden alle Resultate tibereinstimmender, 
indess sie bei Vergrösserung desselben stärker von einander ab- 
weichen. Nimmt man so z. B. das Ammoniak als 46,26 Th. 
Sauerstoff enthaltend, und das Wasser als aus 11,75 Wasser- 
stoff und 88,25 Sauerstoff bestehend an, so stimmt alles völlig 
überein. 

II. Basische und überbasische salpetersaure Salze. 

Basisches salpetersaures Bleioxydul. 

Ich habe dieses Salz durch Behandlung des neutralen sal- 
petersauren Bleioxyduls mit weniger kaustischem [177] Ammo- 
niak, als zur völligen Zerlegung desselben erfordert wird, er- 
halten. Der weisse Niederschlag, der hierbei entstand, wurde 
gut ausgesüsst, stark getrocknet und dann in einer kleinen Glas- 
retorte geglüht ; er gab salpetrige Säure und Sauerstoffgas, ohne 
alle Spuren von condensirter Säure; der Niederschlag enthält 
also kein Krystallwasser. Er hinterliess 80,5 Procent schön 
citrongelbes Bleioxydul. Das Salz besteht also aus 

Salpetersäure 19,5 100 

Bleioxydul 80,5 413 

100,0 513 

Es sind aber in 80,5 Th. Bleioxydul 5,72 Th. Sauerstoff, und 
in 19,5 Th. Salpetersäure 17,096 Th. Sauerstoff enthalten, und 
es ist 5,72 X 3 = 17,16. Es enthält also in diesem Salze die 
Säure dreimal so viel Sauerstoff als die Basis , und sättigt dop- 
pelt so viel Basis in dem neutralen salpetersauren Bleioxydul. 



desselben zu 11,75, oder nahe bei dieser Zahl, bestimmen sollten, 
so scheint ein Sauerstoffgehalt des Wasserstoffs nicht in die Berech- 
nungen und die Multiplications- Verhältnisse kommen zu können. Da 
dieses aber, wie wir in Folgendem sehen werden, zuweilen auch mit 
dem Sauerstoff des Stickstoffs geschieht , so kann es nicht als ein 
entscheidender Beweis gegen den Sauerstoffgehalt des Wasserstoffs 
angesehen werden. 



136 Jacob Berzelius. 

üeberbasisches salpetersaures Bleioxydul. 

Eine andere Menge von salpetersaurem Bleioxydul wurde 
mit so viel Ammoniak vermischt, dass nicht nur alles Bleioxy- 
dul niederfiel , sondern dass auch die Flüssigkeit , nachdem sie 
mehrere Stunden mit dem Niederschlag digerirt worden war, 
noch alkalisch blieb. Der Niederschlag wurde mit Wasser so 
lange gewaschen , bis dieses Wasser nichts mehr aufgelöst ent- 
hielt. Das in der Sonne getrocknete weisse Bleisalz wurde dann 
in einer kleinen Retorte auf einer stark [178] erhitzten Sand- 
kapelle noch stärker entwässert; dabei wurde es gelb, verlor 
aber nur reines Wasser, ohne dass sich eine Spur von der Säure 
entband. Das so getrocknete Salz hinterliess nach dem Glühen 
90,3 Procent Bleioxyd, wobei sich bloss salpetrigsaure Dämpfe 
und Sauerstoffgas , ohne ein Atom tropfbarer Säure, entbanden. 
Diese 90,3 Th. Bleioxydul enthalten 6,457 Th. Sauerstoff. Sehen 
wir die Salpetersäure als aus Ammonium und 87,88 Procent 
Sauerstoff bestehend an, so enthalten die 9,7 Th. Salpetersäure 
8,524 Th. Sauerstoff, welches viel weniger ist, als die doppelte 
Menge des Sauerstoffs der Basis. Betrachten wir dagegen die 
Salpetersäure als aus 30,5 Th* Stickstoff und 69,5 Th. Sauer- 
stoff zusammengesetzt, so enthalten 9,7 Th. Salpetersäure 6,74 
Th. Sauerstoff, also abgesehen von dem geringen Unterschiede 
von 0,317 Th. (der sehr wohl auf einem Beobachtungsfehler 
beruhen kann), gleiche Theile Sauerstoff mit der Basis. 

Dieses Resultat schien mir auffallend, um so mehr, da e^ 
meinen frühern Ideen über die Zusammensetzung der Salpeter- 
säure zu widersprechen scheint; denn ich hatte es hier nicht 
etwa mit einem zweifachen basischen Bleisalze zu thun ; ein sol- 
ches mit der Essigsäure kannte ich schon lange , und ich suchte 
es hier ausdrücklich*) . Dass hier [179] die Salpetersäure, zufolge 



*) Das doppelte hasische Bleisalz aufzusuchen, war ich dadurch 
veranlasst worden, dass ich bemerkt hatte, dass, wenn man essig- 
saures Bleioxydul mit mehr Bleioxydul kocht, man eine nicht kry- 
stallisirende Verbindung erhält, welche wie ein Alkali auf Pflanzen- 
farben reagirt, und zu einer Masse von gummiartigem Ansehen in der 
Hitze eintrocknet Wenn diese Verbindung mit noch mehr Bleioxy- 
dul digerirt wird , schwillt das Bleioxydul auf und wird weiss ; die 
Auflösung verliert immer mehr an Bleigehalt, und behält zuletzt 
einen zusammenziehenden, nicht süssen Geschmack. Der so gebildete 
weisse Niederschlag löst sich in kochendem Wasser auf und schiesst 
daraus in federartigen Krystallen von Seidenglanz an. Ich bin noch 
nicht so weit gekommen, dass ich die Zusammensetzung dieses Salzes 
mit Sicherheit hätte ausmitteln können; so viel habe ich jedoch ge- 



Bestimmte Verhältnisse. 137 

des allgemeinen von mir entwickelten Gesetzes der Zusam- 
mensetzung der Salze, als ans Stickstoff und Sauerstoff zusam- 
mengesetzt betrachtet werden muss , war mir völlig unerwartet. 
Entweder war also a) diese Beobachtung unrichtig ; oder es war 
b) die Analyse des neutralen salpetersauren Bleioxyduls fehler- 
haft, oder es giebt c) eine mir für jetzt unbekannte Ursache, 
warum in der Salpetersäure, wenn sie mit der grösstmöglichsten 
Menge von Basis gesättigt wird , der Stickstoff sich als ein ein- 
facher, keinen Sauerstoff enthaltender Körper verhält; oder es 
war endlich noch die Möglichkeit, d) dass das letztgenannte Salz 
eine doppelte Verbindung von einem anders modificirten basi- 
schen salpetersauren Bleioxydul mit Oxydul-Hydrat sein konnte. 

[180] Um alle diese Möglichkeiten zu prüfen, wiederholte 
ich noch einmal die Untersuchung dieses Salzes. Nach dem 
Austrocknen im Wasserbade wurde das Krystallwasser in einer 
kleinen Glasretorte auf der Sandkapelle verjagt. Ich nenne es 
Kry stall waser , weil das Salz durch diese Verjagung die weisse 
Farbe mit der gelben vertauschte. Dieses Wasser betrug in 
einem Versuch 2,30 und in einem andern 2,32 Procent. Das 
geglühte Salz hinterliess 88,1 Th. Bleioxydul, welches auch 
durch Schmelzung nicht vermindert wurde. Dieses Salz musste 
also folgendermaassen zusammengesetzt sein. 

Bleioxydul 88,10 

Salpetersäure 9,53 

Wasser 2,32 

100,00 

Die unter c) angeführte Ansicht über die Zusammensetzung dieses 
Salzes wollte ich von allen am wenigsten zulassen, und bemühte 
mich daher, erst alle anderen zu prüfen. Die hier gefundene 
Menge Bleioxydul enthält 6,299 Th. Sauerstoff; die gefundene 
Menge der Säure, je nachdem wir den Stickstoff oder das Am- 
monium als ihr Radical ansehen, 6,66 oder 8,4112 Th. und das 
Wasser 2,05 Th. Sauerstoff. Da keine der beiden Zahlen für 
den Sauerstoffgehalt der Säure zu der für den Sauorstoffgehalt 
der Basis vollkommen passt, stellte ich mir der unter d) ange- 
führten Hypothese zu Folge vor, dieses Salz sei folgender- 



funden, dass es weit mehr Bleioxydul als das extraetartige Salz ent- 
hält, und durch zugesetzte Essigsäure wiederum darin verwandelt 
werden kann. Diese beiden Stufen der basischen Salze werde ich der 
Kürze wegen mit basisch und überbasisch bezeichnen. 



138 Jacob Berzelius. 

maassen zusammengesetzt. Die Salpetersäure sei mit | des Blei- 
[181] oxyduls verbunden , und stelle damit ein basisches Salz 
dar, in welchem die Säure doppelt so viel Sauerstoff als die Basis 
enthalte ; das noch rückständige Drittel der Basis sei mit dem 
Wasser verbunden, als ein Hydrat, in welchem der Sauerstoff- 
gehalt des Wassers und der des Bleioxyduls gleich sei, und das 
Ganze stelle also einigermaassen ein Doppelsalz vor, worin der 
Sauerstoff im Wasser in geringster Menge , und in dem Sauer- 
stoffgehalt des Bleioxyduls dreimal, in dem der Salpetersäure 
viermal enthalten sei. — Diese Ansicht stimmt mit dem Resultat 
des Versuchs überein ; dass sie aber nach aller Wahrscheinlich- 
keit nicht die richtige ist , beweisen mir die andern basischen 
salpetersauren Salze, welche vielmehr anzudeuten scheinen, dass 
man in diesem Salze die Salpetersäure, als Stickstoff zu ihrem 
Eadical habend, betrachten müsse, da sie dann gleiche Theile 
Sauerstoff mit der Basis, und das Wasser ^ so viel Sauerstoff als 
diese enthalten würde. 

Dass diese Ansicht, nach welcher die Salpetersäure aus 
Stickstoff und Sauerstoff zusammengesetzt zu betrachten ist, auf 
das neutrale salpetersaure Bleioxydul nicht passt, wenn dieses 
auf 100 Th. Salpetersäure 205,1 Th. Bleioxydul enthält, haben 
wir oben S. 129 gesehen. Ich habe daher die Analyse des neu- 
tralen Salpeter sauren Bleioxyduls noch einmal wiederholt. 

Ich trocknete zu dem Ende das feingepulverte neutrale sal- 
petersaure Bleioxydul in der Sonne, und setzte davon nach ei- 
nigen Stunden 1 g in einer [182] kleinen gewogenen Glasretorte 
einer höhern Temperatur aus , bis das von der Säure befreite 
Oxydul halb verglast war, und die Retorte anfing zu schmelzen. 
Weder in dem Retortenhalse, noch in den Vorlagen hatte sich 
ein einziges Tröpfchen von Säure verdichtet ; ein Beweis , dass 
das neutrale salpetersaure Bleioxydul kein Wasser enthält. Das 
Gewicht der Retorte war jetzt durch das des Bleisalzes nur noch 
um 6,729 g vergrössert, und noch einmal erhitzt verlor es nichts 
mehr, obgleich die Retorte nun ganz zusammengeschmolzen war. 

Ich habe diesen Versuch noch mehrmals mit der ängstlich- 
sten Sorgfalt, sowohl in gewogenen Retorten als in einem eben- 
falls gewogenen Platinatiegel wiederholt, und er gab mir stets 
Resultate, die nur zwischen 67,3 bis 67,31 Th. Bleioxydul auf 
100 Th. des Bleisalzes variirten. Dieses ist etwas mehr Blei- 
oxyd, als ich in meinen vorigen S. 129 mitgetheilten Versuchen 
gefanden hatte (67,222). Das zu diesen Versuchen angewen- 
dete neutrale salpetersaure Bleioxydul gab mit salpetersaurem 



Bestimmte Verhältnisse. 139 

Silberoxydul nicht die mindeste Trübung, und das rückständige 
Bleioxydul entband beim Auflösen in Salpetersäure kein Gas, 
wie es zufolge des Verhaltens der gebrannten salpetersauren 
Alkalien und alkalischen Erden zu erwarten gewesen wäre. Es 
entwickelte sich dabei von 6,73 g halbverglastem Bleioxydul 
nicht mehr Luft, als der Raum einer Erbse einnahm; [183] ich 
sehe sie daher als atmosphärische Luft an , welche mechanisch 
von dem erkaltenden Oxyde eingesogen worden war. 

Hieraus erhellt auf das deutlichste : erstens^ dass, wenn man 
die Salpetersäure als aus Stickstoff und Sauerstoff zusammenge- 
setzt betrachten will, die in dem neutralen salpetersauren Blei- 
oxydul enthaltene Salpetersäure unmöglich den Sauerstoff nach 
irgend einem Multiplum nach einer ganzen Zahl des Sauerstoff- 
gehalts der von ihr gesättigten Basis enthalten kann ; und zwei- 
tens^ dass in dem hier beschriebenen basischen salpetersauren 
Bleioxydul die Basis kein Multiplum nach einer ganzen Zahl von 
derjenigen Menge der Basis sein kann, mit welcher die nämliche 
Menge Säure im neutralen salpetersauren Bleioxydul vorhanden 
ist. Die hier fehlende üebereinstimmung der Resultate kann 
also nicht von fehlerhaften Analysen herrühren, sondern das 
letzt beschriebene basische Salz ist entweder eine doppelte basi- 
sche Verbindung, oder es sind Ursachen vorhanden, durch 
welche die Salpetersäure , wenn sie mit der grösstmöglichsten 
Menge der Basis verbunden wird, den Sauerstoff im Stickstoffe 
so fest hält, dass er sich wie Sauerstoff zu verhalten aufhöi-t, 
und also nicht mehr in Rechnung gebracht werden kann. Das 
folgende Beispiel bestätigt die Wahrscheinlichkeit der letzteren 
Ansicht, und die völlige Erklärung dieser Erscheinung würde 
uns um einen grossen Schritt in der Lehre von den Proportionen 
in der Chemie weiter führen. 

[184] Basisches salpetersaures Kupferoxyd. 

Dieses Salz habe ich mir auf dreierlei Weise bereitet: 
a) durch gelinde Erhitzung des trockenen neutralen Salzes, und 
Auslaugung des noch unzersetzten Neutralsalzes mit kochendem 
Wasser ; b) durch Fällung des neutralen salpetersauren Kupfer- 
oxyds mit Kalkwasser; und c) durch Fällung mit kaustischem 
Ammoniak, wobei der ganze Kupfergehalt nicht niedergeschla- 
gen wurde. Alle drei Methoden gaben durchaus das näm- 
liche Salz. 

In mehreren Versuchen erhielt ich durch Glühen aus diesem 
Salze 65,6 bis 66 Procent schwarzes Kupferoxyd, und die dabei 



140 Jacob Berzelius. 

entbundene Säure war zum grössten Theile flüssig. Dieses Salz 
enthält also Krystallwasser, und nach der unten anzuführenden 
Berechnung muss es folgendermaassen zusammengesetzt sein : 

Salpetersäure 18,9 

Kupferoxyd 66,0 

Wasser 15,1 

"100,6" 

Die 66 Th. Kupferoxyd enthalten 13,2 Th. Sauerstoff, welchen 
18,9 Th. Salpetersäure entsprechen, sofern diese als aus Stick- 
stoff und Sauerstoff zusammengesetzt betrachtet wird. Die übri- 
gen 15,1 Th. müssen Wasser gewesen sein und enthalten also 
13,32 Th. Sauerstoff. Wollten wir dieses Resultat nach einer 
andern Ansicht der Zusammensetzung der Salpetersäure berech- 
nen , so kommen wir auf kein Verhältniss zwischen dem Sauer- 
stoff der Basis und dem des Wassers, worin das eine ein [185] 
Multiplum des andern nach einer ganzen Zahl sein könnte; denn 
13,2 Sauerstoff würden nach dieser Ansicht schon in 15,04 Th. 
Salpetersäure enthalten sein , und folglich der Sauerstoff des 
Wassers den der Basis an Menge übertreffen, jedoch weniger als 
das doppelte desselben betragen. Wenn wir aber annehmen 
wollten, dass der Sauerstoff der Säure zweimal so viel als der 
der Basis betrage, so würde das Salz 30,08 Th. Salpetersäure 
und 3,42 Th. Wasser enthalten, und wiederum der Sauerstoff 
des Wassers kein Verhältniss nach einer ganzen Zahl zu dem 
der Basis beobachten. Auch wenn man dieses Salz als eine zwei- 
fache Verbindung von basischem salpetersaurem Kupferoxyd mit 
Kupferoxyd -Hydrat ansehen wollte, giebt dieses keine so ge- 
nügende Erklärung. 

Die Analyse dieses Salzes scheint also die vorhin erwähnte 
Idee zu bestätigen, dass nämlich in den Salzen, in welchen die 
Salpetersäure mit der grösstmöglichsten Menge Basis gesättigt 
ist, die Säure gleiche Menge Sauerstoff mit der Basis enthält, in 
so fern man die Salpetersäure als aus Stickstoff und Sauerstoff 
zusammengesetzt betrachtet, und also den Sauerstoff des Stick- 
stoffs nicht in Berechnung bringt. Wir werden für diese Ansicht 
noch eine neue Bestätigung durch das überbasische salpetrig- 
saure Bleioxydul erhalten, zu dem wir uns nun wenden wollen. 

[186] III. Die salpetrigsauren Salze. 

Da die Beweise, welche sich, wie wir gesehen haben, aus 
der Analyse der neutralen salpetersauren Salze für die Zusam- 



Bestimmte Verhältnisse. 141 

mensetzung des Ammoniaks und des Stickstoffs ziehen lassen, so 
äusserst wichtig und unentbehrlich sind, und da die Ideen, auf 
welche sie führen, mit den altern Meinungen im Streite stehen, 
und unter den Chemikern viele Gegner finden werden, so hielt 
ich es für wesentlich nöthig, alles, was in diesen Beweisen zwei- 
deutig oder schwankend scheinen könnte , noch näher zu be- 
trachten. Um die Richtigkeit der Idee, die Salpetersäure sei aus 
Ammonium und Sauerstoff zusammengesetzt, ausser allen Zweifel 
zu setzen, beschloss ich eine Beobachtung zu benutzen, welche 
ich bei meinen vielen Arbeiten mit den Bleisalzen zu machen 
Gelegenheit gehabt hatte. 

1. Basisches salpetrigsaures Bleioxydul. 

Es ist eine von Proust entdeckte und seitdem allgemein be- 
kannte Erscheinung , dass, wenn man Bleimetall mit einer Auf- 
lösung von salpetersaurem Bleioxydul kocht, das Blei aufgelöst 
wird und man eine gelbe Flüssigkeit erhält, welche in schuppi- 
gen gelben Krystallen anschiesst. Herr Proust hielt diese Ver- 
bindung für ein Salz, worin das Blei auf eine niedrigere Stufe 
der Oxydation gebracht sei. Herr Thomson erklärte dagegen 
das nämliche Salz, als er es durch Erhitzung von salpetersaurem 
Bleioxydul erhielt, für gewöhnliches basisches salpetersaures 
[187] Bleioxydul. Keiner dieser beiden Chemiker hatte seine 
Aufmerksamkeit auf den veränderten Zustand der Salpetersäure 
gerichtet; daher der Widerspruch in ihren Resultaten, in wel- 
chen der eine nicht richtiger als der andere geschlossen hat. 

Ich hatte sehr oft gefunden, dass, wenn ich Blei in Salpeter- 
säure auflöste , die Aullösung zuletzt citronengelb wurde, ohne 
dass das von Herrn Proust beschriebene schuppige Salz daraus 
anschoss. Da diese gelben Auflösungen schlechter als die ge- 
wöhnlichen krystallisirten und ein gelbes Salz gaben, versuchte 
ich sie durch hinzugesetzte Salpetersäure zur Krystallisation zu 
zwingen.*) Die Farbe verschwand sogleich, und es schoss sal- 
petersaures Bleioxydul in Menge an. Diese mit Salpetersäure 
gemischten Auflösungen rochen aber jedesmal so erstickend nach . 
Salpetergas, ohne dass sich jedoch rothe Dämpfe zeigten, dass 
ich sie aus dem Arbeitszimmer entfernen musste. Ich übergoss 



*) Es ist bekannt, dass mehrere Salze aus ihren Auflösungen in 
Wasser durch zugesetzte freie Säure gefällt werden, wahrscheinlich 
dadurch , dass durch die Saure die Capacität des Wassers vermin- 
dert wird. 



142 Jacob Berzelius. 

nun eine Portion des gelben Salzes mit Salpetersäure nnd er- 
wärmte die Mischung gelind ; dabei entwickelten sich kleine Gas- 
bläschen, welche noch am Boden des Gefässes, ehe sie mit der 
Luft in Berührung gekommen waren, roth erschienen. Essig- 
säure brachte die nämliche Erscheinung hervor. Es konnte also 
nicht mehr bezweifelt werden, dass dieses gelbe Salz eine [188] 
Verbindung von salpetriger /Säure mit Bleioxydul enthielt» von 
der es wahrscheinlich die gelbe Farbe hatte. 

Ich beschloss sogleich zu prüfen, wie sich der Sauerstoff der 
salpetrigen Säure zu dem der Basen verhalte, und ob dieses Ver- 
halten nicht einen neuen Beweis für meine Idee von der Zu- 
sammensetzung des Stickstoffs abgeben könne. Zu dem Ende 
kochte ich in einem kleinen Glaskolben eine Auflösung von 20 g 
salpetersaures Bleioxydul mit 12,4 g dünn geschlagenem Blei, 
d. i. genau mit so viel, als das Salz vorher enthielt. Nach et- 
lichen Stunden war das Blei vollkommen aufgelöst, und die Auf- 
lösung hatte eine gesättigte gelbe Farbe angenommen. Wäh- 
rend des Abkühlens schoss sie ganz zu einer gelben schuppigen 
Masse an, aus welcher sich eine farbenlose Flüssigkeit aus- 
pressen Hess. Die Auflösung hatte einen mehr schrumpfenden 
als süssen Geschmack , und reagirte auf geröthetes Lackmus- 
papier ganz wie ein Alkali. Dieses war auch mit den Erystallen 
der Fall. Säuren entwickelten aus diesem Salze salpetrige Säure 
in grosser Menge. Dieses Salz ist also basisches salpetrig- 
saures Bleioxydul. Es musste daher noch eine andere und zwar 
neutrale Verbindung zwischen der salpetrigen Säure und dem 
Bleioxydul existiren. Von ihr werde ich weiterhin sprechen, und 
hier erst die Zusammensetzung dieses basischen Salzes auszn- 
mitteln suchen. 

[189] Die erhaltenen Krystalle wurden zu einem feinen Pul- 
ver gerieben, dieses streng getrocknet und dann in einer kleinen 
gewogenen Glasretorte erhitzt, und zuletzt sehr streng geglüht, 
bis sich kein Salpetergas mehr entband. Das Salz schmolz in 
der Hitze nicht. Es gab theils gasförmige, theils flüssige, rothe, 
rauchende salpetrige Säure her, und enthielt also Krystallwasser. 
Der noch ungeschmolzene Theil des Bleioxyds war schön hell- 
gelb, und wog in verschiedenen Versuchen 79,5, 79,75 bis 80 
Procent von dem angewandten Salze. 

Wenn wir die salpetrige Säure als aus Stickstoff iin^ Sauer- 
stoff zusammengesetzt betrachten, so enthält sie gegen 63,1 Th. 
Sauerstoff 36,9 Th. Stickstoff. Wenn wir sie dagegen als aus 
Ammonium und Sauerstoff zusammengesetzt ansehen, so besteht 



Bestimmte Verhältnisse. 1 43 

sie in 100 Theilen aus 15,88 Th. Ammonium und 84,12 Th. 
Sauerstoff. In der Menge von Bleioxydul, welche wir bei 
diesen Versuchen erhalten haben, befinden sich 5,70 bis 5,72 Th. 
Sauerstoff; diese müssen in dem in den 20 Procent verflüchtig- 
ter Säure enthaltenen Sauerstoff nach einer ganzen Zahl ent- 
halten sein. Wenn wir den Stickstoff als Radical der salpetrigen 
Säure ansehen, so kann diese Säure nicht dreimal den Sauer- 
stoff der Basis enthalten. Die Menge salpetrige Säure, welche 
zweimal 5,72 Th. Sauerstoff in sich schliesst, ist 18,13 Th. ; 
für das Wasser bliebe also nur 1,87 Th. zurück, welches offen- 
bar zu wenig ist, da bei der Destillation [190] dieses Salzes 
die grösste Menge der Säure in tropfbar flüssiger Gestalt er- 
halten wird. 

Um hierüber Gewissheit zu erhalten, trocknete ich eine 
Menge von dem basischen Salze sehr streng, bis sich die Säure 
davon zu entfernen anfing, und also alles mechanisch anhängende 
Wasser vollkommen entfernt sein musste : das Salz hatte eine 
dunklere Farbe angenommen, und gab in einer Retorte geglüht, 
wie zuvor, flüssige Säure, wobei es 81,3 Procent Bleioxydul 
hinterliess. Da nun die verflüchtigten 18,7 Procent wie zuvor 
grösstentheils flüchtig waren, so ist es ganz unmöglich, dass 
die salpetrige Säure zweimal den Sauerstoff der Basis des Salzes 
enthalten kann ; denn dann bliebe nichts für den Wassergehalt 
derselben übrig. Wenn sie aber mit dem sie neutralisirenden 
Bleioxydul nur gleiche Theile Sauerstoff enthalten sollte, so 
müsste das Salz 10,93 Th. Krystallwasser in sich schliessen, 
und der Sauerstoff dieses Krystallwassers würde kein gesetz- 
mässiges Verhalten zu dem der Basis beobachten. Die Zusam- 
mensetzung dieses Salzes stimmt also mit den für die übri- 
gen Salze gefundenen Gesetzen keineswegs überein , in so fern 
wir den Stickstoff als das Radical der salpetrigen Säure an- 
nehmen. 

Wenn wir dagegen die salpetrige Säure als aus Ammonium 
und Sauerstoff zusammengesetzt betrachten, und in der Säure 
zweimal so viel Sauerstoff als in der sie neutralisirenden Basis 
annehmen, so [191] würde die Menge der salpetrigen Säure in 
diesem Salze 13,57 bis 13,6 Procent betragen, wobei 6,4 bis 
6,68 Procent für das Krystallwasser übrig bleiben. So viel 
Theile Wasser enthalten aber 5,64 bis 5,88 Th. Sauerstoff. Wir 
können also mit Sicherheit schliessen, dass dieses Salz so zusam- 
mengesetzt ist, dass die Basis und das Krystallwasser gleiche 
Theile Sauerstoff enthalten , und die Säure (den Sauerstoff des 



144 Jacob Berzelius. 

Stickstoffs mit eingerechnet) zweimal so viel Sauerstoff als die 
Basis in sich schliesst. Die Zahlen -Verhältnisse der Bestand- 
theile des hasischen salpetrigsauren Bleioxyduls sind dann 
nahe wie folgt : 

Bleioxydul 80,0 

salpetrige Säure 13,6 
Wasser 6,4 

100,0 

Wir wollen nun, um diese Idee näher zu prüfen, die Bildung 
des basischen Salzes genauer untersuchen. Es geben , wie wir 
S. 129 gesehen haben, 100 Th. Salpetersäure mit 205,1 Th. 
Bleioxydul ein neutrales salpetersaures Bleisalz. Sollen diese 
100 Th. Salpetersäure zu salpetriger Säure zurückgebracht wer- 
den, so müssen sie ein Fünftel ihrer Sauerstoffmenge (den Sauer- 
stoff des Stickstoffs eingerechnet) verlieren. Wenn nun in allen 
salpetersauren Salzen der Sauerstoffgehalt der Säure sechsmal 
so gross als der der Basis ist (S. 133), so muss er in 100 Th. 
Salpetersäure 6 . 14,66 = 88 Th. betragen. [192] Nun ist 

88 

-p-=17,6*); aus 100 Th. Salpetersäure entstehen folglich 
o 

100 — 17,6 = 82,4 Th. salpetrige Säure, deren Sauerstoffge- 
halt 70,35 beträgt. Nimmt nun das Blei, das von dem flüssigen 
Salpetersauren Bleioxydul, womit man operirt, aufgelöst wird, 
diese 17,6 Th. Sauerstoff in sich auf, so muss die Auflösung mit 
Einschluss des anfanglich vorhandenen Bleioxyduls, welches 
14,66 Th. Sauerstoff enthielt, von der Basis dann eine Menge in 
sich schliessen, deren Sauerstoff 32,26 Th. beträgt. Nach der 
oben angeführten Analyse soll die salpetrige Säure die doppelte 
Menge dieses Sauerstoffs, das ist 64,54 Th. Sauerstoff ent- 
halten. Wir haben aber gesehen, dass sie in der That 70,35 Th. 
Sauerstoff, also 5,48 Th. mehr in sich schliesst. Wenn daher 
diese Berechnung richtig ist, so muss ein Theil der salpetrigen 
Säure zugleich zersetzt , und folglich Salpetergas oder Stickgas 
entbunden werden. Diese durch eine ungleiche Zerlegung der 



*) Ich muss hier die oft gemachte Bemerkung wiederholen, dass, 
wenn in meinen Versuchen der Sauerstoffgehalt der Basen ein wenig 
zu gross ausgefallen ist, dieser Fehler durch die sechsfache Ver- 
grösserung hier bedeutend wird. Der Leser sieht aber leicht ein, dass 
dieses auf die hier entwickelte Vorstellung keinen wesentlichen Ein- 
fluss hat. 



Bestimmte Verhältnisse. j 45 

Salpetersäure entstehende Gasentbindung leugnet zwar Herr 
Proust, und seitdem auch Herr Gehlen ; sollte sie aber doch 
nicht stattfinden? oder vielmehr , wie sollte das salpetersaure 
Bleioxydul zusammengesetzt sein , wenn sie nicht stattfände ? 
Die Salpetersäure [193] müsste dann eine Menge Bleioxydul 
sättigen, deren Sauerstoff \ von dem der Säure beträgt (nämlich 
so fern diese aus Ammonium, oder -J-, so fern sie aus Stickstoff 
und Sauerstoff zusammengesetzt wäre). Dieses würde aber, wenn 
meine Analyse des salpetersauren Bleioxyduls einigermaassen 
richtig ist, in den 100 Th. Salpetersäure, welche 205,1 Th. 
Bleioxydnl sätligen , eine Menge von Wasser , deren Sauerstoff 
dem des Bleioxyduls gleich wäre, voraussetzen, da denn 100 Th. 
wasserfreier Salpetersäure so viel Bleioxydul sättigen müssten, 
als 17,59 Th. Sauerstoff in sich schliesst. Meine S. 129 beschrie- 
benen Versuche zur Analyse des salpetersauren Bleioxyduls und 
des salpetersauren Ammoniaks zeigen aber, wie mich dtlnkt, 
unwiderleglich, dass ein solches in der Säure verborgenes Wasser 
nicht vorhanden ist. Die Verwandlung des salpetersauren Blei- 
oxyduls in basisches salpetrigsaures Bleioxydul ist also ohne 
Zersetzung eines Theils der salpetrigen Säure, und also ohne 
eine Gasentbindung, nicht möglich. 

Folgender Versuch brachte mich hierüber ins Reine. Ich 
that in einen kleinen gläsernen Kolben 12 Gran salpetersaures 
Bleioxydul und 10g dünn geschlagenes Blei , goss den Kolben 
mit gekochtem Wasser voll, und brachte in die Mündung des 
Kolbens eine gleichfalls mit Wasser gefüllte Gas -Entbindungs- 
röhre. Der Kolben wurde langsam über einer Weingeistlampe 
erhitzt, bis die Flüssigkeit dem Siedepunkte nahe kam. Das Blei 
fing nach und [194] nach an sich aufzulösen, und es stiegen 
davon eine Menge sehr kleiner Gasbläschen, wie an einem in der 
galvanischen Kette auf Wasser einwirkenden Leiter, auf. Ich 
Hess die Flüssigkeit nicht zum Kochen kommen , und auf diese 
Weise sammelte sich in der vorgelegten Flasche eine Menge 
Gas, welches sich durch Erkältung nicht condensirte. Endlich 
Hess ich die Flüssigkeit kochen , und unterbrach den Versuch, 
als das Blei anfing sich mit einer gelbbraunen Haut zu beklei- 
den. Es fand sich, dass 7,64 g Blei waren aufgelöst und 1,8 
Cub. Zoll Gas (bei 4-12" Therm.) entbunden worden. Als das 
erhaltene Gas mit Sanerstoffgas vermischt wurde , condensirte 
es sich zu rothen Dämpfen, welche vom Wasser ganz verschluckt 
wurden; es war also Salpetergas. In andern Versuchen, bei 
welchen ich pie Auflösung des Bleies in Retorten mit angekitte- 

§ 

Ostwald's Klassiker. 35. 10 



146 Jacob Berzelius. 

ter tubulirter Vorlage vornahm, wurde das Sauerstoflfgas der 
Vorlage verzehrt, und das überdestillirte Wasser war sehr merk- 
lich sauer. Die Zerlegung eines kleinen Theils der salpetrigen 
Säure , während das Blei sich in dem salpetersauren Bleioxydul 
auflöst, ist also durch diesen Versuch ausser allen Zweifel ge- 
setzt. 

Ich hoffte die Menge von aufgelöstem Blei genauer bestim- 
men zu können, wenn ich die Auflösung über mehr Blei kochen 
Hess, als sie nach der Berechnung sollte anflöseii können. Zu 
dem Ende übergoss ich in einem sehr langhalsigen Kolben 12,5 
Gran sehr reines, dünn geschlagenes Blei mit einer [195] Auf- 
lösung von 10 g salpetersaurem Bleioxydul in 500 g Wasser, 
und kochte die Mischung 12 Stunden hindurch. Die Mündung 
des Kolbens war mit einem Korkstöpsel verschlossen, durch 
welchen ein kleines Glasrohr ging, das dem Gas den Durchgang 
verstattete. Nach Verlauf der 1 2 Standen wurde die Auflösung 
in eine Flasche gegossen, welche sie beinahe anfüllte, und dann 
leicht verschlossen. Von dem Blei waren , zu meiner grossen 
Verwunderung, nur 0,85 g unaufgelöst zurückgeblieben. Die 
abgegossene Auflösung schoss nach und nach zu einem ziegel- 
farbigen kleinschuppigen Salze an, und die Flüssigkeit, welche 
zurückblieb , hatte ihre Farbe verloren. Sie wurde zu | con- 
centrirt, und schoss dann in einer Flasche in zwei verschiedene 
Gruppen von Salzen an. Die eine war das bereits beschriebene 
gelbe basische salpetrigsaure Bleioxydul; die audere (welche 
von der nämlichen Natur mit dem ersten Anschuss war) bildete 
kleine ziegelrothe, den Fructificationstheilchen des Famkrauts 
vollkommen ähnliche Pusteln, welche ein überbasisches sal- 
petrigsaures Bleioxydul darstellten. 

Durch die Bildung dieses überbasischen Salzes sah ich mich 
in meiner Hoff'nung, die zur Bildung des basischen Salzes erfor- 
derliche Menge von Blei zu finden, getäuscht. Ich mnsste sie also 
durch Näherung zu bestimmen suchen, indem ich Bleisalpeter 
mit verschiedenen Mengen von Blei in Destillirgefässen kochte, 
und die grösste Menge bemerkte, [196] welche aufgelöst werden 
konnte, ohne dass sich dabei überbasisches Salz bildete. In dem 
ersten Versuch lösten 10 Gran salpetersaures Bleioxydul 7| g 
Blei ohne Spuren von überbasischem Salze auf. Ich erhitzte 
dann die erkaltete Auflösung aufs Neue und legte 1 Gran Blei 
hinein, womit ich sie 1 Stunde kochte. Es wurden 0,28 g Blei 
aufgelöst, und während des Erkaltens schössen einige Gruppen 
von überbasischem Salze an. Andere 10 g Bleisalpeter wurden 



Bestimmte Verhältnisse.' 147 

mit 7,9 g Blei zu völliger Auflösung gekocht; während des Er- 
kaltens der Auflösung zeigten sich einige wenige Spuren von 
überbasischem Salze. Noch andere 10 g salpetersaures Blei- 
oxydul, worin 7,8 g Blei aufgelöst waren, gaben zwar keine 
recht deutliche Zeichen von überbasischem Salze , das Unterste 
der Krystallisation, am Boden des Gefässes, schien jedoch etwas 
röthlicher als das obere zu sein. Da nun das überbasische Salz 
nicht in kaltem Wasser völlig unauflöslich ist, so glaubte ich 
durch diese Näherungsmethode keine genauere Bestimmung er- 
warten zu können. 

Es ist leicht zu berechnen, wie viel Blei von salpetersaurem 
Bleioxydul aufgelöst werden muss, damit es sich in das basische 
salpetrigsaure Salz verwandle. Denn wenn, nach der spätem 
S. 138 angeführten Analyse, das neutrale salpetersaure Blei- 
oxydul in 305,87 Th. 100 Th. Salpetersäure enthält, welche, 
um zu salpetriger Säure zu werden, 17,6 Th. (oder nach der 
Bestimmung von den [197] Voluminibus der gasförmigen Be- 
standtheile der Salpetersäure 17,395 Th.) Sauerstoff abgeben 
müssen, so ist das dabei sich bildende Bleioxydul nicht hin- 
reichend, alle salpetrige Säure auf die nämliche Sättigungsstufe 
zu bringen, sondern es entsteht ein Ueberschuss von 5,74 Th. 
salpetriger Säure. Durch eine sehr leichte Berechnung findet 
sich, dass, wenn salpetrige Säure zu Salpetergas wird, sie ein 
Viertel ihrer ganzen Sauersloffmenge verliert*), und dass also 
2 Th. salpetrige Säure müssen zersetzt werden, um das Blei- 
oxydul hervorzubringen , welches mit 1 Th. salpetriger Säure 
das basische Salz darstellt. Von den überschüssigen 5,74 Th. 
salpetriger Säure müssen also 3,826Th. zerlegt worden sein und 
0,805 Th. Sauerstoff an das Blei abgegeben haben. Diese zu den 
vorher genannten 17,59 Th. Sauerstoff addirt, geben 18,375 Th. 
Sauerstoff, welche von dem aufgelösten Blei aufgenommen wor- 
den sind; 18,375 Th. Sauerstoff verbinden sich aber mit 2:^8,8 
Th. Blei. Wenn nun aber 305,87 Th. salpetersaures Bleioxydul 
238,8 Th. Blei auflösen, so lösen 100 Th. dieses Salzes 78 Th. 
Blei auf. Wir haben aber gesehen, dass in diesen Versuchen 
die Bildung des überbasischen Salzes genau auf diesem Punkt 
seinen Anfang nahm. 

Vielleicht giebt es unter den indirecten Beweisen für die 
wahre Zusammensetzung der Salpetersäure , [198] und mithin 
auch des Ammoniaks und des Stickstoffs, keinen bündigeren als 



♦) Erste Forts. Ann. N. F. B. 5. S. 186 (S. 103 dieser Ausgabe). 

10* 



148 Jacob Berzelius. 

diesen. Denn die hier angeführten Beobachtungen, wenn sie 
auch nicht auf die grösste Genauigkeit Anspruch haben, können 
unmöglich so fehlerhaft sein, dass die Bildung des basischen 
salpetrigsauren Bleioxyduls sich mit einer andern Idee über die 
Zusammensetzung und die Sättigungs - Capacität dieser beiden 
Säuren vertragen sollte. 

2. Neutrales salpetrigsaures Bleioxydul. 

Ich wünschte nun auch das neutrale salpetrigsaure Bleioxy- 
dul kennen zu lernen , und dazu schlug ich folgenden Weg ein . 
Ich vermischte eine gesättigte kochende Auflösung des basischen 
Salzes mit so viel Schwefelsäure, als erforderlich war, um die 
Hälfte des in ihr befindlichen Bleioxyduls zu sättigen. *) Ich er- 
hielt eine gesättigte goldgelbe Auflösung, welche nach dem Er- 
kalten nicht krystallisirte und , wenn ich sie durch Abdampfen 
auf der Sandkapelle concentriren wollte, sich zum Theil zer- 
setzte und basisches salpetersaures Bleioxydul gab. Daher tiber- 
liess ich einen Theil derselben der selbsterfolgenden Verdun- 
stung, und nach und nach schoss aus demselben ein dunkel- 
zitrongelbes Salz in oktaedrischen Krystallen an. Dieses so ge- 
wonnene gelbe Salz ist beträchtlich auflöslicher im [199] Wasser, 
als das salpetersaure Neutralsalz. Wenn es in gekochtem und 
noch heissem Wasser aufgelöst wird, hinterlässt es eine geringe 
Menge basisches salpetersaures Bleioxydul, welche sich während 
der Verdunstung des Wassers gebildet hat; in ungekochtem 
Wasser wird dieser Rückstand noch beträchtlicher. Da es un- 
möglich ist, dieses Salz in trockener Gestalt völlig rein darzu- 
stellen , so kann eine Analyse desselben kein recht scharfes Re- 
sultat geben. 

In einer kleinen Glasretorte wurden davon 10g erhitzt. Das 
Salz schmolz und glich in diesem Zustande dem salzsauren Blei- 
oder Silber -Oxydul; es hatte eine dunkelbraune Farbe ange- 
nommen, und schäumte sehr stark, indem es sich zerlegte. Ein 
Theil der sich entbindenden Säure ging gasförmig weg, ein ande- 
rer Theil setzte sich in der Vorlage tropfbar flüssig ab. Dieses 
Salz enhält also Krystallwasser. In der Retorte blieb als Rück- 
stand ein zusammengeschmolzenes Bleioxydul , welches 7 Gran 



*) Ich muss hierbei bemerken , dass , wenn dieser Versuch nicht 
in einem langhalsigen Kolben gemacht wird, ein Theil der salpetrigen 
Säure gasförmig entweicht, und die Zerlegung des Salzes nicht voll- 
ständig wird. 



Bestimmte Verhältnisse. 149 

wog. Ohne allen Zweifel ist in diesem Balze wenigstens doppelt 
so viel Säare gegen die Basis als in dem basischen salpetrig- 
sauren Bleioxydul enthalten , und sättigt folglich die salpetrige 
Säure in dem neutralen Salze eine Menge Bleioxydul , welche \ 
so viel Sauerstoff als die Säure enthält; d. i. 100 Th. Säure 
294,1 Th. Bleioxydul. Dieses wird um so weniger streitig, da 
die 100 Th. salpetrige Säure, wenn man sie als aus Stickstoff 
und Sauerstoff zusammengesetzt betrachtet, dreimal [200] die in 
294,1 Th. Bleioxydul befindliche Sauerstoffmenge enthalten wür- 
den, und also beide Ansichten sich mit diesem Resultat ver- 
einigen lassen. Enthält nun überdies das Krystallwasser eine 
i gleiche Menge Sauerstoff mit der Basis , so ist das neutrale sal- 

petrigsaure Bleioxydul folgendermaassen zusammengesetzt : 

Bleioxydul 70,375 

salpetrige Säure 23,925 

; Wasser 5,700 

j 100,000 

In dem Versuch hinterliess das Salz nur 70 Proc. Bleioxydul. 
I Der kleine Unterschied von beinahe x^V(F rührt wahrscheinlich 

1 daher, dass die salpetrige Säure sich während der Abdampfung 

mehr und mehr oxydirt, und daher das Salz weniger an Basis 

zurücklassen musste. 

3. Ueberbasisches salpetrigsaures Bleioxydul. 

Das überbasische salpetrigsaure Bleioxydul ist ein in kaltem 
Wasser sehr schwer auflösliches Salz. Es schiesst während des 
Erkaltens in kleinen dunkelziegelfarbigen Krystallschuppen an. 
Die Auflösung zersetzt sich an der Luft, oder wenn sie mit un- 
gekochtem Wasser vermischt wird, und setzt ein häufiges weisses 
Pulver ab. An der Luft lässt sich das trockene Salz unver- 
ändert aufbewahren. In der Hitze schmilzt es nicht, und bei 
einer nicht sehr erhöhten Temperatur lässt es sich von allem 
Wasser befreien, ohne, dass dabei etwas von der Säure [201] ver- 
flüchtigt wird; ich glaube also, dass es kein Krystallwasser ent- 
hält. Als ich 10 Gran stark getrocknetes überbasisches Salz in 
einer kleinen gewogenen Glasretorte glühte, erhielt ich nur 
gasförmige salpetrige Säure, und sie hinterliessen 8,9825 g 
Bleioxydul. Dieses Salz ist also folgendermaassen zusammen- 
gesetzt : 



150 Jacob Berzelius. 

Bleioxydul 89,825 

salpetrige Säure 10,175 

100,000 

Wenn wir dieses Resultat berechnen, so finden wir, dass die 
salpetrige Säure , sofern wir den Stickstoff als ihr Radical be- 
trachten, in diesem Salze beinahe gleiche Theile Sauerstoff mit 
dem Bleioxydul enthält , mit einer Genauigkeit , die fast bis in 
die letzten Zahlen reicht ; dass aber die Zusammensetzung dieses 
Salzes nicht dem Princip gemäss wird , wenn wir den Sauerstoff 
des Stickstoffs mit in die Berechnung hineinziehen. In zwei 
anderen Versuchen erhielt ich 89,5 und 89,66 Proc. Bleioxydul 
aus diesem Salze. 

Wir sehen hier eine neue Bestätigung der vorhin erwähnten 
Idee, dass in den überbasischen salpetersauren Salzen , in wel- 
chen die Säure und das Bleioxydul gleiche Theile Sauerstoff ent- 
halten, der Stickstoff bei der Berechnung als ein einfacher Körper 
betrachtet werden muss. Wenn aber auf der andern Seite die 
salpetrige Säure den Sauerstoff nach einem Multiplum des in der 
Basis befindlichen enthält , so entspricht die Zusammensetzung 
des [202] Salzes dem gewöhnlichen Gesetze nur. dann, wenn 
wir den Sauerstoff des Stickstoffs in die Berechnung mitneh- 
men. Ich wage über die Ursache dieses sonderbaren Umstands 
keine Muthmaassung. 

Wenn wir die Menge von Basis berechnen, welche 100 Th. 
salpetrige Säure in den drei hier beschriebenen salpetrigsauren 
Salzen sättigen, so finden wir, dass diese 100 Th. Säure im basi- 
schen Salze mit zweimal so viel, und im überbasischen Salze 
mit dreimal so viel Bleioxydul, als in dem neutralen Salze, ver- 
bunden sind. In den drei salpetersauren Bleioxydul-Salzen findet 
aber eine solche gesetzmässige Progression nicht statt, denn in 
ihnen verhalten sich die mit lOOTh. Säure verbundenen Mengen 
der Basis, wie 1:2: 4,75. Diese Anomalie kann nur darin ihren 
Grund haben, dass der Stickstoff ein zusammengesetzter Körper 
ist, und scheint mir also ein Beweis mehr dafür zu sein. 

Es ist leicht einzusehen, dass die Bildung des überbasischen 
Salzes auf Kosten der salpetrigen Säure geschieht. Ich fand 
durch einen Versuch, dass dabei Salpetergas entbunden wird, 
und in diesem Gas konnte ich keine bemerkbare Spur von Stick- 
gas finden. Nach den obigen Berechnungen kann das salpeter- 
saure Bleioxydul , um überbasisches salpetrigsaures Bleioxydul 
zu werden, ein dem seinigen fast gleiches Gewicht ßleimetall 



Bestimmte Verhältnisse. 1 51 

auflösen. In einem der hier angefahrten Versuche hatten zwar 
100 Th. Bleisalpeter 116^Th. Blei aufgelöst; der Versuch war 
aber in einem langhalsigen Kolben angestellt worden, [203] in 
welchem ein beträchtlicher Theil Salpetergas sich mit dem Sauer- 
stoffgas der hereindringenden Luft verband , und als Salpeter- 
säure in den Kolben zurfickfloss. Dieses geschieht besonders, 
wenn das basische Salz gebildet ist, weil dann 3 Th. der sal- 
petrigen Säure zersetzt und in Salpetergas verwandelt werden 
müssen, um 1 Th. des Salzes in tiberbasisches Salz zu verwan-r 
dein. In Destillirgefässen geschieht dieses nicht , weil in ihnen 
die neugebildete Säure sich in der Vorlage ansammelt, wo dann 
das condensirte Wasser aus leicht begreiflichen Ursachen mehr 
oder weniger sauer ist, je nachdem die Hitze das Kochen der 
Flüssigkeit mehr oder weniger ungleich unterhalten hat. 

Wenn man in einem offenen Gefäss eine schwachsaure Auf- 
lösung von salpetersaurem Bleioxydul mit mehr Blei kocht, so 
erhält man eine gelbe Auflösung, welche in gelben Krystallen 
anschiesst. Ich glaubte anfangs, dieses könne ein Doppelsalz 
mit zwei Säuren sein , und suchte es daher mit Genauigkeit zu 
analysiren, fand aber, dass es sich nicht gleich blieb, dass auch 
der nämliche Anschuss hier und da gelber war , und dass die 
letzten Anschüsse salpetrigsaures Bleioxydul in grösserer Menge 
als die ersten enthielten. Dieses Salz war also nur eine gleich- 
zeitige Krystallisation der beiden vermischten Salze. Durch Pul- 
vern und Aussetzen an der Luft verliert es nach und nach seine 
gelbe Farbe, und wenn man es dann in Wasser auflöst, so lässt 
dieses basisches salpetersaures Bleioxydul zurück. [204] Wäre 
dieses Salz wirklich ein Doppelsalz, wo die Säuren die Basis 
unter sich zur Hälfte getheilt hätten, so müsste es nach dem 
Glühen 68,9 Proc. Bleioxydul hinterlassen. Ich erhielt aber nur 
67,5 bis 68,5 Proc, je nachdem ich frühere oder spätere An- 
schüsse zu untersuchen hatte. 

Noch muss ich eine Erscheinung des neutralen salpetrig- 
sauren Bleies erwähnen, welche es wahrscheinlich mit den 
übrigen salpetrigsauren Salzen gemein hat. Wenn man eine Auf- 
lösung dieses Salzes in der Wärme concentrirt, so oxygenirt sieh 
die Säure stärker, und da dann die nengebildete Salpetersäure 
in dem Salze \ mehr Basis findet, als sie sättigen kann, so setzen 
sich von dem neugebildeten salpetersauren Salze f als basisches 
Salz ab , während |^ als neutrales salpetersaures Bleioxydul in 
der Auflösung zurückbleiben. Wenn die Flüssigkeit einen ge- 
wissen Grad von Concentration erreicht hat , entsteht darin bei 



152 Jacob BerzeliuB. 

einer Temperatar, welche dem Siedepunkte nahe kommt, ein 
Aufbrausen, wobei sich Salpetergas entbindet, und basisches 
und ttberbasisches salpetersaures Bleioxydul gebildet werden. 

Das neutrale salpetrigsaure Bieioxydul kann sich also auf 
zweierlei Weise zersetzen. Entweder die Säure oxygenirt sich 
auf Kosten der Luft stärker, und es entsteht eine Mischung von 
1^ basischem und \ neutralem salpetersauren Bleioxydul ; oder 
es entbindet sich in der Hitze die Hälfte des Ammoniums der 
Säure mit so viel Sauerstofif, als nöthig ist, um Salpetergas zu 
bilden, und der zurückbleibende [205] Sauerstoff verwandelt die 
andere Hälfte des Ammoniums in Salpetersäure , wobei ^ des 
Gewichts der salpetrigen Säure als Salpetergas entweichen, wäh- 
rend -^ als Salpetersäure zurückgehalten werden, und eine 
Mischung aus \ basischem und \ überbasischem salpetersanrem 
Bleioxydul bilden. Die Flüssigkeit bleibt, so lange sie kochend 
ist, ziemlich ungetrübt; nach dem Erkalten setzen sich aber die 
basischen Salze daraus ab. Das Nämliche geschieht auch, wenn 
man die Auflösung mit Wasser verdünnt. Die Verwandelung 
der salpetrigen Säure in Salpetersäure , durch eine veränderte 
Vertheilung des Sauerstoffs an verschiedenen Portionen des Ra- 
dikals, ist dieser Säure mit den übrigen unvollkommenen Säuren 
gemein. 

4. Andere salpetrigsaure Salze. 

Ich habe versucht, mittelst des salpetrigsauren Bleioxyduls 
andere salpetrigsaure Salze zu bereiten, indem ich schwefel- 
saure Salze mit demselben vermischte, habe bis jetzt aber wenig 
mehr als die üeberzeugung von der Möglichkeit sie darzustellen 
erhalten. Wenn ich so z. B. schwefelsaures Kupferoxyd mit 
salpetrigsaurem Bleioxydul vermischte, erhielt ich eine gras- 
grüne Auflösung, welche an der Luft nach und nach basisches 
salpetersaures Kupferoxyd absetzte , und endlich nach einigen 
Wochen wiederum blau wurde. Dasselbe erfolgte noch ge- 
schwinder in der Wärme. Ich versuchte dieses Salz aus sal- 
petersaurem Kupferoxyd durch [206] Digestion über Kupfer zu 
bereiten , es wollte mir aber nicht gelingen, ein salpetrigsaures 
Salz zu erhalten , wahrscheinlich weil die salpetrige Säure mit 
dem Kupferoxyd kein solches basisches Salz als mit dem Blei- 
oxyd giebt. 

Salpetrig saures Ammoniak auf die nämliche Weise , wie 
das salpetrigsaure Kupferoxyd bereitet, ist ein farbenloses Salz, 
welches bei einer nicht sehr erhöheten Temperatur sich zer- 



Bestimmte Verhältnisse. 153 

setzt. Bei 40^ bis 50*^ fährt die Auflösung immer fort Gasbläs- 
clien zu entbinden, welche reines Stickgas sind ; bis zum Kochen 
erhitzt, schäumt es stark, und die Gasentbindung wird häufiger, 
und so lange die Auflösung nicht zu sehr concentrirt ist , wird 
nichts als Stickgas erzeugt, wobei die Auflösung ihre Neutra- 
lität behält. Ich versuchte das Salz in trockener Gestalt darzu- 
stellen, indem ich diese Auflösung in flachen Giasschalen in 
einem trockenen Luftzuge stehen Hess, und erhielt eine undeut- 
lich krystallisirte Salzmasse, welche salpetersaurem Ammoniak 
gleich war. In einer kleinen Retorte geschmolzen, gab sie sehr 
viel Gas und eine Menge mit Ammoniak sehr stark beladenes 
Wasser. Das erhaltene Gas wurde durch Sauerstoffgas nicht 
geröthet , und hatte alle Eigenheiten des oxydirten Stickgas. 

Diese Erscheinungen sind leicht zu erklären. Die salpetrige 
Säure neutralisirt eine Menge Basis , welche \ so viel Sauerstoff 
als die Säure enthält. Der Sauerstoff der Säure (der des Stick- 
stoffs nicht darin eingerechnet) ist dann genau hinlänglich allen 
[207] durch höhere Oxydirung des Ammoniaks hervorzubrin- 
genden Wasserstoff in Wasser zu verwandeln, wobei der Stick- 
stoff der Säure und der des Ammoniaks in Gasform zugleich 
entbunden werden. Das salpetrigsaure Ammoniak zersetzt sich 
also, wenn es nicht eine zu concentrirte Auflösung darstellt, in 
Wasser und Stickgas, und vielleicht giebt dieses Salz die wohl- 
feilste und sicherste Methode an die Hand , um sich dieses Gas 
in reinem Zustande zu verschaffen. Die Säure und das Alkali 
geben gleiche Mengen Stickstoff her ; das Alkali enthält aber 
l \ Mal so viel Ammonium als die Säure. Wenn das trockene 
Salz erhitzt wird, und dabei, wie wir gesehen haben, ganz andere 
Zerlegungsproducte hervorbringt , so lassen sich diese auf fol- 
gende Weise erklären: Das salpetrigsaure Ammoniak zerlegt 
sich auf der einen Seite wie das salpetrigsaure Bleioxydul in 
Salpetergas, salpetersaures Ammoniak und freies Ammoniak 
(weil das Alkali kein basisches Salz darstellen kann) , und auf 
der andern Seite fährt ein anderer Theil des Alkali fort, sich in 
Wasser und in Stickgas zu zerlegen ; und da das Salpetergas und 
das Stickgas im Entstehen einander bertlhren, so bilden sie oxy- 
dirtes Stickgas , und die Producte dieser doppelten Zerlegung 
werden oxydirtes Stickgas, Wasser, freies Ammoniak, und sal- 
petersaures Ammoniak , welches , indem es sich ferner zersetzt, 
die Menge des oxydirten Stickgases und des Wassers vermehrt. 



154 Jacob Berzelius. 

[208] Ich glaube , dass durch diese Versuche erstens die 
Lehre von der Zusammensetzung der Salpetersäure mehr ins 
Klare gesetzt wird, und zweitens glaube ich durch sie darge- 
than zu haben , dass die salpetrige Säure eine selbständige, 
eigene Salze mit den Basen hervorbringende Säure ist , welche 
eine Menge Basis neutralisirt , deren Sauerstoff \ von dem der 
Säure beträgt. Einige neuere Chemiker hatten in dieser Säure 
eine Verbindung von Salpetersäure mit Salpetergas sehen wollen, 
welche durch Sättigung mit Basen zerlegt werde. Diese Mei- 
nung war aber auf Versuche gestützt, welche das wohl nicht be- 
wiesen, was sie beweisen sollten. 

Die Kenntniss der salpetrigen Säure ist zur Erklärung einiger 
Erscheinungen, welche die Salpetersäure zeigt, unentbehrlich. 
Es ist z. B. bekannt, dass verdünnte Salpetersäure, aus con- 
centrirter farbenloser Säure gebildet, für mehrere Metalle ein 
weit schlechteres Auflösungsmittel ist, als die durch Verdün- 
nung von rauchendem Salpetergeist erhaltene Säure. Wäre die 
rauchende Salpetersäure nichts als eine Auflösung von Salpeter- 
gas in Salpetersäure, so würde sich nicht begreifen lassen, wie 
das Salpetergas hier so wirksam sein könnte, da es von den auf- 
zulösenden Körpern nicht zerlegt wird. Wenn wir dagegen 
wissen, dass salpetrige Säure eine Säure eigner Art ist, welche 
sich leichter als die Salpetersäure zerlegen lässt, so hat die 
grössere Wirksamkeit der aus der rauchenden durch Verdün- 
nung gebildeten Säure für uns nichts Räthselhaftes. 



[235]Die Gesetze der Verbindungen des Wassers, und 
der Bildung der basischen Salze und der Doppcl- 
salze enthaltend; sammt den Resultaten der ganzen 

Untersuchung. 

Ich habe in meiner Abhandlung und in den beiden Fort- 
setzungen derselben die Meinung geäussert, das Wasser ver- 
trete in den Säuren die Stelle der Basen und in den Basen die 
Stelle der Säuren ; auch habe [236] ich als Vermuthung, zu der 
mich das von mir aufgefundene Gesetz der Bildung der unorga- 
nischen Körper berechtige , den Satz aufgestellt , dass die Salze 
des Kry Stallwassers stets so viel enthalten, dass der Sauerstoff 
desselben entweder ein Multiplum oder ein Suhmultiplumy 
nach einer ganzen Zahl, von dem in der Basis des Salzes ent- 



Bestimmte Verhältnisse. 155 

haltenen Sauerstoff ausmache*). Ich will mich bemühen, durch 
die in dieser Abhandlung zu beschreibenden Versuche über 
diese Materie ein helleres Licht zu verbreiten. Die ausnehmende 
Schwierigkeit, völlig genau zu beobachten, und die Unmöglich- 
keit, meine Ideen über die Zusammensetzung des Wasserstoffs 
schon jetzt entscheidend zu prüfen, sollten mich vielleicht abge- 
halten haben, mehrere derselben mitzutheilen ; zu strenge For- 
derungen einer nicht zu erreichenden [237] Vollkommenheit 
haben uns indess schon um manche nützliche Arbeit gebracht, 
welche von mehreren gepflegt , der Wissenschaft von Gewinn 
gewesen sein würde. 

Ehe ich die Erzählung dieser Versuche anfange, will ich einige 
allgemeine Bemerkungen vorausschicken über einige Gegen- 
stände, die mit ihnen in naher Beziehung stehen. Und zwar zu- 
erst etwas über die Unmöglichkeit , einige Säuren für sich 
darzustellen. 

Durch die trefflichen Versuche der Herren Gay-Lussac und 
Thenard wissen wir, dass sich die Salzsäure von den Körpern, 
mit denen sie verbunden ist, nicht trennen lässt, so oft es an 
Wasser fehlt . womit sie sich im Entstehungs-Augenblifck ver- 



*) Annalen a. a. 0. S. 225. Anm. (S. 126 dieser Ausgabe). Davtjs 
Versuche hatten mir gedient, darzuthun [Ann. B. 37. S. 459), dass 
die gasft5rmige Salzsäure eine solche Menge Wasser enthält, dass der 
Sauerstoff desselben genau hinreicht, die Menge Metall zu oxydiren, 
welche erforderlich ist, um mit der wasserfreien Salzsäure ein neu- 
trales Salz hervorzubringren ; das nämliche hat Hr. Gay-Lussac in 
seiner vortrefflichen Abhandlung über die Verbindungen der Gas- 
arten unter einander [Ann. B. 36. S. 16 f.) von dem Sauerstoffgehalt 
der Basen in Neutralsalzen bewiesen. Ein anderer Versuch hatte 
mich belehrt, dass die Schwefelsäure durch Kochen nur so lange 
stärker concentrirt werden kann , bis das rückständige Wasser nur 
noch ein Drittel so viel Sauerstoff als die Schwefelsäure enthält, das 
heisst , bis die Menge des Sauerstoffs im Wasser derjenigen gleich ist, 
welchen eine zur Sättigung der nämlichen Menge Schwefelsäure er- 
forderliche Menge einer Basis enthält. Die Zusammensetzung des 
Wassers hatte ich bei diesen Berechnungen so angenommen, wie sie 
mir diejenige von meinen [Ann. B. 37. S. 461, S. 80 dieser Ausgabe) 
mitgetneilten Analysen gegeben hatte, welche mit der von Biot und 
Arago gemachten Wägung der Gasarten übereinstimmte , nämlich in 
100 Gewichtstheilen zu llf Th. Wasserstoff und 88| Th. Sauerstoff. 
Herr Gay-Lusmc nimmt sie in seiner erwähnten Abhandlung (a. a. 0. 
S. 86) an zu 13^ Th. Wasserstoff und 86J Th. Sauerstoff, ohne doch 
ein anderes Gewicht der beiden Gasarten, als das von Biot und Arago 
gefundene , anzugeben. Man lese darüber das nach, was ich in der 
zweiten Fortsetzung meiner Abhandlung, oben S. 134 in einer An- 
merkung gesagt habe. 



1 56 Jacob Berzelius. 

binden kann. Die Folgerungen sind bekannt, welche der be- 
rühmte Davy hieraus gezogen hat. (3') [238] Da an einer rich- 
tigen Ansicht dieser Sache sehr viel gelegen ist, so wollen wir 
uns ein wenig nach dem Verhalten anderer Säuren unter ähn- 
lichen Umständen umsehen. 

Der Schwefel besitzt, wie wir Veranlassung haben zu glau- 
ben, 4 Oxydations-Stufen. Die erste und zweite kennen wir nur 
in Verbindung mit Salzsäure; der dritte ist die schweflige 
Säure und der vierte die Schwefelsäure. Kein Chemiker hat 
jemals wasserfreie Schwefelsäure hervorgebracht, und wer sie 
zu erhalten versucht, wird immer schweflige Säure bekommen. 
Wenn man z. B. Schwefel in völlig trockenem Sauerstoffgas ver- 
brennt , so wird nur eine sehr kleine Spur von Schwefelsäure 
gebildet, die allein durch Vermittelung des im Schwefel befind- 
lichen Wasserstoffs entsteht, welcher Wasser erzeugt. Trocknet 
man schwefelsaures Eisenoxyd oder Alaun mit hinlänglicher 
Sorgfalt, und versucht die Schwefelsäure aus ihnen durch Hitze 
auszutreiben, so erhält man Sauerstoffgas und schweflige Säure, 
ohne dass sich eine Spur von Schwefelsäure verdichtet ; lässt 
man aber Wasserdämpfe über diese erhitzten Salze fortsteigen, 
so erhält man sogleich in der Vorlage condensirte Schwefel- 
säure. Es ist auf der andern Seite bekannt, dass, wenn man 
schwefelhaltige Salzsäure in Wasser wirft, schweflige Säure ent- 
bunden wird, und wiederhergestellter [239] Schwefel sich nie- 
derschlägt. Wir können also mit Sicherheit annehmen, dass von 
den vier nun bekannten Oxydations - Stufen des Schwefels nur 
eine einzige, die schweflige Säure, für sich darstellbar ist. 

Auch die Salpetersäure lässt sich nicht ohne Wasser dar- 
stellen. Versucht man es, so wird man nichts als Sauerstoffgas 
und salpetrige Säure erhalten. Kommen aber diese Gasarten 
über Wasser miteinander in Berührung, so wird die aufgehobene 
Verwandtschaft zwischen der salpetrigen Säure und dem Sauer- 
stoff wieder wirksam, und es entsteht eine Verbindung von Sal- 
petersäure und Wasser. Die Salpetersäure besteht also nicht für 
sich, sondern es ist dazu die Gegenwart eines zweiten oxydirten 
Körpers unentbehrlich. Wäre nun die Salpetersäure keiner 
niedrigeren, für sich darstellbaren Oxydations-Stufe fähig, und 
wäre die Verwandtschaft des Sauerstoffs zu ihrem Radicale sehr 
gross, so würde, wie man leicht einsieht, es ganz unmöglich 
sein, diese Säure mit einer wasserfreien, wenn auch weit kräf- 
tigeren, Säure aus einer Verbindung durch Hitze auszutreiben ; 
denn es würden sich in diesem Falle zwei grosse Verwandt- 



Bestimmte Verhältnisse. 157 

Schäften gegen die einzige der wasserfreien Säure entgegen- 
stellen, nämlich die Verwandtschaft der Salpetersäure zur Basis 
der Verbindung und die Verwandtschaft des Sauerstoffs zum 
Radical der Säure , welche beide aufgehoben werden müssten, 
wenn die Trennung vor sich gehen sollte. Nun ist [240] aber 
nicht selten die Verwandtschaft eines Radicals zum Sauerstoff 
eine unvergleichlich grössere Kraft, als die einer Säure zu einer 
Basis. Es ist also sehr natürlich, dass eine Säure, welche für 
sich nicht darstellbar ist, und deren Radical eine sehr grosse 
Verwandtschaft zum Sauerstoff hat, nicht ohne Dazwischenkunft 
von Wasser, oder von irgend einem andern oxydirten Körper 
(welcher die Stelle der Basis vertritt), aus ihren Verbindungen 
getrennt werden kann. 

Gerade dieses ist mit der Salzsäure der Fall , und sie hat 
daher die Eigenschaften, welche den scharfsinnigen Davy zu 
seinen gegen unsere jetzigen Begriffe streitenden Ideen von dieser 
Säure geführt haben, mit der Schwefelsäure, der Salpetersäure, 
und , wie wir unten sehen werden , noch mit mehreren andern 
Säuren gemein. Die Versuche, welche man zur Zerlegung der 
Salzsäure angestellt hat, beweisen, dass das Radical dieser Säure, 
wenn auch nicht unter allen bekannten Körpern die grösste, 
doch auf jeden Fall eine vorzüglich grosse Verwandtschaft zum 
Sauerstoff besitzt. Wenn wir aber geglühtes salzsaures Natron 
mit geschmolzener Boraxsäure in der Glühhitze zu zerlegen 
versuchen, so setzen wir die schwache Verwandtschaft zwischen 
der Boraxsäure und dem Alkali der weit stärkern Verwandt- 
schaft der Salzsäure zum Alkali und zugleich der unendlich 
grössern Verwandtschaft des Radicals der Säure zum Sauerstoff 
entgegen. [241] Dass hier keine Trennung der Salzsäure von der 
Basis möglich ist , erhellt hieraus aufs deutlichste. 

Wenn ferner der berühmte Davy, in seinen Versuchen über 
das oxygenirt'Salzsaure Gas^ dieses Gas durch Kohlen , die er 
eine Stunde lang darin glühend erhielt, zu zersetzen hoffte, so 
würde dieses voraussetzen , dass die Kohle eine grössere Ver- 
wandtschaft zu dem Sauerstoff als das Radical der Salzsäure be- 
sitze. Denn lässt sich die Salzsäure für sich nicht darstellen, so 
hatte die Kohle in Davy-% Versuch nicht die kleine Portion 
Sauerstoff, weiche die oxygenirte Salzsäure mehr als die gemeine 
Salzsäure enthält, von dem Radical zu trennen, sondern die 
ganze in der Verbindung befindliche Menge von Sauerstoff abzu- 
scheiden. Nun hat aber die Kohle eine weit geringere Ver- 
wandtschaft zu dem Sauerstoff, als das Radical der Salzsäure ; 



158 Jacob BerzeliuB. 

dieser Versuch kann also nicht als ein gültiger Beweis angesehen 
werden , dass die oxygenirte Salzsäure keinen Sauerstoff ent- 
halte. Ich hoffe ; man wird die Richtigkeit des Angeführten 
deutlich einsehen. 

Eine zweite vorläufige Bemerkung betrifft das Krystall- 
Wasser der Salze, 

Wenn man einen Körper in fester Form, der Wasser in seiner 
Mischung enthält, untersucht, darf man nicht aus der Acht 
lassen, dass er das Wasser auf zweierlei Weise in sich schliessen 
kann : entweder chemisch gebunden als einen integrirenden Be- 
standtheil, oder in den Zwischenräumen einer grössern [242] 
zusammenhängenden Masse nur mechanisch eingeschlossen. Das 
Innere der Salzkrystalle ist kein völliges 'Continuum , sondern 
von ganz kleinen , ungleich gestalteten Poren unterbrochen , in 
welchen der Krystall eine kleine Menge der Mutterlauge, aus 
der er angeschossen ist, einschliesst. Dieses ist die Ursache, 
warum regelmässige Salzkrystalle, ungeachtet sie ihre Ent- 
stehung einer Kraft verdanken, welche sie aus aller chemischen 
Verbindung mit den in der Auflösung noch rückständigen Kör- 
pern scheidet, doch immer eine kleine Menge von den fremden 
Stoffen der Mutterlauge enthalten, man mag die Oberfläche noch 
so wohl abwaschen. Der rohe Salpeter z. B., welcher aus der 
ersten Lauge an schiesst , giebt braungelbe Kry stalle. Der Sal- 
peter ist aber weder mit dem farbigen Extractivstoff, noch mit 
dem salzsauren Alkali, welche man darin antrifft, chemisch ver- 
bunden. Durch ein Vergrösserungsglas sieht man deutlich, dass 
das weisse Salz eine gelbe Materie in seinen Poren einschliesst ; 
und das nämliche muss auch mit den nicht färbenden Unreinig- 
keiten der Fall sein. Je unreiner die Mutterlauge ist, je mehr 
muss also der darin gebildete Anschuss mit fremden Körpern 
beladen sein ; und das Reinigen durch wiederholte Krystallisa- 
tion gründet sich darauf, dass das aufs neue anschiessende Salz 
eine mit immer weniger fremden Stoffen beladene Mutterlauge 
mechanisch einschliesst. Ein grosser Krystall umschliesst in 
seinen Poren verhältnissmässig mehr Mutterlauge , als ein klei- 
ner, und [243] je kleiner der Krystall ist, desto freier ist er von 
Mutterlauge. In den Zuckerraffinerien z. B. ist der Syrup, wel- 
chen man, um weissen Hutzucker hervorzubringen, unter stetem 
Umrühren in sehr kleinen Körnern krystallisiren lässt, nicht 
selten mehr gefärbt, als der, von welchem der Zuckerkand unter 
langsamer Abdunstung in grossen gelben oder wohl gelbbrau- 
nen Kiystallen anschiesst ; wovon die Ursache aus dem , was 



Bestimmte Verhältnisse. 1 59 

hier gesagt worden, in die Augen fällt. Ebenso hat man bei 
der Keinigung des Salpeters zu Feuerwerken schon lange die 
präcipitirte kömige Krystallisation des Salpeters angewendet; 
auch wissen wir durch die Versuche der Herren Thenard und 
Roard, dass Alaun auf die nämliche Weise leicht gereinigt wer- 
den kann. 

Wenn man ein in sehr kleinen Körnern angeschossenes und 
gut getrocknetes Salz pulvert, so giebt es sogleich ein staubig 
trockenes Pulver. Wenn man dagegen das nämliche gut ge- 
trocknete, aber in grösseren Krystalleu geformte Salz zu pulvern 
anfängt, so erhält man ein feuchtes , etwas zusammenhängendes 
Pulver, welches von der eingeschlossenen Mutterlauge her- 
rührt, die beim Oeffnen der kleinen Zwischenräume herausdringt 
und das Pulver anfeuchtet. Lässt man dieses nun trocknen , so 
kann man es zu staubigem Pulver reiben^) . 

[244] Das mechanisch eingeschlossene Wasser geht im Feuer 
gewöhnlich zugleich mit dem Krystallwasser weg ; in denjenigen 
Salzen aber, welche kein Krystallwasser enthalten, und welche 
man, ohne sie vorher zu zerkleinern, einer höheren Temperatur 
aussetzt, verwandelt es sich plötzlich in Dampf und zersprengt 
die Krystalle mit heftigem Krachen. Daher kommt das Ver- 
knistern einiger Salze. Das von einem Salze durch das Ver- 
knistern entfernte Wasser kann also nicht Krystallwasser sein, 
weil es eine ungleiche Vertheilung des Wassers im Salze vor- 
aussetzt, welche der Idee von einer chemischen Verbindung ge- 
rade entgegen ist. Aus dieser Ursache sind auch die Angaben 
der Chemiker von der Menge sogenannten Kry stall wassers in 
verknisternden Salzen immer so verschieden gewesen ; je nach- 
dem sie grössere oder kleinere Krystalle zu ihren Versuchen 
nahmen, war des entweichenden mechanisch eingemengten Was- 
sers mehr oder weniger. 

Die verknisternden Salze enthalten kein Krystallwasser, ob- 
gleich das Verknistern einen Gehalt an Krystallwasser keines- 
wegs ausschliesst ; denn man kann sich eine krystallisirte Ver- 
bindung vorstellen, deren Krystallwasser nur in einer sehr 
hohen Temperatur verjagt werden kann, und wo also das ein- 
geschlossene Wasser weit eher ausgetrieben wird. So weit aber, 
als unsere jetzige Erfahrung reicht, kommen alle Verbindungen 
mit Wasser , welche das Wasser sehr stark zurückhalten , bei 



*) Einiire Salze besitzen jedoch im Zustande der völligen Trocken- 
heit die Eigenschaft, ein etwas zusammenhängendes Pulver zu geben. 



160 Jacob Berzelias. 

einer nicht sehr erhöhten Temperatur in Fluss, und [245] das 
mechanisch in den Krystallen eingeschlossene Wasser geht 
durchs Kochen fort. 

Ich habe diese Bemerkungen vorausgeschickt, um zu zeigen, 
wie es nicht selten eine schwierige Sache ist, das Krystallwasser 
eines Salzes mit völliger Schärfe zu finden. Dieses wird aber 
mit der Zeit sehr leicht sein. Denn wenn das Gesetz für den 
Gehalt der Salze an Krystallwasser einmal ausgemacht ist, so 
bedarf es dann nur annähernder Versuche, um unter mehreren 
Möglichkeiten das wahre Verhalten herauszufinden. Ich glaube 
in meinen hier zn erzählenden Versuchen dieses Gesetz gefun- 
den und durch hinlängliche Beispiele bewiesen zu haben. In 
den meisten Fällen habe ich zu diesen Versuchen die körnige 
Krystallisation gewählt, und wenn das Salz nicht allzu verwit- 
ternd war , habe ich es zu staubigem Pulver gerieben , in der 
trockenen Luft einige Stunden liegen lassen , und es dann in 
einem genau gewogenen Platintiegel erhitzt. Auch habe ich 
mehrere Krystallformen des nämlichen Salzes untersucht, dabei 
aber keinen Unterschied im Wassergehalt finden können. 

Meine gegenwärtige Abhandlung zerfällt in die vier folgen- 
den Abtheilungen: Erstens Gesetze für die Verbindungen des 
Wassers mit Säuren, mit Basen und mit Salzen ; Zweitens Ge- 
setze für die Bildung der basischen Salze ; Drittens Gesetze für 
die Bildung der Doppelsalze ; Viertens Allgemeine Uebersicht 
der Resultate meiner Versuche. 



[246] I. Gesetze für die Verbindungen des Wassers. 
A. Verbindungen des Wassers mit Säuren. 

1. Weinsteinsäure. 

Zehn Gramm feingeriebene trockene Weinsteinsäure wur- 
den in Wasser aufgelöst und mit einer Auflösung von essigsaurem 
Bleioxydul, so lange noch ein Niederschlag entstand , erhitzt. 
Die Mischung wurde zum Trocknen abgeraucht, wobei die freie 
Essigsäure grösstentheils verdampfte. Die rückständige Masse 
mit Wasser aufgeweicht und auf dem Filtro gut ausgewaschen, 
gab 23,51 g weinsteinsaures Bleioxydul. 

Fünf Gramm weinsteinsaures Bleioxydul mit verdünnter 
Schwefelsäure behandelt, gaben in drei verschiedenen Versuchen 
4,2318, 4,229 und 4,228 g schwefelsaures Bleioxydul. Das 



Bestimmte Verhältnisse. 161 

^einsteinsaare Bleioxydul muss also folgendermaassen zusam- 
mengesetzt sein : 

Weinsteinsäure 37,75 100,00 

Bleioxydul 62,25 164,87 



100,00 264,87 

Es enthalten diesem zufolge 23,51 g weinsteinsaures Blei- 
oxydul 8,875 g trockener Säure ; in lOOTh. krystallisirter Säure 
befinden sich 1 1,25 Th. Wasser, und 100 Th. wasserfreier Wein- 
steinsänre verbinden sich mit 12,7 Th. Wasser, worin sich 
1 1,2 Th. Sauerstoff befinden. Das von 100 Th. dieser Säure ge- 
sättigte Blei oxydul enthält aber 1 1,788 Th. Sauerstoff; es ist also, 
der kleinen Differenz ungeachtet , [247] ziemlich klar, dass die 
krystallisirte Weinsteinsäure eine Menge Wasser enthält, deren 
Sauerstoff dem der Basis gleich ist, welche die nämliche Menge 
Weinsteinsäure sättigt. Bei den Versuchen, welche ich angefangen 
habe, um die Gesetze der Bildung organischer Producte aufzu- 
suchen, die ich künftig bekannt machen werde , habe ich in der 
Weinsteinsäure nicht mehr als 56,384 Proc. Sauerstoff (gegen 
39,206 Th. Kohlenstoff und 4,41 Th. Wasserstoff) gefunden*), 
welches beinahe fünfmal so viel ist, als das 100 Th. Weinstein- 
säure sättigende Wasser enthält. Ich muss hier die Bemerkung 
wiederholen, dass vielleicht ein etwas zu grosser Sauerstoff- 
gehalt der Basen in meinen Bestimmungen die Ursache ist, 
warum die meisten Säuren diesen Sauerstoffgehalt etwas ge- 
ringer bestimmen, als er nach Berechnung aus dem Sauerstoff- 
gehalte der sie sättigenden Basen sein sollte. Ich habe aber 
diesen kleinen Fehler , so weit es möglich [248] gewesen ist, 
überall proportional zu machen gesucht, so dass die erste völlig 
richtige und gehörig bewährte Analyse einer Säure oder eines 
Oxydes alle diese Bestimmungen auf einmal berichtigen könne . 



*) Um die Angabe von allen Berechnungsfehlern frei zu erhalten, 
bemerke ich , dass ich von 3 g sehr streng getrocknetem weinstein- 
saurem Bleioxydul in zwei Versuchen, mit unbedeutender Verschie- 
denheit, 3,7555 g kohlensauren Kalk und 0,425 g Wasser erhalten 
habe. Wenn nun die Zusammensetzungen des weinsteinsauren Blei- 
oxyduls, des kohlensauren Kalks und des Wassers richtig bestimmt 
sind, so muss das in der Rechnung Fehlende Sauerstoff sein. Da aber 
alle diese Bestimmungen ein wenig fehlerhaft sein können , auch ab- 
gesehen von den Beobachtungsfehlern, so kann auch der bestaus- 
geführte Versuch ein bis auf 0,01 fehlerhaftes Resultat geben. 

Ostwald's Klassiker. 35. 11 



1 62 Jacob Berzelius. 



2. Citronensäure. 



Krystallisirte Citronensäure wurde fein gepulvert und in 
der Sonne etliche Stunden getrocknet. Dann wurden 

a) 5 g davon in Wasser aufgelöst und mit 15 g feingeriebe- 
nem, den Augenblick vorher geglühtem Bleioxydul gemischt, 
langsam bis zum Trocknen abgedampft, und das mit freiem 
Bleioxydul gemischte Bleisalz alsdann auf einer Sandkapelle in 
einer so strengen Hitze, als es nur ertragen konnte, bis dass es 
nicht mehr an Gewicht verlor , getrocknet. Die Mischung wog 
nun 18,95 g. Die Säure hatte also 21 Procent Wasser ent- 
halten. 

b) 1 g von der nämlichen Citronensäure mit essigsaurem 
Bleioxydul, auf die nämliche Weise wie die Weinsteinsäure be- 
handelt, gaben 23,756 Th. citronensaures Bleioxydul. 

c) 5 g der nämlichen Citronensäure in einer gelinden Hitze 
geschmolzen, so lange als sie in dieser Hitze etwas verloren, 
und bis die Masse wiederum fest wurde, hatten 0,354 g oder 
7,08 Procent an Gewicht eingebüsst. 

d) 10 g citronensaures Bleioxydul mit verdünnter Schwefel- 
säure behandelt, gaben 9,056 g schwefelsaures Bleioxydul, 
worin sich 6,666 g Bleioxydul [249] befinden. Dieses Salz ent- 
hält also ein Drittel seines Gewichts an Säure , und ist folgen- 
dermaassen zusammengesetzt : 

Citronensäure 33,333 100 

Bleioxydul 66,667 200^ 

100,000 ~3W 

Diesem nach sättigen 100 Th. Citronensäure eine Menge 
Basis, welche 14,3 Th. Sauerstoff enthält. Wenn wir den Ver- 
such b) nach dieser Analyse berechnen, so finden wir wiederum, 
dass die Citronensäure 20,85 Procent Wasser enthalten hat. 
Nun aber hatte diese Säure bei einer zur Zersetzung noch nicht 
hinreichenden Temperatur 7,08 Procent Wasser verloren (c); 
dieses macht von dem ganzen Gehalt ungefähr ein Drittel aus. 
Die noch rückständigen 13,77 Th. Wasser waren an die Säure 
durch eine stärkere Verwandtschaft gebunden. Wenn nun aber 
79,15 Th. trockener Citronensäure 13,77 Th. stärker gebunde- 
nes Wasser enthalten, so müssen 100 Th. wasserfreier Säure 
sich mit 17,14 Th. Wasser verbinden; diese enthalten aber 
15 Th. Sauerstoff, oder etwas mehr als das Bleioxydul, welches 
100 Th. trockener Säure sättigen. Diese kleine Verschieden- 



Bestimmte Verhältnisse. 163 

« 

heit rührt daher, dass es unmöglich ist, mit Körpern, welche sich 
in einer etwas erhöhten Temperatur so leicht zersetzen, wie die 
Citronensäure, völlig genaue Resultate zu erhalten. Wir sehen 
also hieraus , dass die Citronensäure eine Menge Krystallwasser 
enthält, welche man, ohne die Zusammensetzung der Säure zu 
verändern, entfernen kann, [250] und dass dieses Krystall- 
wasser die Hälfte von dem mit der Citronensäure inniger ver- 
bundenen Wasser ausmacht. 

3. Sauerkleesäure. 

Es ist eine allgemein bekannte Thatsache, dass die Sauer- 
kleesäure in trockener Luft verwittert. Ich glaubte anfangs, 
sie werde dabei alles Wasser verlieren, und setzte daher ver- 
schiedene Portionen krystallisirter Sauerkleesäure einer etwas 
über den Siedepunkt des Wassers erhöhten Temperatur aus. 
Sie verwandelten sich in eine zusammenhängende lockere Masse, 
verloren aber niemals vollkommen gleiches Gewicht. Doch 
variirten die Versuche nur zwischen 28 und 29 bis 29,3 Procent; 
im letzteren Fall sah man indess deutlich, dass eine Sublimation 
der Sauerkleesäure angefangen hatte ; denn die Oberfläche der- 
selben war mit zarten krystallinischen Nadeln bedeckt. 

Ich mischte nun auf einem gewogenen Glasschälchen 4 g 
gepulverte und in der Luft eine Stunde lang getrocknete Sauer- 
kleesäure mit 20 g fein geriebenem, den Augenblick zuvor aus- 
geglühtem Bleioxydul, übergoss die Mischung mit Wasser, und 
trocknete sie geschwind ein, wobei sie mehrere Male umgerührt 
wurde. Die Säure und das Bleioxydul hatten nun 1,68 g an Ge- 
wicht verloren. Ich wiederholte diesen Versuch noch einmal, 
ganz mit dem nämlichen Erfolg. Es enthalten folglich 10 Th. 
Sauerkleesäure 42 Th. Wasser. 

[251] 10 g wohl getrocknetes sauerkleesaures Bleioxydul 
wurde in einer offenen und genau gewogenen Glasschale im 
Glühfeuer verbrannt. Die Schale verlor hierdurch in ver- 
schiedenen Versuchen 2,52 bis 2,53 g. Das rückständige Blei- 
oxydul hatte eine glänzend gelbe Farbe. Das sauerkleesaure 
Bleioxydul besteht diesem nach aus 

Sauerkleesäure 25,2 100,0 

Bleioxydul 74,8 296,6 

100,0 396,6 

Also sättigen 100 Th. Sauerkleesäure eine ][^enge Basis, deren 
Sauerstoff 21,2 Th. beträgt. Nun haben wir gesehen, dass 

11* 



164 Jacob Berzelins. 

100 Th. krystallisirte Sauerkleesäure 42 Th. Wasser enthalten, 
von welchem sie 28 bis 29 Th. im Verwittern verlieren. Es sind 
aber 28 Th. genau f von 42 Th. Die verwitterte Sauerklee- 
säure behält also 1 Th. Wasser auf je 2 Th., die sie verliert. 
Wenn wir dieses für 100 Th. wasserfreier Sauerkleesäure be- 
rechnen, so vereinigen sich diese mit 72,414 Th. Wasser, und 
von diesem verlieren sie beim Verwittern 48,276 Th. Die noch 
rückständigen 24,138 Th. Wasser, welche nur durch andere, 
gegen sie stärker negativ - elektrische Körper herausgetrieben 
werden können, enthalten 21,3 Th. Sauerstoff. 

4. Resultate. 

.Wir kennen also keine von den drei hier analysirten Pflan- 
zensäuren im reinen Zustande, und es lässt sich muthmaassen, 
dass sie, wie die vorhin erwähnten Mineralsäuren, für sich 
nicht darstellbar sind. 

[252] Wir sahen ferner, dass sowohl die Citronensäure als 
die Sauerkleesäure eine Portion Wasser enthalten , welche aus- 
getrieben werden kann , und sich ganz wie Krystallwasser ver- 
hält, während die Säure mit einer andern Portion Wasser ver- 
bunden bleibt, die ganz die Rolle einer Basis spielt, und sich nur 
durch eine stärkere Basis von ihr trennen lässt. Wir können 
diese Verbindungen mit Wasser füglich als Salze ansehen , in 
welchen das Wasser die Basis ist, und sich ganz wie die schwä- 
chern Basen unter den Metalloxyden verhält, die sich sowohl 
mit Säuren als mit andern Basen verbinden können. Wenn wir 
das in der krystallisirten Sauerkleesäure durch Verwitterung 
verflüchtigte Wasser für Krystallwasser ansehen, so enthält 
dieses zweimal so viel Sauerstoff, wie der als Basis anzusehende 
Antheil des Wassers. 

Dass diese Bestimmungen unrichtig sein sollten , weil doch 
das sauerkleesaure Bleioxydul Wasser enthalten könnte, ist 
nicht wahrscheinlich , denn von 5 g wohl getrocknetem sauer- 
kleesaurem Bleioxydul, die ich auf eine schickliche Weise in 
verschlossenen Gefässen verbrannte, habe ich in zwei Ver- 
suchen nur 0,077 bis 0,09 g Wasser erhalten, zugleich mit einer 
Menge Kohlensäure, welche 3,708 g kohlensauren Kalk hervor- 
brachte. Wenn wir die Zusammensetzung der Satierkleesäure 
nach der Analyse des sauerkleesauren Bleioxyduls, des kohlen- 
sauren Kalks, der Kohlensäure und des Wassers berechnen, so 
muss diese Säure aus 34,9 Th. Kohlenstoff, beinahe 1 Th. 



Bestimmte Verhältnisse. 165 

Wasserstoff und 64,1 Th. [253] Sauerstoff zusammengesetzt 
sein. Wir haben aber gesehen, dass 100 Th. Sauerkleesäure 
sich mit so viel Basis verbinden, als 21,2 Th. Sauerstoff ent- 
halten, und es sind 21,2 X3 = 63,6. Wir können also als 
ausgemacht annehmen, dass die Sauerkleesäure dreimal so viel 
Sauerstoff als die Basis, von der sie gesättigt wird, enthalten 
muss. Endlich sahen wir, dass das in der krystallisirten Sauer- 
kleesäure enthaltene Wasser genau so viel Sauerstoff als die 
Säure selbst in sich sc|iliesst. 

[254] B. Verbindungen des Wassers mit Basen. 
1. Alkalien und alkalische Erden. 

Dass sich bei der Reduction der Alkalien zu Metallen durch 
weissglühendes Eisen eine sehr grosse Menge Wasserstoffgas ent- 
bindet , hat mehrere Chemiker veranlasst , Wasser in den ge- 
glühten fixen Alkalien zu suchen. Die Resultate ihrer Versuche 
sind aber ungleich ausgefallen, obgleich man deutlich sieht, dass 
sie um den nämlichen Punkt schwanken. 

Da es vielleicht nicht möglich ist, ein völlig reines, trocke- 
nes kaustisches Alkali darzustellen, welches weder Kohlensäure, 
noch Erden, noch andere fremde Stoffe enthält , und also Ver- 
suche mit einem solchen Alkali kein recht genaues Resultat 
geben können, so wählte ich zu diesen Untersuchungen den Kalk 
und die Magnesia j überzeugt, dass dasjenige, was für die eine 
von diesen stärkeren Basen als Regel geltend ist, auch für die 
anderen gelten müsse. 

Kalk. 

Reiner gebrannter Kalk wurde mit Wasser gelöscht, ge- 
trocknet und noch einmal in einem Platintiegel streng geglüht, 
wobei sich alle in dem Kalk noch rückständige Kohlensäure mit 
den Wasserdämpfen entfernen Hess. — a) 10 g von diesem 
kaustischen Kalke wurden mit Wasser gelöscht , so geschwind 
als möglich eingetrocknet, und zuletzt über einer Weingeistlampe 
sehr hoch über den Siedepunkt des Wassers erhitzt. Sie hatten 
3,21 g am Gewichte [255] zugenommen. — b) Dieser Versuch 
wurde mit 30 g reinem Kalk wiederholt, und gab 39,75 g wasser- 
haltenden Kalk. 

In beiden Versuchen hatten also 100 Th. Kalk 32,1 bis 
32,5 Th. Wasser in sich aufgenommen. Da im letzteren Ver- 
such die grössere Masse eine später erfolgende Austrocknung 



166 Jacob Berzelius. 

voraussetzt, so sieht man leicht ein, wie das Resultat durch Auf- 
nehmen von etwas Kohlensäure vergrössert werden musste. Nun 
enthalten 100 Th. Kalk 23,16 Th. Sauerstoff, und 32, i Th. 
Wasser enthalten 26,5 Th. Sauerstoff. Der kleine üeberschuss 
rührt offenbar von aufgenommener Kohlensäure während des 
Eintrocknens her. Diese Versuche zeigen also , dass der Kalk 
eine Menge Wasser aufnimmt, deren Sauerstoff dem der Erde 
gleich kommt. 

Magnesia. 

a) Um den Sauerstoffgehalt der Magnesia zu bestimmen, Hess 
ich reine schwefelsaure Magnesia in der Hitze ihr Krystallwasser 
verlieren, löste das leicht ausgeglühte Salz in Wasser auf, und 
schlug die Schwefelsäure durch salzsauren Baryt nieder. 10 g 
geglühte schwefelsaure Magnesia gaben 19,43 g geglühten 
schwefelsauren Baryt, welchen 66,64 Th. Schwefelsäure ent- 
sprechen. 

b) 5 g kaustische Magnesia*) in verdünnter Schwefelsäure 
aufgelöst und in einem gewogenen [256] Platinatiegel abge- 
raucht und geglüht, hinterliessen 14,742 g schwefelsaure Mag- 
nesia, welche beim Wiederauflösen eine Spur von Magnesia ab- 
setzte, und also in der zur Verjagung der überschüssigen Schwe- 
felsäure angewandten Hitze ein wenig Säure eingebüsst hatte. 
Nach diesem Versuche enthält das trockene Salz 66,1 Th. 
Schwefelsäure. 

Obgleich es wohl möglich sein kann, dass dieser Versuch 
ein für sich richtigeres Resultat als der vorige gegeben hat, so 
werde ich mich jedoch hier jenes bedienen, weil alle der Be- 
rechnung zu Grunde liegenden Versuche den nämlichen pro- 
portioneilen Fehler haben. 

Die schwefelsaure Magnesia besteht also aus 

Schwefelsäure 66,64 100,00 

Magnesia 33,36 50,06 

100,00 150,06 



*) Sie war aus kohlensaurer Magnesia bereitet worden , welche 
ich mit reinem kohlensaurem Kali aus einer Auflösung von schwefel- 
saurer Magnesia kochend heiss niedergeschlagen hatte, mit Beobach- 
tung der Vorsicht, dass nicht alle Magnesia niedergeschlagen wurde ; 
eine Vorsicht , ohne welche die niedergeschlagene Magnesia kohlen- 
saures Kali enthält, welches das Wasser nicht auswaschen kann, da 
denn das Resultat anders ausfällt. 



Bestimmte Verhältnisse. 167 

Es enthalten folglich 100 Th. Magnesia, nach dieser Berech- 
nung, 39,872 Th. Sauerstoff. Nach dem Versuch b) enthalten sie 
nur 38,8 Th. Sauerstoff. Herr Hisinger fand durch Zersetzung 
von salzsaurer Magnesia vermittelst salpetersauren Silberoxyduls 
38,3 Th. Sauerstoff in 100 Th. Magnesia. 

Es hinterliessen 10g kaustische Magnesia, welche mit Wasser 
Übergossen und in einem Platinatiegel eingetrocknet worden war, 
als sie über einer [2Ö7] Weingeistlampe sehr hoch über den 
Siedepunkt des Wassers erhitzt wurden, in verschiedenen Ver- 
suchen 14,25, 14,35 und 14,4 g Wasser enthaltende Magnesia. 
Nun aber enthalten 4,4g Wasser 3,883 g Sauerstoff; dieses ent- 
spricht also dem aus dem Versuch b) gezogenen Resultate sehr 
genau. Ich wage jedoch nicht, diesen Versuch für den richtigen 
zu erklären , weil in ihm vielleicht ein Theil der Magnesia am 
Boden des Tiegels, wo die Flamme ihn berührte, seines Wassers 
beraubt worden war. Denn wenn die dem Anscheine nach 
trockene Magnesia über die Lampe gesetzt wurde, verlor sie 
sehr geschwind eine beträchtliche Menge Wasser, bis dass unge- 
fähr noch 1 1,6 g übrig waren, und dann wurde eine halbe Stunde 
erfordert, um sie bis zu 14,4 g oder darunter herabzubringen. 
Diese Versuche können also nicht völlig scharf sein ; man sieht 
aber aus ihnen sehr deutlich, dass die Magnesia, ganz wie der 
Kalk, sich mit einer Menge Wasser , deren Sauerstoff dem der 
Magnesia gleich ist , verbinden kann. 

Schlüsse. 

Ich halte diese beiden Beispiele für hinreichend, die Ver- 
muthung zu begründen, dass das nämliche bei den feuerbe- 
ständigen Alkalien und bei den übrigen alkalischen Erden statt 
finde. Wenn diese aber eine Menge Wasser binden, deren Sauer- 
stoff dem des Alkali oder der Erde gleich ist, und wenn sie auch, 
wie bekannt ist, neue Portionen Wasser, die dem Krystallwasser 
entsprechen, aufnehmen [258] können, so müssen sie das Wasser 
in zwei verschiedenen Zuständen enthalten, ganz so, wie wir 
das bei den im Vorhergehenden beschriebenen Säuren gesehen 
haben. Die eine Portion Wasser entspricht bei diesen stärkeren 
Basen dem positiven Körper, oder der Säure, und lässt sich aus 
ihrer Verbindung mit den fixen Alkalien, dem Baryt und dem 
Strontion nicht durch das Glühen austreiben, sondern nur durch 
Hinzukommen eines andern entweder für sich, oder doch in 
Hinsicht der Temperatur positiveren Körpers. 

Wenn wir die Versuche Berthollefs , Davy^^ und d'Arcef^ 



168 Jacob Berzelius. 

über den Gehalt des geschmolzenen Kali an Wasser mit ein- 
ander vergleichen, findet sich, dass sie um 16,15 Proc. Wasser 
schwanken ; und da dieses gerade die Menge Wasser ist, welche 
gleiche Theile Sauerstoff mit dem Kali enthält, so können sie als 
Beweise für die Idee , welche ich hier vorgetragen habe, ange- 
sehen werden. Aus den Versuchen des geschickten Chemikers 
Bicchhoh wissen wir, dass der krystallisirte Baryt die Hälfte 
seines Gewichts im Glühfeuer verliert; dabei bleibt er aber noch 
flüssig, und kann durch anhaltendes Glühen nicht mehr ent- 
wässert werden ; und seitdem haben Buchholz und Gehlen ge- 
zeigt, dass dieser geschmolzene Baryt noch Wasser enthält. 
Nach der Analogie mit dem Kalk muss dieses 10,59 Th. auf 
1 00 betragen. Wenn also 200 Th. krystallisirter Baryt ungefähr 
100 Th. Wasser im Feuer verlieren, so beträgt hier das Kry- 
Stallwasser entweder neun [259] oder zehnmal so viel, als das 
in der Stelle einer Säure gebundene Wasser. 

Die Eigenschaft der feuerfesten Alkalien und der alkali- 
schen Erden, Wasser in einer sehr hohen Temperatur zurück- 
zuhalten, kann uns Mittel an die Hand geben ^ zu einem für die 
gesammte Theorie der Chemie und Physik höchst wichtigen 
Gegenstand zu gelangen, zu einer Vergleichung der Stärke der 
chemischen Verwandtschaft mit der der gewöhnlichen mechani- 
schen Kraft. Wir wissen nämlich, welche ungeheuere Kraft er- 
fordert wird, das Wasser bei steigenden Hitzegraden tropfbar- 
flüssig zu erhalten; kein eisernes Gefäss lässt sich vielleicht 
stark genug machen , um es in der Glühhitze tropfbar zurück- 
zuhalten , indess dieses durch die Verwandtschaft der Alkalien 
und des Baryts zu dem Wasser geleistet wird. Wenn die Kraft, 
welche erfordert wird, das Wasser in der Glühhitze tropfbar- 
flüssig zu erhalten , in Quecksilberhöhen ausgedrückt wäre, so 
würden wir wenigstens einen sehr hohen Grad von Kraft in 
Zahlen bestimmt haben, welchen die Verwandtschaft dieser Kör- 
per zu dem Wasser noch übersteigt ; auf ein ganz richtiges Re- 
sultat würde dieses aber nicht führen, da sowohl das Alkali als 
das Wasser in einer noch höheren Temperatur sich verflüch- 
tigen, Kalk und Magnesia würden aber zu einer solchen Ver- 
gleichung völlig passen , und bei ihnen müsste es möglich sein, 
die Quecksilberhöhe zu bestimmen, bei welcher das gasförmige 
Wasser sich in der Temperatur zu condensiren [260] anfängt, 
welche erfordert wird, um das Wasser aus diesen Erd-Hydraten 
zu verflüchtigen. Die gefundene Quecksilberhöhe würde dann 
die Kraft der gegenseitigen Verwandtschaft der alkalischen Erde 



B estimmte Verhältnisse . 169 

und des Wassers in Zahlen ausdrücken, mit welchen jede be- 
liebige mechanische Kraft verglichen werden könnte. Und da 
sich die chemischen Verwandtschaften unter einander verglei- 
chen lassen, so würden wir auf diesem Wege vielleicht einmal 
dahin gelangen, eine jede chemische Verwandtschaft in Zahlen 
ausdrücken und mit dem allgemeinen Maassstabe aller mecha- 
nischen Kraft, der Schwere, vergleichen zu können. (^2) 

Wir werden im Folgenden sehen, dass einige der schwäche- 
ren Basen, wenn sie Wasser aufnehmen , es mit einer so kleinen 
Kraft zurückhalten, dass diese von der Expansionskraft des 
Wassers auch in niedrigeren Temperaturen übertroffen werden 
kann. Einige derselben sind hierdurch gewissermaassen hygro- 
skopische Substanzen, indem ihre grössere oder geringere An- 
näherung zum Maximum von Wassergehalt von der Trocken- 
heit der Luft abhängt , und nur dann eintritt , wenn die Luft in 
ihrem Maximum von Feuchtigkeit ist, und also die Expansions- 
kraft des Wassers bei dieser Temperatur Null ist. 

2. Tbonerde. 

Um den Sauerstoffgehalt der Thonerde bestimmen zu können, 
löste ich Thonerde , welche aus Alaun durch ätzendes Ammo- 
niak gefällt war, in [261] Schwefelsäure auf, und als die Säure 
nichts mehr davon aufnehmen wollte, filtrirte ich die Auflösung, 
concentrirte sie durch Abrauchen, und schlug das neutrale Salz 
daraus durch Alkohol nieder. Der Niederschlag wurde mit 
Alkohol gut ausgewaschen, um die möglicher Weise noch gegen- 
wärtige Schwefelsäure vollkommen zu entfernen. Das so be- 
reitete Salz hatte ganz den Geschmak des Alauns, nur dass er 
weit stärker war. Um das Wasser zu verjagen, erhitzte ich 
dieses Salz in einem Platintiegehüber einer Weingeistlampe, und 
wog den Tiegel von Zeit zu Zeit ; als er nicht mehr au Gewicht 
abnahm, sah ich das Salz als wasserfrei an. Es schmolz in der 
Hitze, blähte sich auf, und verhielt sich ganz wie der Alaun; 
zuletzt musste ich es in dem Tiegel zusammenpacken, damit die 
Hitze es gleichförmig zu durchdringen vermochte. Das wasser- 
freie Salz schien sich in Wasser nicht auflösen zu wollen, und 
verhielt sich in diesem Fall ganz wie das wasserfreie schwefel- 
saure Eisenoxydul, die wasserfreie schwefelsaure Magnesia, der 
gebrannte Alaun und andere mehr. Mit Hülfe der Wärme löste 
es sich aber nach und nach ohne Rückstand vollkommen auf. 

Ich glühte nun 10g dieser wasserfreien schwefelsauren Thon- 
erde in einem gewogenen Platintiegel so lange, als sie unter 



170 Jacob BerzeliuB. 

Ausstossen von schwefliger Säure etwas am Gewicht verloren ; 
sie hinterliessen 2,9934 g einer lockern, sehr weissen und leich- 
ten Thonerde. Dieses Salz (die wasserfreie [262] schwefelsaure 
Thonerde] muss also folgendermaassen zusammengesetzt sein: 

Schwefelsäure 70,066 100,000 

Thonerde 29,934 42,722 

100,000 142,722 

Wenn nun 42,722 Th. Thonerde 19,96 Th. Sauerstoff ent- 
halten, so müssen 100 Th. Thonerde 46,726 Th. Sauerstoff in 
sich schliessen. 

Um das Hydrat der Thonerde zu bereiten, versuchte ich 
zuerst aus Alaun durch überschüssig zugesetztes Ammoniak die 
Erde abzuscheiden. Dieses wollte aber nicht gelingen; denn 
als ich die so erhaltene Thonerde brannte, gab sie immer erst 
Wasser und dann schweflige Säure und Sauerstoffgas. Die Thon - 
erde giebt also mit der Schwefelsäure ein unauflösliches basi- 
sjnhes Salzj welches das Ammoniak nur unvollkommen zerlegt. 

Ich nahm daher die Von der Schwefelsäure durch Verglühen 
befreite Thonerde, löste sie durch langes Digeriren in Salpeter- 
säure auf, und schlug die Auflösung durch überschüssig hinzu- 
gesetztes ätzendes Ammoniak nieder. Die gallertartige Erde 
wurde auf einem Filtrum gut ausgewaschen und in der Sonne 
langsam getrocknet. Die trockene Erde , zu staubigem Pulver 
gerieben , wurde nochmals mit Wasser digerirt, um alles anhän- 
gende salpetersaure Ammoniak zu entfernen , darauf wiederum 
getrocknet, und dann in einer kleinen gläsernen Retorte ge- 
glüht. Es wurde anfangs reines Wasser entbunden, dann folgten 
aber salpetrigsaure [263] Dämpfe in Menge, welche erst in der 
Weissglühhitze sich völlig austreiben Hessen. Die Salpetersäure 
besitzt also die nämliche Eigenschaft wie die Schwefelsäure, 
mit der Thonerde ein basisches Salz zu geben, welches vom 
Ammoniak nicht vollkommen zerlegt wird. Die basische sal- 
petersaure Thonerde hat viele Aehnlichkeit mit der gelatini- 
renden Kieselerde, oder mit einem steifen Stärkeabsud, und 
wird leicht erhalten , wenn man die ungebrannte Thonerde mit 
ein wenig Salpetersäure zusammenreibt; das Oemisch stellt 
nach wenigen Augenblicken eine aufgeschwollene stärkeartige 
Masse dar. 

Nun löste ich die Thonerde in Salzsäure auf, schlug sie mit 
vielem überschüssig zugesetztem Ammoniak nieder, und dige- 
rirte den Niederschlag 6 Stunden lang mit der stark alkalischen 



Bestimmte Verhältnisse. 171 

Flüssigkeit. Die aus dem Piltro genommene und gut gewaschene 
Erde wurde in der Sonne getrocknet, fein gepulvert und noch 
einen Tag der Sonne ausgesetzt. In einer kleinen Retorte ge- 
glüht, gab diese Erde nichts als Wasser; ein kleiner Theil der 
Erde wurde aber mit dem Wasser mechanisch in die Höhe ge- 
rissen, und sammelte sich in der Vorlage wie ein feiner Staub 
an. Der Verlust wurde dadurch um eine Kleinigkeit vermehrt. 

Die wassei'haltige Thonerde hinterliess 64,932 Proc. Erde, 
welche, in Salpetersäure aufgelöst, keine Schwefelsäure mit 
Barytsatz zu erkennen gab. [264] Es waren also 100 Th. was- 
serfreier Thonerde mit 54 Th. Wasser vereinigt gewesen. So 
viel Wasser enthält 47,65 Th. Sauerstoff; die Thonerde enthält 
dagegen, wie wir gesehen haben, nur 46,726 Th. Sauerstoff. 
Ich kann weder behaupten . dass die Bestimmung des Wasser- 
gehalts, noch dass die des Sauerstoffs in der Thonerde hinrei- 
chend scharf sei ; beide sind es aber in so weit, dass sie uns hin- 
länglich zeigen, dass auch die Thonerde, ganz wie die vorigen 
Salzbasen, eine Menge Wasser bindet, deren Sauerstoff dem der 
Erde gleich ist. 

Die geglühte Thonerde zieht aus der Luft sehr geschwind 
Feuchtigkeit an, hält aber dieses Wasser mit einer sehr schwachen 
Kraft, und ihr Wassergehalt ist Variationen nach dem Hygro- 
meterstande der Luft unterworfen. Die Sonnen wärme ist hin- 
reichend , die grösste Menge dieses Wassers zu entfernen , und 
wenn man die Thonerde auf einer Sandkapelle erhitzt, entweicht 
das eingesogene Wasser gänzlich, indess das Wasser im Thon- 
erde-Hydrate des Glühfeuers bedarf, um gänzlich entfernt zu 
werden*). In welchem Zustande wird aber das Wasser von der 
gebrannten Thonerde gebunden? Offenbar nicht in dem näm- 
lichen wie im Hydrate. 

[26Ö] 3. Kieselerde. 

Die Kieselerde, welche aus dem Liquor silicum mit Säuren 
ausgeschieden wird , enthält nach dem Austrocknen , wie be- 
kannt, viel Wasser. Ich fand das Verhalten derselben ganz 
gleich, ich mochte geradezu gefällte, oder erst durchs Gelati- 



*) Es hatten 100 Th. gebrannte Thonerde nach einigen Tagen, 
bei 100 Hygrometerstand, 34,5 Th. Wasser in sich gesogen. Von 
diesem Wasser verlor sie bei 7^ Hygrometerstand und -|- 22 bis -f- 25° 
Thermometerstand in einigen Tagen 18,5 Th., und das so lange, als 
diese Witterung dauerte. 



172 Jacob Berzeliufl. 

niren abgeschiedene Kieselerde bei diesen Untersuchungen an- 
wenden. 

In dem nämlichen Theeschälchen wurden auf einer Sand- 
kapelle drei Portionen Kieselerde getrocknet , die ich in drei 
verschiedenen analytischen Operationen gewonnen hatte. Als 
ich sie nach dieser Erhitzung von einigen Stunden glühte, litten 
sie alle noch einen Verlust an Wasser, welcher zwischen 11,2 
und 11,3 Procent variirte. 

Die Versuche mit der geglühten Thonerde und andere mit 
dem Zinnoxyde , welche ich weiter unten anführen werde, be- 
stimmten mich, diese Versuche einige Zeit nachher zu wieder- 
holen. Ich fand nämlich, dass das Zinnoxyd, in verschiedenen 
Temperaturen getrocknet, ungleiche Wassermengen zurückhielt 
Ich wog daher eine Portion in der Luft getrocknete Eäeselerde 
und trocknete sie auf der Sandkapelle, wobei sie 26,8 Procent 
an Gewicht verlor. Auf der Wage gelassen , gewann sie nach 
und nach an Gewicht. Ich trocknete sie dann wiederum sehr 
stark und glühte sie, wobei ihr Gewicht um 14,2 Procent ab- 
nahm. Die Kieselerde bildete kleine halbdurchsichtige Körner, 
welche durch das Glühen nichts von ihrer Durchsichtigkeit 
[266] und ihrem äusseren Ansehen verloren. Es scheint also, 
als wäre das von der Kieselerde zurückgehaltene Wasser ganz 
im nämlichen Zustande darin befindlich , wie das , welches die 
geglühte Thonerde aus der Luft einsaugt. 

Ich hatte lange die Hoffnung gehegt, aus dem Wassergehalt 
der trockenen Kieselerde den Sauerstoffgehalt derselben be- 
rechnen zu können , und die üebereinstimmung der drei ersten 
Versuche untereinander liess mich vermuthen, dass die Kiesel- 
erde vielleicht viermal so viel Sauerstoff, als das damit ver- 
bundene Wasser enthalte, da dann ihr Sauerstoffgehalt 45 Proc. 
betragen würde. Diese Hoffnung habe ich aber nun aufgegeben. 
Vielleicht wird es einmal möglich, die Zusammensetzung der 
Kieselerde mit mehr Sicherheit aus ihren Verbindungen mit der 
Flusssäure oder mit den Alkalien und den Erden zu berechnen. 

4. Eisenoxyd. 

Es ist in Schweden bereits seit einiger Zeit durch die Ver- 
suche des Herrn Liedheck'^) bekannt, dass die gelben oder 
bräunlichen sogenannten Hasenerze das Eisenoxyd im Zustande 



*) Sammlingar i Bergsvetenskapen af E. T. Svedenstjeima och 
G, J, Liedheck. 9. H. 1809. 



/ 



Bestimmte Verhältnisse. 173 

eines Hydrats enthalten. Mein Freund, Herr General-Inspector 
Hausmann in Cassel, schrieb mir vor einigen Monaten, er habe 
die nämliche Bemerkung gemacht, wobei er im Eisen-Hydrate 
19 bis 21 Procent [267] Wasser gefunden habe; und er nimmt 
die erste Zahl als die richtigere an. Das Wasser würde dann eine 
Menge Sauerstoff enthalten, welche zwei Drittel von dem des 
Eisenoxyds betrüge, oder der Sauerstoff, welcher das Eisen zu 
Oxydul gemacht hat, und der Sauerstoff des Wassers , würden 
in gleicher Menge vorhanden sein. Obgleich dieses mit den vor- 
her angeführten Gesetzen nicht übereinstimmt, so sieht man 
doch leicht, von welchen lehrreichen Folgen die letztere An- 
sicht werden könnte, und ich wurde dadurch veranlasst, die 
Prüfung des Eisenoxyd-Hydrats den bereits angeführten Unter- 
suchungen hinzuzufügen. 

Herr Liedbeck hatte in den von ihm untersuchten Rasen- 
erzen 20,8, 21,1 bis 25 Proc. flüchtige Theile gefunden, wovon 
Wasser ungefähr 20 Th. ausmachte. Zugleich mit dem Eisen- 
oxyd fand er mechanische Einmengungen von Sand, Thon, 
Kieselerde u. s. w. , welche, wenn sie vom Eisenoxyd wegge- 
nommen wurden, 60 bis 62 Th. reines Oxyd hinterliessen ; und 
diese enthalten gleiche Theile Sauerstoff mit dem damit ver- 
bundenen Wasser. 

[268] Ich untersuchte nun etliche ausländische Rasenerze, 
und fand darin 14,4, 13,1, 11,6 u. s. w. Procent Wasser , je 
nachdem das Erz in der Sonne oder auf einer erhitzten Kapelle 
getrocknet wurde. Diese Erze wurden im ungeglühten Zustande 
nicht vom Magnet angezogen; nach dem Glühen aber wurden 
sie mehr oder weniger magnetisch, welches zeigt, dass sie ein 
wenig brennbare Materie enthielten, die den Glühungsverlust 
vermehren musste. Wurde das geglühte Eisenoxyd in Salzsäure 
aufgelöst, so hinterliess es ein wenig aufgequollene halb gelati- 
nirende Kieselerde , welche also mit dem Oxyde in chemischer 
Verbindung gewesen zu sein schien. Die fremden Beimischungen 
machten es übrigens ganz unmöglich, die Zusammensetzung 
dieser dreifachen Verbindung von Wasser, Kieselerde und Eisen- 
oxyd mit einer solchen Schärfe zu bestimmen, dass das Resultat 
zur Grundlage für eine Berechnung auch nur einigermaassen 
hätte gebraucht werden können. 

Ich untersuchte nun die gelbe Masse , welche sich auf ver- 
witternden Kiesen bildet, und die ich oft frei von Schwefelsäure 
gefunden habe. Die eines Kieses verlor im Glühen 17,5, und 



J 



1 74 Jacob Berzelius. 

die eines andern nur 12 Procent. Beide enthielten Kieselerde, 
und die erste fand ich nachher auch etwas kupferhaltig. 

Ich bereitete nun Eisen-Hydrate, indem ich schwefelsaures, 
salpetersaures und salzsaures Eisenoxyd mit ätzendem Ammo- 
niak fällte. Alle diese [269] Eisenauflösungen gaben aber eine 
Mischung von Hydrat und basischem Salze, aus welcher die 
Hitze zuerst Wasser und dann die Säure heraustrieb. Das ge- 
glühte Eisen-Hydrat hatte in diesen Versuchen zwischen 27 und 
18,5 Procent verloren. 

Ich digerii*te nun den aus salpetersaurem Eisenoxyd ge- 
wonnenen Niederschlag mit einem grossen üebermaass ätzen- 
dem Ammoniak. Das ausgewaschene und in der Sonne getrock- 
nete Hydrat verlor nun 22,15 Procent; das, was überging, war 
aber nicht reines Wasser, sondern eine sehr starke ammoniaka- 
lische Flüssigkeit. Ich hatte also noch kein reines Hydrat zu 
untersuchen gehabt. 

Vor drittehalb Jahren, als ich das siliciumhaltige Eisßu unter- 
suchte, hatte ich etwa 20 g von diesem Eisen, mit Wasser über- 
gössen, zum freiwilligen Oxydiren hingestellt. Die Masse ballte 
sich aber nach und nach zusammen, und war selbst nach Verlauf 
dieser Zeit im Innern nicht oxydirt. Da ich sie also zur Analyse 
der Kieselerde , wozu sie eigentlich bestimmt war , nicht mehr 
gebrauchen konnte , sammelte ich eine Menge darin gebildeten 
gelben Ocker auf und trocknete ihn : zufälliger Weise wurde 
dieser aber mit anderen auszutrocknenden Stoffen auf die Sand- 
kapelle gebracht , wo er aller Wahrscheinlichkeit nach einen 
Theil seines chemisch gebundenen Wassers verlor; denn die 
Eisen-Hydrate vertragen keine strenge Hitze, ohne eine dunklere 
Farbe anzunehmen und einen Theil ihres Wassers einzubüssen. 
Im Glühen verlor er 10 Procent an [270] Gewicht. Das rück- 
ständige rothe Oxyd hinterliess Kieselerde zu 8,2 Proeent. Ich 
arbeitete also wiederum mit der dreifachen Verbindung von Kie- 
selerde, Eisenoxyd und Wasser. Die Menge, welche ich zu 
diesem Versuch anzuwenden hatte, war zu klein, und bereits 
im ersten Versuche verbraucht, so dass ich dieses Eisenpräparat 
nicht genauer untersuchen konnte : offenbar aber war es eine 
durch Kunst hervorgebrachte, dem oben erwähnten ausländi- 
schen Rasenerz ähjiliche Verbindung. Man wird unstreitig diese 
in den Rasenerzen vorkommenden dreifachen Verbindungen von 
Kieselerde, Eisenoxyd und Wasser bald genauer untersuchen; 
um zu einer sicheren Kenntniss von denselben zu gelangen, dürfte 
es indess vielleicht nöthig sein, sie durch freiwillige Oxydirung 



Bestimmte Verhältnisse. 175 

des siliciumhaltigen Eisens , auf die oben angeführte Art, her- 
vorzubringen ; denn das Rasenerz ist mit Staub und mit fremden 
eingemengten Erden in verschiedenen, sich nimmer gleichblei- 
benden Verhältnissen gemischt, und kann also wohl niemals ganz 
sichere Resultate geben. 

Aus dem Angeführten erhellt ferner, dass es schwer ist, 
ein ganz reines Eisen-Hydrat zu erhalten, da sich das Eisen- 
oxyd sowohl mit den Säuren als mit dem Ammoniak im Augen- 
blicke des Niederschiagens verbindet, je nachdem das letzte in 
grösserem oder geringerem Ueberschuss gegenwärtig ist. Ich 
liess daher Eisenspäne sich in reinem Wasser oxygeniren, wech- 
selte das Wasser täglich, und sammelte das gebildete Eisen- 
Hydrat. Nach einigen [271] Wochen hatte ich davon so viel 
beisammen, dass es zu einem kleinen Versuch hinreichte. Ich 
trocknete es in der Sonne mehrere Tage, und glühte es dann in 
einem gewogenen Platintiegel. Es hinterliess 85,2 Proc. rothes 
Oxyd, welches dem Magnete hie und da etwas folgsam war ; ein 
Umstand, den ich der im Eisen befindlichen Kohle, welche sich 
mit dem Hydrat gemischt hatte, zuschreibe. Diese Menge von 
Eisenoxyd enthält 26,12 und das damit verbundene Wasser 
13 Th. Sauerstoff. In diesem Versuch hatte das Eisenoxyd also 
doppelt so viel Sauerstoff als das Wasser enthalten. 

Um indess diese Proportion nicht auf diesen einzigen Ver- 
such zu stützen, nahm ich ein weniger kohlenhaltiges Eisen, 
wozu ich Klaviersaiten No. 10 wählte, liess diese sich in reinem 
Wasser oxygeniren, mit einer Platinscheibe in Berührung, um 
die Oxydation zu beschleunigen, und wechselte das Wasser täg- 
lich. Nach einigen Wochen hatte ich wiederum so viel davon 
erhalten, dass ich es untersuchen konnte. Das in der Sonne 
mehrere Tage getrocknete Hydrat hatte eine sehr helle pome- 
ranzgelbe Farbe, und hinterliess nach dem Glühen ein schönes 
rothes, dem Magnete nicht im mindesten folgsames Oxyd, welches 
85,5 Procent betrug. In diesem Versuch hatte also das Eisen- 
Hydrat 14,5 Procent Wasser enthalten; der vorhergehende Ver- 
such wird also durch ihn bestätigt, und wir sehen , dass das 
Eisen-Hydrat, welches sich [272] auf dem Eisen im Wasser bil- 
det, eine Menge Wasser enthält, deren Sauerstoff die Hälfte so 
viel beträgt, als der des damit verbundenen Eisenoxyds. Es ist 
aber, sowohl aus den von mir angeführten Versuchen des Hrn. 
Liedbeck j als aus anderen nachher anzuführenden, wahrschein- 
lich, dass das Eisenoxyd, wenn es mit anderen Körper?i in Ver- 



176 Jacob BerzeliuB. 

bifidung getreten ist, eine Menge Wasser, deren Sauerstoff dem 
des Oxyds gleich kommt, aufnehmen kann. 

5. Zinnoxyd. 

10 g reine Zinnfolie wurden in einem gewogenen gläsernen 
Kolben durch reine Salpetersäure oxydirt, die Flüssigkeit wurde 
verdunstet, und das Oxyd im Kolben geglüht. Das so erhaltene 
Zinnoxyd hatte eine leicht strohgelbe Farbe und wog 12,72 g. 
In einem anderen Versuch erhielt ich nur 12,71 g. Nach dem 
ersteren besteht das Zinnoxyd aus 

Zinn 79,16 100,0 

Sauerstoff 21,84 27,2 

100,00 127,2 

Es ist eine bekannte Thatsache, dass das Zinnoxyd, welches 
man durch Salpetersäure bereitet hat, das Lackmuspapier röthet, 
welches aber das geglühte Oxyd nicht thnt. Ich glaubte anfangs, 
dieses möchte von Salpetersäure herrühren, die dem Oxyde an- 
hänge ; als aber das Wasser, womit das Oxyd gewaschen wurde, 
das Lackmuspapier nicht mehr röthete , besass das Oxyd diese 
Eigenschaft noch immer. Es verlor sie erst, als ich es mit ein 
[273] wenig Ammoniak übergoss, das Oxyd gab aber nun im 
Glühen ein sehr stark ammoniakhaltiges Wasser. Das Zinnoxyd 
scheint also auf die Benennung einer Säure gleiches Recht zu 
haben, als die Wolframsäure und die Columbsäure (richtiger das 
Tantaloxyd). 

Ich Hess das gut ausgewaschene , aber nicht mit Ammoniak 
behandelte Zinnoxyd auf der Sandkapelle trocknen. Es verlor 
im Glühen 6,6 Procent. Nach einigen Stunden, als die Kapelle 
beträchtlich abgekühlt war, wiederholte ich den Versuch mit 
einem Theil des nämlichen Oxyds, welches auf der Kapelle ge- 
blieben war; es verlor nun 9,66 Procent. Als es sich noch 
länger auf der immer mehr abgekühlten Kapelle befunden hatte, 
verlor es im Glühen 10,8 Procent, und am folgenden Morgen, 
als alles seit mehreren Stunden völlig erkaltet war, verlor das 
Oxyd im Glühen 12,5 Procent.*) Es ist hier keine Bestimmung 
zu hoffen ; denn welche Temperatur und welchen Hygrometer- 
stand soll man als den richtigeren annehmen ? Und obgleich das 



*) Es darf nicht unbemerkt bleiben, dass die Witterung während 
dieser Versuche immer regnig und auf dem Maximo von Feuchtig- 
keit war. 



Bestimmte Verhältnisse. 177 

den Säuren in seiner Natur nahe kommende Zinnoxyd , wenn es 
am meisten Wasser aufgenommen hatte , nahe doppelt so viel 
Sauerstoff als dieses Wasser enthielt, so ist doch hierauf nichts 
Zuverlässiges zu bauen. 

[274] Aehnliche Untersuchungen über den Wassergehalt des 
Titanoxyds, des Tantaloxyds, der Wolframsäure, und anderer, 
werden uns hoffentlich zu allgemeineren und ^bestimmteren 
Kenntnissen über das Verhalten des Wassers zu diesen, zwischen 
Basen und Säuren in der Mitte stehenden Körpern führen. 

Was sollen wir aber von der Verwandtschaft eines Körpers 
zum Wasser denken, welcher dieses nur so schwach bindet, dass 
die Expansionskraft des Wassers schon bei nicht sehr erhöhten 
Temperaturen überwiegend wird? Offenbar muss sie die näm- 
liche Kraft sein, welche macht, dass das getrocknete Filtrir- 
papier durch Anziehen von Feuchtigkeit aus der Luft bisweilen 
noch während der Wägung schwerer wird, und welche in den 
sogenannten hygroskopischen Substanzen wirksam ist. Ob nun 
diese Kraft von derjenigen, ^welche sich durch bestimmte princip- 
mässige Verhältnisse zwischen den sich vereinigenden Körpern 
charakterisirt, nur dem Grade nach verschieden ist, oder ob sie 
in einer blossen Modification der Flächenanziehnng besteht, wage 
ich nicht zu entscheiden. Was die Modificationen der Verwandt- 
schaften betrifft, so ist uns darüber noch viel zu untersuchen 
übrig, z. B. worin die Kraft, welche ein Salz in Wasser, für jede 
Temperatur in einer andern Menge, auflöst, von der Kraft ver- 
schieden sei, durch welche das nämliche Salz eine grössere oder 
geringere Menge Wasser , in fester Gestalt , als Krystallwasser 
verdichtet? [27ö] Zwischen beiden Mengen findet kein bestimmtes 
und unveränderliches Verhältniss statt ; denn es können Salze, 
welche gar kein Krystallwasser enthalten, im Wasser sehr auf- 
löslich sein, z. B. Salpeter, salzsaures Kali u. a., indess andere, 
die eine grosse Menge Krystallwasser haben , im Wasser völlig 
unauflöslich sind, wie z. B. basische Eisen- und Kupfersalze, 
kohlensaure Magnesia u. a. 

C. Verbindungen des Wassers mit Salzen, Krystallwasser, 

Kalisalze, In keinem der Kalisalze, welche ich untersucht 
habe, dem schwefelsauren, salpetersauren, salzsauren und wein- 
steinsauren Kali, habe ich eine Spur von Krystallwasser gefun- 
den. Wenn man sie fein gepulvert in der Sonne oder sonst in 

0ätwald*ä Klassiker. 35. 12 



1 78 Jacob BerzeliuB. 

einer temperirten Wärme getrocknet hat , so verlieren sie im 
Glühen weiter kein Wasser. Das salpetersaure Kali giebt hier- 
bei Sanerstoffgas, salpetrige Säure und zuletzt Salpetergas, dabei 
setzt sich aber nicht ein Tropfen flüssiger Säure ab. Das wein- 
steinsaure Kali, welches ich mit salpetersaurem Bleioxydul nie- 
dergeschlagen hatte, gab auf 100 Th. wohl getrocknetes Salz 
155,7 Th. weinsteinsaures Bleioxydul. Der S. 161 mitgetheilten 
Analyse dieses letzteren Salzes zu Folge besteht also das wein- 
steinsaure Kali aus 

Weinsteinsäure 58,69 100,0 

KaU 41,31 70,4 



100,00 170,4 

[276] Nun enthalten 70,4 Th. Kali 11,93 Th. Sauerstoff, also, 
mit einer äusserst kleinen Abweichung, die nämliche Menge, 
als das Bleioxydul, welches 100 Th. der Säure sättigt. Die kleine 
Abweichung kann ihren Grund darin haben , dass ein geringer 
Verlust an weinsteinsaurem Bleioxydul bei diesem Versuche 
nicht leicht zu vermeiden ist. Man sieht also leicht ein, dass das 
weinsteinsaure Kali in der That kein Krystallwasser enthalten 
kann. 

Das säuerliche weinsteinsaure Kali [cristalli tartari) enthält 
dagegen Krystallwasser, doch lässt dieses sich nicht durch Hitze 
austreiben. Das zum vorhergehenden Versuch benutzte Salz war 
aus reiner Weinsteinsäure mit reinem kohlensaurem Kali be- 
reitet worden , war also ganz frei von Kalkerde. Ich schlug die 
noch übrige Portion davon mit Weinsteinsäure nieder, trocknete 
den gepulverten Niederschlag sehr streng, und brannte davon 
1 g in einem Platintiegel. Die kohlige alkalische Masse wurde 
mit Salzsäure behutsam ausgelaugt, die salzsaure Auflösung ein- 
getrocknet und das Salz geglüht. Ich erhielt in einem Versuch 
3,91 und in einem andern 3,915 g salzsaures Kali. Durch einen 
andern Versuch fand ich , was WoUaston mit dem Sauerklee- 
salze bereits beobachtet hatte , dass die Asche von 10g säuer- 
lich weinsteinsaurem Kali genau hinreichend war, 10 g unge- 
branntes Salz zu sättigen. Es muss also das Kali im säuerlichen 
Salze mit doppelt so viel Säure als im neutralen verbunden sein. 
Das erhaltene salzsaure [277] Kali entspricht aber genau 24,8 
Proc. reinem Kali; diese müssen also mit 70,45 Th. Weinstein- 
säure das saure Salz darstellen, und die fehlenden 4,75 Th. 
müssen Wasser sein. Das säuerliche weinsteinsaure Kali be- 
I steht also aus 



Bestimmte Verhältnisse . 179 

Weinsteinsäure 70,45 
Kali 24,80 

Wasser 4,75 



100,00 



Diese Menge Kali enthält 4,206 und das Wasser 4,192 Th. 
Sauerstoff; das Krystallwasser in diesem Salze enthält also ge- 
nau eine gleiche Menge Sauerstoff mit der Basis. Da dieses 
Wasser aber nur durch Hinzukommen einer zweiten Basis ver- 
jagt werden kann , und genau so viel beträgt, als die über- 
schüssige Säure in Krystallform für sich gebunden haben würde, 
so kann dieses Salz auch als ein Doppelsalz angesehen werden, 
dessen zweite Basis das Wasser ist. 

Natronsalze. Während nach den hier angeführten Ver- 
suchen den Kalisalzen das Krystallwasser allgemein zu fehlen 
scheint, enthalten dagegen die Natronsalze des Krystallwassers 
eine sehr grosse Menge, binden es aber nur mit einer sehr 
schwachen Verwandtschaft, so dass die meisten derselben in 
trockener Luft verwittern. Es ist daher sehr schwierig , bei 
ihnen auf genaue Resultate zu kommen, da es wohl geschehen 
kann , dass ein solches Salz , ehe es noch in der Mitte trocken 
ist, schon auf der Oberfläche zu verwittern anfängt. 

[278] Schwefelsaures JSatroti ^ in reinen Kry stallen, wurde 
mit Wasser übergössen, damit zu Pulver gerieben , auf Lösch- 
papier des Wassers grösstentheils wieder beraubt, dann zwischen 
neuem, vielfach zusammengelegtem Löschpapier in einer Presse 
24 Stunden lang getrocknet, und endlich in einem gewogenen 
Platintiegel erst langsam verwittert und dann geglüht. Es ver- 
loren 30 g hierbei 16,8 g am Gewicht; dieses Salz enthält also 
56 Procent Krystallwasser, und das krystallisirte Salz muss 
folgendermaassen zusammengesetzt sein : 

Schwefelsäure 24,76 
Natron 19,24 

Wasser 56,00 

100,00 

Nun enthalten aber 19,24 Th. Natron 4,953 Th. Sauerstoff, 
und 56 Th. Wasser 49,42 Th. Sauerstoff; das Krystallwasser 
enthält also in diesem Salze genau zehnmal so viel Sauerstoff als 
die Basis. 

Essigsaures Natron, 10g gepulvertes und in der Luft ge- 

12* 



180 



Jacob BerzeliuB. 



trocknetes essigsaures Natron in der Hitze einer Sandkapelle 
zum Verwittern gebracht , verloren 4 , 1 1 g am Gewicht. — 
5 g zerfallenes essigsaures Natron mit Salzsäure übergössen, 
eingetrocknet und geglüht, gaben 3,584 g salzsaures Natron. 
Das essigsaure Natron muss also folgendermaassen zusammen- 
gesetzt sein: ' 

trockenes 



Essigsäure 
Natron 



61,689 
38,311 

100,000 



100,0 
62,1 

162,1 



wasserhaltiges 
Essigsäure 36,95 
Natron 22,94 

Wasser 40,11 



100,00 

[279] Nun sind aber in 22,94 Th. Natron &,897, und in 
40,11 Th. Wasser 35,397 Th. Sauerstoff enthalten, und es ist 
5,897 X 6 = 35,382. In diesem Salze enthält also das Kry- 
stall Wasser sechsmal so viel Sauerstoff als die Basis. 

Essigsaurer Kalk, Um dieses Resultat einigermaassen zu 
controlliren, verwandelte ich 10 g in strenger Hitze verwitterten 
essigsauren Kalk in salzsauren Kalk, und erhielt davon 7,005 g, 
welche 3,5782 g reinen Kalk enthalten. Der essigsaure Kalk 
besteht diesem zu Folge aus 



Essigsäure 64,218 
Kalk 35,782 

100,0Ö0~ 



100,00 
55,74 

155,74' 



Die Menge Natron, welche 100 Th. essigsauren Kalk sät- 
tigt, enthält aber 15,89 Th. Sauerstoff, und die Menge des in 
100 Th. dieses Salzes enthaltenen Kalks 15,71 Th. Sauerstoff. 
Diese Analyse scheint folglich die vorige zu bestätigen, obgleich 
beide nicht in den letzten Zahlen übereinstimmen ; sie beweisen, 
dass die Menge Sauerstoff, welche 100 Th. Essigsäure in den 
Basen voraussetzen , von diesen beiden Zahlen nicht bedeutend 
entfernt sein kann. 

Salzsaures Ammoniak. Aus meiner bereits mitgetheilten 
Analyse dieses Salzes erhellt, dass es folgendermaassen zusam- 
mengesetzt ist : 

Salzsäure 50,86 

Ammoniak 31,95 

Wasser 17,19 

[280] Nun sind aber in 31,45 Th. Ammoniak 14,98 Th. Sauer- 
stoff und in 17,19 Th^ Wasser 15,17 Th. Sauerstoff enthalten. 



Bestimmte Verhältnisse. 181 

Das Krystallwasser dieses Salzes muss also eben so viel Sauer- 
stoff als die Basis in sich schliessen. Wäre die Zusammensetzung 
des Wassers mit so völliger Sicherheit bestimmt, dass man 
sich auf die letzten Decimalen der Angabe verlassen könnte, so 
würde dieses Resultat einen kleinen Fehler in der Analyse des 
salzsauren Ammoniaks anzeigen, und dass ich des Ammoniaks 
in ihr yitVötf ^^ wenig erhalten hätte. So aber lohnt es der 
Mühe nicht zu versuchen , die angenommenen Zahlen zu be- 
richtigen; auch in den andern Bestimmungen, z. B. denen der 
Salzsäure, sind die Decimalen nicht zuverlässig. Wenn indess 
auch keine von meinen Analysen, welche ich in dieser Abhand- 
lung mitgetheilt habe, vollkommen richtig ist, es sei denn durch 
Zufall, so, dünkt es mir, kommen sie doch alle der Wahrheit 
nahe genug, dass wir bei dem Aufsuchen der Gesetze der Pro- 
portionen in den Mischungen uns mit Zuverlässigkeit ihrer be- 
dienen können. Erst wenn diese Regeln werden so ausgemacht 
sein, dass sich von ihnen in unsern Analysen mit Sicherheit Ge- 
brauch machen lässt, werden wir die schwierige Arbeit, für die 
Mischnngs- Verhältnisse der Körper vollkommen richtige Zahlen- 
Bestimmungen aufzusuchen, mit grösserer [281] Hoffnung eines 
günstigen Erfolgs unternehmen können. 

Von dem salpetersauren Ammoniak habe ich in der zweiten 
Fortsetzung dieser Abhandlung geredet, welche sich mit der 
Sättigungs-Capacität und der wahren Zusammensetzung der 
Salpetersäure beschäftigt, und dort (oben S. 131) gezeigt, dass 
es eben so wie das salzsaure Ammoniak eine Menge Krystall- 
wasser enthält, deren Sauerstoff dem der Basis gleich ist. 

Schwefelsaures Ammoniak. Ich hatte 10 g trockenes 
schwefelsaures Ammoniak mit 30 g kaustischem Kalk in einer 
kleinen abgewogenen gläsernen Retorte gemengt, und dann die 
Kugel und den Hals der Retorte mit Kalk ganz ausgefüllt. Der 
Mündung der Retorte passte ich ein kleines mit kaustischem 
Kali gefülltes Glasrohr an, und erhitzte [282] dann die Retor- 
tenkugel langsam bis zum völligen Durchglühen. Als kein Am- 
moniakgas mehr durch die Oeffnnng des Rohres entwich, hörte 
ich mit dem Erhitzen auf. Als die Retorte wieder abgekühlt 
war, hatte der Apparat 2,26 g am Gewicht verloren. In einem 
andern Versuch verlor er nur 2,25 g. Da nun das Ammoniak 
eine Menge Schwefelsäure, welche dreimal so viel Sauerstoff als 
das flüchtige Alkali enthält , sättigen muss , so hat dieses Salz 
folgende Bestandtheile : 



182 Jacob Berzelius. 

Schwefelsäure 53,1 
Ammoniak 22,6 

Wasser 24,3 

100,0 

Diese Menge Wasser enthält 21,444 Th. und die Menge des 
Ammoniak, meiner Bestimmung zu Folge, 10,6 Th. Sauerstoff, 
und es ist 10,6 X 2 = 21,2. 

Bei diesen Versuchen ist es sehr schwierig, das Ammoniak 
völlig herauszutreiben; denn beinahe immer bleibt ein wenig 
Ammoniak mit dem von dem Kalke und dem Kali verdichteten 
Wasser zurück. Doch sieht man aus dem Versuche, dass in 
diesem Salze das Krystallwasser zweimal so viel Sauerstoff als 
die Basis enthält. 

Sauerkleesaures Ammoniak ZQ\^ uns das auffallende Schau- 
spiel eines verwitternden Ammoniaksalzes. Nach älteren Ver- 
suchen soll dieses Salz beim Verwittern 16 Procent an Gewicht 
verlieren. In mehreren Versuchen erhielt ich aber niemals einen 
grösseren Verlust als 13,75 Procent. Wenn nun 100 Th. Sauer- 
kleesäure eine Menge Basis sättigen, [283] welche 21,2 Th. 
Sauerstoff enthält, so mnss dieses Salz folgen dorm aassen zusam- 
mengesetzt sein: 

Sauerkleesäure 59,37 
Ammoniak 26,88 

Wasser 13,75 

100,00 

Diese Menge Ammoniak enthält 12,586 Th., und das Wasser 
12,134 Th. Sauerstoff. Wir können also als ausgemacht an- 
nehmen, dass die Basis und das Krystallwasser in diesem Salze 
gleiche Mengen Sauerstoff enthalten. Die Abweichung in dem 
Resultate rührt gewiss nur von kleinen Fehlern in den Datis der 
Berechnung her. 

Salzsaurer Baryt 17 g feingepulverter, im Schatten ge- 
trockneter salzsaurer Baryt in einem gewogenen Platintiegel ge- 
glüht, verloren 2,505 g an Gewicht. Das krystallisirte Salz be- 
steht also aus 

Salzsäure 23,349 
Baryt 61,852 

Wasser 14,799 

To 0,000 



Bestimmte Verhältnisse . 1 $3 

Diese Menge Baryt enthält 6,495 und das Wasser 13,05 Th. 
Sauerstoff. Nun sind aber 6,495X2 = 12,99. Das Krystall- 
wasser in diesem Salze enthält also zweimal so viel Sauerstoff, 
als die Basis. 

Schwefelsaurer Kalk. Durch die von Bucholz beschrie- 
bene Analyse des krystallisirten Gypses wissen wir, dass dieser 
aus folgenden Bestandtheilen zusammengesetzt ist : 

[284] Schwefelsäure 46 
Ealkerde 33 

Wasser 21 



100 



Diese Menge Kalk enthält 9,29, und das Wasser 1 8,53 Th. Sauer- 
stoff. Nun sind 9,29 X 2 = 18,58. Das Wasser in diesem 
Salze enthält also doppelt so viel Sauerstoff, als die Basis. 

Salzsaurer Kalk, Ich hatte vor einigen Jahren eine Menge 
schöner Krystalle von salzsaurem Kalk aufgesammelt und ver-r 
wahrt. Diese wurden nun schnell zerstossen und zwischen viel- 
fachem und mehrere Mal gewechseltem Löschpapier in einer 
Presse getrocknet, bis das Salz dem Papier keine Feuchtigkeit 
mehr mittheilte. Ich wog 10g des Salzes , das auf diese Weise 
getrocknet worden war, in einem verschlossenen gläsernen 
Kolben ab, erhitzte sie dann in dem offenen Kolben, und brachte 
sie endlich zum Glühen. Das Salz hatte dabei 49,603 Procent 
an Gewicht verloren. Der krystallisirte salzsaure Kalk ist also 
folgendermaassen zusammengesetzt: 

Salzsäure 24,686 
Kalk 25,711 

Wasser 49,603 

Nun enthalten aber 49,603 Th. Wasser 43,774 Th. Sauerstoff, 
und 25,711 Th. Kalk 7,24 Th. Sauerstoff, und es ist 7,24 X 
6 = 43,44. Dass hier ein kleiner Ueberschuss an Wasser nicht 
verhindert werden konnte, ist leicht einzusehen. Das Krystall- 
wasser [285] des salzsauren Kalks enthält also sechs Mal so viel 
Sauerstoff, als der darin befindliche Kalk. 

Schwefelsaures Eisenoxydul, 10 g schwefelsaures Eisen- 
oxydul in einer kleinen Glasretorte vier Stunden lang sehr stark, 
aber nicht bis zum Glühen erhitzt, hatten 45,4 g Wasser ver- 
loren. Dieses Salz besteht also aus 



184 Jacob BerzeliuB. 

Schwefelsäure 28,9 
Eisenoxydul 25,7 

Wasser 45,4 

100,0 

Der Sauerstoff des Wassers beträgt 40,16, und der des Oxyduls 
5,8 Th., und es ist 5,8 X 7 = 40,6. Wir sehen also, dass in 
diesem Salze das Krystallwasser siebenmal so viel Sauerstoff als 
die Basis enthält. 

Schwefelsaures Zinkoxydul, 10g trockenes schwefelsaures 
Zinkoxydul in einem gewogenen Platintiegel über einer Wein- 
geistlampe erhitzt, verloren 36,45 Procent an Gewicht. Da nun 
das wasserfreie Salz in 100 Th. 49,52 Th. Schwefelsäure und 
50,48 Th. Basis enthält, so besteht das krystallisirte Zink- 
oxydul iii 100 Th. aus 

Schwefelsäure 30,965 
Zinkoxydul 32,585 

Wasser 36,450 

100,000 

Die Basis enthält 6,39 und das Wasser 32,15 Th. Sauerstoff; 
es ist aber 6,39 X 5 = 31, 95; das Wasser muss also in diesem 
krystallisirten Salze fünfmal so viel Sauerstoff als die Basis 
enthalten. 

[286] Schwefelsaures Kupfer oxyd, 10 g dieses krystalli- 
sirten Salzes verloren beim Verwittern über einer Weingeist- 
lampe 36,3 Procent an Gewicht. Das krystallisirte schwefel- 
saure Kupferoxyd ist also folgendermaassen zusammengesetzt : 

Schwefelsäure 31,57*) 
Kupferoxyd 32,13 

Wasser _^6^ 

TÖO^ 

Der Sauerstoff dieser Menge Kupferoxyds (zu 24,5 auf 100 Th. 
Kupfer gerechnet, vgl. Annal, B. 7. S. 283, S. 23 dieser Aus- 
gabe) beträgt 6,32, und der des Wassers 32. Nun ist aber 



*) Zu Folge der berichtigten Analyse des schwefelsauren Baryts 
(vgl. Gilb, Annal, B. 38. S. 169, S. 92 dieser Ausgabe) sind nämlich 
in 5 g schwefelsaurem Kupfer 2,477 g, also 49,55 Procent Schwefel- 
säure und 50,45 Procent Kupferoxyd enthalten, oder auf 100 Th. 
Schwefelsäure 101,82 Th. Kupferoxyd (vgl. das. B. 37. S. 288, S. 26 
dieser Ausgabe). 



Bestimmte Verhältnisse. 1 S5 

6,32 X 5 = 31,6; das Krystallwasser enthält also in diesem 
Salze fünfmal so viel Sauerstoff als die Basis. 

Salpetersaures WismutoxyduL 10 g krystallisirtes und in 
Pulverform in der Luft getrocknetes salpetersaures Wismut- 
oxydul wurden in einer kleinen Retorte bis zum völligen Glühen 
erhitzt. Sie gaben in einem Versuch 5,13 und in einem andern 
5,12 g flüssige, nicht rauchende Salpetersäure. Dieses Salz muss 
also mehr Wasser enthalten , als erfordert wird , um die Säure 
in ihrer höchst concentrirten Gestalt darzustellen. Nach den 
sehr genauen Versuchen des Hrn. Lagerhjelm enthält das Wis- 
mutoxydul 10,13 Proc. Sauerstoff; 48,8 Th. [287] Oxydul ent- 
halten also 4,9434 Th. Sauerstoff, und müssen folglich 33,7 Th. 
Salpetersäure sättigen. Was an 100 Th. fehlt, d. i. 17,5 Th., 
müssen Wasser gewesen sein. Diese enthalten aber 15,4 Th. 
Sauerstoff, und es ist 4,9434 X 3 = 14,83. Wir sehen also, 
dass nach diesem Versuche, der wegen der leichten Zersetzbar- 
keit dieses Salzes durch atmosphärische Feuchtigkeit nicht 
völlig genau sein kann, das Krystallwasser in diesem Salze drei 
Mal so viel Sauerstoff als die Basis enthalten muss. 

Schlüsse. 

Ich halte diese unter so verschiedenen Salzen gewählten 
Beispiele für hinreichend, um das Gesetz zu beweisen, » dass in 
den Salzen der Sauerstoff des Krystallwassers stets ein Mul- 
tiplum nach einer ganzen Zahl von dem der Basis ist, oder (wie 
bei der Citronensäure und dem basischen kohlensauren Kupfer- 
oxyd) ein Submultiplum nach einer ganzen Zahl von der Sauer- 
stoffmenge der Basis ist.« 

Wenn wir den Sauerstoff des Krystallwassers mit dem der 
Säure vergleichen, finden wir nicht immer ein Verhalten nach 
dem nämlichen Gesetze ; denn es ist z. B. im schwefelsauren 
Natron der Sauerstoff des Krystallwassers 3| Mal dem der 
Säure, und im schwefelsauren Ammoniak | Mal dem der Säure 
gleich. Dieses hat mich auf folgende Regel geführt: »In Ver- 
bindungen von mehreren oxydirten Körpern [288] ist der Sauer- 
stoff desjenigen Bestandtheils, der davon am wenigsten enthält, 
in der Sauerstoffmenge jeder der übrigen Bestandtheile nach 
einer ganzen Zahl enthalten.« 

Sollte sich aber nicht in Zusammensetzungen dieser Art ein 
herrschender Bestandtheil befinden können, von dessen Sauer- 
stoff, wenn auch die Menge desselben nicht die kleinste ist, die 
Sauerstoffmengen der übrigen Bestandtheile Multipla oder Sub- 



186 Jacob Berzelins. 

multipla sein müssen? Wenn z. B. in einem basischen Salze die 
Säure ein Drittel, und das Wasser halb so viel Sauerstoff als die 
Basis enthielte, so würde zwar der Sauerstoff der beiden erstem 
ein richtiges Verhältnis zu dem der Basis haben, welche als der 
herrschende Bestandtheil anzusehen wäre, aber der Sauerstoff 
des Wassers wäre nicht ein Multiplum von dem der Säure, 
welche in diesem Falle die geringste Menge ausmachte. Unter 
den wenigen Körpern, welche ich zu untersuchen Gelegenheit 
gehabt habe, findet sich kein Beispiel dieser Art ; dieses kann 
indess nicht als ein Beweis gegen diese letztere Ansicht ange- 
sehen werden. Da aber jede Zusammensetzung auf den Inbegriff 
der Verwandtschaften eines jeden ihrer Bestandtheile beruht, 
so scheint mir die zuerst angeführte Ansicht die wahrschein- 
lichere zu sein. 

Ich gestehe, dass wir der Erfahrungen noch zu wenige haben, 
um solche Folgerungen schon als bewiesene Gesetze aufstellen 
zu können. Wir sind aber genöthigt, sie fürs Erste wenigstens 
vorschlagsweise [289] anzunehmen , um zu einer sicheren Ein- 
sicht zu gelangen, und ich bin überzeugt, dass die hier ange- 
führten Ideen sich werden im Allgemeinen als richtig bewähren, 
obschon sie manche Berichtigungen werden erhalten müssen, 
in dem Maasse als sich von dem unendlich Vielen , was unsern 
Untersuchungen bis jetzt entgangen ist, immer mehr uns ent- 
falten wird. 



II. Gesetze für die Bildung der basischen Salze. 

Jeder Chemiker weiss, was wir unter Neutralsalzen ver- 
stehen ; dessen ungeachtet ist es so leicht nicht, durch eine gute 
Definition anzugeben, was neutral eigentlich ist. Wenn wir den 
Zustand in den Salzen mit alkalischer oder alkalisch -erdiger 
Grundlage, in welchem sowohl die Säure als die Basis gegen die 
meisten Körper völlig indifferent sind, und in welchem also die 
Reaction auf Pflanzenfarben aufgehört hat, als Norm für die 
Neutralität annehmen, so scheint es, als könnten nur solche 
Salze für neutral angesehen werden, in denen sich in der Basis 
mit der Säure die nämliche Menge Sauerstoff als in den alkali- 
schen oder alkalisch-erdigen Salzen verbindet, und in welchen 
also bei einer Wechselzerlegung von zwei Salzen weder Säure 
noch Basis frei wird. Davy nennt in seiner Abhandlung über 



Bestimmte Verhältnisse. 187 

die Elektricität als chemisches Agens*) jede solche Verbindung 
neutral, in welcher [290] die ursprünglichen elektrischen Re- 
actionen aufgehört haben. Dieses ist auch in der That der 
einzige wissenschaftlich richtige Begriff von einer neutralen Ver- 
bindung; er ist aber nur relativ. Denn so z. B. ist der Sauer- 
stoff in dem Bleioxydul, dieser Bestimmung zu Folge , neutrali- 
sirt; er hat aufgehört, auf die meisten Körper elektro-positiv 
zu reagiren, behält jedoch noch immer eine elektro-positiv e 
Keaction gegen brennbarere Körper, z. B. gegen das Kalium. 
Ganz das nämliche gilt für die Neutralsalze. Wenn das Kali, 
das Natron u. a. m. eine Menge Schwefelsäure, welche dreimal 
so viel Sauerstoff als sie enthält, mit einer so grossen Kraft 
sättigen, dass die Reactionen der Säure ganz aufhören , so ist 
dieses keineswegs der Fall mit dem Zinkoxydul, dem Eisenoxyd, 
der Thonerde, der Zirkonerde u. a. Da die Verwandtschaft der 
letztgenannten Basen sehr schwach ist, so strebt jeder Körper, 
der mit ihren Salzen in Berührung kommt , eine Portion Säure 
aus ihnen aufzunehmen, und dadurch äussert sich die Reaction 
der Säure, und das Salz scheint nicht neutral zu sein, obgleich 
es die neutralste Verbindung ist, welche diese Basen eingehen 
können. Dass wir gewohnt sind, diese Salze als säuerliche zu 
betrachten, beruht darauf, dass von den beiden Bestandtheilen 
derselben die Säure die stärksten Verwandtschaften besitzt, und 
daher ihre Reaction auf den Geschmack und auf die Pflanzen- 
farben hervorstechend äussert. Wenn wir [291] aber die Ver- 
bindungen der schwächeren Säuren mit den stärkeren Basen 
betrachten, finden wir, dass in ihnen immer die Basis die Reac- 
tionen äussert. So z. B. nennt man zuweilen das gewöhnliche 
zerfliessende kohlensaure Kali ein basisches Salz, obgleich darin 
mit der Kohlensäure in der Basis die nämliche Menge Sauer- 
stoff als in dem kohlensauren Baryt oder Kalk verbunden 
ist, und diese drei Salze sich also in einerlei proportionelleni 
Sättigungszustande befinden. Dass beide Verbindungen aber 
neutral sind, sehen wir deutlich dadurch ein, dass die Cohä- 
sionskraft dieser beiden alkalisch-erdigen Salze hinreichend ist, 
die hervorstechende Reaction dieser sehr kräftigen Basen zu 
verhindern. 

Wir können also, glaube ich, alle diejenigen erdigen und 
metallischen Salze als neutral ansehen, in welchen die Säure 
eben so viel Theile Sauerstoff in der Basis mit sich vereinigt, 



*)Gilberf8 Annalen B. 28. S. 1. 



188 Jacob Berzelius. 

als dieses in einer bestimmt neutralen Verbindung der nämlichen 
Säure mit einem Alkali oder einer alkalischen Erde geschieht. 
So z. B. sehe ich als Neutralsalze an alle diejenigen schwefel- 
sauren Salze, in welchen die Basis ein Drittel so viel Sauerstoff 
als die Säure enthält; femer alle arseniksaure, kohlensaure, 
salzsaure und phosphorsaure Salze, in welchen die Basis halb 
so viel Sauerstoff als die Säure in sich schliesst, und so femer. 
Salze, in welchen des Sauerstoffs in der Säure verhältnissmässig 
gegen, den der Basis mehr enthalten ist, als im Neutralsalze, 
nenne ich säuerliche [292] oder saure Salze ^ und umgekehrt 
hasische Salze solche, welche des Sauerstoffs in der Säure, be- 
zogen auf den in der Basis , verhältnissmässig weniger als das 
Neutralsalz enthalten. 

In der ersten Reihe meiner Versuche über die bestimmten 
Verhältnisse, wonach die unorganischen Körper mit einander 
verbunden sind, habe ich zwei Beispiele von basischen schwefel- 
sauren Salzen angeführt. Ich glaubte nämlich gefunden zu 
haben, dass im hasischen schwefelsauren Eisenoxyd die Schwe- 
felsäure viermal mehr Basis als in dem neutralen sättige*), 
welche Meinung durch eine oberflächliche Untersuchung des 
hasischen schwefelsauren Kupfer oxyds'^) bestätigt zu werden 
schien. Da ich aber während der Fortsetzung dieser Versuche 
nach und nach zu neuen und richtigeren Begriffen gelangte, 
zeigte sich, dass die Regel für das Verhalten des Sauerstoffs der 
Säuren zu dem der Basen mit dieser Bestimmung keineswegs 
übereinstimmend war. Denn wäre dieses Resultat der Analyse 
des basischen schwefelsauren Eisenoxyds richtig, so wäre in 
demselben der Sauerstoff der Säure drei Viertel von dem der 
Basis, und also weder ein Multiplum noch ein Submultiplum 
nach einer ganzen Zahl von dem der Säure. Dieses veranlasste 
mich, die Analysen mit grösserer Genauigkeit zu wiederholen. 

[293] 1. Basisches schwefelsaures Eisenoxyd. 

Ich löste rothes Eisenoxyd in concentrirter Schwefelsäure 
auf, erhitzte die Mischung bis zur völligen Sättigung der Schwe- 
felsäure, löste dann das Salz in Wasser auf, filtrirte die Auf- 
lösung, versetzte sie mit kaustischem Ammoniak, jedoch so, 
dass nicht alles Eisenoxyd herausgefällt wurde, und digerirte 



*) Vgl. AnnaL Neue Folge B. 7. S. 308 (S. 38 dieser Ausgabe). 
»*) Da8. S. 289 (S. 26 dieser Ausgabe). 



Bestimmte Verhältnisse. 1S9 

die Flüssigkeit 24 Stunden lang mit dem Niederschlage. Der 
Niederschlag wurde alsdann so lange auf dem Filtrum ge- 
waschen, als das durchgehende Wasser noch mit Barytsalzen 
eine Reaction auf Schwefelsäure äusserte. Das stark getrock- 
nete Salz hatte ganz das Ansehen des gewöhnlichen niederge- 
schlagenen Eisenoxyds, üeber einer Weingeistlampe seines 
Wassers beraubt, wobei niclits als reines Wasser entbunden 
wurde, hinterliess es ein rothes, dem Colcothar VitrioU gB.nz 
ähnliches Pulver. 10g dieses Pulvers, streng ausgeglüht, hinter- 
liessen 7,98 g Eisenoxyd, und entbanden während des Glü- 
hens schweflige Säure. Das Eisenoxyd , in Salzsäure aufgelöst 
und mit Barytsalz geprüft , gab keine wahrnehmbare Spur von 
Schwefelsäure zu erkennen. 

In diesem basischen Salze waren also 20,2 Th. Schwefel- 
säure mit 79,8 Eisenoxyd verbunden. Diese Menge Eisenoxyd 
enthält 24,47 Th. Sauerstoff und die Menge Säure 12,12 Th. 
Sauerstoff, also (mit einer unbedeutenden Abweichung) halb so 
viel Sauerstoff als das Oxyd. Wir sehen also, dass in dem basi- 
schen schwefelsauren Eisenoxyd die Säure [294] sechsmal so viel 
Basis als im neutralen sättigt ; denn nach meiner bereits mitge- 
theilten Analyse des neutralen schwefelsauren Eisenoxyds sät- 
tigen 100 Th. Schwefelsäure 65,5 Th. Eisenoxyd*), und es ist 
65,5 X 6= 393. Nach der hier angeführten Analyse des basi- 
schen Salzes sättigen in demselben lOOTh. Säure 395 Th. Eisen- 
oxyd; welches eine so kleine Verschiedenheit ist, dass sie nur 
für einen Beobachtungsfehler gelten kann. 

Ich sammelte hierauf eine Menge pomeranzengelben Ocker, 
der sich aus einer Vitriollauge auf einem Vitriolwerke gebildet 
hatte, laugte ihn sorgfältig aus, und trocknete ihn in der Sonne, 
lieber einer Weingeistlampe seines Wassers beraubt , hatte er 
21,7 Procent Wasser verloren. In der Glühhitze gab er noch 
15,9 Procent Schwefelsäure her, und das rückständige rothe, 
nicht magnetische Eisenoxyd betrug 62,4 Proc. Nach diesem 
Versuch verbinden sich 100 Th. Schwefelsäure im basischen 
Salze mit 392,52 Th. Eisenoxyd, und der ffelbe Ocker ist fol- 
gendermaassen zusammengesetzt: 

Schwefelsäure 15,9 100 
Eisenoxyd 62,4 392,52 

Wasser 21,7 

Toö',ö 



*) Annal. N, F. B. 7. S. 308 (S. 38 dieser Ausgabe). 



190 Jacob BerzeliuB. 

Diese Menge Wassers enthält 19^15, das Eisenoxyd 19,13 und 
die Schwefelsäure 9,54 Th. Sauerstoff. Die Basis und das 
Wasser schliessen also in diesem Salze gleiche Mengen Sauer- 
stoff in sich , und [29ö] die Säure genau die Hälfte so viel 
Sauerstoff. Ihres ganz verschiedenen Ansehens ungeachtet, 
waren also der gelbe Ocker und der hraunrothe Niederschlag 
ganz die nämliche Verbindung. Ich bedauere indess , dass die 
erst beschriebene Analyse in die Zeit fällt, als ich über das Kry- 
stallwasser noch keine Erfahrungen gesammelt hatte. 

Ich war nicht wenig begierig , die Ursache zu erforschen, 
warum dieses Resultat von dem meiner früher mitgetheilten 
Analyse dieses Salzes so weit abwich, und bereitete zu dem 
Ende das basische Salz wiederum auf die nämliche Weise wie 
damals. Ich löste nämlich Eisen in verdünnter Schwefelsäure 
auf, der ich , um die Ausbeute an Oxydsalz zu vermehren , ein 
wenig Salpetersäure zugesetzt hatte. Als sich nichts mehr auf- 
lösen wollte, stellte ich, um die Abscheidung des basischen Salzes 
zu beschleunigen, ein blankes Eisen in die filtrirte Auflösung, 
und setzte sie in einem offenen Gefäss einer Temperatur von 
25 bis 30° mehrere Tage lang aus. Ich erhielt dabei eine be- 
trächtliche Menge eines ockergelben Pulvers, welches den 
Hauptcharakter des von mir zuerst analysirten basischen schwe- 
felsauren Eisens besass, dass es sich nämlich nur wenig, und 
nach dem Austrocknen beinahe gar nicht, in Salzsäure auflöste, 
und von kaustischem Kali nicht verändert wurde. Als ich diesen 
gelben, gut ausgewaschenen Ocker erst in der Sonne trocknete, 
und dann in einer kleinen gläsernen Retorte erhitzte, erhielt ich 
in der Vorlage ein mit Ammoniak stark [296] beladenes Wasser, 
welches 18,5 Procent betrug. In der Glühhitze wurden 32 Proc. 
Schwefelsäure ausgetrieben, und es blieben 49,5 Procent rothes, 
nicht magnetisches Eisenoxyd zurück. In meinen früheren Ver- 
suchen war also durch die Salpetersäure, welche ich beim Oxy- 
diren des Eisensalzes angewendet (und deren ich damals aus- 
drücklich Erwähnung zu thun für überflüssig gehalten) hatte, 
eine ganz andere Zusammensetzung hervorgebracht worden, als 
das reine basische Salz, und ich hatte, aller Wahrscheinlichkeit 
nach, eine Mischung desselben mit dieser Verbindung analysirt. 
Diese ammoniakalische Verbindung verdient alle Aufmerksam- 
keit; sie scheint ein c/rez/öcÄe« basisches, dem Ammoniakkupfer 
analoges Salz zu sein. Bei der Erhitzung verbindet sich die 
Schwefelsäure des Ammoniaks mit dem Eisenoxyd, und das 
Ammoniak wird frei. Es scheint, als komme dieser Körper 



Bestimmte Verhältnisse. 191 

durch seine Schwerauflöslichkeit in Säuren, und durch seine Un- 
veränderlichkeit in kaustischer Kalilauge, den von Davy be- 
schriebenen dreifachen Verbindungen des Ammoniaks mit Salz- 
säure und Zinn, und der mit Salzsäure und Phosphoroxyd eini- 
germaassen nahe. Da ich vielleicht nur eine Mischung von 
diesem Körper mit basischem Oxydsalz hatte, so schien mir die 
nähere Bestimmung der Bestandtheile eine unfruchtbare Arbeit 
zu sein. Ich werde aber die Darstellung und die Analyse dieser 
sonderbaren Verbindung bei einer anderen Gelegenheit vor- 
nehmen. 

[297] Durch die Analyse des reinen basischen schwefel- 
sauren Eisenoxyds ist also dargethan , dass das Verhalten zwi- 
schen dem Schwefel und dem Eisen in diesem Salze, welches ich 
aus meiner ersten Analyse gefolgert hatte*), unrichtig ist. Wir 
werden vielmehr in den folgenden Analysen sehen , dass in den 
basischen schwefelsauren Salzen der Sauerstoff der Säure dem 
der Basis entweder gleich^ oder davon ein Suhmultiplum nach 
einer ganzen Zahl ist. Und daraus wird folgen, dass in allen 
basischen schwefelsauren Salzen der Schwefel zu dem Metalle 
in einem solchen Verhältnisse steht, dass die Menge desselben 
ein Suhmultiplum nach einer ganzen Zahl von der Menge des 
Schwefels in dem Schwefeleisen in Minimo , und folglich auch 
von dem Schwefel im neutralen schwefelsauren Eisenoxydul ist. 
In dem hier beschriebenen Eisenoxydsalze ist das Verhältniss 
des Schwefels zum Eisen genau ein Viertel von dem , was es im 
Schwefeleisen im Minimum und im schwefelsauren Eisenoxy- 
dul ist. 

Ich muss hier den Leser auf einen Gegenstand aufmerksam 
machen, der für die Vervollkommnung der Lehre von den festen 
Proportionen in den Mischungen von der äussersten Wichtig- 
keit ist, und ohne welchen wir die Lehre von der Zusammen- 
setzung der organischen Körper je aufgeklärt zu sehen kaum 
hoffen dürfen ; nämlich auf das absolute Mi?iimum der Verbin- 
dung eines Körpers mit [298] einem andern, von welchem alle 
anderen Verbindungen Multipla sein müssen. Da nur sehr wenige 
Verbindungsgrade zwischen zwei Körpern für sich, d. i. ohne 
Dazwischenkunft eines oder mehrerer anderen Körper, statt- 
finden, und da diese vielleicht niemals, oder doch nur höchst 
selten, Verbindungen im Minimum darstellen, so sind wir ge- 
nöthigt, diese Minima in dergleichen vielfacheren Verbin dungs- 



*) Annal. N, F. B. 7. S. 309 (S. 38 dieser Ausgabe). 



192 Jacob Berzelius. 

arten aufzusuchen. Es wird schwer halten, das \i2ikrQ Minimum 
zu entdecken; jeder gute in dieser Hinsicht gemachte Versuch 
,aber wird von interessanten Folgen sein. Das so eben analysirte 
basische Eisensalz mag mir hier zum Beispiele der Erläuterung 
dienen. Sollten wir in der Folge keine Verbindung der Schwefel- 
säure mit einer noch grösseren Menge Eisen in den Eisenoxy- 
dul- oder Eisenoxyd-Salzen entdecken, und sollte das in diesem 
Versuch gefundene Verhältniss des Schwefels zum Eisen der 
grösste gemeinschaftliche Divisor von allen den Verhältniss- 
zahlen sein, welche in den Mischungen des Schwefels mit dem 
Eisen stattfinden, so dürften wir hoffen, hier das Minimum von 
Schwefelgehalt des Eisens gefunden zu haben. In dieser nied- 
rigsten Stufe würden sich also z. B. 100 Th. Eisen mit 14,66 Th. 
Schwefel vereinigen. In dem magnetischen Schwefeleisen (im 
Minimum genannt, weil es die niedrigste Stufe der Verbindung 
ist, welche wir ftlr sich darstellen können) , oder im neutralen 
schwefelsauren Eisenoxydul, sind 100 Th. Eisen mit 14,66 X 
4 = 58,64, im schwefelsauren [299] Eisenoxyd mit 14,66 X 
6 = 87,96, und im gewöhnlichen Schwefelkies mit 14,66 X 
8 = 117,28 Th. Schwefel verbunden. Es sind dieses also Mul- 
tipla von dem Minimo nach 4, 6 und 8, und wir finden, dass 
diese Multipla bis auf die Tausendtel mit den Resultaten der Ver- 
suche übereinstimmen. Es lässt sich vermuthen , dass das Mul- 
tiplum nach 2, welches wir hier vermissen, auch existirt, obgleich 
in einer vielleicht noch unbekannten Verbindung, z. B. in einem 
basischen Oxydsalze, in welchem die Schwefelsäure und das 
Eisenoxyd gleiche Theile Sauerstoff enthalten. Wenn nun 14,66 
Th. Schwefel die geringste Menge wäre, mit welcher sich 100 Th. 
Eisen verbinden können, so würde daraus folgen, dass kein basi- 
sches schwefelsaures Eisenoxydulsalz möglich ist. Wenn aber 
umgekehrt ein solches Salz entdeckt werden sollte , so würden 
14,66 Th. Schwefel auf 100 Th. nicht die Stufe des Minimums 
sein; diese könnte dann nicht höher als 4,9 sein, und würde den 
grössten gemeinschaftlichen Divisor für alle Verbindungen des 
Schwefels mit 100 Th. Eisen darstellen. Ungefähr auf diese 
Weise habe ich das Minimum vom Sauerstoff in den Verbin- 
dungen des Kohlenstoffs mit dem Sauerstoffe zu finden gesucht ; 
um indess auszumachen, welche von den mehreren Zahlen, die 
das Minimum des Sauerstoffgehalts darstellen könnten, das wahre 
Minimum sei, dazu wird eine grosse Menge von Versuchen erfor- 
dert, und diese dürften eine [300] mehrjährige Arbeit erfordeni, 
ehe sie zu einem einigermaassen sicheren Resultat führen werden. 



Bestimmte Verhältnisse . 193 

2. Basisches schwefelsaures Kupferoxyd. 

Ich schlug schwefelsaures Kupferoxyd so mit kaustischem 
Ammoniak nieder, dass nicht alles Oxyd gefällt wurde, und er- 
hitzte 10 g von dem wohl ausgewaschenen und getrockneten 
Niederschlag in einer gläsernen Retorte über einer Weingeist- 
lampe so lange, als noch Wasserdämpfe daraus verjagt wurden. 
Das so getrocknete Salz hatte 14,5 Procent an Gewicht ver- 
loren. Als ich es in Salpetersäure auflöste, und die Auflösung 
mit Barytsalz niederschlug, erhielt ich 8,55 g geglühten schwe- 
felsauren Baryt, welchem 21,28 Procent Schwefelsäure ent- 
sprechen. Dieses Salz besteht also aus 

Schwefelsäure 21,28 100 
Kupferoxyd 64,22 301,8 

Wasser 14,50 

100,00 

Diese Menge Schwefelsäure enthält 12,74, das Kupferoxyd 12,66, 
und das Wasser 12,87 Th. Sauerstoff; in allen drei Bestand- 
theilen finden sich also gleiche Mengen Sauerstoff. Es sättigen 
folglich 100 Th. Schwefelsäure in diesem Salze drei Mal so 
viel Kupferoxyd, als im neutralen schwefelsauren Kupferoxyd. 

3. Basisches schwefelsaures Wismutoxydul. 

Herr Lagerhjelm fand in seinen Versuchen über den Wis- 
mut, dass in dem schwefelsauren Wismutoxyd die Säure drei- 
mal den Sauerstoff der Basis [301] enthält. Ich zerlegte daher 
eine Menge neutrales Salz durch zugesetztes Wasser, und laugte 
das unaufgelöste basische Salz mit Wasser aus. Das auf einer 
Sandkapelle stark und lauge getrocknete Salz wurde dann in 
einem gewogenen Platintiegel geglüht, so lange noch eine Spur 
von schwefliger Säure entbunden wurde. Es hatte dabei 14,6 
Procent an Gewicht verloren, und besteht also aus 

Schwefelsäure 14,5 100 

Wismutoxydul 85,5 590 



100,0 690 

Diese Menge Schwefelsäure enthält 8,685, und das Wismut- 
oxydul 8,66 Th. Sauerstoff; die Säure sättigt also in diesem 
Salze drei Mal so viel Basis, als im Neutralsalze. 

Ostwald's Klassiker. 35. 13 



194 Jacob Berzelius. 

4. Basische salpetersaure nnd salpetrigsaure Salze. 

Von dem basischen und dem überbasischen Salpeter sauren 
und salpetrigsauren Bleioxyduly und von dem basischen sal- 
petersauren Kupferoxyd habe ich umständlich in der zweite^i 
Fortsetzung meiner Abhandlung oben S. 135 f. gehandelt, nnd 
gezeigt, wie sie theils meine Idee von der Zusammensetzung des 
StickstoflEs, theils die Gesetze, welche ich für die Bildung der 
basischen Salze hier aufgestellt habe, bestätigen. 

5. Kohlensaures Eupferoxyd. 

1 g in der Siedhitze niedergeschlagenes und in der Sonne 
getrocknetes kohlensaures Kupferoxyd in einer kleinen gewoge- 
nen gläsernen [302] Retorte geglüht, gaben im ersten Versuch 
7,16 und im zweiten Versuch 7,17 g schwarzes Kupferoxyd. 
In der Vorlage wurde eine beträchtliche Menge Wasser ange- 
sammelt. Dieses Salz kann also nicht so viel Kohlensäure ent- 
halten , dass diese damit ein Nentralsalz darstellte ; die Säure 
und das Kupferoxyd müssen folglich gleiche Mengen Sauerstoff 
enthalten; und daher 71,7 Th. Oxyd 19,73 Th. Kohlensäure 
aufnehmen ; die übrigen 8,67 Th. sind Wasser, welches 7,5 Th. 
Sauerstoff enthält. Jene Menge Knpferoxyd enthält aber 14,34 
Th. Sauerstoff; der Sauerstoff des Wassers beträgt also halb so 
viel, als der der Basis. Die geringe Verschiedenheit in dem Re- 
sultate des Versuchs mnss darin liegen , dass ein kleiner Theil 
des kohlensauren Kupferoxyds durch die Wärme seines über- 
schüssigen Wassers nicht gehörig beraubt worden ist. 

Es ist nämlich bekannt, dass kohlensaures Kupfer, welches 
in der Kälte niedergeschlagen wird, ein sehr voluminöses Pulver 
giebt, dessen Farbe bläulichgrün ist. Wird es dagegen in der 
Siedehitze niedergeschlagen, so erhält man einen schweren, 
kleinkörnigen und gelblichgrtinen Niederschlag. Ich sah diese 
beiden Niederschläge für verschiedene kohlensaure Verbin- 
dungen an, und wollte die kalt gefällte Verbindung sammeln 
und durch kaltes Wasser auslaugen ; sie wurde aber während 
dieser Arbeit grösstentheils in die schwerere gelblichgrüne ver- 
wandelt, und ich konnte sie nie [303] im reinen Zustande dar- 
stellen. Zufälliger Weise setzte ich ein den Tag vorher nieder- 
geschlagenes kohlensaures Kupferoxyd, welches noch in der 
Flüssigkeit geblieben war, auf die Sandkapelle ; als die Kohlen- 
säure aus der Flüssigkeit entwichen war, sah ich, wie das zu- 
nächst auf dem Boden liegende kohlensaure Kupferoxyd sich 



Bestimmte Verhältnisse. 195 

znsammenballte nnd gelblichgrün wurde , ohne dass sich dabei 
das geringste Aufbrausen wahrnehmen Hess; und dieses er- 
streckte sich nach und nach aufwärts in dem Maasse, als sich 
die Flüssigkeit erwärmte. Diese Veränderung in der Gestalt 
scheint also keine Veränderung in dem Gehalt an Kohlensäure, 
sondern nur im Wassergehalt zu sein ; ebenso wie das kohlen- 
saure Zinkoxydul in einer Temperatur , welche die Siedehitze 
des Wassers nicht erreicht, das gebundene Wasser fahren lässt 
und sich in schwerere Körner zusammenballt, und wie das blaue 
Kupferhydrat, wenn man die Flüssigkeit erwärmt, das Wasser 
verlässt und sich als schwarzes Kupferoxyd absetzt. Auch andere 
basische Kupfersalze, welche, wenn sie kalt niedergeschlagen 
werden, leicht und voluminös sind, werden in der Hitze schwe- 
rer, und nehmen eine mehr ins Gelbe ziehende Farbe an. 

6. Basische salzsaure Salze. 

Aus einigen meiner älteren Analysen*) wissen wir, dass die 
Salzsäure im basischen salzsauren Kupferoxyd und im basi- 
schen salzsauren Bleioxydul viermal so viel Basis als im neu- 
tralen Salze sättigt. Da die Salzsäure [304] zweimal so viel 
Sauerstoff als die Basis, von der sie neutralisirt wird, enthalten 
mnss , so beträgt der Sauerstoff der Säure in diesen basischen 
Salzen nur die Hälfte von dem der Basis. 

7. Folgerungen. 

Ich glaube aus diesen Versuchen über die basischen Salze 
folgende Schlüsse ziehen zu dürfen. 

a) Der Sauerstoff der Säure kann in den basischen Salzen 
sowohl ein Submultiplum als ein Multiplum nach einer ganzen 
Zahl von dem der Basis sein. 

b) Die Menge von Basis , welche eine gegebene Menge von 
Säure in einem basischen Salze sättigt, kann von der Basismenge 
des neutralen Salzes derselben Art ein Multiplum nur nach einer 
solchen Zahl sein, durch welche zugleich der Sauerstoff der 
Säure von dem der Basis ein Submultiplum oder ein Multiplum 
nach einer ganzen Zahl wird. So z. B. kann in den basischen 
Salzen der Schwefelsäure die Basis nur ein Vielfaches nach 
3, 6, 9, nicht aber nach 2, 4, 5, 7, 8 u. s. f. von der Basis des 
neutralen Salzes sein. Säuren dagegen, deren Sauerstoff in den 
neutralen Salzen ein 2- 4* 6- 8 faches von dem Sauerstoff der 



*; Gilbert' 8 Ann. Neue Folge B. 7. S. 292 (S. 28 dieser Ausgabe). 

13* 



196 Jacob BerzeliuB. 

Basen ist, können in den basischen Salzen 2, 4, 6, 8, aber nicht 
3, 5, Ij 9 n. s. f. Mal so viel Basis als in den nentralen Salzen 
aufnehmen. 

Es ist noch zn nntersuchen übrig , ob es ein basisches Salz 
giebt, in welchem die Basis weniger als verdoppelt gegen die 
des nentralen Salzes ist; ob [305] es z. B. ein schwefelsaures 
Salz giebt, worin die Säure zweimal so viel Sauerstoff als die 
Basis enthält, oder ein salpetersaures, worin die Säure viermal 
so viel Sauerstoff als die Basis in sich schliesst. 



in. Gesetze für die Bildung der Doppelsalze. 

Die Verbindungen, welche in der ersten antiphlogistischen 
Nomenclatur dreifache Salze genannt wurden, hat man in den 
letzteren Jahren angefangen Doppelsalze zu nennen, und zwar, 
wie es scheint, mit Recht. Sie sind nämlich immer aus zwei 
neuti'alen Verbindungen zusammengesetzt, welche man in den 
meisten Fällen durch Mischung der Auflösungen und gemein- 
schaftliches Krystallisiren dieser beiden Verbindungen hervor- 
bringen kann. 

Diese Doppelsalze können von zwei verschiedenen Gattungen 
sein: sie sind entweder aus einer Säure und zwei Basen, oder 
aus zwei Säuren (oder Säure darstellenden Körpern) und einer 
Basis zusammengesetzt. Von der ersten Gattung kennen wir 
mehrere Salze , aber von der zweiten sind uns nur sehr wenige, 
und keins mit hinlänglicher Genauigkeit, bekannt. 

1. Doppelsalze aus zwei Basen und einer Säure. 

Das Princip der Bildung dieser Doppelsalze ist nicht schwer 
zu finden, da wir wissen, dass die meisten sauren Salze, wenn 
man sie mit einer zweiten [306] Basis sättigt, Doppelsalze dar- 
stellen , und es seitden^ dargethan worden ist, dass jene sauren 
Salze die doppelte Menge von Säure der neutralen Salze ent- 
halten. Die neue hinzukommende Basis muss folglich die näm- 
liche Menge Sauerstoffe als die vorher im Salze gewesene Basis 
enthalten. So z. B. muss das Natron, das Eisenoxydul oder das 
Antimoniumoxydul, womit man in den pharmaceutischen Zube- 
reitungen das säuerliche weinsteinsaure Kali neutralisirt (dessen 
Zusammensetzung aus der S. 178 angeführten Analyse bekannt 



Bestimmte Verhältnisse. 197 

ist) , eben so viel Banerstoff enthalten , als das znvor im Salze 
vorhandene Kali in sich schloss , weil sie eine gleiche Menge 
Weinsteinsäure als dieses Kali nentralisiren. Dass in diesen 
Fällen nicht so sehr die Sänre das Dasein der Doppelsalze be- 
stimmt , sondern dass dabei die Verwandtschaften der Basen zn 
einander die wirksamere Rolle spielen, werden wir aus der 
Analyse des Alanns ersehen; denn dieses Balz lässt sich dadurch, 
dass man in dem sauren schwefelsauren Kali die freie Bäure mit 
Thonerde sättigt, nicht ohne einen grossen Ueberschuss an 
schwefelsaurem Kali erhalten. Gewisse Basen geben femer bei- 
nahe mit allen Säuren Doppelsalze, ungeachtet die meisten 
Säuren mit keiner von diesen Basen ein saures Salz darstellen 
können. Boz. B. giebtdas Ammoniak mit Magnesia, mit Mangan- 
Oxydul, mit Kupferoxyd, mit Zinkoxydul u. s. w. immer Doppel- 
salze , und wir haben grosse Ursache zu glauben , dass diese 
Basen unter sich immer das nämliche Verhalten [307] be- 
obachten, d. h. in den Doppelsalzen imm^v gleiche Sauerstoff- 
mengen enthalten. Ich werde einige wenige Beispiele von Dop- 
pelsalzen der ersten Gattung anführen, welche hinreichend sein 
können, das Gesetz ihrer Bildung ins Licht zu setzen. 

Schwefelsaure Ammoniak-Magnesia. 

Es wurden von dem fein gepulverten, in der Sonne getrock- 
neten Balze 10 g in einem gewogenen Platintiegel erhitzt und 
dann geglüht. Sie gaben dabei genau ein Drittel ihres Gewichts 
an schwefelsaurer Magnesia ; daher die in dem Salze enthaltene 
Magnesia 11,11 Procent, und der Sauerstoff, den sie in sich 
schliesst, 4,43 Procent vom Gewicht des ganzen Salzes beträgt 
(oben S. 166). Ich mischte nun mit diesen 3,334 g schwefel- 
saurer Magnesia eine Menge schwefelsaures Ammoniak , worin 
der Bauerstoff des Ammoniaks 0,443 g betragen sollte, welches 
4,181 g ausmachte; diese beiden Salze wurden in kochendem 
Wasser aufgelöst, und in der Sonne auf einer gewogenen Glas- 
schale getrocknet. Ich erhielt 10,006 g wieder. Die schwefel- 
saure Magnesia hatte also hierbei 2,49 g Wasser aufgenommen, 
welche 2,2 g Sauerstoff enthalten. Auf 100 Th. des Salzes 
kommen also 24,9 Th. Wasser, und darin 22 Th. Bauerstoff, 
also fünfmal so viel, als Sauerstoff in der einen der beiden Basen 
enthalten ist; Da nun das schwefelsaure Ammoniak eine Menge 
Krystallwasser enthält, deren Sauerstoff doppelt so viel als der 
der Basis beträgt, [308] so enthält die ganze Wassermenge dieses 
Salzes siebenmal so viel Sauerstoff, als die eine der beiden 



198 Jacob Berzelius. 

Basen. Die Sauerstoffmengen der vier Körper, welche dieses 
Salz ausmachen, verhalten sich also wie 1.1:6:7. 

Schwefelsaures Ammoniak-Küpferoxyd. 

10g von diesem fein gepulverten und in der Sonne getrock- 
neten Salze wurden in einer kleinen Retorte mit Kalk vermischt, 
und das Ammoniak wurde, ganz auf die nämliche Weise wie bei 
dem schwefelsauren Ammoniak, herausgetrieben. Der Apparat 
hatte dabei 0,827 g an Gewicht verloren. Zehn andere Gramm, 
in Wasser aufgelöst , wurden mit so viel kohlensaurem Kali , als 
zur Sättigung der Schwefelsäure ungefähr erforderlich war, ge- 
mischt, und dann zum Trocknen abgeraucht. Wieder in Wasser 
aufgelöst, hinterliessen sie kohlensaures Kupferoxyd. Die Flüs- 
sigkeit, welche einen kleinen üeberschuss an Alkali hatte, fällte 
ich mit Schwefelwasserstoflfgas , wodurch eine leichte Spur von 
Kupfer zum Vorschein kam. Das erhaltene geglühte Kupfer- 
oxyd wog 2 g. Diese enthalten 0,3932 g Sauerstoff, und dann 
kommen auf die 0,827 g kaustisches Ammoniak 0,3897 g. Die 
beiden Basen enthalten also gleiche Theile Sauerstoff. Wenn 
man nun die zu ihrer Neutralisirung nöthige Menge Schwefel- 
säure berechnet, so bleibt eine Menge Krystallwasser übrig, 
welche siebenmal so viel Sauerstoff als jede Basis enthält. In 
[309] diesem Doppelsalze behält also jedes der beiden Salze die 
nämliche Menge Krystallwasser, welche demselben ursprünglich 
angehört, wie man aus den Analysen der einfachen Salze sehen 
kann. Die Sauerstoffmengen der Bestandtheile verhalten sich 
hier zu einander wie im vorhergehenden, nämlich 1:1:6:7. 

Alaun. 

Der Alaun gehört auch zu den Doppelsalzen. Man pflegt 
ihn fast immer für ein saures Doppelsalz auszugeben, meine 
Untersuchung dieses zusammengesetzten Salzes scheint aber 
diese Meinung zu widerlegen. 

20 g reiner Alaun wurden in einem Platintiegel über einer 
Weingeistlampe erhitzt, bis sie nicht mehr an Gewicht verloren. 
Die aufgeschwollene Masse wurde in dem Tiegel zusammenge- 
drückt, und der Tiegel zuletzt bedeckt, damit die Hitze alle 
Theile des Salzes gleichmässig durchdringen möchte. Er hatte 
nun 9 g an Gewicht verloren, und ich konnte nicht das geringste 
Zeichen von verflüchtigter Säure wahrnehmen, welche sich doch 
durch den Geruch hätte zu erkennen geben müssen. Der Alaun 
enthält also 45 Proc. Krystallwasser. — Das wasserfreie Salz 



Bestimmte Verhältnisse. 1 99 

wurde wieder in Wasser aufgelöst, welches sehr langsam und 
nicht ohne Beihilfe der Wärme vor sich ging, und dann mit salz- 
saurem Baryt niedergeschlagen. Der gewaschene und geglühte 
Niederschlag wog 19,973 g, also bis auf eine Kleinigkeit so viel, 
als der angewandte [310] Alaun. Der krystallisirte Alaun enthält 
also 34,255 Procent Schwefelsäure. 

10g Alaun wurden in Wasser aufgelöst, und mit Ammoniak 
in üebermaass versetzt und digerirt. Die Thonerde, welche 
sich hierbei ausschied, gut ausgewaschen und gebrannt, betrug 
10,67 Procent. Da dieses mit der Angabe des Herrn Thenard 
nicht übereinstimmte, wiederholte ich den Versuch mit 50 g 
Alaun. Nach dem Filtriren wurde die mit überschüssigem Am- 
moniak versetzte Flüssigkeit und das Wasser, womit die Thon- 
erde gewaschen worden war, zur Trockniss abgedampft , und 
dann wieder in Wasser aufgelöst, wobei noch eine kleine Menge 
Thonerde erhalten wurde. Die gesammelte und geglühte Erde 
wog 5,43 g und verlor durch wiederholtes Glühen nichts mehr 
am Gewicht. Der Alaun enthält also nicht mehr als 10,67 bis 
10,86 Procent Thonerde. 

10g Alaun, in Wasser aufgelöst und in einem kleinen gläser- 
nen Kolben mit kohlensaurem Strontion so lange digerirt, als 
noch ein Aufbrausen entstand, wenn mehr von diesem zugesetzt 
wurde , und dann mit überschüssig zugesetztem kohlensaurem 
Strontion gekocht, wurde auf diese Weise ganz ihrer schwefel- 
sauren Thonerde beraubt. Der Niederschlag war nicKt, wie man 
von der Thonerde [311] erwarten sollte, aufgequollen, sondern 
schwer, und Hess sich leicht auslaugen. Die durchgeseihte 
Flüssigkeit war nicht alkalisch , und als ich sie mit Ammoniak 
versetzte, wurde keine Trübung hervorgebracht. In einem ge- 
wogenen Platintiegel zugleich mit dem Waschwasser abgedampft 
und geglüht, gab sie 1,815 g schwefelsaures Kali, welchem 
0,881 g Kali entsprechen. 

Da wir gesehen haben, dass die Thonerde bis zu 46,7 Proc. 
Sauerstoff enthält (S. 170), so ist es unmöglich, dass hier die 
Basen gleiche Theile Sauerstoff enthalten können. Der Alaun 
ist nach diesen Versuchen folgendermaassen zusammengesetzt : 

oder 

Schwefelsaure Thonerde 36,45 

Schwefelsaures Kali 18,15 

Wasser 45,00 

100,00 
100,00 



Schwefelsäure 


34,24 


Thonerde 


10,86 


Kali 


9,81 


Wasser 


45,00 



200 Jacob Berzelius. 

Nun aber neutralisiren 9,81 Th. Kali 8,37 Th. Schwefelsäure, 
und es bleiben also für die Thonerde 25,86 Th. Schwefelsäure 
zurück ; die Thonerde sättigt also in dem Alaun dreimal so viel 
Säure als das Kali (denn 8,37X3 = 25, 11); die Thonerde 
muss also auch dreimal so viel Sauerstoff als das Kali enthalten. 
Nun aber enthalten 9,81 Th. Kali 1,674 Th. Sauerstoff und 
10,86 Th. Thonerde 5,077 Th. Sauerstoff, und es ist 1,674 X 
3 = 5,022. Die 45 Th. Wasser enthalten 39,71 Th. Sauer- 
stoff, und es ist 5,022 X 8 = 40,17. — Zwar ist diese Analyse 
nicht in den letzten Zahlen richtig, man sieht aber aus [312] ihr 
doch so viel mit Sicherheit, dass in dem Alaun die Thonerde 
dreimal so viel Sauerstoff als das Kali enthält, und in ihm haben 
wir also ein Doppelsalz , in welchem der Sauerstoff der einen 
Basis ein Vielfaches nach einer ganzen Zahl von dem der andern 
Basis ist. 

Da das bei dieser Analyse gefundene Verhältniss zwischen 
der Thonerde und der Schwefelsäure mit dem bei der Analyse 
der neutralen schwefelsauren Thonerde gefundenen so nahe, als 
es nur bei diesen Versuchen zu erwarten ist, tibereinstimmt, so 
kann der Alaun nicht ein saures Salz sein, sondern er verdankt 
seine sauren Eigenschaften dem Thonerdensalze , in welchem 
die Säure so lose gebunden ist, und welches ohnedem hier in so 
grossem Verhältniss gegen das Kalisalz gegenwärtig ist , dass 
es beinahe alle seine äusseren Merkmale dem Doppelsalze ein- 
drückt. 

Der Alaun und die übrigen Doppelsalze geben uns interes- 
sante Beispiele von Vereinigungen mehrerer oxydirten Körper. 
Das Kali enthält hier die geringste Menge Sauerstoff, und diese 
muss also für die Sauerstoffmengen der übrigen Bestandtheile 
der gemeinschaftliche Divisor sein. Setzen wir den Sauerstoff- 
gehalt des Kali = 1, so ist der der Thonerde = 8, der der 
Schwefelsäure =12 und der des Wassers = 24. 

Schliesslich muss ich bemerken, dass meine Analyse des 
Alauns von der der Herren Thenard und Roard etwas ab- 
weicht. Sie fanden im Alaun [313] 1 2^ Procent Thonerde, und 
dagegen nur 1 6 Procent schwefelsaures Kali. Sie arbeiteten mit 
489 g Alaun, von dem sie 61 bis 62 g Thonerde erhielten; diese 
mochten im feuchten Zustande wohl das Volumen von 1 Pfund 
Wasser einnehmen, und also entweder auf einem sehr grossen 
oder auf mehreren kleinen Filtris aufgenommen werden ; in bei- 
den Fällen war die völlige Auslaugung und die Absonderung 
vom Papiere grossen Schwierigkeiten unterworfen. Auch ist zu 



Bestimmte Verhältnisse. 201 

vermuthen, dass die Ausscheidung des schwefelsauren Kali aus 
der bei dieser Gelegenheit gewonnenen Flüssigkeit durch Zusatz 
von Kalkerde kein scharfes Resultat geben konnte. Die Ver- 
schiedenheit unserer Resultate war daher vielleicht mehr der 
grösseren oder geringeren Zweckmässigkeit der angewendeten 
Methoden als dem Experimentator zuzuschreiben. Ueberdies ist 
es ausgemacht, dass eine zu sehr im Grossen angestellte Analyse 
niemals ein recht scharfes Resultat geben kann ; auch scheinen 
jene Chemiker hier nicht die äusserste Schärfe beabsichtigt 
zu haben. 

[314] Ein basisches Doppelsalz. 

Es giebt auch basische Doppelsalze ; ich habe bis jetzt aber 
nur ein einziges untersucht, nämlich die in der Pharmacie unter 
dem Namen Cuprum ammoniaium bekannte Verbindung. Um 
dieses Salz zu bereiten, löste ich schwefelsaures Kupferoxyd in 
kaustischem Ammoniak auf, schlug das basische Doppelsalz mit 
Alkohol nieder, wusch es dann mit Alkohol und trocknete es in 
der Luft. Es ist sehr schwierig , den Augenblick der völligen 
Austrocknung genau zu beobachten ; denn das Salz zersetzt sich 
auf der Oberfläche, ehe der Alkohol aus dem Innern verflüch- 
tigt worden ist ; es wird dann nach und nach himmelblau und 
auf dem Rande grün. Es lässt sich daher keine ganz genaue 
Analyse dieses Salzes erhalten ; doch wird es nicht schwer sein, 
mit Beihilfe der hier entwickelten Gesetze der Verbindungen, 
die wahre Zusammensetzung desselben aufzufinden, da das Re- 
sultat der Analyse nicht sehr weit von der Wahrheit abweichen 
kann. 

Ich entzog einem Antheil dieses Salzes, auf einer erhitzten 
Sandkapelle, das überschüssige Ammoniak, bis es ganz grau 
geworden war; es hatte nun 20, .33 Procent an Gewicht ver- 
loren. Als ich den Versuch in einer kleinen Retorte wieder- 
holte, fand ich, dass sich dabei auch ein wenig Wasser entband. 
Wenn dieses graue Pulver mit Wasser Übergossen wurde, nahm 
es erst eine hellblaue, und dann, wenn ich es gelind erhitzte, 
eine [315] schwarzbraune Farbe an. Dieses rührte unstreitig 
daher, dass sich das Salz zersetzte und einen Antheil neutrales 
schwefelsaures Ammoniakkupfer bildete, wobei erst Kupfer- 
hydrat entstand, welches sich dann in der Hitze zerlegte. Die 
Auflösung hatte eine schwache blaue Farbe und hinterliess 
40 Procent schwefelsaures Ammoniak, mit einer kleinen Menge 
des Doppelsalzes gemischt. Das unaufgelöste, aus schwarz und 



202 Jacob Berzelius. 

grün gemischte Kupferoxyd wog 48,7 Procent. Die erhaltenen 
Producte wogen also 9 Procent mehr als das angewandte Salz. 
Dieses hat seinen Grand theils darin, dass das nengebildete 
schwefelsaure Ammoniak nicht so viel Wasser, als es zum Kry- 
stallisiren braucht, in dem basischen Salze vorfindet, wie wir 
sogleich sehen werden, und daher eine neue Menge Wasser auf- 
nehmen musste, theils darin, dass das zugleich entstehende neue 
Doppelsalz alles Kry stall wasser aus dem zugegossenen Wasser 
aufnehmen muss. 

Um die Bestandtheile dieses Salzes bestimmter auszumitteln, 
löste ich 5 g davon in Wasser auf, sättigte die Auflösung mit 
Salzsäure und schlug die Schwefelsäure mit salzsaurem Baryt 
nieder. Der gewaschene und geglühte Niederschlag wog in 
einem Versuch 4,685,. und in einem andern 4,7 g, welchen 
32,25 Procent Schwefelsäure entsprechen. 

Aus der Flüssigkeit wurde der überschüssig zugesetzte Baryt 
mit schwefelsaurem Natron niedergeschlagen , und dann die fil- 
trirte Auflösung mit [316] kohlensaurem Kali gemischt und zur 
Trockniss abgedampft. Die wiederaufgelöste Masse hatte einen 
Ueberschuss an Kali, und gab eine grünliche Auflösung; das 
Kali wurde mit Salzsäure beinahe gesättigt, und das kohlensaure 
Kupfer auf ein Filtrum aufgenommen, gewaschen, getrocknet 
und geglüht. Die noch ein wenig alkalische Flüssigkeit gab mit 
Schwefelwasserstoff noch einen kleinen Rückstand von Kupfer, 
welcher für sich geglüht und mit dem übrigen gewogen, 1,7 g 
oder 34 Procent Kupferoxyd gab. Wir finden also in diesem 
Salze das nämliche Verhältniss zwischen der Säure und dem 
Kupferoxyd, als im neutralen Kupfervitriol, und es verdankt 
dem Ammoniak ganz und gar seine basischen Eigenschaften. Ent- 
hält nun aber dieses Salz eine Menge Ammoniak, welche mit 
der nämlichen Menge Schwefelsäure für sich ein Neutralsalz 
darstellen sollte? So glaubte ich anfangs. 

Ich mischte, um dieses zu untersuchen, 5 g des nämlichen 
Salzes, in einer kleinen gewogenen Glasretorte, mit fein ge- 
riebenem Kalk, und zerlegte das Salz ganz so, wie ich es bei 
dem schwefelsauren Ammoniak angeführt habe. Der kleine 
Apparat hatte 1,32 g an Gewicht verloren, und das Salz muss 
also 26,4 Procent Ammoniak hergegeben haben. Die nun feh- 
lenden 7,35 Procent müssen Wasser gewesen sein, und das 
Cuprum ammoniatum ist also folgendermaassen zusammen- 
gesetzt : 



r 

/ 



Bestimmte Verhältnisse. 203 

[317] Schwefelsäure 32,25 

Kupferoxyd 34,00 

Ammoniak 26,40 

Wasser 7,35 

Toö,öF 

Diese Menge Kupferoxyd enthält 6,68, und das Wasser 6,5 Th. 
Sauerstoff, sie stehen also zu einander in diesem Salze in dem 
nämlichen Verhältnisse, wie im hasischen schwefelsauren Kupfer- 
oxyd. Das Ammoniak enthält 12,424 Th. Sauerstoff, oder bei- 
nahe doppelt so viel als jene Bestandtheile ; denn wir haben 
, gesehen, dass es nicht möglich ist, dieses Salz im trockenen 
Zustande darzustellen, ohne dass es ein wenig von seinem 
Alkali verloren hat , daher es in dieser Analyse zu gering aus- 
fallen muss. 

Es ist einleuchtend, dass hier die beiden Basen zusammen- 
genommen gleiche Menge Sauerstoff mit der Schwefelsäure ent- 
halten, nämlich das Kupferoxyd ein Drittel und das Ammoniak 
zwei Drittel von der Sauerstoffmenge der Säure. Dieses Salz ist 
also, wenn wir die beiden Basen desselben als eine einzige be- 
trachten, gerade so gebildet, als ein einfaches basisches schwefel- 
saures Salz nach der Regel sein sollte. Die Sauerstoffmengen 
in diesem Salze lassen sich folgen dermaassen ausdrücken : die 
des Kupferoxyds = 1 , des Wassers = 1 , des Ammoniaks = 2 
und der Schwefelsäure = 3. 

Was für eine Veränderung das Cuprum ammoniatum wäh- 
rend des Verwitterns leidet,, ist nicht so leicht zu sagen. Es 
scheint jedoch, indem es bei [318] langem Aufbewahren in un- 
vollkommen verschlossenen Gefässen zu einem himmelblauen 
Pulver verwittert, die Hälfte des Ammoniaks zu verlieren , da 
dann die Schwefelsäure zu jeder Basis für sich in dem nämlichen 
Verhältnisse als im neutralen Salze steht. Durch das Verwittern 
zu einem grünen Pulver geht noch mehr Ammoniak verloren, 
und der Rückstand ist eine Mengung von mehr oder weniger 
(je nachdem das Verwittern in der Hitze oder in der Luft ge- 
schehen ist] wasserfreiem neutralem schwefelsaurem Ammoniak 
mit basischem schwefelsaurem Kupferoxyd. Das durch Ver- 
wittern in der Hitze gebildete grüne Pulver verträgt eine etwas 
erhöhte Temperatur , ohne zerlegt zu werden , entbindet dann 
aber schweflige Säure , sehwefligsaures Ammoniak , Wasser 
und Stickgas, und in der Retorte bleibt eine geschmolzene 
schwarzbraune Masse zurück^ welche, mit Wasser übergössen, 



204 Jacob Berzelius. 

neutrales schwefelsaures Kupferoxyd und rothes Kupferoxy- 
dul giebt. 

Es ist wahrscheinlich, dass alle anderen Säuren mit diesen 
beiden Basen ähnliche Doppelsalze geben können ; diese lassen 
sich aber nicht alle so leicht darstellen, weil sie in Alkohol auf- 
löslicher sind. 

Wenn es erlaubt wäre, auf einem einzigen Beispiel ein all- 
gemeines Resultat zu gründen, so würde ich den Satz aufstellen, 
dass, wenn eine Säure mit zwei Basen übersättigt wird, die 
beiden Basen zusammengenommen die nämliche Menge Sauer- 
stoff [319] enthalten, welche eine einzige Basis, um ein basi- 
sches Salz mit der Säure darzustellen, enthalten haben müsste, 
und dass dabei der Sauerstoff der ' einen Basis von dem der 
andern ein Multiplum nach 1, 2, 3 u. s. w. sei. 

2. Doppelsalze aus zwei Säuren^ oder Säure vorstellenden 

Körpern y und aus einer Basis, 

Diese Salze sind wenig untersucht, und ihre Anzahl scheint 
sehr gering zu sein. Die einzigen einigermaassen bewährten Bei- 
spiele geben uns die Verbindungen einer Basis mit Schwefel und 
Schwefelwasserstoff, und mit Schwefel und schwefliger Säure. 
Es ist wahrscheinlich, dass hierbei die beiden elektro-positiven 
Körper den elektro-negativen so unter sich theilen, dass sie ent- 
weder davon jeder gleiche Theile, oder der eine 2, 3, 4 u. s. f. 
Mal so viel als der andere aufnehmen. 

Ich habe in der ersten Fortsetzung meiner Abhandlung, bei 
Untersuchung des Verhaltens des Sauerstoffs der Säuren zu dem 
der Basen, ein Doppelsalz erwähnt [Ann. N. F. B. S.S. 209 f., 
8. 1 17 dieser Ausgabe], welches aus Salpetersäure, Arseniksäure 
und Bleioxydul zusammengesetzt ist. Als ich dieses Salz analy- 
siren wollte, fand ich die Bestandtheile desselben unbestimmt 
variirend, je nachdem die Mutterlauge, woraus es anschoss, mehr 
oder weniger concentrirt war. Da es überdies durch Auflösung 
in Wasser zersetzt wird, so scheint es nicht als ein Doppel- 
salz angesehen werden zu können, und ist vielleicht nur [320] 
eine innige Vermengung der Krystalltheile des salpetersauren 
mit denen des arseniksauren Bleioxyduls. 

Ich kann hiervon ein anderes Beispiel anftthren. Ich hatte 
Auflösungen von salzsaurem Ammoniak und salzsaurem Eisen- 
oxyd gemischt und eingeengt, und liess sie krystallisiren. Das 
erhaltene Salz war in Würfeln angeschossen und hatte eine 



Bestimmte Verhältnisse. 205 

schöne rubinrothe Farbe ; bei der Analyse, fand ich darin nur 
1| Procent Eisenoxyd. Wenn es in Wasser aufgelöst wurde, 
verlor es die Farbe , und ich erhielt aus dieser Auflösung erst 
ein beinahe ungefärbtes, dann ein schwach rothgelbes Salz, 
welches an verschiedenen Stellen gar nicht, an anderen ungleich 
stark, doch auch da nur rothgelb gefärbt war. Diese dreifache 
Verbindung ist also mehr für ein Gemisch als für ein Doppel- 
salz zu nehmen. 



IV. Allgemeine Uebersicht der Resultate meiner 
Versuche, welche in diesen verschiedenen Ab- 
handlungen beschrieben sind. 

1. 

Wenn zwei Körper, welche wir jetzt für ein fach halten^ 
sich in mehreren Verhältnissen vereinigen können^ so sind 
diese Verhältnisse^ wenn die Menge des negativ-elektrischen 
Körpers unverändert bleibt^ Multipla nach 1^, 2, 4 u, s. f 
von dem kleinsten Verhältnisse, in welchem der [321] positiv- 
elektrische Körper mit dem negativ-elektrischen verbunden 
sein kann. 

Ks deuten aber mehrere Erscheinungen darauf, dass das 
Multiplum nach 1\ nur scheinbar ist, und daraus folgt, dass 
die Verbindung, [322] nach welcher er als Multiplum berech- 
net worden, nicht das wahre Minimum der Verbindung dar- 
stellt; sondern dass andere niedrigere Verhältnisse vorhanden 
sind, nach welchen es ein Multiplum nach 6, 12, 18 u. s, w. 
sein kann. So z. B. enthält die Arseniksäure 2^ Mal so viel 
Sauerstoff als die arsenige Säure ; allein das schwarze Arsenik- 
oxyd, welches durch Oxydirung des metallischen Arseniks in 
der Luft entsteht, enthält nur ein Viertel so viel Sauerstoff als 
die arsenige Säure, und daher ist der Sauerstoff dieser ein Mul- 
tiplum nach 4, und also der Sauerstoff der Arseniksäure ein 
Multiplum nach 6 von der Sauerstoffmenge des Arsenikoxyds. 
Ich habe gezeigt, wie dieses sich auch auf die Säuren des 
Schwefels anwenden lässt. 

Die bis jetzt gefundenen Progressionen sind Multipla nach 
geraden Zahlen. Die einzige Ausnahme ist die Progression für 
die Oxyde des Ammoniums, welche, wenn wir von der Möglich- 
keit absehen, dass der Wasserstoff auch ein Ammoniumoxyd 



206 Jacob Berzelius. 

sein kann, anf folgende unregelmässige Weise fortschreiten 
würde: 1, 1^, 3, 4|, 6, 7^*j, wenn wir nämlich die in dem 
Ammoniak enthaltene Sanerstoffmenge gleich 1 setzen. Wir 
sehen hieraus, dass diese Progressionsreihe nicht von dem wah- 
ren Minimum der Verbindung ausgegangen sein kann, und dass 
es niedrigere Oxydationsstufen des Ammoniums, als den Stick- 
Stoff, geben muss, unter denen sich auch [323] der Wasserstoff 
nach aller Wahrscheinlichkeit befindet. Ist dann der Sauerstoff 
des Stickstoffs von dem des Wasserstoffs ein Multiplum nach 
6, 12 oder 18, so wird die angeführte Progiessionsreihe ganz 
regelmässig. Noch muss ich bemerken, dass diese Reihe von 
dem Punkte an, wo das Ammonium seine ursprüngliche elektro- 
chemische Modification , um den Stickstoff zu bilden, verändert, 
mit grösseren Multiplicatoren fortgeht. 

Die Verhältnisse^ welche man in zusammengesetzteren 
Körpern zwischen den Bestandtheilen antrifft^ sind alle mit 
diesen für die einfacheren Verbindungen geltenden Gesetzen 
übereinstimmend; z. B. das Verhalten des Schwefels zum Eisen 
in den schwefelsauren Eisensalzen. 

2. 

Wen7i sich zwei oxy dir te Körper vereinigen^ so lässt 
sich das Verhältniss unter ihnen am leichtesten nach dem 
Sauerstoff bestimmen^ indem der Sauerstoff des einen dem des 
andern entweder gleich, oder davon ein Multiplum nach einer 
ganzen Zahl ist 

Zu diesen Verbindungen gehören : 

a) Salze, oder Verbindungen von Säuren mit Basen, 
In den neutralen Salzen ist der Sauerstoff der Säure von dem 
der Basis ein Multiplum nach 2, 3 etc. bis 8. In den sauren 
Salzen kann es noch höher gehen. In den basischen Salzen ist 
der Sauerstoff der Säure zuweilen ein Multiplum [324] von dem 
der Basis, zuweilen demselben in Menge gleich, und nicht selten 
auch ein Submultiplum desselben nach einer ganzeu Zahl. 

b) Hydrate, oder Verbindungen des Wassers: Erstens: 
mit Säuren. In diesen spielt das Wasser ganz die Rolle einer 
Basis; die Säure nimmt davon zur Sättigung eine Meuge auf, 
welche genau so viel Sauerstoff als eine Salzbasis enthält, von 
der diese Menge Säure gesättigt wird. Das mit der Säure auf 



♦) Vgl. Erste Fortsetz. AnnaL N. F. B. 8. S. 186 (S. 103 dieser 
Ausgabe). 



Bestimmte Verhältnisse. 207 

diese Weise verbundene Wasser ist ganz von dem Krystallwasser 
einiger krystallisirenden Säuren verschieden. 

Zweitens : mit Salzbasen, Das Wasser spielt hier in so fern 
die Rolle einer Säure, als es ihre Stelle vertritt, enthält aber nur 
gleiche Theile Sauerstoff mit der Basis , oder ist zuweilen ein 
Submultiplum vom Sauerstoff der Basis. Das Krystallwasser in 
einigen krystallisirenden Hydraten ist ganz von dem mit der 
Basis, in der Stelle einer Säure verbundenen, verschieden. 

c) Verbi7idungen von Alkalien^ Erden und Metalloxyden^ 
zwei und zwei untereinander. Obgleich unter meinen Ver- 
suchen kein Beispiel einer solchen Verbindung vorkommt, so 
lässt sich doch aus den angeführten schliessen , dass auch sie 
hierher gehören müssen. Denn ob wir die Oxyde von Chro- 
mium, Molybdän, Wolframium, Tantalum, [325] Zinn u. s. w. 
Säure oder Oxyde nennen, muss für die Regel gleichgültig sein, 
und was in diesem Fall für das eine Oxyd als Gesetz gilt , muss 
auch für das andere gelten. Da überdies solche Verbindungen 
zweier Basen miteinander den Doppelsalzen mit zweifacher Basis 
zum Grunde liegen, und da wir in diesen Salzen die hier ange- 
führte Gesetzmässigkeit wiederfinden, so kann dieses als be- 
wiesen angesehen werden. 

Verbindungen von zwei Säuren gehören ebenfalls hierher, 
z. B. die Flusssäure und Boraxsäure, wobei es wahrscheinlich 
ist, dass die schwächere Säure die Stelle der Basis vertritt. 

3. 

Wenn sich drei oder mehrere oxydirte Körper miteinander 
vereinigen, so ist der Sauerstoff desjenigen Körpers, der da- 
von am wenigsten enthält, ein gemeinschaftlicher Divisor für 
die Sauerstoffgehalte der übrigen [oder vielmehr ein aliquoter 
Theil derselben] , welche also von dieser geringsten Menge 
Multipla nach ganzen Zahlen sind. 

Hierher gehören : 

a) Krystallwasser enthaltende Salze, In den Neutralsalzen 
enthält das Krystallwasser 1, 2, 3, 4, 5 etc., seltener nur \, |-, 
\ etc. Mal, so viel Sauerstoff als die Basis. In basischen Salzen, 
in welchen der Sauerstoff der Säure ein Submultiplum von dem 
der Basis ist, enthält das Krystallwasser den [326] Sauerstoff in 
einem solchen Verhältnisse , dass er ein Multiplum sowohl von 
dem Sauerstoff der Basis als von dem der Säure ausmacht. 

b) Doppelsalze, Beispiele von solchen, worin der Sauerstoff 



208 Jacob Berzelius. 

der einen Basis dem der anderen gleich, oder davon ein Mul- 
tiplum nach einer ganzen Zahl ist , geben , ersteres die Doppel- 
salze aus Ammoniak nnd Magnesia, letzteres der Alann. Wenn 
ein solches Salz zugleich Krystallwasser enthält, so ist es eine 
Verbindung von vier oxydirten Körpern , von dem Wasser , der 
Säure und den zwei Basen. Der Sauerstoff desjenigen Bestand- 
theiles, welcher am wenigsten davon enthält , ist ein gemein- 
schaftlicher Divisor nach einer ganzen Zahl [d. h. ein aliquoter 
Theil] der Sauerstoffgehalte der übrigen, wie wir im Alaun ge- 
sehen haben, wo der Sauerstoff des Kalis in der Thonerde drei- 
mal, in der Schwefelsäure zwölfmal und in dem Wasser 24 Mal 
enthalten ist. 

c) Zusammensetzungen aus mehreren Alkalien, Erden und 
Metalloxyden ^ wozu die krystallisirten Mmeralten gehören. 
Obgleich wir zu der Anwendung der Regel auf die krystallisirten 
Mineralien durch keinen Versuch in diesen Abhandlungen be- 
rechtigt sind, lässt sich doch die Richtigkeit derselben nicht be- 
zweifeln ; denn warum sollte der Marmor , der Flussspath , der 
Schwerspath u. m. nach einer Regel gebildet sein, welche für 
andere Mineralien nicht geltend wäre? Dieses lässt sich nicht 
wohl denken. 

[327] Auf der anderen Seite wird diese Regel der Minera- 
logie gewissermaassen eine mathematische Grundlage verschaffen, 
und den Chemikern, welche sich mit Mineralanalysen beschäf- 
tigen, ein Prüfungsmittel an die Hand geben, sich zu überzeugen, 
in wie fern ihre Analysen richtig sind ; indess ohne ein solches 
Mittel diese Analysen nimmer zu gehöriger Genauigkeit gebracht 
werden können. Zwar werden uns nach diesen Ansichten die 
grösste Zahl solcher Analysen, selbst von unsern grössten Mei- 
stern, nur als Näherungen erscheinen, die in mehreren Fällen 
vielleicht nicht einmal der Richtigkeit nahe kommen ; dieses ist 
aber der gewöhnliche Gang der menschlichen Arbeiten. Seit 
Bergmannes für seine Zeit so meisterhaften Analysen der Salze 
sind kaum 30 Jahre verflossen, und schon können manche der- 
selben kaum noch für Näherungen gelten. Auch die von mir mit 
grosser Sorgfalt und mit der grössten mir möglichen Genauig- 
keit gemachten Zahlenbestimmungen der Mischungsverhältnisse 
der Körper, welche ich in dieser Abhandlung bekannt gemacht 
habe, werden den zukünftigen Zeiten gewiss nicht Genüge leisten, 
und man wird sie mit Hilfe der hier entwickelten Gesetze be- 
richtigen und den wahren Verhältnissen näher führen. Doch 
habe ich das Zutrauen, dass unsere Nachfolger mir die Unvoll- 



Bestimmte Verhältnisse. 209 

kommenheiten in meinen Versuchen zu Gute halten werden ; wie 
denn auch die Chemie bei ihren gegenwärtigen Fortschritten des 
Vielen von Klaproth^ Vauquelin und einigen anderen [328] 
geleisteten immer noch mit der grössten Hochschätzung ge- 
denken wird, wenn auch die meisten ihrer Analysen sie nicht 
mehr befriedigen , und zu ihren Forschungen nicht mehr aus- 
reichen können. 

4. 

Wenn sich endlich mehrere verbrennliche Körper j die für 
uns einfach sind, miteinander vereinigen^ so werden die Pro- 
portionen^ nach welchen diese Verbindungen möglich sind, 
durch die Capacität dieser Körper für Sauerstoff bestimmt^ 
indem die Verbindu7igen so vor sich gehen ^ dasSy wenn man 
sie bis zu einem gewissen Grade oxydirt, der Sauerstoff , wel- 
chen der eine aufnimmt^ ein Multiplum nach 1, 2, S etc. von 
dem ist, welcher von dem anderen gebunden wird. So z. B. 
verbinden sich Schwefel, Phosphor und Arsenik mit den.Me- 
tallen nach einem solchen Verhältniss, dass daraus durch Oxy- 
dirung ein Salz entsteht, oder weuigstens der Regel nach mög- 
lich ist. 

Das Nämliche gilt auch für andere Metall Verbindungen, 
welche durch eine chemische Erscheinung, z. B. die Krystalli- 
sation , die Hitze u. s. f. von den zusammengeschmolzenen Mi- 
schungen abgesondert werden, z. B. für die krystallisirten Amal- 
game, die krystallisirten Legirungen, welche zuweilen beim Rei- 
nigen anderer Metalle durch Saigern gewonnen werden u. s. w.*) 
Wenn eine Verbindung [329] aus zwei Metallen, welche beide 
durchs Oxydiren zu Salzbasen werden, entsteht, so nehmen sie 
gewöhnlich beim Oxyduliren gleiche Theile Sauerstoff auf. Der 
Dianenbaum giebt davon ein leicht zu untersuchendes Beispiel. 
Wenn die Verbindung aus mehreren Metallen zusammengesetzt 
ist, so können die Multiplicatoren bisweilen sehr gross sein**). 



*) Die nach fast allen Verhältnissen erfolgende Vereinigung der 
Metalle miteinander beim Zusammenschmelzen ist mit der Auflösung 
der Salze in Wasser analog-; diese lässt sich in beinahe allen Verhält- 
nissen bewirken ; wenn aber das Salz krystallisirt, entsteht eine be- 
stimmte gesetzmässige Verbindung des Salzes mit dem Wasser. So 
auch, wenn aus einer Mischung von Metallen durch Erniedrigung der 
Temperatur krystallinische Legirungen entstehen, von welchen man 
die noch flüssige Mischung abgiessen kann, ist das Krystallisirte eine 
feste und bestimmte Verbindung. 

**) Ich habe neuerlich einige Versuche angestellt, welche diesen 
Gegenstand betreffen , sie sind aber noch nicht zahlreich genug, und 

Ostwald^s Klassiker. 35. 14 



/! 



210 Jacob Berzelius. Bestimmte Verhältnisse. 

Die Verbindungen etlicher brennbarer Körper mit Oxyden 
(z. B. des Schwefels, des Schwefelwasserstoffs, des Boraciums, 
des Tellurwasserstoffs mit Alkalien und alkalischen Erden) ge- 
horchen dem nämlichen Gesetze, als ob sie mit dem metallischen 
Radikal der Alkalien oder Erden ohne Sauerstoff verbunden 
würden, oder als ob sie, mit Sauerstoff vereinigt, als Säuren und 
Oxyde mit dem Alkali oder der Erde selbst in Verbindung träten. 

[330] Wir sind in diesen wenigen Zeilen den Bau der ganzen 
unorganischen Natur durchlaufen, und haben gesehen , wie er 
sich auf einige höchst einfache Principien zurückbringen lässt. 
Der Sauerstoff, der einzige absolute elektro-positive Körper in 
der ganzen Natur, ist überall der Maassstab, nach welchem die 
Verhältnisse zwischen den Bestandtheilen jeder Verbindung ge- 
messen werden können. Auf diesem gemeinschaftlichen Maass- 
stab beruht der Grund, warum zusammengesetzte Körper, wenn 
sie sich wechselseitig zerlegen, nie, oder doch nur höchst selten, 
ein Atom eines ihrer Bestandtheile in freien Zustand versetzen, 
und warum z. B. die Neutralsalze einander zersetzen, ohne ihre 
Neutralität zu stören , warum die Schwefelmetalle das Wasser 
zerlegen, ohne dass Wasserstoff frei wird, und dergleichen mehr. 

Wie sehr die Chemie durch eine solche Zurückführung auf 
mathematische Principien an wissenschaftlichem Werth gewinnt, 
brauche ich hier wohl nicht erst zu erörtern. Doch ist dieses 
immer nur ein sehr kleiner Schritt zur mathematischen Vervoll- 
kommnung der Wissenschaft, und es bedarf des vereinigten und 
kraftvollen Strebens aller Chemiker nach diesem hohen Ziel, um 
uns demselben allmählich näher zu bringen. 



es ist beinahe immer ausserordentlich schwierig, diese Verbindungen 
in einem reinen Zustande zu erhalten, weshalb ich es noch aufschiebe, 
diese Versuche mitzutheilen. 



Anmerkungen. 



Die Reihe von Abhandlungen, welche Berzelius unter dem 
Titel: »Versuch die bestimmten und einfachen Ver- 
hältnisse aufzufinden, nach welchen die Bestand- 
theile der unorganischen Natur miteinander ver- 
bunden sinda, zunächst in der fünften Reihe der »Afhandlingar 
i Fysik, Kemi och Mineralogi, af Hisinger och Berzelius^ 
Stockholm 1810, sodann in deutscher Sprache und in erweiter- 
ter Gestalt in Gilberts Annalen der Physik veröffentlicht hat, 
bilden die experimentelle Grundlage der Lehre von den Ver- 
bindungsgewichten , und somit die Grundlage unserer allgemei- 
nen Kenntnisse über die Massenverhältnisse chemischer Verbin- 
dungen. Sie sind nicht nur als die erste genaue Bearbeitung 
dieser überaus wichtigen Frage von grundlegender Bedeutung, 
sondern haben auch in Bezug auf die Methodik dieses Problems 
überall vorbildlich gewirkt, indem in ihnen sich Versuchsgänge 
und Ueberlegungen niedergelegt finden, an welchen von den 
späteren Forschern wenig zu ändern gewesen ist. 

Auch in Bezug auf die Art und Weise, wie derartige Ver- 
suche auszuführen sind, müssen diese Arbeiten als Vorbilder be- 
trachtet werden. Im Gegensatze zu seinen unmittelbaren Vor- 
gängern auf dem Gebiete, /. B, Richter^ dem Entdecker des 
Gesetzes der Verbindungsgewichte, und John Dalton, dem Ent- 
decker des Gesetzes von den multiplen Proportionen , welche 
beide weit mehr durch die Schärfe und Weite ihres theoretischen 
Blickes und die Kühnheit, mit welcher sie auf Grund der ihnen 
bekannten Thatsachen ihre weittragenden Schlüsse zu ziehen 
wagten, als durch Sorgfalt und Genauigkeit in der Ausführung 
ihrer Versuche sich auszeichneten, hat Berzelius mit seiner 
Fähigkeit, mittelst einfacher und unvollkommener Hilfsmittel zu 
merkwürdig genauen Ergebnissen zu gelangen, die unermüd- 
lichste Geduld in der Wiederholung und eine angemessene wissen- 
schaftliche Vorsicht in der Benutzung seiner Versuche verbunden. 

14* 



V 



212 Anmerkungen . 

Der Art der Arbeiten , deren erste Proben in diesen Abhand- 
lungen gegeben sind, ist er durch sein langes wissenschaftliches 
Leben hindurch treu geblieben, und immer wieder sehen wir ihn 
auf diese Bestimmungen zurückkommen , so wie der Fortschritt 
der wissenschaftlichen Technik, oder die Erfordernisse theoreti- 
scher Entwickeluügen eine grössere Genauigkeit derselben er- 
möglichen oder erfordern. 

Die hier wiedergegebenen Abhandlungen stellen, wie er- 
wähnt, Berzelius' erste systematische Bearbeitung des allge- 
meinen Problems der Verbindungsgewichte dar und umfassen 
die in den Jahren 1811 und 1812 veröffentlichten Theile der- 
selben. Zu denselben hat Berzelius später eine Reihe von Nach- 
trägen veröffentlicht, und er hat in der Folge, wie erwähnt, sein 
ganzes Leben hindurch an der Verbesserung seiner Ergebnisse 
gearbeitet. Es war daher nöthig , da dieses gesammte Material 
nicht wohl wieder abgedruckt werden konnte , einigermaassen 
willkürlich den Umfang der Wiedergabe zu bestimmen. Der Her- 
ausgeber hat geglaubt, diesen Umfang eher etwas zu reichlich 
als zu dürftig bemessen zu sollen, und daher vier unter dem glei- 
chen Gesammttitel : Versuch, die bestimmten und ein- 
fachen Verhältnisse aufzufinden, nach welchen die 
Bestandtheile der unorganischen Natur mit ein- 
ander verbunden sind erschienene Abhandlungen, nämlich 
die Hauptabhandlung (G^^7Ä. Ann, 37, 249— 334und415— 472. 
1811), sowie die drei »Fortsetzungen« derselben, Ge76.38, 161 bis 
226.1811, G^eM.40, 162— 208undGe76.40, 235—330. 1812, 
in dieser Ausgabe vereinigt. Dieses Verfahren empfahl sich um 
so mehr, als die dritte Fortsetzung mit einer »Allgemeinen 
Uebersicht der Resultate meiner Versuche, welche 
in diesen verschiedenen Abhandlungen niederge- 
legt sind«, schliesst, und somit auch eine formelle Abrundung 
der Ausgabe ermöglicht. 

Der Text ist wörtlich abgedruckt, soweit er von Berzelius 
herrührt, dagegen sind die vom Herausgeber der Annalen Gil- 
bert beigefügten Bemerkungen, welche den zeitgenössischen 
Lesern das Verständniss zu erleichtern bestimmt waren, oder 
redactionellen Zwecken dienten, als unwesentlich fortgelassen 
worden. Die in eckigen Klammern beigefügten Seitenzahlen be- 
ziehen sich auf den Text in den »Annalen der Physika. 

(1) Zu Seite 7. Das richtige Verhältniss ist 7,733 Th. Sauer- 
stoff auf 100 Th. Blei, statt der von Berzelius gefundenen Zahl 
'7,75 bis 7,80. Man kann nicht umhin, die Genauigkeit zu be- 



Anmerkungen . 21 3 

wundern , die Berzelius zu einer Zeit zu erreichen wusste , in 
welcher die Technik der quantitativen Analyse erst zu schaffen 
war. 

(2) Zu Seite 9, Im Original steht irrig »schwefligsaures Gas« 
statt »Schwefeldampf«, welches letztere Wort nach dem Zusam- 
menhange des Textes das einzig richtige sein kann. 

(3) Zu Seite 11, Diese scharfsinnige Versuchsanordnung, 
durch welche die Gleichheit des Verhältnisses zwischen Schwefel 
und Blei im Bleisulfid und im Bleisulfat weit genauer nachge- 
wiesen werden kann , als durch unmittelbare Analysen , ist im 
Princip dieselbe, durch welche später Sias die Constanz der 
relativen Verbindungsgewichte mit einer Genauigkeit erweisen 
konnte, die sich der der schärfsten astronomischen Messungen 
an die Seite stellt. 

(4) Zu Seite IS, Die richtige Zusammensetzung ist : 

(Berzelius) 

Schwefel 100,00 100,00 

Sauerstoff 149,70 146,43 



(5) Zu Seite 16, Die richtigen 


Verhältnisse sind : 


Kohlensäure 
Baryt 


100 
348 


(Berzelius) 
100 
363 


Schwefelsäure 
Baryt 


100 
191 


100 
194 



Nachdem diese Beispiele genügend die Grenzen bezeichnen, 
innerhalb deren die Fehler dieser ersten Bestimmxmgen Berzelius' 
sich bewegen, werden weiterhin die entsprechenden Rechnungen, 
die ja. Jedermann zugänglich sind, nicht mehr im Einzelnen auf- 
geführt werden, besondere Fälle ausgenommen. 

(6j Zu Seite 19, Dieser Versuch ist ein weiteres Beispiel 
desselben überaus fruchtbaren Gedankens , auf welchen in der 
Anmerkung (^j hingewiesen wurde. 

(') Zu Seite 21. Im Original steht wieder irrthümlich 
»schwefligsaurem Gas« statt »Schwefeldampf«. Vgl. Anmer- 
kung (2). 

(S) Zu Seite 21. Diese Berechnung dürfte der erste Vergleich 
zwischen dem Volum einer festen Verbindung und der Summe 
der Volume ihrer Bestandtheile sein. Die folgenden Erörterungen 
beziehen sich auf die Annahme von der materiellen Natur der 
Wärme und des Lichtes, welche sich in den Poren der Stoffe 



214 Anmerkungen* 

befinden, und bei der Compression aus denselben ausgepresst 
werden sollten. 

(^) Zu Seite 24. Auch hier ist auf die sinnreiche Weise auf- 
merksam zu machen, mittelst deren eine auf unmittelbarem Wege 
zu jener Zeit nur schwierig zu lösende Aufgabe indirect völlig 
befriedigend erledigt wird. 

(^^) Zu Seite 26. Nach der von Lavoisier aufgestellten, von 
Berzelius angenommenen Auffassungs weise bestehen die Salze 
aus Verbindungen von Metalloxyden (den Basen) mit Oxyden 
nicht metallischer Elemente (den Säuren). Dementsprechend 
nimmt Berzelius in der Salzsäure die Gegenwart von Sauerstoff 
an, und ebenso im wasserfreien salzsauren Baryt (dem Chlor- 
baryum). Das Gewicht der hypothetischen »wasserfreien Salz- 
säure« in letzterem Salze ist demnach gleich dem Unterschiede 
des Gesammtgewichts und des im Salze vorausgesetzten Baryum- 
Oxyds. In unserer Ausdrucksweise ist also das Aequivalentge- 
wicht der hypothetischen wasserfreien Salzsäure gleich dem 
Aequivalentgewicht des Chlors, 35,453 minus dem Aequivalent- 
gewicht des Sauerstoffs, 8,000, also 27,453, und dieses ist im 
wasserfreien salzsauren Baryt mit einem Aequivalent Baryum- 
oxyd, ^(137,04 -f- 16) = 76,52, vereinigt angenommen. Dar- 
nach ergiebt sich folgender Vergleich 







[Berzelius) 


Salzsäure 


100 


100 


Baryt 


278,7 


288,4 



Es ist also hier durch die Häufung der Versuchsfehler eine 
ziemlich bedeutende Abweichung entstanden. Auf diese ist die 
S. 31 von Berzelius erörterte Anomalie zurückzuführen. 

(11) Zu Seite 31. Siehe den Schluss der vorigen Anmerkung. 

(12) Zu Seite 53. Die von S. 49 bis 54 mitgetheilten ge- 
naueren Bestiminungen seien nachstehend mit den jetzt gültigen 
Werthen verglichen : 

[Berzelius] 
Schwefel 100 100 

Blei 645,3 648,5 

Sauerstoff 100,0 100,0 

Blei 1293,2 1298,7 

Schwefelsäure 100 100 

Bleioxyd 278,4 279